Loxone-CEO Rüdiger Keinberger im Interview : Gebäudeautomation: Größter Hebel für Energieeinsparung

CEO Ruediger Keinberger

Loxone-CEO Rüdiger Keinberger

- © Loxone

Seit 2017 ist Rüdiger Keinberger einer der Geschäftsführer von Loxone. Das Mühlviertler Unternehmen startete mit dem „Miniserver“ eine Erfolgsgeschichte im Smart Home, ehe es seine Fühler vor vier Jahren auch in Richtung Gewerbelösungen auszustrecken begann. Im Gespräch mit TGA erklärt Keinberger, warum Loxone zwar nichts daran verdienen wird, aber das Signal für ihn trotzdem wichtig ist.

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Wir können nachweisen, dass die Amortisationszeit mit unserer Gebäudeautomation oftmals bei unter einem halben Jahr liegt.

Riesen-Hebel für Energieeinsparung

Welche Bedeutung hat die neue Förderung für Gebäudeautomation, die es in der Form ja erstmalig gibt, für Loxone?

Rüdiger Keinberger:
Es hat eine große Bedeutung! Erstmalig wird ein Thema adressiert, wo wir global gesehen den größten Hebel für Energieeinsparung haben. Bisher wurden beispielsweise Elektroautos stark gefördert, ohne Zweifel zu Recht: Aber Gebäude sind für mehr als ein Drittel des globalen CO2-Fußabdrucks verantwortlich. Wir brauchen hier Lösungen, die intelligent sind. Ein einfacher erster Schritt in die richtige Richtung ist die Präsenzerkennung: Würden wir in allen Gebäuden nur dann heizen, kühlen und beleuchten, wenn Menschen anwesend sind, hätten wir mit einem Schlag 40 Prozent weniger Energieverbrauch im Gebäude! Das ist mehr, als mit der Elektromobilität insgesamt an Energie eingespart werden kann. Mit der neuen Förderung für Gebäudeautomation gibt die Politik das Signal, dass sie das grundsätzlich verstanden haben.

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Jetzt wird im ersten Schritt die Gebäudeautomation ausschließlich in Dienstleistungsgebäuden, also in gewerblich und öffentlich genutzten Immobilien gefördert. Wie hoch ist der Gewerbe-Anteil bei Loxone, im Vergleich zu dem auf Wohnhäuser fokussierten „Smart Home“-Lösungen?

Keinberger:
Etwa bei 20 Prozent des Umsatzes, wobei wir erst seit vier Jahren Gewerbelösungen anbieten. Wir haben in den ersten 10 Jahren uns vollständig auf das Smart Home konzentriert, ehe wir das ausgeweitet haben. Technisch ist es ident, Gebäude funktionieren grundsätzlich immer gleich. Es geht um Raumkonditionierung und die entsprechende Sensorik, die die Aktoren ansteuern: Das ist egal, ob es ein Einfamilienhaus oder ein Großraumbüro mit 500 Leuten ist. Wie gesagt, der Umsatzanteil ist noch relativ gering, aber durch Energiekrise und Kostensteigerungen ist das Interesse sprunghaft gestiegen.

Wodurch unterscheidet sich der Gewerbebereich vom Privatkund*innen?


Keinberger:
In der Wirtschaft zählen Daten, Fakten und Amortisationsrechnungen. Darum hat sich die Art der Marktbearbeitung in den letzten eineinhalb Jahren ziemlich umgedreht: Von potenziellen Kunden, bei denen wir bisher selbst angeklopft haben, werden wir jetzt aktiv angefragt. Wir können nachweisen, dass die Amortisationszeit mit unserer Gebäudeautomation oftmals bei unter einem halben Jahr liegt.

Können Sie Beispiele für umgesetzte Projekte nennen?


Keinberger:
Unser „Proof of Concept” in Österreich ist sicherlich der Spar. Bei Supermärkten geht es nicht zuletzt wegen der Kühlleistung um hohen Energieeinsatz und große Einsparpotenziale. Spar hat schon seit Jahren das Thema Energiemanagement als wichtig erkannt. Wir durften in fünf Testmärkten zeigen, was mit der Loxone Lösung möglich ist. Ab 1. Jänner 2024 werden sämtliche Neu- und Umbauten in Österreich mit einem Miniserver betrieben – und zwar für die Bereiche Heizen, Kühlen, Lüften, Beleuchten, Beschatten und alles, was dazu gehört.

Unser Zugang ist, dass wir kein DIY-Geschäft machen, sondern nur übers Fachhandwerk gehen.

Signal ist wichtiger als Fördersumme

An der Entwicklung der Förderung waren viele Stakeholder beteiligt, haben Sie sich da auch aktiv eingebracht?

