Nachhaltig Kühlen : „Nicht einfach nur eine Klimaanlage“

Das Social Cooling-Team: Ben Assa, Milan Demko und Philippe Schmit (v.l.n.r.)

Das Social Cooling-Team: Ben Assa, Milan Demko und Philippe Schmit (v.l.n.r.)

- © Social Cooling

„Es ist an der Zeit, unsere Einstellung zu Konsumgütern zu ändern. Komfort und Nachhaltigkeit können Hand in Hand gehen, ohne Kompromisse“, stellt sich das Wiener Start-up Social Cooling auf seiner Website vor. Mit dem Kühlgerät TerraBreeze arbeitet das dreiköpfige Team aus CEO Philippe Schmit, CTO Milan Demko und CFO Ben Assa an einer nachhaltigen Klimaanlage mit großem Marktpotenzial.

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TGA: Was macht Social Cooling mit dem Produkt TerraBreeze anders oder besser als vorhandene Kühltechnologien am Markt?

Philippe Schmit:
Wir kombinieren sehr alte Kühlungstechnik mit modernen Technologien und verbessern so die Energieeffizienz. Einer unserer USPs ist, dass wir bis zu 90 Prozent weniger Strom verbrauchen als reguläre Kühltechniken wie etwa eine Multi-Split-Klimaanlage. Und das zweite Merkmal ist definitiv, dass wir keine Installationen brauchen. Das ist auch etwas, was derzeit noch nicht so am Markt vorhanden ist.

Die genaue Technologie hinter TerraBreeze ist im Moment noch unter Verschluss, welche Details können Sie bereits verraten?


Schmit:
Es dreht sich dabei um evaporative Kühlung, also Verdunstungskühler. Solche Geräte befeuchten im Normalfall aber die Raumluft und funktionieren mit einer Luftfeuchtigkeit von 60 Prozent in Wien demnach etwa zwei Minuten und dann nicht mehr. Mit unserer Technologie können wir die Raumluft kühlen, ohne die Luft zu befeuchten. Man könnte außerdem sagen, dass wir von der Installation her genauso umständlich wie ein Verdunstungskühler sind – also gar nicht.

In den Produktvideos von Social Cooling sind mit Wasser befeuchtete Terracottarohre als Teil des Geräts sichtbar, können Sie darüber mehr erzählen?


Schmit:
Das ist korrekt zusammengepuzzelt. Die genaue Umsetzung ist dann wieder etwas anderes. Aber was wir sagen können ist, dass wir es durch diese Terracottarohre schaffen, einen Wärmetauscher mit einem indirekten Verdunstungskühler zu haben. Wir nutzen den Effekt der Verdunstungskühlung, um einen schnelleren Wärmeaustausch zu generieren, pumpen die Feuchtigkeit dabei jedoch nicht in die Luft. So bekommen wir viel Hitze in einer kurzen Zeit mit wenig Strom aus der Luft. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist, dass wir diese Hitze nicht einfach wie übliche Klimaanlagen zum Fenster rausschmeißen, sondern im Gerät speichern. Ein Teil davon kann auch wieder zurück in Elektrizität verwandelt werden.

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Gibt es neben den ausständigen Patentanmeldungen in Österreich und Luxemburg weitere Gründe, warum Sie Technik geheim halten?

Schmit:
Selbst, wenn die Patente durch sind, können wir die Details noch ein Jahr unter Verschluss halten. Das werden wir auch bis aufs Maximum ausnutzen, weil wir aktuell ein kleines Budget haben. Wenn alles so klappt, wie wir es uns vorstellen, laufen wir in Gefahr, dass eine andere Firma das sehr schnell mit anderem Budget kopiert. Wir arbeiten einfach in einer Branche, wo der Wettbewerb aus Giganten besteht.

Wir arbeiten einfach in einer Branche, wo der Wettbewerb aus Giganten besteht.

Kursänderung von B2C auf B2b

Wie kam es denn insgesamt zur Idee? Wo hat der Geistesblitz eingeschlagen?

Schmit: Ich habe während meiner Studienzeit gerne zu Hause getüftelt. Als Student ist man nun mal nicht für große Budgets für teure Klimaanlagen bekannt, deshalb habe ich versucht, eine andere Lösung zu finden und irgendwann hat eine Idee besser geklappt. Aber da reden wir von einer Besenkammer, die man über ein paar Minuten ein bisschen kühlen konnte. Die Idee ist dann wieder in Vergessenheit geraten, bis ich ein, zwei Jahre später mit Ben und Milan mein Team kennengelernt habe. Die beiden haben einen starken Thermodynamik- und Kühltechnik-Background und fanden die Idee super. Daher habe ich Simulationen in Auftrag gegeben und das Prinzip hat sich bewährt. Also haben wir es auf Startup-Summits präsentiert und die Rückmeldung war super. Und so stehe ich jetzt seit ziemlich genau einem Jahr Vollzeit hinter der Idee.

Angelehnt an das Feedback und Ihren eigenen Einblick – wie schätzen Sie das Marktpotenzial der ausgereiften Technologie in der Zukunft ein?

