Urban Mining : Das Gebäude als Rohstoffbank
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Kreislaufwirtschaft ist aus ökologischen ebenso wie aus wirtschaftlichen Gründen die Zukunft der Immobilienbranche, ist Kreislaufwirtschaftsexperte Christoph Löffler von EPEA part of Drees & Sommer in Österreich überzeugt, gleichzeitig erfordere sie neue Geschäftsmodelle. Michael Braungart, Professor für Eco-Design u.a. an der Leuphana Universität Lüneburg, Gründer von EPEA und „Erfinder“ des Cradle to Cradle-Prinzips, betont: „Dazu muss sich Intelligenz mit Handlungswillen, Kreislaufdenken und Lebensfreude verbinden!“
Cradle to Cradle in der Immobilienwirtschaft
„Angesichts der Umweltauswirkungen des Bau- und Immobiliensektors, schwindender und sich verteuernder Rohstoffressourcen sowie des Green Deals und der Taxonomie-Verordnung der EU führt an einer naturverträglichen Neu-Gestaltung von Wirtschaftssystemen alleine schon aus ökonomischer Sicht kein Weg vorbei“, sagt Löffler.
Als 100 Prozent Tochter von Drees & Sommer konzentriert sich EPEA darauf, das Cradle to Cradle-Prinzip für die Kreislaufwirtschaft in der Immobilienwirtschaft zu etablieren. „Mehr noch ist dieser Strukturwandel die Grundlage dafür, dass die Branche eine wirtschaftliche Zukunft hat.“
Anstatt zum Beispiel ein Gebäude am Ende seiner Nutzungsdauer abzureißen und Unmengen an Bauschutt zu verursachen, müssen Gebäude als wertvolle Rohstoffbank genutzt werden. Die dafür notwendigen Daten über verbaute Materialien und ihre Eigenschaften lassen sich über den Building Circularity Passport der EPEA erheben und über Materialkataster wie Madaster für zukünftiges Urban Mining speichern.
Ein übliches Wärmedämmverbundsystem mit all den notwendigen Materialschichten und zusätzlichen Leitungen und Kabeln besteht häufig aus bis zu 20 kaum voneinander trennbaren Komponenten.Christoph Löffler, EPEA part of Drees & Sommer in Österreich
Bei Bestandsgebäuden müssen alle Beteiligten enger zusammenarbeiten, um Daten im Nachhinein zu erheben. Ebenso müssen im Gebäudedesign und bei der Produktentwicklung die Rückbaufähigkeit und die Verwendbarkeit von Sekundärrohstoffen gesteigert werden.
Davon sei man aktuell aber noch weit entfernt, so Löffler: „Ein übliches Wärmedämmverbundsystem mit all den notwendigen Materialschichten und zusätzlichen Leitungen und Kabeln besteht häufig aus bis zu 20 kaum voneinander trennbaren Komponenten. Auch wenn jedes einzelne verbaute Teil für sich nachhaltig produziert wäre, passen sie nicht zu einem Großen zusammen und sind so verarbeitet, dass sie sich am Ende des Lebenszyklus' des Gebäudes keinem Kreislauf mehr zuführen lassen.“ Eng verbunden mit Kreislaufwirtschaft sieht Löffler das Cradle to Cradle-Designprinzip.
Vorteile der Kreislaufwirtschaft
Auf Basis des Cradle to Cradle-Prinzips geht es darum, Materialien so herzustellen und zu verarbeiten, dass sie entweder potenziell unendlich im Wirtschaftskreislauf zirkulieren und wiederverwendet werden, oder dass sie aufgrund ihrer Materialeigenschaften selbst wieder zu Nährstoff für neue Materialien werden, etwa durch Kompostierung.
Selbstredend müssen auch die Herstellung und die Verarbeitung dieser Materialien umweltfreundlich sein. Neben den ökologischen Auswirkungen dieses Ansatzes sind die wirtschaftlichen Vorteile offensichtlich, zeigt Löffler auf: „Materialien und Produkte, die zirkulieren, müssen nicht kostenintensiv neu hergestellt bzw. entsorgt werden. Material, das als Nährstoff der Umwelt wieder zugeführt wird, sorgt für das Nachwachsen neuer Materialien."
Das Cradle to Cradle-Prinzip, übertragen auf die Real Estate Branche, sorge für werthaltige Immobilien, „deren Ziel ein positiver Impact auf Umwelt, Umgebung und Nutzer*innen ist". „Dabei werden selbstverständlich ESG-Richtlinien berücksichtigt und die Anforderungen der EU-Taxonomie erfüllt, was auch zu höheren Renditen führt“, attestiert Löffler.