Keinberger:
Nein, denn wir ticken da grundsätzlich anders. Unsere Geschäftspolitik sagt, dass wir auf keinen Messen ausstellen, keinen Außendienst beschäftigen und auch kein Lobbying betreiben. Das braucht viel Zeit und viel Aufwand, und hat zudem lediglich regionale Wirksamkeit. Wir denken global und vertrauen auf die Technologie. Wir sind auf dem Weg des starken Wachstums, das gibt unserer Strategie recht. Wir reichen beispielsweise auch keine Forschungsprojekte bei Einrichtungen wie dem FWF ein, dafür sind wir zu ungeduldig. Ein Forschungsprojekt dauert drei Jahre, bis dahin brauchen wir längst die Lösung.

Die Förderung ist mit 50 Euro pro eingesparter MWh und 20 Prozent der Gesamtkosten gut dotiert, bei nicht-gewinnorientierten Unternehmen wie Schulen sind es sogar 50 Prozent. Das ist wirklich lukrativ, oder?


Keinberger:
Ja, aber für uns ist das Signal wichtiger als die Fördersumme. Im Bürobereich können wie erwähnt die größten Einsparpotenziale mittels einfacher Präsenzerkennung gehoben werden – und das kostet weit keine 100.000 Euro, also die Mindest-Investitionssumme für die Förderung. Unsere Sensoren und die Komponenten samt Miniserver machen keine 5.000 Euro an Umsatzanteil aus. Wir unterstützen unsere Partner aber, die entsprechenden förderungsfähigen Pakete zu entwickeln. In öffentlichen Gebäuden ist Heizen, Lüften und Kühlen der größte Energiefresser, das lässt sich gut steuern. Dass ausschließlich unsere Produkte gefördert werden, dazu sind wir bei weitem zu billig.

Wie sieht diese Unterstützung aus?


Keinberger:
Unser Zugang ist, dass wir kein DIY-Geschäft machen, sondern nur übers Fachhandwerk gehen. Unsere Fachpartner unterstützen wir, indem wir die Intelligenz für den Schaltschrank liefern, mit der das Projekt einfach zu realisieren ist. Der Miniserver funktioniert dabei wie das Gehirn im Menschen, es verarbeitet das, was gemeldet wird und steuert die Aktoren passend an. Das ist eine kostengünstige Lösung und bietet dabei viele Funktionen. Aber um das Beispiel Spar nochmal aufzugreifen: Die Ausstattung der Märkte war ein Door-Opener, wir haben gezeigt, dass wir die Energie zuerst messen und dann effizient managen können. Jetzt müssen die ebenerdigen Märkte neuerdings auch mit Wohnebenen ausgestattet werden: Diese werden in Zukunft ebenfalls mit Loxone ausgestattet. Wir machen für unsere Fachpartner die Türe auf, diese können dann mit den Gesamtangeboten zum Zug kommen.

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Die Zeit ist in manchen Bereichen zu schnelllebig für Zertifizierungen.

Keine Insellösungen

Mit der Förderung muss auch die Erfüllung bestimmter Gebäudestandards nachgewiesen werden. Ist das auch ein Thema für Sie?

Keinberger:
Nein. In diesem Punkt bin ich bei Förderungen kritisch, das ist zu kompliziert. Wichtig ist, was messbar erreicht werden kann. In der Sanierung ist das ganz einfach: Was habe ich davor an Energie gebraucht, was danach? Dieses Delta ist wichtig, welche Normen zusätzlich erfüllt werden ist irrelevant und verwässert das, worum es geht, nämlich die Energieeinsparung. Mit der Gebäudeintelligenz, unserem Thema, hat das nichts zu tun.

Damit machen Sie sich bestimmt nicht nur Freund*innen …


Keinberger:
Ja, aber für mich ist das argumentierbar. Ich halte nichts von Normierung und Zertifizierung, das ist bei Software-Angeboten wie unserem einfach nicht zielführend. Nehmen wir das Beispiel der Alarmanlage: Wenn ich unser Alarmsystem zertifizieren lasse, habe ich schon drei Updates in der Software, während die Zertifizierung der ersten Version noch läuft. Die Zeit ist in manchen Bereichen zu schnelllebig für Zertifizierungen.

Womit Sie bei der Förderung wohl mehr Freude haben, das ist die Bedingungen, Anbieter-offene Systeme einsetzen zu müssen. Das ist eines Ihrer Kernversprechen, mit allen zu können. Was ist der Grundgedanke dahinter?


Keinberger:
Es stimmt, wir können mit allen, wir können jede Wärmepumpe und jedes Heizungssystem ansteuern, das es am Markt gibt. Wir haben vor einem Jahr eine frei zugängliche Library auf unserer Homepage eingerichtet, um die Einbindung über Schnittstellen mit Hilfe von Vorlagen zu aktuell 600 Fabrikaten zu erleichtern. Was jemand integrieren will, kann er mit Loxone integrieren. Der Grundgedanke ist die zentrale Steuerung, denn jede Insellösung bremst die Intelligenz. Nehmen wir die Beschattungssteuerung: Die kann nur effizient vor Überhitzung schützen, wenn sie mindestens das Nutzungsverhalten, die Wettervorhersage und die Präsenz im Raum berücksichtigt, und natürlich noch ein paar Dinge mehr. Das muss ich gesamtheitlich verstehen und berücksichtigen, und nicht einfach nach der Uhrzeit steuern.

