Biocat in neuer Dimension : Kalkschutz der Superlative für die Allianz Arena

Eine individuell ausgelegte Kalkbehandlung reduziert die Instandhaltungskosten in der Münchner Allianz Arena.
- © Foto von Herr Bohn auf UnsplashDie Münchner Allianz Arena, Heimat des FC Bayern München, zählt 75.024 Plätze, sieben Ebenen und eine überbaute Fläche von 37.600 m². Damit ist sie das zweitgrößte Stadion Deutschlands. Das spiegelt auch die HKLS-Installation vor Ort wider: 110 Lüftungsanlagen, 5.000 Datenpunkte zur zentralen Steuerung sowie eine Kälteleistung von 3,2 MW und eine Wärmeleistung von 5,2 MW zählen dazu. Dementsprechend aufwändig ist der Betrieb einer solchen Sport- und Veranstaltungsstätte. Um die Kosten für die Instandhaltung der Trinkwasserinstallation zu verringern, wurde in der Arena deswegen daher eine Biocat KS 25D Kalkschutzanlage von Watercryst installiert.
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Spitzenbelastung vs. Stagnation
Der Hintergrund für die hohen Instandhaltungskosten der Trinkwasserinstallation im Münchner Stadion lässt sich einfach erklären: Das häufig kontrollierte und gemessene Wasser rund um die Allianz Arena liegt zwischen 17 bis 20 °dH, also im Härtebereich 3. Daraus ergeben sich zwangsläufig besondere Anforderungen an die Installationen, von den eingesetzten Rohrleitungswerkstoffen bis zu den Warmwasserbereitern und Entnahmestellen.
Denn kalkhaltiges Trinkwasser ist zwar genießbar und reich an Mineralien, führt aber im Leitungsnetz zu Ablagerungen mit Querschnittsverengung, lässt die Wärmeübertrager in Warmwasserbereitern „zuwachsen“ oder verursacht Funktionsstörungen insbesondere an den elektronisch gesteuerten Entnahmearmaturen. „Pro Jahr“, erzählt Benjamin Kopetz-Hunke als verantwortlicher Haustechniker, „müssen wir aufgrund der Wasserhärte beispielsweise an automatisch schaltenden Armaturen 60 bis 70 Magnetventile austauschen.“
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Das verursacht nicht nur hohe Kosten, sondern stellt gleichzeitig ein beträchtliches Risiko für den Erhalt der Trinkwasserhygiene dar, da die Trinkwasserinstallation der Allianz Arena für die hohen Spitzenbelastungen an Spieltagen – 160 bis 180 m³ pro Stunde – ausgelegt ist. An Tagen ohne entsprechende Gleichzeitigkeit in der Entnahme droht daher Stagnation mit Verkeimungsgefahr, dem die Betreiber der Allianz Arena mit einem automatisierten Spülsystem über Elektronikarmaturen begegnen.
HKSL-Meister Kopetz-Hunke zeigt sich zufrieden mit der neuen Kalkschutzanlage von Watercryst: „Wir haben einen Lösungsansatz gefunden, der die störende Kalkbelastungen in der Trinkwasserinstallation vermeidet und damit das Ausfallrisiko von Armaturen und Warmwasserbereitern nachweislich reduziert. Das hat sich bereits während des mehrjährigen Betriebs einer vergleichbaren Anlage im Spielerbereich des Stadions gezeigt – der Kalkschutz dort funktioniert einfach.“

Neuland, was die Dimension betrifft
Mit der jetzt installierten Bioact KS 25D eröffnete sich allerdings selbst für Watercryst im wahrsten Sinne des Wortes eine völlig neue Dimension, so Key Account-Manager Torsten Schmidt: „Während wir bei diesen Großanlagen üblicherweise mit vergleichsweise moderaten Volumenströmen arbeiten können, stellten die Spitzenbelastungen des Stadions in Kombination mit den zwangsläufig entstehenden Druckverlusten der Anlage aber sogar für uns Neuland dar.“
Gelöst wurde diese Herausforderung durch umfassende Simulationsrechnungen des Herstellers im Vorfeld, in der Umsetzung dann durch die Installation eines individuell angefertigten Bypasses in DN 200 als Sonderbauteil, um während der Spitzenbelastungen einen Teil des Volumenstroms darüber abzuleiten: Die Zeitspanne und die Wassermenge, in denen die Kalkbehandlung dadurch im Teilstrom läuft, sind so gering, dass sie bei einer ansonsten gegebenen Grundlast von 5 bis 25 m³/h täglich keine Auswirkungen auf die Wirkleistung der Biocat Kalkschutzanlage haben.