So wie sich durch das Cradle to Cradle-Prinzip das mit Rohstoffverknappung und Materialpreisschwankungen einhergehende Geschäftsrisiko deutlich verringern lässt, kann ebenso Wirtschaftswachstum vom Rohstoffverbrauch entkoppelt werden. Damit werden auch neue Geschäftsmodelle wie Rücknahmesysteme oder Leasing von Baumaterialien möglich.
>> Lesen Sie auch: Michael Haugeneder: „Material ist ein Allgemeingut und jeder bezahlt nur Miete auf Zeit"
Aus Sicht der Planer: Cradle to Cradle in der Theorie
Die TGA hat sich unter einigen Planern umgehört und gefragt:
- Wie realistisch sind diese Ideen?
- Was braucht es, um sie umzusetzen?
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Ing. Daniel Friedl, BSc., Zentraplan PlanungsgmbH
„Für viele der gängigen Baumaterialien gibt es noch kaum sinnvolle, mir bekannte Recycling-Möglichkeiten. Um klare Rücknahmesysteme zu etablieren, müssten im Vorfeld noch technische Neuerungen, sprich neue Wiederverwertungsmethoden oder gänzlich neue Materialien und Bauweisen, den Markt durchdringen.
Erst im Anschluss kann ein allgemeines Umdenken beginnen und eine wirkliche Chance haben. Solange dies nicht der Fall ist, sollte jedoch weiterhin zumindest auf Abbruch-Konzepte mit klarer Trennung der Abbruchmaterialen Wert gelegt werden – hierdurch kann bereits ein erheblicher Teil der Wiederverwertung zugeführt werden.“
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Ing. Christoph Passecker, MSc, MBA, Haustechnik Planungsgesellschaft
„Geschäftsmodelle wie Rücknahmesysteme oder das Leasing von Baumaterial sind durchaus realistische Ansätze, um ein ressourceneffizientes und nachhaltiges Bauen zu unterstützen. Um sie umzusetzen, sind jedoch in vielen Fällen Änderungen und Anpassungen in den etablierten Prozessen und Strukturen notwendig.
Hierzu gehört eine enge Zusammenarbeit zwischen Auftraggebern, Planer*innen und ausführenden Unternehmen sowie ein Bewusstseinswandel hinsichtlich des Umgangs mit Ressourcen und Abfällen im Bausektor. Auch innovative Technologien und Materialien spielen eine wichtige Rolle bei der Umsetzung nachhaltiger Bauprojekte.”
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DI Lukas Mahr, MA, Mahr Gebäudetechnik Service & Consulting
„Ich sehe das etwas kritisch im Sanitär- und Heizungsbereich, vor allem beim Thema Hygiene und Gewährleistung. Aus haustechnischer Sicht wäre das im Bereich der Lüftung durchaus denkbar, dass demontierte Wickelfalzrohre, Lüftungskanäle oder Auslässe gereinigt und wiederverwendet werden."
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DI Christoph Urschler, TBH Ingenieure
„Wenn man über derartige Modelle nachdenkt, dann sollten auch die geschäftlichen Bedingungen von Anfang an klar definiert sein. Dies bedeutet, welchen monetären Aufwand haben die Baumaterialien, wie sieht es mit der Nutzungsdauer aus und an welche Preisgleitklauseln bildet man derartige Geschäftsmodelle aus.
