Gebäudekonzept 2226 feiert Jubiläum : Low-Tech made in Austria

Visualisierung: Auf dem Gelände einer ehemaligen Großdruckerei entsteht nebst der Sanierung des Bestands ein autarker Neubau, das 2226 JED Schlieren (CH). Mit rund 18.000 m² Geschoßfläche steht hier die bisher größte Bewährungsprobe für das Konzept 2226 an.

Visualisierung: Auf dem Gelände einer ehemaligen Großdruckerei entsteht nebst der Sanierung des Bestands ein autarker Neubau, das 2226 JED Schlieren (CH). Mit rund 18.000 m² Geschoßfläche steht hier die bisher größte Bewährungsprobe für das Konzept 2226 an.

- © 2019 nightnurse images, Zürich

Das Prinzip 2226, das 22 bis 26 Grad Innentemperatur ohne Heiz- und Kühltechnik ermöglicht, feiert zehnjähriges Jubiläum. Zum Anlass veranstaltete Wienerberger eine gemeinsame Pressekonferenz mit dem Büro Baumschlager Eberle Architekten, Begründer des Konzepts.

Vor zehn Jahre setzten Architekt Dietmar Eberle und seinem Team das Prinzip zum ersten Mal um: Das Büro- und Verwaltungsgebäude in Lustenau erzielt eine konstante Innentemperatur von 22 bis 26 Grad, und das bis heute bei vollständigem Verzicht auf Technologie – nur durch das Zusammenspiel von Architektur, Material, Struktur und Mensch.

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Ich bin überzeugt, dass wir in Zukunft immer mehr Stadtviertel nach dem Prinzip 2226 sehen werden, die heutigen und kommenden Generationen leistbaren Wohnraum bei höchster Lebensqualität bieten werden.
Heimo Scheuch, Vorstandsvorsitzender Wienerberger AG

Worum geht's im Prinzip 2226?

Bauen nach dem Prinzip 2226 bedeutet im Wesentlichen die Organisation der Energieströme. Die Rahmenbedingungen dafür schafft ein intelligenter Mix aus hoher Speichermasse (Materialqualität), klug proportionierter Architektur (Lichteinfall) sowie die effiziente Steuerung der Energieströme mit Hilfe des 2226 Operating Systems. Für die notwendige Wärme sorgen die Bewohner*innen mit ihrer Körperwärme (80 – 100 W) und die üblichen Geräte in den Gebäuden. Das 2226 Operating System steuert Lüftung, Wärmehaushalt, Feuchtigkeit und den CO2-Gehalt der Innenraumluft über automatisierte Lüftungsflügel.

Halbierte Lebenszykluskosten

Im Rahmen der Veranstaltung fand auch eine Podiumsdiskussion über die Bedeutung und Zukunft des Prinzips 2226 statt. Dietmar Eberle sprach dabei mit Heimo Scheuch, Vorstandsvorsitzender Wienerberger AG, und Johann Marchner, Geschäftsführer Wienerberger Österreich. „Das Prinzip 2226 ist ein entscheidender Schritt hin zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung", betonte Scheuch dabei. Durch diese Innovation senke man gleichzeitig Emissionen und Kosten, einerseits durch die eingesparte Energie und Technologie, andererseits durch die Recyclingfähigkeit der nach diesem Prinzip gebauten Gebäude.

Das Haus 2226 in Lustenau liefert einen Nachweis für den Erfolg des Prinzips: Seit zehn Jahren kommt es ohne technische Installationen für Heizung, Kühlung und Lüftung aus, bei konstanter Temperatur von 22 bis 26 Grad. Im Vergleich zu Standardgebäuden verzeichnet es 25 Prozent weniger Investitions- bzw. Baukosten, 68 Prozent weniger Energieverbrauch sowie 49 Prozent weniger Lebenszykluskosten*.

Eberle, Initiator des Prinzips 2226, erklärt: „Wir erreichen die Wohlfühltemperatur durch ein Zusammenspiel mehrerer temperaturausgleichender Elemente, zusammengebracht in einer intelligenten Bauweise und realisiert mit den richtigen Materialien. Als Wärmequelle dienen die Menschen selbst sowie ihre elektronischen Geräte, plus die Beleuchtung. Einer der Schlüssel ist die Außenwand aus Ziegel, die im Winter die Wärme speichert und im Sommer die Hitze draußen hält. Das 2226 Operating System, eine intelligente Gebäudesteuerung, regelt vollautomatisch Temperatur, CO2-Gehalt und Luftfeuchtigkeit über Sensoren und Luftklappen."

Im Winter sorgt die Abwärme der Wärmequellen für eine angenehme Raumtemperatur. Innen angeschlagene, sensorisch gesteuerte Lüftungsflügel der Fenster öffnen sich automatisch, sobald der CO2-Anteil oder die Temperatur im Raum steigt. Bei sommerlicher Hitze öffnen sich die Flügel bei Nacht, um das 2226 mit natürlicher Zugluft zu kühlen.

*Das ergeben ein Vergleich des Baukostenindex zu den Realkosten des Haus 2226 in Lustenau, ein Vergleich des Schweizerischer Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) 2024 zu gemessenen Werten im Haus 2226 und das Buch Lebenszyklus-Management von Immobilien.

Podiumsdiskussion 2226
Podiumsdiskussion mit Dietmar Eberle, Heimo Scheuch und Johann Marchner - © Wienerberger

Ziegel: Natürliche Klimaanlage

Seit der Fertigstellung des Prototyps „Haus 2226“ vor zehn Jahren, sind weitere 40 Projekte gebaut worden, in der Errichtungsphase oder in Planung. Bis dato wird das Prinzip 2226 in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Großbritannien und Italien eingesetzt. Scheuch, Eberle und Marchner waren sich in ihrer Prognose einig, dass diese aktuellen Pilotprojekte in naher Zukunft zu größer angelegten Stadtentwicklungsprojekten führen werden. Darin sehen sie einen entscheidenden Schritt auf dem Weg hin zu ganzen Städten, die mehrheitlich aus klimaneutralen Netto-Null-Gebäuden bestehen.

Auch in Wien wird gerade ein Projekt nach dem Prinzip 2226 verwirklicht: Die drei „Robin“-Bürogebäude in der Seestadt. Die Ziegel dafür kommen von Wienerberger. Marchner dazu: „Mit ihrer natürlichen Speichermasse fungieren unser Ziegel wie eine natürliche Klimaanlage, sie halten Innenräume von Natur aus im Sommer schön kühl und im Winter angenehm warm. Das Prinzip 2226 zeigt, wie viel unentdecktes innovatives Potenzial weiterhin im Baustoff Ziegel steckt, obwohl er seit Jahrtausenden auf der ganzen Welt zum Einsatz kommt.“

„Ziegel hat sich in mehrfacher Hinsicht bewährt, erläutert Prof. Dietmar Eberle, „er verbindet die statischen Eigenschaften mit den Qualitäten der Wärmedämmung. Das älteste Fertigteilprodukt der Welt ist diffusionsoffen, sodass aufwändige Dampfbremsen vermieden werden können. Außerdem ist Ziegel aus handwerklicher Sicht beliebt, weil er problemlos verbaut werden kann.“ Das ist besonders wichtig in Bezug auf die Recyclingfähigkeit von Gebäuden. Das Prinzip 2226 kommt ohne Verbundwerkstoffe aus, sodass die verwendeten Materialien im Fall eines Abbruchs wiederverwendet werden können.