Erneuerbare Wärme Paket : Kein EWG in dieser Legislaturperiode - was das heißt

Ein Heizkörper-Regler auf Euro-Scheinen. Förderung
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Das EWG ist tot, es lebe das EPW. Statt des lang diskutierten Erneuerbaren-Wärme-Gesetzes kommt nun ein Erneuerbare-Wärme-Paket, das ab 2024 die Wärmewende vorantreiben soll. Damit soll gleichzeitig aber auch der schwächelnden Baukonjunktur unter die Arme gegriffen werden: Insgesamt eine Milliarde Euro wird in Kesseltausch und thermische Sanierung gesteckt werden.

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Die Welt hat sich weitergedreht.
Leonore Gewessler, Klimaschutzministerin

Keine Pflicht zum Heizungstausch und zur Zentralisierung

Kernstück des EWG war die Verpflichtung zum Heizungstausch: Demnach hätten die Heizungsbetreiber*innen bis 2040 Zeit gehabt, von fossilen Brennstoffen auf alternative Energieträger umzusteigen. Das war an sich fix vorgesehen, konnte aber nicht durchgesetzt werden. „Die Welt hat sich weitergedreht", umschrieb Klimaschutzministerin Leonore Gewessler den heftigen Widerstand gegen diesen Passus. Das bedeutet beispielsweise, dass bei Mehrgeschosswohnbauten mit individuellen Raumheizungen ab nun jede*r Wohnungsbesitzer*in selbst entscheiden kann, ob die eine vorhandene Gasheizung weiter betrieben wird oder nicht. Der Österreichischer Haus- und Grundbesitzerbund unterstützt diese Entwicklung. Laut Präsident Martin Prunbauer hätten die verbindlichen Ziele des EWG-Entwurfs viele Hauseigentümer*innen unter enormen Druck gesetzt.

Mit der Verpflichtung zum Ausstieg aus Öl und Gas ist auch das Zentralisierungsgebot für Mehrgeschosswohnbauten gefallen. Das hätte den Umstieg auf eine gemeinsame Lösung vorangetrieben, was insbesondere von der Stadt Wien gefordert worden war. Von einem "bitteren Rückschlag für den Klimaschutz" sprach dann auch der Wiener Klimastadtrat Jürgen Czernohorsky. Als „großzügiges Angebot für all jene, die Ihre Heizung zukunftsfit machen wollen", beschreibt hingegen Elisabeth Berger, Geschäftsführerin der Vereinigung Österreichischer Kessel- und Heizungsindustrie (VÖK) das EWP.

Denn wer individuell auf Öl oder Gas verzichtet und seine Heizung gegen ein erneuerbares System tauscht, soll laut Gewessler bis zu 75 Prozent der Kosten ersetzt bekommen. Unklar ist hingegen noch, ob und inwieweit der Umstieg von zentralen oder dezentralen Gasheizungen auf Fernwärme oder zentralen Wärmepumpen-Anlagen gefördert werden kann.

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Als „Kniefall vor der Öl- und Gas-Lobby“ bezeichnet Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) das Erneuerbare-Wärme-Paket. „Der völlig fehlende verbindliche Ausstieg für die nach wie vor genützten 1,4 Millionen Öl- und Gasheizungen heißt, dass unbegrenzt weiter mit fossilen Energieträgern geheizt werden kann", so Prechtl-Grundnig.

Auch Hans-Christian Kirchmeier, Vorstandsvorsitzender der IG Holzkraft kritisiert: „Die Begutachtungsfrist für das EWG endet am 10. Juli 2022. Nach über einem Jahr wird jetzt ein Gesetz präsentiert, das zahnlos und unambitioniert ist. Das Warten hat sich für die Branche also wahrlich nicht gelohnt.“ Versöhnlicher gestimmt ist der Österreichische Biomasse-Verband. Präsident Franz Titschenbacher begrüßt die Anhebung der Fördersätze für Holz-, Pellets- und Hackgutheizungen sowie Nahwärmeanschlüsse.

⇨ Fazit: Von dieser Änderung werden vor allem Ein- und Zweifamilienhaus-Besitzer*innen profitieren, die statt einer Verpflichtung einen großzügig geförderten Umstieg erleichtert bekommen. Auch Wohnungsbesitzer*innen, bei denen der Umstieg auf eine individuelle erneuerbare Heizung baulich leicht möglich ist, können sich freuen.

Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin Erneuerbare Energie Österreich  (EEÖ)
Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) sieht im Erneuerbare-Wärme-Paket „einen Kniefall vor der Öl- und Gas-Lobby". - © Kleinwasserkraft Österreich
Es ist wichtig, dass das politische Tauziehen zum Energiekostenzuschuss II nun ein Ende gefunden hat.
Karlheinz Kopf, Generalsekretär WKO

Energiekostenzuschuss II für Betriebe kann schon angemeldet werden

Für Unternehmen wird es den Energiekostenzuschuss II geben. Dafür können sich die Unternehmen ab sofort und noch bis 2. November 2023 anmelden. Damit soll zumindest ein Teil der Mehrkosten für Energie, die im laufenden Jahr angefallen sind, abgegolten werden. Ausgeschlossen davon sind jene Anteile der Steigerung, die bereit durch Preissteigerungen an die Kund*innen weitergegeben wurden.

Der Energiekostenzuschuss II wird wieder von der Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) abgewickelt. Antragstellung ist für alle, die sich nun bis 2. November anmelden, ab 9. November 2023 möglich. Pro Unternehmen kann nur ein Antrag gestellt werden. Die Antragstellung wird vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission und der finalen Einigung auf die Richtlinie möglich sein, was bedeutet, dass es bis 9. November noch zu Änderungen der Förderparameter kommen kann. Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich findet lobende Worte für den Zuschuss. Es sei wichtig, „dass das politische Tauziehen zum Energiekostenzuschuss II nun ein Ende gefunden hat."