Aus meiner Sicht muss dazu entsprechende Pionierarbeit geleistet werden, um von den recycelten Baumaterialien in Kombination mit 'rückgebauter Installationstechnik' auf ein Geschäftsmodell rückschließen zu können. Was braucht es dazu? Einen Zusammenschluss aus Bauwirtschaft und Installationstechnik, um von Beginn an den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes zu betrachten. Es nützt nichts, wenn gesonderte Geschäftsmodelle entwickelt werden und diese nicht als gesamtheitliche Lösung für C2C umgesetzt werden.“
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Ing. Bernhard Hammer, MBA, EUR ING, e2 engineering
„Der Idee Leasing kann ich derzeit noch nicht sehr viel abgewinnen, da die Systeme und die Auswirkungen zum jetzigen Zeitpunkt für mich und meinen Kunden noch nicht absehbar sind. Entwickeln sich hier Unternehmen – Finanzkonzerne –, die die Ressourcen verteilen und Monopole entwickeln? Erst bei diskussionsfähigen und nachvollziehbaren Vorschlägen kann ich dazu meine konkrete Meinung abgeben.“
Neue Geschäftsmodelle durch neue Denkweise
Braungart geht sogar noch einen Schritt weiter. Er sieht neben technischen Lösungen vor allem in einem grundlegend geänderten Denkansatz die Voraussetzung für diese neuen Geschäftsmodelle. „Anstelle daran zu arbeiten, negative Auswirkungen zu minimieren, indem etwa der CO2-Ausstoß reduziert oder die Recyclingquote erhöht wird, müssen wir die positiven Auswirkungen unseres Tuns steigern und monetarisieren.“
In der Forschung gebe es dazu umfassendes Wissen, das es nun in die Praxis umzusetzen gelte. In puncto Geschäftsmodelle meint Braungart etwa: „Dementsprechend sollten wir nicht ein Recht auf Reparierbarkeit fordern, sondern ein Recht auf Intaktheit. Wir schützen die Umwelt nicht, wenn wir sie ein wenig weniger zerstören. Aus ökologischer und ökonomischer Sicht müssen wir danach streben, das Richtige zu tun, nicht das weniger Falsche.“
Wir schützen die Umwelt nicht, wenn wir sie ein wenig weniger zerstören. Aus ökologischer und ökonomischer Sicht müssen wir danach streben, das Richtige zu tun, nicht das weniger Falsche.Michael Braungart, Professor für Eco-Design
Gebäudedokumentation für Materialien
Umfassende Daten zu verwendeten Materialien und ihren Eigenschaften sowie zur Art und Weise, wie Bauteile demontiert und getrennt werden können, sind die Grundlage für kreislauffähiges Bauen und Sanieren. Was in der Planungsphase nicht dokumentiert wird, kann nachträglich nur unter großem Mehraufwand nachgeholt werden. Bestehende Lösungen für Rückbau- und Wertschöpfungskonzepte bewähren sich im Praxistest.
Ein Blick auf die Umweltbilanz des Bausektors zeigt die Ressourcenpotenziale für Kreislaufwirtschaft deutlich auf: 40 bis 50 Prozent der weltweiten Rohstoffe werden im Bausektor verwendet, der seinerseits für bis zu 60 Prozent der Abfälle verantwortlich ist. Angesichts der Auswirkungen auf die Umwelt, steigender Energie- und Materialpreise sowie einer zunehmenden Rohstoffknappheit arbeitet die Immobilien- und Baubranche intensiv daran, Materialkreisläufe zu schließen.
„Die in den Gebäuden verbauten Materialien sind wertvolle Ressourcen, die derzeit nur begrenzt gehoben werden können. Um das zu ändern, setzen wir an mehreren Hebeln an. Ein wesentlicher Hebel ist die Dokumentation, welche Materialen wie und wo in einem Gebäude verwendet und verarbeitet werden und ab welchem Zeitpunkt sie für eine Wiederverwendung zu Verfügung stehen werden“, hält dazu Christoph Löffler fest.
Mehr noch sind solche Daten essentiell, um künftig rechtlichen Vorgaben wie etwa der EU-Taxonomie entsprechen zu können. „Die gebaute Umwelt ist für rund 35 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, davon entfällt ein Drittel auf die Errichtung. Wer heute bei neuen Projekten nicht schon von Beginn an Materialeinsatz und Eigenschaften berücksichtigt und dokumentiert, wird das im Nachhinein nur unter immensem Aufwand nachholen können und müssen“, so Löffler.
Die gebaute Umwelt ist für rund 35 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, davon entfällt ein Drittel auf die Errichtung.Christoph Löffler, EPEA part of Drees & Sommer in Österreich
Aus Sicht der Planer: Cradle to Cradle in der Praxis
TGA hat die Planer gefragt:
- Sind das Cradle to Cradle-Prinzip und Aspekte der Kreislaufwirtschaft in der konkreten Planungstätigkeit der Ingenieurbüros bereits angekommen?
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Ing. Daniel Friedl, BSc., Zentraplan PlanungsgmbH
„Diese Schlagworte sind in unseren Planungen durchaus präsent. Konkret versuchen wir bei der Definition der Materialien und Qualitäten auf eine mögliche Wiederverwertbarkeit Rücksicht zu nehmen, sofern hierdurch keine negativen wirtschaftlichen Auswirkungen für den Auftraggeber gegeben sind, und die technischen Anforderungen es zulassen.