Bei der Förderung geht es im ersten Schritt nur um Gewerbebauten. Wird sich das auch für Private auswirken, wäre eine Ausweitung da wünschenswert?


Keinberger:
Ja, natürlich wäre das wünschenswert. Bei der E-Mobilität fördert die öffentliche Hand den Ankauf eines Autos mit bis zu 10.000 Euro und lässt sich nochmal so viel an NoVA entgehen. Wenn ich die Gebäudeautomation fördere, erreiche ich mit viel weniger Geld viel mehr, und die Einsparung wirkt zudem viel länger und nachhaltiger.

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Gebäudeintelligenz für Wohnen im Alter

Wo könnte die Förderung für „Smart Homes“ sinnvollerweise ansetzen?

Keinberger:
Wir machen sehr gute Erfahrungen mit „ambient assisted living“. Unsere Gesellschaft wird immer älter, wir brauchen Möglichkeiten, das selbstbestimmte Leben zu Hause zu ermöglichen und zu erleichtern. Denn so wie das Wohnen im Alter und die Pflege derzeit geregelt sind, werden wir als Gesellschaft die Themen in Hinblick auf die Alterspyramide in Zukunft nicht mehr stemmen können. Mit Gebäudeintelligenz ist da viel machbar, etwa indem Verhaltensmuster überwacht werden und stiller Alarm ausgelöst wird, wenn eine Abweichung vom gewohnten Muster erkannt wird. Demenz beginnt mit Veränderungen der Bewegungsmuster. Die Leute vergessen den Fernseher oder den Herd auszuschalten oder vor dem Zubettgehen aufs Klo zu gehen. In den Niederlanden wird die entsprechende Nachrüstung von Wohneinheiten vollständig gefördert, wir haben schon mehr als 5.000 Wohnungen ausgestattet. Das lässt sich bei uns auch einfach bewerkstelligen: Wenn jemand bereits eine Smart Home Lösung von uns hat, wir das einfach um ein Software-Paket und ein paar Sensoren ergänzt, und fertig.

Hat nicht auch die verbaute Hardware eine begrenzte Lebenszeit?


Keinberger:
Der erste Miniserver, den wir vor 14 Jahren verbaut haben, hat seither jedes Software-Upgrade und jede Erweiterung mitgemacht und ist immer noch in Betrieb, und das stets auf dem neuesten Stand. Wenn die Hardware einmal da ist, ist das Software-Upgrade zudem gratis.

Wir dachten, dass Alexa & Co. ein Kurzfrist-Thema sind, das wieder verschwinden wird. Wir haben aber gesehen, dass die Menschen für ihren Komfort diese Daten sehr wohl zur Verfügung stellen.

Gebäudeautomation & Datenschutz

Bei dem angesprochenen Thema gibt es in Österreich große Bedenken in Sachen Datenschutz. Lässt sich der überhaupt sicherstellen, gerade bei so intimen Themen wie altersgerechtem Wohnen?

Keinberger:
Danke, dass Sie das ansprechen. Über den Datenschutz haben wir uns immer vom Mitbewerb differenziert. Viele gehen mit den Daten in die Cloud, wir nutzen den Miniserver im Gebäude – nach dem Motto: Dein Haus, Deine Daten. Natürlich können wir das in Richtung Cloud öffnen, gerade in Gewerbeanwendungen ist das meist gewünscht und auch sinnvoll, aber es muss ein bewusster Schritt sein. Im Privatbereich haben wir zum Beispiel genau deshalb Sprachsteuerung nicht unterstützt, denn unserer Meinung nach muss ein intelligentes Gebäude von selber wissen, was es zu tun hat. Wie ein stiller Butler, dem man auch nichts anschaffen muss, sondern der antizipiert was benötigt wird. Da haben wir uns allerdings geirrt, das müssen wir zugeben.

Inwiefern haben Sie sich geirrt?


Keinberger:
Wir dachten, dass Alexa & Co. ein Kurzfrist-Thema sind, das wieder verschwinden wird. Denn es bedeutet ja, dass eine Cloud-Anwendung die Personen im Haus ständig belauscht. Wir haben aber gesehen, dass die Menschen für ihren Komfort diese Daten sehr wohl zur Verfügung stellen. Daher ermöglichen wir jetzt auch die Integration einer Sprachsteuerung, aber eben nur für jene, die sich bewusst dafür entscheiden wollen.

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Zurück zur vorliegenden Förderung: Sie haben angesprochen, dass sie ihre Fachpartner beim Marketing unterstützen werden. Was kommt da?

Keinberger: Wir werden informieren, beraten, Umsetzungsbeispiele wie den Spar als Vorzeigeanwendung aufbereiten, es auf unserer Website thematisieren … unsere Partner haben nicht die Zeit, sich ausführlich über jede neue Förderung zu informieren, das übernehmen wir für sie, indem die Förderungsmöglichkeit so aktuell so wie möglich auf der Webseite zur Verfügung stellen. Es gibt viele Anwendungsmöglichkeiten und Business Cases für die Gebäudeautomation, und wir werden viel darüber reden!

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