Kritik am Energiekostenzuschuss II kam bisher lediglich von der ÖHV, der Österreichischen Hoteliervereinigung. Denn laut vorgestelltem Plan muss das Betriebsergebnis von 2022 um mindestens 40 Prozent unter dem von 2021 liegen. Für die Tourismusbetriebe, die 2021 wegen der Lockdowns besonders viele Schließtage und damit schlechte Betriebsergebnisse hatten, scheint damit eine Bewilligung des Energiekostenzuschusses kaum erreichbar, meint Walter Veit, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung. Sein Vorschlag: 2019 als Bezugsjahr zu nehmen. Das letzte Vorkrisenjahr sei ein sinnvoller Maßstab, und eine begründete Ausnahmen sei auch EU-Rechts-konform, so Veit.

Für die Mehrzahl der anderen Wirtschaftszweige, die 2021 zumeist eine überdurchschnittlich gute Konjunktur verzeichnen konnten, ist dieser Faktor hingegen vernachlässigbar.

⇨ Fazit: Der neue Energiekostenzuschuss wurde von den Wirtschaftsvertreter*innen lange gefordert. Die Hoffnung ist, dass die Umsetzung nun rascher und zielgerichteter für die tatsächlich unter den Teuerungen leidenden Betriebe erfolgt. Der Energiekostenzuschuss I wurde lediglich an 10.600 Unternehmen ausbezahlt, die wesentlich geringere Energiekostenpauschale an 38.700 Unternehmen.

Wir dürfen nicht nur auf Strom setzen, die Wärme ist der größere Brocken.
Roger Hackstock, Austria Solar

Umsatzsteuer auf Photovoltaik entfällt - und bleibt bei der Solarthermie

Teil des Pakets ist die Streichung der Umsatzsteuer für Photovoltaik-Anlagen ab Jänner 2024. Nach dem Motto "Null Umsatzsteuer - Null Bürokratie" wird das die Bundesförderung ersetzen, die ab dann wegfällt. Das gilt nur für private Anlagenbetreiber*innen und für Anlagen bis 35 kW, und zwar sowohl auf Komponenten als auch auf Montage. Dieser Schritt ist vorerst für zwei Jahre befristet.

Der Verband Photovoltaic Austria begrüßt diesen Schritt ausdrücklich. „Wir freuen uns sehr, dass der PV-Ausbau im Kleinsegment für kommendes Jahr einen Turbo erhalten sollt“, sagt Herbert Paierl, Vorstandsvorsitzender von PV Austria: „Das ist der richtige Schritt, zur richtigen Zeit: denn die Branche hat bereits einen Nachfrage-Rückgang gespürt. Dieser Bürokratieabbau steuert entgegen.“ Den Bürokratieabbau begrüßt auch das Ökosoziale Forum Österreich & Europa. Hans Mayrhofer, Generalsekretär des Think-Tanks weiß: „Zu vielen Menschen hat die bisherige Fördervergabe den Umstieg auf sauberen Strom erschwert und damit die Installation mancher Anlagen verzögert."

Österreichs Energie, die Interessensvertretung der Stromwirtschaft, äußerte sich ebenfalls zufrieden zu diesem Punkt. Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Österreichs Energie, merkte aber an, dass auch auf den Netzausbau angesichts des bevorstehenden Booms für private PV-Anlagen nicht vergessen werden dürfe. Insbesondere sei das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz (EABG) noch offen, das genau diesen Ausbau vorantreiben soll.

Wenig glücklich mit der Maßnahme ist die Solarthermie. Für Roger Hackstock, Geschäftsführer des Verbands Austria Solar, setzt die Regierung daher bloß „halbe Schritte. Wir dürfen nicht nur auf Strom setzen, die Wärme ist der größere Brocken", so Hackstock, der eine Ausweitung der Umsatzsteuer-Befreiung auf Solarwärme fordert.

Noch breiter angelegt möchte der Österreichische Baumeisterverband die Mehrwertsteuerbefreiung sehen und fordert eine Ausweitung auf alle Bauinvestitionen von privaten Bauwerbern zur Schaffung oder Sanierung von selbst genutztem Wohnraum sowie beim Kauf von neu geschaffenem Wohnraum zur Eigennutzung. Für Verbandsobmann Robert Jägersberger greift das von der Bundesregierung angekündigte Konjunkturpaket allgemein zu kurz: „Diese Maßnahmen treffen nicht den Kern des Problems." Zentral sei vielmehr die ausbleibende Baunachfrage im Bereich des großvolumigen Wohnbaus, des privaten Neubaus und der baulichen Sanierung - vor allem im thermischen Bereich.

Roger Hackstock, Geschäftsführer von Austria Solar
Roger Hackstock, Geschäftsführer des Verbands Austria Solar fordert eine Ausweitung der Umsatzsteuer-Befreiung auf Solarwärme. - © Wilke

⇨ Fazit: Auch hier profitieren Privatkund*innen, die über ein eigenes Dach zur Installation einer PV-Anlage verfügen. Dabei wird hier weniger auf die finanzielle Entlastung, sondern auf eine Vereinfachung bei der Abwicklung gesetzt. Der Wegfall der zeitraubenden Förderanträge kann für Privatpersonen ein echter Impuls sein, sich an eine PV-Anlage zu wagen. Der Ausbau der Netze hingegen, der eine Einspeisung des dezentral erzeugten Stroms in großem Stil erst möglich macht, ist noch nicht auf Schiene.