Betriebsversuch in Wiener Gasturbine : Kraftwerk Donaustadt läuft jetzt auch mit Wasserstoff

2023 wollen Wien Energie, RheinEnergie, Siemens Energy und VERBUND im Rahmen eines Betriebsversuchs erstmals Wasserstoff für die Energieerzeugung beimengen.

2023 wollen Wien Energie, RheinEnergie, Siemens Energy und VERBUND im Rahmen eines Betriebsversuchs erstmals Wasserstoff für die Energieerzeugung beimengen.

- © Wien Energie/APA-Auftragsgrafik

Nach der Ankündigung 2021 ist es diesen Sommer nun so weit: Wien Energie, RheinEnergie, Siemens Energy und VERBUND haben ihren gemeinsamen Betriebsversuch in einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage von Wien Energie, dem Kraftwerk Donaustadt, gestartet. Dort mischen die Projektpartner erstmals Wasserstoff dem normalerweise eingesetzten Erdgas bei.

Der Versuch an einer kommerziell genutzten Gas-und-Dampfturbinen-Anlage in dieser Leistungsklasse ist der weltweit erste seiner Art. Mit dem Versuch wollen die Kooperationspartner Erkenntnisse für die Umstellung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf grüne Gase gewinnen. Die Bedeutung des Versuchs geht aber über die Projektpartner hinaus: Von dem im Kraftwerk Donaustadt eingesetzten Gasturbinenmodell sind allein in Europa über 115 Anlagen im Einsatz.

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Der weltweit erste Wasserstoff-Betriebsversuch bei uns im Kraftwerk Donaustadt ist ein besonderer Meilenstein, um künftig grüne Gase in großen Kraftwerken einzusetzen.
Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung

So wird die Wasserstoffbeimengung getestet

Von Mitte Juli bis Mitte September werden an mehreren Testtagen unterschiedliche Mengen an Wasserstoff beigemischt. Beginnend bei 5 Volumenprozent, steigern die Projektpartner im Rahmen des Versuchs den Wasserstoff-Anteil auf bis zu 15 Prozent. In einem Nachfolge-Projekt ist eine Steigerung des Anteils auf rund 30 Volumenprozent geplant.

Ist der Versuch erfolgreich, soll die Anlage für den Dauerbetrieb zertifiziert werden. Schon 15 Volumenprozent Beimischung von grünem Wasserstoff im Kraftwerk Donaustadt würden jedes Jahr rund 33.000 gesparte Tonnen CO2 entsprechen. Rund 10 Mio. Euro investieren die Unternehmen in das Projekt, zudem wurden Förderungen beantragt.

„Der weltweit erste Wasserstoff-Betriebsversuch bei uns im Kraftwerk Donaustadt ist ein besonderer Meilenstein, um künftig grüne Gase in großen Kraftwerken einzusetzen“, betont Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung. Andreas Feicht, Vorstandsvorsitzender der RheinEnergie, einem großen regionalen Stadtwerk mit Sitz in Köln, ergänzt: „Dekarbonisierte Wärmebereitstellung ist einer der wichtigsten Bausteine für effektiven Klimaschutz."

Am Gelände des Kraftwerks Donaustadt wird eine der größten Gasturbinen Österreichs umgebaut.
Am Gelände des Kraftwerks Donaustadt wird eine der größten Gasturbinen Österreichs umgebaut. - © Wien Energie / Johannes Zinner

Auswertung der Ergebnisse bis Anfang 2024

Vorgenommen wird der Betriebsversuch an einer Gasturbine vom Typ SGT5-4000F. Der Plan dafür steht seit 2021, im Sommer 2022 wurde die Gasturbine in Wien für den Betriebsversuch umgerüstet. „Unsere Gasturbinen werden wasserstofffähig: Der Turbinentyp, der bei diesem Versuch zum Einsatz kommt, ist besonders weit verbreitet", weiß Aleš Prešern, Geschäftsführer von Siemens Energy Austria. Er zeigt sich überzeugt, dass der Wasserstoff-Einsatz in den Turbinen ein wichtiger Schlüssel zur Bekämpfung des Klimawandels ist.

Die beteiligten Unternehmen erwarten sich vom Betriebsversuch wichtige Erkenntnisse und Daten zur Effizienz und den Emissionen der Wasserstoffmitverbrennung über den gesamten Betriebsbereich. Diese Erkenntnisse sind für die Weiterentwicklung der wasserstofffähigen Gasturbinen-Komponenten und Kraftwerksinfrastrukturen relevant. Im nächsten Schritt werden die Expert*innen der teilnehmenden Unternehmen die Ergebnisse bis Anfang 2024 gemeinsam auswerten und daraus Folgerungen für die weitere Anpassung an neue künftige grüne Energieträger treffen.

Warum eigentlich das Kraftwerk Donaustadt?

Die Gasturbinen von Wien Energie, RheinEnergie und VERBUND sind nahezu baugleich. Damit sind die Forschungserkenntnisse an der Turbine im Kraftwerk Donaustadt auch darüber hinaus relevant.

Bei allen drei Unternehmen ist eine Siemens Energy-Gasturbine vom Typ SGT5-4000F im Einsatz – so auch im Kraftwerk Donaustadt. Dieser Anlagentypus trägt in seiner Klasse die Hauptlast der Versorgung am Strommarkt in Österreich und speziell für das gesamte Versorgungsgebiet Wien.

Die Turbinen erzeugen je nach Bedarf und Betriebsweise Strom und Wärme, die in Fernwärmenetze eingespeist werden kann. Die Gasturbinen lassen sich schnell an- und abfahren. Damit gleichen die Turbinen Schwankungen im Stromnetz aus, die bei der Erzeugung von Wind- und Sonnenstrom zwangsläufig entstehen. In Europa sind mehr als 115 Gasturbinen dieser Klasse mit einer installierten Leistung von mehr als 31 Gigawatt in Betrieb.

Kraftwerk Donaustadt
Kraftwerk Donaustadt - © Wien Energie/Max Kropitz

Die Rolle von Wasserstoff im Energiesystem

Wasserstoff gilt als ein wichtiger Energieträger auf dem Weg zur Klimaneutralität. Er lässt sich als sogenannter „grüner“ Wasserstoff unter Verwendung von Erneuerbarer Energie erzeugen. Laut Wien Energie rechnen Expert*innen mit einem allmählichen Markthochlauf ab Anfang der Dreißigerjahre.

Zudem kann Wasserstoff auch ein Medium sein, um den Überschuss aus der Produktion von Erneuerbarer Energie zu speichern. Damit leistet er einen Beitrag zur Stabilisierung des Energiesystems und erhöht dessen Flexibilität. Da hohe Mengen an Erneuerbarer Energie zu Zeiten anfallen können, in denen der Bedarf eher gering ist, aber nicht zur Verfügung stehen, wenn es hohe Nachfrage gibt (Winter, Dunkelheit, niedrige Temperaturen, …), kann Wasserstoff als Ausgleich zwischen Bedarf und Angebot dienen.