Sanierung mit Grauwasseranlage : Wiener Altbau nutzt Grauwasser

Grauwasser Kauergasse

In der Wiener Kauergasse wurde das dritte Gründerzeit-Gebäude nach einem modernen Standard saniert.

- © Klima- und Energiefonds/APA-Fotoservice/Leitner

Ob Heizungstausch, thermische Sanierung, mehr von Grünflächen oder Verwertung von Grauwasser – Gebäude können auf vielen Wegen energieeffizienter gestaltet werden. Gerade in Wien gibt es dafür großes Potenzial, immerhin machen Altbauten, die vor 1919 errichtet wurden, ein Fünftel des Gebäudebestands der Hauptstadt aus.

Wie eine Sanierung in Objekten wie diese gelingen kann, zeigt das durch den Klima- und Energiefonds geförderte und aus Mitteln des Klimaschutzministeriums dotiere Projekt „Kauergasse 2“. Dort wurde Österreichs erste Anlage zur Grauwasserverwertung, die im Rahmen einer Sanierung implementiert wurde, von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, Klimafonds-Geschäftsführer Bernd Vogl und Projektleiter Helmut Schöberl, Schöberl & Pöll GmbH, präsentiert.

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Nicole Kirchberger, Klima- und Energiefonds Klimaschutzministerin Leonore Gewessler GF Helmut Schöberl, Schöberl & Poll GmbH (v.l.n.r.)
Nicole Kirchberger, Klima- und Energiefonds Klimaschutzministerin Leonore Gewessler und Helmut Schöberl, GF Schöberl & Poll GmbH (v.l.n.r.) - © Klima- und Energiefonds/APA-Fotoservice/Leitner
Nur nachhaltig gebaute Städte werden auch in Zukunft lebenswerte Städte sein.
Bernd Vogl, Klima- und Energiefonds

Altbau auf Passivhausniveau sanieren

Gebäude tragen erheblich zum Energieverbrauch und den CO2-Emissionen bei. Um die gesetzten Klimaschutzziele zu erreichen, ist eine umfassende Sanierung Gebäudebestands notwendig, wie auch die europäische Gebäuderichtlinie unterstreicht. In Wien wurde nun das dritte Gründerzeit-Gebäude nach einem modernen Standard saniert und mit einem Prototyp einer Grauwasseranlage ausgestattet. „Projekte wie dieses hier in der Kauergasse bringen uns gemeinsam den Klimazielen näher," so Klimaschutzministerin Gewessler bei der Inbetriebnahme der neuen Anlage. Und: „Mit innovativen Lösungen für die Sanierung von Altbauten leistet die Baubranche einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz."

Das Projekt „Kauergasse 2“ im 15. Wiener Gemeindebezirk zeigt, wie sich moderne Sanierungsstandards und Maßnahmen zum Klimaschutz auch in alten Bauten umsetzen lassen. Das Gründerzeit-Eckhaus in der Kauergasse 2, 1150 Wien, wurde 1895 mit viergeschossigen Straßentrakten und zwei Hoftrakten erbaut. Die Sanierung erfolgte von 2022 bis 2024 über eine Sockelsanierung, die von der Stadt Wien gefördert wurde. Das Wohnhaus ist auch unter den "100 Projekten Raus aus Gas" gelistet.

Das Gebäude mit 31 Wohnungen und vier Betriebseinheiten im Erdgeschoss wurde nach dem Standard EnerPHit thermisch saniert – ein Standard für die Sanierung von Altbauten auf Passivhausniveau. Klima- und Energiefonds-Geschäftsführer Vogl dazu: „Nur nachhaltig gebaute Städte werden auch in Zukunft lebenswerte Städte sein. Die Kauergasse 2 zeigt, wie wir durch moderne Sanierungen und Ressourceneffizienz eine nachhaltige urbane Entwicklung fördern können.“

© Klima- und Energiefonds/APA-Fotoservice/Leitner

Grauwasser im Rundum-Einsatz

Das Projekt „Kauergasse 2“ ist Teil des durch den Bund im Rahmen seiner Smart-City-Initiative geförderten Forschungsprojektes „Queen Gudrun II“. In dem knapp 130 Jahre alten Gebäude wurde eine Dach- und Fassadenbegrünungen implementiert und es kommt eine sogenannte Grauwasseranlage zum Einsatz: Eine Abwasserwärmerückgewinnung deckt hundert Prozent der benötigten Wärme für Warmwasser. Das wenig verschmutzte Abwasser wird außerdem für WC-Spülungen und Bewässerung wiederaufbereitet sowie zur Raumkühlung genutzt.

