Building Information Modeling : BIM – Kein Modetrend, sondern Rückgrat der digitalen Transformation

Für die Digitalisierung muss aufgerüstet werden, um die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit zu stärken. Diese Stärkung kann nur mithilfe eines IT-Tools, nämlich dem „digitalen Zwilling“ gelingen.

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Die gesamte Immobilienbranche steht mit Themen wie Rohstoffpreis, Inflation, Materialmangel, Ressourcenmangel, Arbeitskräfte, Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft vor großen Herausforderungen; in solch einem Biotop gedeiht Innovation, weil der Wandel zu einer intelligenten Industrie eher wirtschaftlich getrieben ist und nicht nur politisch. Alle wirtschaftlichen und politischen Einheiten müssen aufrüsten, und zwar bei der Digitalisierung, damit die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit gestärkt wird. Diese Stärkung kann nur mithilfe eines IT-Tools, nämlich dem „digitalen Zwilling“ gelingen, dessen Rückgrat (Erfolgsfaktor) ein professionelles BIM-Modell ist.

Der „digitale Zwilling“ wird nicht nur bei Immobilien, sondern auch in Anlagen, Lieferketten, Qualitätsprüfungen oder anderen Prozessen ein digitales Abbild schaffen, mit dem wir Realitäten (in Echtzeit) besser verstehen. Dazu gehören nicht nur die gesetzlichen Auflagen, sondern auch die Unwägbarkeiten wie Rohstoffpreise, Inflation, Materialmangel etc. Die EU hat erkannt, dass sich der digitale Zwilling nicht nur für Konzerne eignet, sondern vor allem für KMU, weshalb sie das Projekt "CHANGE2TWIN“ finanziert, um mittelständischen Unternehmen beim Aufbau eines Zwillings zu helfen.

Gut zu wissen:

Wie österreichische Unternehmen mit der aktuellen Wirtschaftslage umgehen, hat PwC mit der Studie „Austrian CEO Spotlight“ erfasst. Für die kommenden sechs Monate erwartet fast ein Drittel der heimischen CEOs eine Verschlechterung der Geschäftslage. Aktuell bewertet mehr als die Hälfte der Befragt diese jedoch (noch) als gut. Als große Gefahren für die Unternehmensentwicklung erkennen sie dabei vor allem die hohen bzw. schwankenden Rohstoff- (90 Prozent) und Energiepreise (87 Prozent) sowie die steigende Inflation (86 Prozent) und Probleme in der Lieferkette (80 Prozent).

Die Ergebnisse können Sie hier im Detail nachlesen.

Revolution für Planungs-, Errichtungs- und Betreibungsprozesse

Hinter jedem digitalen Zwilling sind Daten hinterlegt. Das sind einerseits Stammdaten und andererseits Bewegungsdaten, welche auch Realtime (durch Sensoren) gewonnen werden können. Diese Daten kann man aus jedem Prozess herauslesen, wenn man die Strukturen davon präzise analysiert und festschreibt. Das Asset der lebenszyklischen Betrachtung ist die Vernetzung der Daten aus dem BIM-Modell mit den anderen Daten, die im Lebenszyklus anfallen, wie Verschleiß, Energieverbrauch, Wartungsintervall, CO2 Ausstoß etc., um fundierte Entscheidungen für eine Änderung des Lieferanten bzw. der Produkteinstellung usw. herbeizuführen.

Dem beliebten Argument, dass da schon wieder was Neues zu erlernen ist, kann man mit einem Beispiel entgegnen: „Das Navigationsgerät in den Handys bzw. Autos ist auch ein digitaler Zwilling. Diese Applikationen werden nicht mehr mit Maus und Tastatur bedient, sondern weitgehend mit Sprache, oder in Zukunft mit Mimik und Gestik.“ Diese neuen Maschine-Mensch-Interfaces werden eine weitere Revolution unserer Planungs-, Errichtungs- und Betreibungsprozesse bieten. Dabei geht es natürlich nicht um kosmetische Eingriffe bei den Ablaufprozessen, sondern um markantes Reengineering der Prozesse einer oder mehrerer Geschäftseinheiten (bisher wurde BIM mehrheitlich als neue Methodik des Planungsprozesses diskutiert).