Seitens Auftraggeber werden uns selten konkrete Anforderungen hierzu genannt, auch wenn die Häufigkeit zwischenzeitlich jene einzelner Pilotprojekte übersteigt. In einigen Fällen ergeben sich die Vorgaben jedoch auch indirekt durch auftraggeberseitig gewünschte Zertifizierungen. Ungeachtet dessen ist die vollständige Berücksichtigung von recyclingfähigen Materialien derzeit noch nicht bzw. nur unter hohen Mehrkosten möglich – beispielsweise auf Grund von Brandschutzanforderungen o.ä.“
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Ing. Christoph Passecker, MSc, MBA, Haustechnik Planungsgesellschaft
„Die Aspekte der Kreislaufwirtschaft und das Cradle to Cradle-Prinzip werden zunehmend wichtiger in der Planungstätigkeit. Der perfekte Kreislauf ist die Vision und das Ziel von Cradle to Cradle. Die Orientierung des Prinzips erfolgt dabei an der Natur: Denn biologische Kreisläufe lassen keinen Abfall zurück.
Für den Bereich Haustechnik sehen wir das Ziel erfüllt, wenn Energiekonzepte erstellt werden, die den Einsatz von erneuerbaren Energien sicherstellen, Schadstoffe vermieden werden und generell der zukünftige Betrieb eines Objektes mit hoher Effizienz der technischen Anlagen und somit geringen Betriebskosten erfolgt. Bei Haustechnikplanung, Wettbewerben, werden aus meiner Sicht die Vorgaben weitestgehend schon abverlangt, insbesondere auch durch die stark gestiegenen Energiepreise.“
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DI Lukas Mahr, MA, Mahr Gebäudetechnik Service & Consulting
„Das Cradle to Cradle-Prinzip wird immer mehr ein Thema, vor allem weil hier in der Planung die Grundsteine dafür gelegt werden. Ziel für uns Ingenieurbüros muss es sein, bei unseren Planungen Rücksicht auf das verwendete Material und dessen Kreislaufwirtschaft zu nehmen. Der Wunsch unserer Kunden ist oft nur, dass nachhaltige Produkte eingesetzt werden, auf die wir Rücksicht nehmen.“
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DI Christoph Urschler, TBH Ingenieure
„Aus Sicht eines Ingenieurbüros für Gebäudetechnik hat das Cradle to Cradle-Prinzip doch einen erheblichen Einfluss auf die Planungstätigkeit. Grundsätzlich muss man jedoch aus meiner Sicht zwischen reinen Baumaterialien und erneuerbaren Energiesystemen für die Gebäudetechnik unterscheiden. Mit den Baumaterialien beschäftigen sich die Bauingenieure, mit der Anwendung der erneuerbaren Energiesystemen die Gebäudetechnik.
Aus meiner Sicht besteht bei C2C-Gebäuden der gesundheitsfördernde Einfluss des Gebäudes auf den Menschen im Mittelpunkt. Dies kann Baumaterialien aber auch Wärmeversorgungsanlagen betreffen. Bei den Wärmeerzeugungs- und Versorgungsanlagen ist deshalb auf eine hohe Güte der Regelung/ Steuerung zu legen. Damit erhöht sich auch die Behaglichkeit der Nutzer*innen."Mehr Infos anzeigen Weniger Infos anzeigen„In weiterer Folge ist auch die Priorität auf einen hohen Autarkiegrad zu legen. Bei den eingesetzten Materialen in der Gebäudetechnik kann davon ausgegangen werden, dass eher eine Verrohrung auf Metallbasis einen höheren C2C-Grad hat als auf Kunststoffbasis. Ich denke, dass der Einsatz von erneuerbaren Energiesystemen und die Umsetzung vorgelagerter Energiekonzepte bei den Auftraggebern gut angekommen ist.