Zusätzlich wurde in Holzbauweise ein Dachgeschossaufbau umgesetzt sowie eine PV-Anlage mit 17 kWp installiert. Die Energieversorgung des gesamten Gebäudes wurde von dezentralen Gasthermen auf Fernwärme-Versorgung umgestellt. In der Kauergasse werde neben der Dekarbonisierung gezeigt, was bei einer Sanierung alles möglich ist, um den Energiebedarf deutlich zu senken, betont Projektleiter Schöberl, Geschäftsführer von Schöberl & Pöll. Die Arbeiten in der Kauergasse 2 wurden im April fertiggestellt. Es ist neben der Mariahilfer Straße 182 und der Eberlgasse 3 das dritte Gründerzeit-Gebäude in Wien, welches nach dem EnerPHit-Standard saniert wurde, verfügt aber als einziges Projekt über eine Grauwasseranlage.

Grauwasser Kauergasse
© Klima- und Energiefonds/APA-Fotoservice/Leitner

Details zur Grauwasser-Verwertungsanlage

In der Kauergasse wurde das im Rahmen des Forschungsprojekts "GreenWATERrecycling" entwickelten Systems für die stoffliche und thermische Verwertung von Grauwasser von der Firma Gebe-Strebel erstmals umgesetzt. Das bedeutet konkret, dass Abwässer aus Duschen und Waschbecken für

  • Wärmwasser über Wärmerückgewinnung mittels Wärmetauscher,
  • Kühlung der gewerblichen Erdgeschoßzone mittels Wärmetauscher über Fußbodenheizung,
  • die Bewässerungsanlage der Bepflanzung auf Gründächern und
    Fassaden, WC-Spülung und
  • Begrünungsmaßnahmen (Begrünung der Dachgärten im Innenhof, Fassadenbegrünung als Geländer an den straßenseitigen Balkonen) genutzt werden.
Grauwasser Kauergasse
© Klima- und Energiefonds/APA-Fotoservice/Leitner

Vorzeige-Quartierserneuerung der Gudrunstraße

Das Blocksanierungsgebiet „Gudrunstraße II“ in Wien umfasst 118 Gebäude mit einem Heizwärmebedarf von über 16 GWh/a. Es ist ein typisch „historisch gewachsenes“ Stadtviertel, in dem sich einerseits Gebäude aus der Gründerzeit wie auch Gebäude aus allen Generationen der Nachkriegszeit befinden und repräsentiert damit zahlreiche Wiener Wohngebiete. Ein innovatives Musterkonzept soll im Rahmen der Smart Cities Initiative eine ressourcenschonende Sanierung und Nachverdichtung des gesamten Stadtgebiets ermöglichen, wobei der Fokus auf der Balance zwischen effektiver Sanierung und erschwinglichen Mieten liegt. In einem partizipativen Planungsprozess wird eine Leuchtturm-Demonstrationssanierung sowie der Aufbau einer Energiegemeinschaft initiiert, um erneuerbare Energiequellen für die Bewohner*innen zugänglich zu machen.

Das Gebiet besteht überwiegend aus gründerzeitlichen Zinshäusern mit hohem Sanierungsbedarf und einem überdurchschnittlichen Anteil an Substandardwohnungen. Bis 2030 sollen Technologien und Strategien weitreichend verbreitet werden, um das Quartier zu einer Vorzeigeregion zu entwickeln. Eine erste Abschätzung, wie sehr der Energieverbrauch durch Sanierungen gesenkt werden kann, zeigt ein theoretisches Einsparpotential von mehr als 70 Prozent.

>> Mehr über das Projekt gibt es hier.