First things first

Voraussetzung für die Erreichbarkeit der aktuell in Diskussion stehenden Nachhaltigkeitsziele ist die Umsetzung der digitalen Transformation. Damit ein Produkt wirklich nachhaltig wird, muss man es vom Ausgangsmaterial bis zum Endprodukt definieren. Es reicht nicht mehr zu wissen, dass man auf einem Bürosessel (man sollte auch wissen, aus welchen Materialien er besteht, woher diese Materialien kommen, wie viel Gewicht vom jeweiligen Material anfallen und wie diese Materialien entsorgt werden können) sitzt.

>> Tipp der Redaktion: Über Zukunftstrends und innovative Projekte lesen Sie in unserem Planerjahrbuch 2022 (inklusive Firmenindex)!

Wir können mit gutem Gewissen sagen, dass ein Großteil der verantwortlichen Manager*innen der Immobilienbranche die Methodik BIM als Teil der Digitalisierung/Standardisierung erkannt haben und deren Umsetzung in den jeweiligen Betrieben vorantreiben. Ihnen ist auch klar, dass mittelfristig alle anderen Werkzeuge, die Teil der Digitalisierung sind (Big Data, KI, AI, Drohnen, Blockchain...), als Extremitäten zum BIM-Modell (um in der Rhetorik der Medizin zu bleiben) ebenfalls effizient eingesetzt werden müssen. Diese Werkzeuge bilden auch den Rahmen der Immobilienindustrie, dass der Körper wenig Fettpolster bildet und seine Leistungswerte immer innerhalb der Toleranzen liegt. Leider machen die gängigen ERP-Systeme in dieser Wechselbeziehung bisher keine gute Figur.

Multichancensituation?

Unternehmen sind meist geübt, mit veränderten Rahmenbedingungen erfolgreich fertig zu werden. Deshalb werden diese Unternehmen mit der aktuellen Multikrisensituation, oder vielleicht kann man auch Multichancensituation sagen, gut fertig und sichern damit den nächsten Aufschwung. Ob die Politik den Schritt in eine zukunftsgerichtete Transformation und damit eine Gleichschaltung mit der Wirtschaft zeitgerecht schafft, sollten wir uns sehr wünschen.

Und nun? Ein Blick zurück liefert zwar keine Antworten, aber vielleicht Orientierung. Immer wieder sind technologische Durchbrüche mit Katastrophen zusammengefallen. Der Computer, wie wir ihn heute kennen und nutzen, entstand während des Zweiten Weltkrieges. Die Zeit, in der Fließbandfertigung Massenproduktion ermöglichte, mündete in der Weltwirtschaftskrise, die wiederum alte Gewissheiten in Frage stellte. Heute gibt es ähnliche Diskussionen. Der Fortschritt, den Techniker*innen, Informatiker*innen und ihre Ideen in die verschiedenen Fachbereiche der Immobilien-Branche bringen, führt zu einer neuen Verteilung von Wachstum, Sicherheit, Umsatz...

Die Fixpunkte in dem oben angesprochenen Biotop sind Unternehmen, Unternehmerpersönlichkeiten, Start-ups, Forscher*innen und Ingenieure*innen, für die „Scheitern keine Option“ ist. Sie alle haben nicht nur einen innovativen Geist, sondern sie tragen die Entwicklung und gestalten sie aktiv. Beim Thema „Integrale Planung“ bzw. BIM war/ist Prof. Dr. DI Christoph Achammer eine solche Unternehmerpersönlichkeit Österreichs, für den ,,failure" weder als Lehrender an der TU Wien, noch als vorausdenkender Unternehmer mit seiner ATP eine Option war/ist.