Der Einsatz von C2C-Baumaterialen ist auch in der Umsetzung. Der C2C-Gedanke beim Einsatz von innovativer Installations/Gebäudetechnik bedarf noch einer umfangreichen Aufklärung, dazu denke ich, ist auch noch die Industrie gefordert. Als Planer beschäftigt man sich bei den Gebäuden natürlich schon mit dem C2C-Prinzip in Kombination mit Konzepten zur sinnvollen Kreislaufwirtschaft im Hinblick auf energieeffiziente Gesamtsysteme.“
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Ing. Bernhard Hammer, MBA, EUR ING, e2 engineering
„Grundsätzlich sind die Aspekte der Kreislaufwirtschaft von essentieller Bedeutung. Wir versuchen bereits jetzt, die Planungen dahingehend abzustimmen. Von unseren Auftraggebern gibt es diesbezüglich noch keine Vorgaben und nur vereinzelte Anfragen. Sie sind derzeit mit anderen Themen befasst, wie zum Beispiel Finanzierbarkeit oder Herstellkosten.“
Tools: Urban Mining Screening und Building Circularity Passport
Die EPEA GmbH entwickelte zur Dokumentation ein mehrstufiges Verfahren: Die Bestandsanalyse dient dem „Urban Mining Screening“ (UMS), um festzustellen, welche Materialien in welcher Größenordnung in unserer gebauten Umwelt lagern, mit einem Fokus auf den städtischen Raum, wie der Name bereits ahnen lässt.
UMS ist eine Kooperation mit Madaster, das einerseits die Daten interpretiert und andererseits als zentraler Speicher dient. Madaster bildet aktuell über 3.500 Gebäude mit insgesamt 12 Mio. m2 Fläche in Holland, Belgien, Norwegen, Deutschland, Österreich und der Schweiz ab.
Neben der Bestandsanalyse ist die begleitende Beratung von Sanierungen und Neubauten ein Fokus von EPEA. Dabei werden die Cradle to Cradle-Designprinzipien in die Planung integriert, damit ein gesundes, kreislauffähiges, flexibles Bauwerk entsteht, das dem Begriff Gebäudematerialbank gerecht wird.
Das Tool „Building Circularity Passport“ dient dabei wiederum als Planungs- und Dokumentationsinstrument, um gemeinsam mit Architekt*innen, sämtlichen Planungsdisziplinen sowie den ausführenden Firmen die Kreislauffähigkeit des Gebäudes messbar zu machen und Optimierungspotenziale zu identifizieren.
Bei abgeschlossenen Bauprojekten gibt der Building Circularity Passport zusätzlich eine detaillierte Auskunft darüber, welche verwendeten Materialien sich einfach trennen lassen, weiters über Materialgesundheit, Materialverwertung am Ende des Lebenszyklus und zum CO2-Fußabdruck des Gebäudes. Damit werden aus diesen neuen oder sanierten Gebäuden selbst wieder langlebige und werthaltige Rohstoffdepots – und wie beim UMS im Idealfall ebenfalls auf einem zentralen Dokumentationstool wie Madaster gespeichert und aktuell gehalten.
Auch die monetären Werte der verbauten Materialien lassen sich über Madaster ermitteln. Ebenso wird das sogenannte Embodies Carbon von Gebäuden messbar, und die Einhaltung von rechtlichen Anforderungen die Kreislauffähigkeit, Gesundheit und Abfallvermeidung betreffend planbar und nachverfolgbar. „So können Materialkreisläufe erfolgreich geschlossen werden. Zudem gelingt es, dass nicht negative Auswirkungen minimiert, sondern positive Auswirkungen maximiert werden“, fasst Löffler zusammen.
Wir müssen komplett umdenken und Abbrüche vor Ort justin-time nutzen, anstatt Material von weit entfernt einzukaufen.Peter Engert, ÖGNI
Datenbestand ermöglicht nachhaltige Produktzirkularität
Auch Peter Engert, Geschäftsführer der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI), betont: „Wir müssen komplett umdenken und Abbrüche vor Ort justin-time nutzen, anstatt Material von weit entfernt einzukaufen. Die Automobilindustrie zeigt bereits, wie das funktioniert.“
Die EU-Taxonomie, wonach rund 70 Prozent eines Gebäudes recycelbar sein müssen, mache einmal mehr deutlich, dass Kreislaufwirtschaft nicht erst beim Recycling, sondern bei der Bauplanung beginne.
Materialkataster, in denen detailliert Information zu verbautem Material dokumentiert ist, sind auch für Engert essenziell: „Wenn die Planung für ein Gebäude beginnt, muss ich auch heute schon wissen, welche Fenster, Böden usw. bei Baubeginn in zwei Jahren zur Verfügung stehen werden, also aus welchen Bestandsgebäuden sie entnommen und wiederverwendet werden können. Die Anforderungen der Kreislaufwirtschaft müssen von Beginn an berücksichtigt, Daten gesammelt und auch anderen zur Verfügung gestellt werden."