Bundesinnungsmeister der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker*innen : Manfred Denk spricht sich für dezentrale Wärmeversorgung aus

Mit dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) soll die Dekarbonisierung der Raumwärme in Österreich bis 2040 geregelt werden. Unter anderem sollen Fernwärme und ein "Umstellungsgebot bei dezentralen Anlagen zur Wärmebereitstellung" dazu beitragen, Österreich aus der Energie- und Klimakrise zu führen. Konkret gibt es im aktuellen Ministerialentwurf eine ganz bestimmte Stelle, die die Bundesinnung der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker*innen stutzig macht:

In Gebäuden mit dezentralen Anlagen zur Wärmebereitstellung, die
a.)
für den Betrieb mit flüssigen fossilen Brennstoffen/fossilem Flüssiggas geeignet sind oder die mit festen fossilen Brennstoffen betrieben werden, oder
b.)
– sofern sich das Gebäude in einem Gebiet befindet, in dem qualitätsgesicherte Fernwärme vorhanden ist (...) – die für den Betrieb mit gasförmigen fossilen Brennstoffen geeignet sind,
hat der/die Eigentümer*in im Falle a.) bis spätestens 30. Juni 2035 und im Falle b.) bis 30. Juni 2040 eine zentrale Anlage zur Wärmebereitstellung, die für den Betrieb mit fossilen Brennstoffen nicht geeignet ist, mit einer ausreichenden Leistung zum Anschluss aller einzelnen Nutzungseinheiten zu errichten.

Aus dem Beamtendeutsch übersetzt bedeutet das, dass unter anderem für Gebäude mit dezentraler Wärmeversorgung (z.B. Gaskombithermen) eine Verpflichtung zur zentralen Wärmeversorgung (z.B. über Fernwärme) eingeführt werden soll. Manfred Denk, Bundesinnungsmeister der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker*innen in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), plädiert dafür, die Konsequenzen zu bedenken, die sich durch eine generelle Umrüstung auf eine zentrale Wärmeversorgung für die Praxis ergeben:

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Was spricht für dezentrale oder zentrale Wärmeversorgung? Diese Frage hat sich auch die Bundesinnung der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker*innen gefragt. - © New Africa - stock.adobe.com
  • Manfred Denk
    Manfred Denk, Bundesinnungsmeister
    der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker*innen


    „Bei der Fernwärme gibt es nachgewiesenermaßen ca. 30 Prozent höhere Verluste durch Energieumwandlung und Transport als bei dezentralen Heizsystemen. Fernwärme gibt es zudem nur in Ballungsräumen und sie wird derzeit bis zu 65 Prozent aus fossilem Gas erzeugt. Was wären im Detail die Auswirkungen bei einem Wohnblock mit z.B. 100 Wohnungen, die derzeit dezentral mit Gasthermen geheizt werden? Für diese Wohnungen müsste aufgrund der Verpflichtung zur Zentralität eine neue Keller- oder Dachheizzentrale gebaut werden. Würde diese weiterhin mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, wäre keine Verbesserung für die Umwelt gegeben.“

Über das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG)

Die Bundesregierung hat sich bereits auf das EWG geeinigt, welches die Dekarbonisierung der Raumwärme bis ins Jahr 2040 regelt. Bereits ab dem Jahr 2023 dürfen laut dem Ministerialentwurf in Neubauten keine Heizungen auf Basis fossiler Energieträger mehr eingebaut werden. Das Gesetz war bereits in Begutachtung und muss noch beschlossen werden.

Was im EWG geregelt wird:

  • Im Neubau sind zentrale Öl- und Kohleheizungen bereits seit 2020 verboten. Ab 2023 dürfen in Neubauten in Österreich keine zentralen oder dezentralen Heizungen mehr errichtet werden, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden können.
  • Ab 2023 dürfen kaputte Öl- und Kohleheizungen nur mehr durch klimafreundliche Heizsysteme ersetzt werden.
  • Ab 2025 beginnt die verbindliche Stilllegung von besonders alten Kohle- und Ölheizungen. Das beginnt im Jahr 2025 mit all jenen Öl-Heizungen, die älter als Baujahr 1980 sind.
  • Bis 2035 müssen alle Kohle- und Ölheizungen in Österreich stillgelegt werden.
  • Bis 2040 müssen alle fossil betriebenen Gasheizungen in Österreich stillgelegt werden.
  • Eigentümer*innen einer einzelnen Nutzungseinheit (Wohnungen), die dezentral beheizt wird, soll der Anschluss an ein klimafreundliches zentrales Wärmeversorgungssystem ermöglicht werden.

Zum Gesetzestext des Entwurfs

Nicht automatisch ökologisch

Abgesehen davon dürfen die Nachteile eines Umbaus auf eine Heizzentrale nicht übersehen werden, heißt es von Seiten der Bundesinnung. Beim Transport der Wärme für die Heizung durch das ganze Gebäude ist mit Verlusten zu rechnen; noch mehr, wenn auch das Warmwasser zentral erzeugt wird. Dann müssen Warmwasser und Zirkulationsleitungen im gesamten Gebäude 24 Stunden täglich auf 60°C Temperatur (für die Wasserhygiene) gehalten werden. Diese immensen Verluste wirken jeglicher Energieeffizienz entgegen, kritisiert die Innung.

„In letzter Zeit werden zur Warmwassererzeugung vermehrt sogenannte Wohnungsstationen nachgefragt. Das sind Wärmetauscher, die von der Zentralheizung gespeist werden und das Wasser direkt in den Wohnungen erwärmen. Auch hier kommt es zu einer extremen Energieverschwendung, weil die Heizungsleitungen zur Warmwasserbereitung ebenfalls 24 Stunden pro Tag und das ganze Jahr mit mindestens 60° oder schon eher 70°C in Betrieb sein müssen", weiß Denk. Eine Zentralisierung der Wärmeversorgung müsse nicht automatisch effizient oder gar ökologisch sein.

„Deswegen können unter den richtigen Voraussetzungen althergebrachte Elektrowarmwasserspeicher infolge geringer Verluste und kurzer Warmwasserwege in den Wohnungen hohen Komfort, ausgezeichnete hygienische Bedingungen und geringen Energieverbrauch bringen. In vielen Fällen ist auch eine wirtschaftliche Aufheizung des Warmwassers über Photovoltaik in den Monaten Mai bis Oktober möglich“, ergänzt der Bundesinnungsmeister.

Forderungen der Bundesinnung

Für die Bundesinnung ergeben sich somit vier notwendige Schritte:

  • Keine generalisierende Zentralisierungsverpflichtung der Wärmeversorgung im EWG.
  • Austausch bestehender Gaskombithermen gegen neue Brennwertkombigeräte für bis zu 30 Prozent Energieeinsparung. Der Betrieb soll in absehbarer Zeit mit grünem Gas und/oder grünem Wasserstoff ermöglicht werden.
  • Die Verwendung von fossilem Gas für Fernwärme und im bestehenden Gasnetz für dezentrale Gasthermen in Wohnungen und Geschäften soll durch den Einsatz von Grünem Gas so schnell wie möglich beendet werden. Die österreichische Biomethan-Erzeugung soll ausgebaut werden.
  • Bei Renovierungen im Altbestand sollte von bestehenden Energieraumplanungen abgewichen werden können, damit eine freie Wahl des Energieträgers für zentrale und dezentrale Techniken möglich ist und erneuerbare Energie weiterentwickelt und verbreitet werden kann.
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16. Oktober 2024