Schmit: Das Marktpotenzial ist bei weitem größer, als ich am Anfang gedacht habe. Weil die Idee aus einer Not von B2C – also von mir als Student – gekommen ist, war sie auch auf diesen Markt ausgelegt. Plötzlich wurden wir aber wurden von Institutionen aus Burkina Faso, Botswana für die Agrikultur kontaktiert, oder von der Deutschen Bahn für Container auf Baustellen. Der B2B-Markt ist auf einmal auf uns zugekommen. Das ist etwas, das sich seit der Idee einer erschwinglichen Klimaanlage für den B2C-Bereich geändert hat. Wir wollen daher jetzt im B2B-Bereich starten und dort so viel wie möglich für uns generieren.

Social Cooling Protoyp Terrabreeze
Der Protoyp für TerraBreeze, ein Plug-and-Play-Klimagerät ohne Abluftschlauch - © Social Cooling
Sollten wir jetzt merken, dass unser Produkt super ist, vielleicht das Beste der Welt, aber wieder 3.000 Euro kostet, haben wir das Ganze verfehlt. Dann werden wir gar nicht auf den Markt gehen.

Das Start-up heißt Social Cooling, sozial steckt bereits im Namen. Wie würden Sie soziales Kühlen definieren? Welche Vision steckt dahinter?

Schmit:
Als mir die Idee gekommen ist, habe ich gemerkt, dass ich nicht einfach nur eine Klimaanlage verkaufen will. Wir versuchen stattdessen, eine Art Win-win-Situation zu erreichen, indem wir nachhaltiger und deswegen auch billiger sind. Das Motto „Cooling the heat and the tension in the society“ leitet uns dabei. Anstatt vorzuschreiben, wie man nachhaltig leben soll, wollen wir einfach mal Lösungen anbieten. Unser Produkt soll den Gedanken hinter nachhaltigem Konsum anpassen. Konsument*innen sollen fragen, ob etwas nachhaltig ist, weil sie wissen, dass sie davon den größten Mehrwert haben. Dadurch, dass wir in der Produktproduktion nachhaltig gedacht haben, kriegen sie den geringsten Stromverbrauch und mit dem geringsten Stromverbrauch hat man die geringsten Kosten. Das ist natürlich ein bisschen utopisch gedacht – aber es ist ein Punkt, der uns wichtig ist. Sollten wir jetzt merken, dass unser Produkt super ist, vielleicht das Beste der Welt, aber wieder 3.000 Euro kostet, haben wir das Ganze verfehlt. Dann werden wir gar nicht auf den Markt gehen. Es ist nicht unser Ziel, einfach irgendetwas zu verkaufen.

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Je nachdem, wie viele Iterationen wir noch brauchen, ist es das Ziel, 2026 auf den Markt zu kommen.

Isobutan statt R410A

Wie steht es denn im Moment um die tatsächliche technische Umsetzung?

Schmit: Es gibt einen Prototyp. Wir haben allerdings bemerkt, dass wir ihn ohne die nötigen Ressourcen nicht dahin bringen können, wo wir wollen und müssen. Aktuell fehlt einfach das Equipment, den Prototypen richtig zu bauen. Das ist das eine. Und das andere ist es auch, den Prototypen richtig zu testen. Um das zu illustrieren: Unser CTO hat den Prototypen im Zimmer seiner Kinder zusammengebaut und dort getestet. Große Hersteller haben da eine andere Herangehensweise. Nichtsdestotrotz, der Prototyp hat sehr viel Positives mitgebracht. Er hat bestätigt, dass wir keine Installation brauchen und Energieersparnis ermöglichen. Was wir jetzt beim Prototyp getestet, aber noch nicht so richtig angekündigt haben, ist auch, dass wir mit Isobutan ein nachhaltiges Kältemittel benutzt haben. Außerdem haben wir weniger als ein Zehntel der Menge von normalen Multi-Split-Klimaanlagen benötigt, circa 18 Gramm im Endeffekt.

Wie steht es um finanzielle Unterstützung für die nächsten Schritte, gibt es Gespräche mit Investoren?


Schmit:
Bis jetzt haben wir noch alles gebootstrapped. Es gab zudem öffentliche Fördergelder, wir haben jedoch gemerkt, dass es für solche Anträge wichtig ist, alles so simpel wie möglich herunterzubrechen. Es wäre einfacher gewesen, wenn wir die Anträge nur geschrieben hätten, um R410A mit Isobutan zu ersetzen. Darunter kann sich jeder etwas vorstellen. Wenn es aber zu weit in die Innovation geht, wird es schwieriger. Privat sind wir jetzt in Gesprächen mit einer Handvoll an Angel-Investoren, aber auch mit zwei großen Investoren – mit einem davon befinden wir uns in der letzten Due-Diligence-Runde.

Wenn das Geld da ist, welche Schritte folgen? Welche Milestones haben Sie sich für dieses Jahr noch vorgenommen?


Schmit:
Für dieses Jahr definitiv, dass wir einen Concept Freeze erreichen. Wir haben bisher ohne viel Budget gearbeitet und wollen das Konzept jetzt festigen. 2025 möchten wir dann schon ein paar Pilotprojekte starten, dafür haben wir auch schon B2B-Interessenten – von der Steiermark bis nach Toulouse. Je nachdem, wie viele Iterationen wir noch brauchen, ist es das Ziel, 2026 auf den Markt zu kommen.