Forschungsprojekt BEYOND: Energieeffiziente Gebäude planen : Gebäudeplanung in Echtzeit simulieren

Zahlreiche Indikatoren geben Auskunft zu Energieeffizienz, Kosten oder der strukturellen Beständigkeit.

Zahlreiche Indikatoren geben bei BEYOND Auskunft zu Energieeffizienz, Kosten oder der strukturellen Beständigkeit.

- © ISDS - TU Graz

An der TU Graz denkt ein interdisziplinäres Team rund um Christina Hopfe, Leiterin des Instituts für Bauphysik, Gebäudetechnik und Hochbau, das Ziel gesetzt, die Planung nachhaltiger Gebäude neu. Mittels VR-Simulation werden die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Baumaßnahmen in Echtzeit sichtbar.

Um die Steuerung von Heizung, Kühlung, Beleuchtung oder Belüftung zu visualisieren und zu verstehen, hat Hopfe im Projekt BEYOND TU Graz-Kolleg*innen aus den Bereichen virtuelle Realität, maschinelles Lernen, physikalische Simulation und Internet der Dinge um sich versammelt.

Entstanden ist dabei eine Virtual-Reality-Umgebung, in der Nutzer*innen die physikalischen Parameter eines Gebäudes verändern und die Auswirkungen dieser Veränderung in Echtzeit erleben können. Damit sind sie selbst in der Lage, ein korrekt geplantes energieeffizientes Gebäude zu realistischen Kosten zu entwerfen bzw. ein bestehendes energetisch zu verbessern.

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TU Graz, Christiane Hopfe
Christina Hopfe, Leiterin des Instituts für Bauphysik, Gebäudetechnik und Hochbau der TU Graz - © Helmut Lunghammer

Für Endnutzer*innen und Planer*innen

In der BEYOND-Simulation ändern die Nutzer*innen in einer virtuellen Umgebung die Eigenschaften eines Gebäudes oder Raumes und erhalten durch Anzeigen und Audiohinweise zusätzliche Informationen. Das wird ergänzt durch haptisches Feedback über den Controller und Audiosignale zu positiven und negativen Auswirkungen dieser Änderungen. Wenn es etwa gilt, eine Wand zu dämmen, ist nicht nur der Wandaufbau und Materialeinsatz relevant, sondern auch die dabei entstehenden Kosten.

Auch die Größe der Fensterflächen hat unterschiedliche Effekte. Mehr Tageslicht wirkt sich positiv auf die Menschen aus. Fenster haben jedoch in der Regel einen hohen Wärmedurchgangskoeffizienten, was in den kälteren Jahreszeiten zu größeren Energieverlusten führt als bei einer gedämmten Fassade. Umgekehrt kann eine Verglasung auch solare Gewinne einfangen, wodurch Fenster effektiv zu Heizkörpern werden. Das hat im Winter Vorteile, kann aber auch zu sommerlicher Überwärmung führen.

Durch das Feedback werden den Nutzer*innen die Vor- und Nachteile verschiedener Maßnahmen in Gebäuden nähergebracht. Das macht die Anwendung laut TU Graz nicht nur wertvoll für Architekt*innen, Planer*innen und Eigentümer*innen, sondern auch für Endnutzer*innen und Studierende, die mit BEYOND als interaktivem Lehrmittel die Themen Bauphysik und Gebäudeverhalten besser verstehen lernen.

Um den Anforderungen der verschiedenen Anwender*innen gerecht zu werden, lassen sich die Parameter eines Gebäudes in verschiedenen Detailstufen verändern. So können allgemeine bzw. "Was-wäre-wenn"-Fragen wie: „Was passiert, wenn die Außentemperatur um drei Grad Celsius steigt oder wenn die Art oder Position der Dämmschicht verändert wird?“ ebenso untersucht werden wie technische Fragen, etwa nach der Veränderung des Energieverbrauchs bei erhöhten oder verringerten Heiz- oder Kühlsollwerten.

Virtual Reality trifft auf maschinelles Lernen und IoT

Einzigartig am Projekt BEYOND ist die Kopplung von drei Technologien und Methoden. Neben einer Virtual-Reality-Umgebung kommen für die Verarbeitung, Darstellung und Veränderungsprognosen der Gebäudedaten maschinelles Lernen und physikalische Simulation zum Einsatz.

Hierfür werden mit relevanten Datenpunkten gefütterte mathematische Modelle - sogenannte Ersatz- oder Surrogatmodelle - und Prognosemethoden zur Bereitstellung von Daten genutzt, die es ermöglichen, die tatsächlichen Auswirkungen von Planungseingriffen in Echtzeit zu visualisieren. Als drittes Element sind IoT-Plattformen und Sensornetzwerke für die bidirektionale Echtzeitkommunikation zwischen dem Gebäude und den Benutzer*innen eingebunden.

Die Sonneneinstrahlung und die vorhandene Fensterfläche müssen bei der Einstellung des Thermostats berücksichtigt werden.
Die Sonneneinstrahlung und die vorhandene Fensterfläche müssen bei der Einstellung des Thermostats berücksichtigt werden. - © ISDS - TU Graz
Energiedienstleistungen wie vorausschauende Wartung, bedarfsseitiges Management oder modellprädiktive Steuerung spielen eine wichtige Rolle bei der Senkung des Energiebedarfs von Gebäuden.
Christina Hopfe, TU Graz

Ineffizienter Gebäudebestand der EU

„Das Projekt BEYOND behandelt ein interdisziplinäres Thema an der Grenze zwischen Bauphysik, Datenwissenschaft und virtueller Realität“, erklärt Hopfe. Sie weist auch auf die Bedeutung energieeffizienter Gebäude für Klimaneutralität hin, denn derzeit sei der Gebäudebestand in der EU noch energieintensiv und überwiegend ineffizient. Er ist für 40 Prozent des Endenergieverbrauchs und etwa 36 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. „BEYOND ermöglicht erstmals die Verbindung von VR-Technologie, realen Gebäudedaten sowie Echtzeitkommunikation und -simulation. Durch das schnelle Feedback des Systems wird den Nutzer*innen der Energieverbrauch von Gebäuden direkt bewusst", fasst Hopfe zusammen.

Aus Sicht von Hopfe ist dieses Bewusstsein von zentraler Bedeutung für die Änderung des, insbesondere eigenen, energiebezogenen Verhaltens und für die nachhaltige Gebäudeplanung. Sie erklärt weiter: „Die EU strebt an, bis 2050 klimaneutral zu sein, und das bedeutet, dass die gesamte bebaute Umwelt so umgestaltet werden muss, dass sie netto keine Treibhausgasemissionen mehr erzeugt. Erneuerbare Energien sind ein Teil dieser Lösung, aber auch Energiedienstleistungen wie vorausschauende Wartung, bedarfsseitiges Management oder modellprädiktive Steuerung spielen eine wichtige Rolle bei der Senkung des Energiebedarfs von Gebäuden und verwandeln Gebäude in aktive, intelligente Akteure in übergeordneten Energiesystemen.“

Neben Christina Hopfes Institut waren an der TU Graz noch das Institute of Interactive Systems and Data Science sowie das Institut für Softwaretechnologie gleichermaßen beteiligt. Die EAM Systems GmbH und EnAlytics i.G. waren als Projektpartner an Bord. Gefördert wurde das Projekt von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG im Rahmen des Programms „Stadt der Zukunft“.

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