Aus TGA 10: Kolumne : Ingenieurbüros können den Klimaschutz tatkräftig unterstützen!

Porträtfoto von Christoph Passecker
© David Pichler

Liebe Leserinnen und Leser!

Mit dem Ziel der Klimaneutralität bis 2040 sowie einer bilanziell hundertprozentigen Deckung des Strombedarfes aus erneuerbaren Energien, wurde in Österreich die europäische Richtlinie (2018/2001) in nationales Recht, das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) umgesetzt. Eine bilanziell 100-prozentige Deckung des Strombedarfes bedeutet eine zusätzliche Produktion von jährlich ca. 27 TWh aus erneuerbaren Energiequellen. Für den erforderlichen Ausbau an erneuerbaren Energieträgern wird ein Invest- Volumen von 20-27 Milliarden Euro prognostiziert.

Bereits mit der Novelle des Elektrizitätswirtschafts- und Organisationgesetz (ElWOG) aus 2017 wurde die gemeinschaftliche Nutzung von Erzeugungsanalgen innerhalb einer Liegenschaft ermöglicht (z.B.: PV-Anlage auf einem Mehrparteienhaus). Durch die Verabschiedung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz wurde nun die rechtliche Basis für die Gründung von Erneuerbaren Energiegemeinschaften geschaffen.

Was sind nun Energiegemeinschaften und wo liegen die Unterschiede?

Energiegemeinschaften sind Akteure, welche produzierte erneuerbare Energie von Erzeugern (Producer) über die Liegenschaftsgrenze hinweg zu Verbrauchern (Consumer) transportieren und innerhalb dieser Gemeinschaft verbrauchen. Die Energie wird dezentral produziert, verteilt, gespeichert und verbraucht. Je nach Einsatzbereich und Variante weist die Umsetzung verschiedene Komplexitätsgrade auf. Der Vorteil einer Energiegemeinschaft liegt einerseits im ökologischen und andererseits im wirtschaftlichen Aspekt.

Je höher der Eigenverbrauch der erzeugten Energie innerhalb einer Energiegemeinschaft, desto größer ist deren wirtschaftlicher Nutzen. Zur Gründung einer Energiegemeinschaft werden mindestens zwei Teilnehmer benötigt, diese müssen sich zu einer Genossenschaft, einem Verein oder als eine Personen- bzw. Kapitalgesellschaft organisieren. Alle Teilnehmer müssen mit den für die Messung und Abrechnung erforderlichen Geräten (z.B. Smart Meter) ausgestattet sein. Der Netzbetreiber ist nach §19a ElWOG für die Zurverfügungstellung der Daten sowie für die Datenkommunikation verantwortlich.

Bei der Wahl der Gemeinschaftsform wird zwischen einer Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaft (EEG) und einer Bürgerenergiegemeinschaft (BEG) weiter unterschieden. In Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaften können alle Energieformen (z.B. Strom, Wärme, …), erzeugt, verteilt & verbraucht werden, sofern diese zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Örtlich sind Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaften auf den „Nahbereich“ beschränkt, bei Stromnetzen bedeutet dies beispielsweise eine Beschränkung auf eine einzelnes Konzessionsgebiet. Wirtschaftlich bieten Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaften neben einer Tarifförderung den Vorteil, dass z.B. bei Stromnetzen eine Reduktion von Steuern, Abgaben & Netzgebühren von 40- 60% erzielt werden kann.

Über Bürgerenergiegemeinschaften (BEG) kann nur Strom von Erzeugern zu Verbrauchern transportiert werden, die Stromerzeugung kann allerdings technologieneutral erfolgen. Zudem existiert für Bürgerenergiegemeinschaften keine örtliche Beschränkung, der wirtschaftliche Nutzen beschränkt sich jedoch nur auf eine Tarifförderung. Die „Österreichische Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften“ wurde vom Klima und Energiefonds (KLIEN) im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) mit dem Ziel die Aktivitäten und Förderungen von Energiegemeinschaften zu bündeln, geschaffen. Die unabhängige, öffentliche Beratung soll durch ein gemeinsames Arbeitsprogramm von Bundesländern und Bund gestärkt werden.

Das Bundesministerium will mit einem speziell entwickelten Förderprogramm, die Entwicklung der Energiegemeinschaften in Österreich vorantreiben. Mithilfe des dreistufigen Programmes (Pionier-, Sondierungs- und Integrationsphase) sollen Muster für die weitläufige Umsetzung von Energiegemeinschaften geschaffen werden. Für die erste Stufe (Pionierphase) sind bereits Einreichungen möglich, Ende der Einreichfrist war der 31.10.2021.

Ingenieurbüros können die Entwicklung von Energiegemeinschaften stark unterstützen und fördern. Die Energiewende ist eine große Herausforderung und wir „Ingenieurbüros“ können die Umsetzung positiv beeinflussen. Das Förderprogramm zu Energiegemeinschaften ist unter www.klimafonds.gv.at abrufbar.