Energiewende : Gasturbine bereit für Wasserstoff-Betriebsversuch in Wien
Bis 2040 soll Erdgas in der Energieerzeugung in Wien vollständig von klimaneutralen Energieträgern abgelöst werden. Am Gelände des Kraftwerks Donaustadt wird deshalb aktuell eine der größten Gasturbinen Österreichs umgebaut (TGA berichtete über den Kooperationsvertrag). 2023 wollen Wien Energie, RheinEnergie, Siemens Energy und Verbund im Rahmen eines Betriebsversuchs erstmals Wasserstoff für die Energieerzeugung beimengen. Dieser Versuch ist der weltweit erste dieser Art an einer kommerziell genutzten Gas-und-Dampfturbinen-Anlage in dieser Leistungsklasse. Mit dem Versuch wollen die Kooperationspartner wichtige Erkenntnisse für die Umstellung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf grüne Quellen gewinnen. Der erste Meilenstein des Projekts ist nun bereits in greifbarer Nähe: Der Umbau der Turbine. Die Gasturbine selbst ist damit bereit für die Beimengung von Wasserstoff.
Mit dem Betriebsversuch arbeiten wir gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern an einem konkreten Lösungsansatz, wie wir diese Anlagen künftig klimaneutral betreiben können.Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung
Was an den Turbinen umgebaut wurde
Neben der Vorbereitung für die Wasserstoff-Beimengung kann Wien Energie durch den Turbinenumbau auch die Effizienz des Kraftwerks um insgesamt rund 23 Megawatt steigern. Im Rahmen der Umbauarbeiten wurden unter anderem verbesserte Turbinenschaufeln, ein neues Verbrennungssystem, ein Heizgasanalysegerät und ein neues Kontrollsystem installiert. Auch die Brennkammer wurde optimiert und für den Betriebsversuch vorbereitet.
Der Umbau der Gasturbine, der Anfang Mai gestartet ist und Mitte Juli abgeschlossen wird, wird von Siemens Energy durchgeführt. „Dieses gemeinsame Projekt wird demonstrieren, dass es mit der Umrüstung bestehenden Gasturbinen künftig möglich ist, auch in vorhandenen, konventionellen Kraftwerken Wasserstoff, einen den wichtigsten Energieträger der Zukunft, einzusetzen“, so Aleš Prešern, Geschäftsführer von Siemens Energy Austria. Nach Abschluss der Umbauarbeiten ist die Anlage bis zum Betriebsversuch regulär in Betrieb.
Versuch mit breitem Anwendungsgebiet
Im Versuch wird Wasserstoff dem normalerweise eingesetzten Energieträger Erdgas beigemengt. In der ersten Versuchsphase soll der Wasserstoffanteil bei 15 Volumenprozent liegen. Im zweiten Schritt ist geplant, den Anteil zu verdoppeln. Ist der Versuch erfolgreich, soll die Anlage für den Dauerbetrieb zertifiziert werden. Die Erkenntnisse aus dem Betriebsversuch sollen den Weg zum „grünen Kraftwerk“ ebnen.
Wien Energie, RheinEnergie und Verbund eint bei diesem Projekt vor allem eines: Alle haben Siemens Energy-Gasturbinen vom Typ 4000F im Einsatz. In Gas- und Dampfturbinenkraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung können diese Anlagen rund um die Uhr Wärme und Strom erzeugen. Ihre Flexibilität wird auch in Zukunft dringend gebraucht: Die Turbinen können Tagesschwankungen und saisonale Produktionsunterschiede der erneuerbaren Stromerzeugung von Wind- und Sonnenenergie flexibel ausgleichen. „Wir testen und forschen hier gemeinsam zum Einsatz von Wasserstoff in der bestehenden Infrastruktur eines Wärmekraftwerks, um die Dekarbonisierung des Gassektors voranzutreiben und uns unabhängiger von fossilen Importen zu machen“, so Verbund-Vorstand Achim Kaspar.
Schon bei 15 Volumenprozent Beimischung von grünem Wasserstoff würden etwa im Kraftwerk Donaustadt jährlich rund 33.000 Tonnen CO2 eingespart werden. Der Anlagentypus, bei dem die Beimengung getestet wird, trägt in seiner Klasse die Hauptlast der Versorgung am Strommarkt in Österreich und speziell für das Versorgungsgebiet Wien. In Europa sind mehr als 115 Gasturbinen dieser Klasse in Betrieb mit einer installierten Leistung von mehr als 31 Gigawatt.
Der weitere Zeitplan
Im Sommer 2023 soll die Wasserstoff-Beimengung getestet werden. Bis dahin laufen noch weitere Vorarbeiten und die Installation der benötigten Wasserstoff-Infrastruktur, wie etwa eine technische Versorgungsanlage und diverse Mess- und Analysestationen. Erste Ergebnisse aus dem Versuch und der Analyse erwarten sich die Kooperationspartner für Ende 2023. Insgesamt investieren Wien Energie, RheinEnergie, Siemens Energy und Verbund rund zehn Mio. Euro in das Projekt, auch Förderungen wurden beantragt.