Niedrigere Instandhaltungskosten und geschonte Ressourcen
In der Verringerung der Instandhaltungskosten sieht Kopetz-Hunke aber nur einen wichtigen Effekt der neuen Kalkbehandlungsanlage. Ein zweiter, mindestens genauso entscheidender Nutzen sei die Schonung der Ressourcen, die mit dem Einsatz der Technologie einhergehe: „Durch den störungsfreien Betrieb der Trinkwasserinstallation, insbesondere der elektronischen Selbstschlussventile, sparen wir nicht nur jedes Jahr beträchtliche Instandhaltungskosten ein. Zugleich vermeiden wir mit dem Biocat-System eine Belastung der Umwelt, wie es bei herkömmlichen Entkalkungssystemen der Fall ist.“
Denn während Entkalkungssysteme auf der Basis von Salzen arbeiten, mit denen dem Wasser der Kalk entzogen wird, setzt Watercryst auf die Biomineralisierung des Trinkwassers. Der im Wasser gelöste Kalk lagert sich dabei an einem Katalysator-Granulat an. Es entstehen sogenannte Impfkristalle, die sich ab einer gewissen Größe vom Katalysatorgranulat ablösen und mit der Entnahme im Sanitärleitungsnetz verteilen. Hier dienen die Impfkristalle als Andockstellen für die überschüssigen, noch freien Calcium- und Carbonat-Ionen im Kalt- und Warmwasser. Dadurch lagern sich diese nicht mehr auf Rohrleitungen, Boilern oder Plattenwärmetauschern ab, sondern werden bei der Wasserentnahme über die Armatur ausgespült. Physikalische und chemische Parameter wie pH-Wert, Leitfähigkeit und Härtegrad erfahren durch den Einsatz dieser Verfahrensweise keine Veränderung. „Dieses natürliche Verfahren sorgt im Übrigen gleichzeitig dafür, dass für den Kalkschutz nur sehr wenig Spülwasser benötigt wird. Damit wird auch das Abwasser weniger belastet", erklärt Schmidt.
Das Biocat-Wirkprinzip:
1) gelöster Kalk im Trinkwasser
2) Katalysator-Granulat in der Biocat Anlage
3) Die Calcium- und Carbonat-Ionen werden von Andockstellen des Granulates eingefangen und ohne Zugabe chemischer Stoffe zu kleinsten Kalkkristallen zusammengefügt.
4) Ab einer gewissen Größe lösen sich die Kalkkristalle durch den Wasserstrom von der Oberfläche des Granulates ab, werden
5) mit jeder Wasserentnahme aus der Kartusche im gesamten Rohrleitungssystem verteilt und
6) über den Volumenstrom ausgespült.
Ziegelwand musste geöffnet werden
Gestützt wird die Hersteller-Aussage vor Ort, in der Allianz Arena, auch durch zwei ausgewiesene Praktiker, nämlich Abteilungsleiter Tobias Ernst, Leiter der Abteilung Rahmenverträge und Stammkunde bei der Stingl GmbH, sowie Teamleiter Josef Gutscher, ebenfalls von der Stingl GmbH aus München.
In enger Zusammenarbeit mit TGA-Fachplaner Steffen Hölle von der TGA Consulting AG und dessen Mitarbeiter Paul Angermeier entwickelten sie nicht nur das neue Kalkbehandlungskonzept für die Allianz Arena, sondern setzten es auch in die Praxis um, so Tobias Ernst: „In der langjährigen Zusammenarbeit mit Watercryst haben wir bereits deutlich mehr als ein Dutzend ähnlicher Biocat Großanlagen geplant und installiert. Wir können also auf einen entsprechenden Erfahrungsschatz sowohl bei der Installation als auch in Bezug auf den Anlagenbetrieb und die Anlagenleistung zurückgreifen.“
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Eine Premiere war für die Installationsprofis allerdings der bauliche Aufwand, der diesmal aufgrund der ungewöhnlichen Größenordnung für die Einbringung der Biocat-Anlage entstand: Da der gut zwei Meter hohe Tank mit etwa 2,5 m³ Katalysator-Granulat nicht durch die Tür des Haustechnikraums passte, musste zunächst eine Ziegelwand geöffnet werden. Mit dem positiven Nebeneffekt, dass darüber zugleich weitere Installationsarbeiten wie der Aufbau einer neuen Druckerhöhungsanlage sowie eine komplett neue Verrohrung vom Hausanschluss bis zu den Steigsträngen einfacher installiert werden konnte.
TGA-Planer Hölle: „Hier hat sich einmal mehr die langjährige Zusammenarbeit aller am Projekt Beteiligten ausgezahlt, da wir ja aufgrund der Auslastung der Arena unter anderem durch tägliche Events und Besuchergruppen und die Trinkwasserversorgung lediglich kurzzeitig unterbrechen durften. Bauseits wurde die komplette Verrohrung mit allen Anbindeleitungen sowie der Installation der BIOCAT Anlage und der Druckerhöhungsanlage derart vorbereitet, dass wir den gesamten Umschluss in nur zwei Nachtschichten realisieren konnten.“
Allianz Arena will noch grüner werden
Für Haustechniker Kopetz-Hunke ist die neue Kalkbehandlungsanlage ein wichtiger Schritt auf dem Weg, die Allianz Arena für die Zukunft noch nachhaltiger aufzustellen: „Seit dem Bau vor rund zwei Jahrzehnten versuchen wir kontinuierlich, den ökologischen Fußabdruck des Stadions immer weiter zu verbessern. Dabei verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz, in dem die Vermeidung von Verschwendung – wie in diesem Fall bei der Instandhaltung – einen genauso großen Stellenwert hat wie die Einsparung von Wasser oder Energie." Moment werde auch ein neues, grünes Energiekonzept für die Arena erarbeitet.