Aus TGA 3: Fachartikel : Die Rolle der Planer*innen in der Trinkwasser-Installation

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Die EU-Trinkwasserrichtlinie 2020/2184 sieht ein umfassendes Risikomanagement entlang der gesamten Prozesskette für die Bereitstellung von Trinkwasser vor. Ab dem Wasserzähler sind Immobilienbesitzende, Gebäudebetreibende, Verwaltende oder deren Vertreter*innen in der Verantwortung. Häufig fehlt es diesen am Bewusstsein über die möglichen Gefahren und Folgen. Nur Wasser einzusparen ist ein gefährlicher Ansatz, die Betriebsweise muss auf die Trinkwasser-Installation jedes einzelnen Gebäudes abgestimmt sein. Die Hausinstallation als Risikofaktor für die Trinkwasserqualität an den Entnahmestellen zu betrachten, ist ein wichtiger Aspekt der neuen EU-Richtlinie, die im Jänner 2023 von allen Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden muss.

In Österreich sind wir mit einer hervorragenden Trinkwasserqualität gesegnet. Was jedoch vielen nicht bewusst ist: Auf seinem Weg bis zur letzten Entnahmestelle kann sich das wertvolle Nass nachteilig verändern. Hauptursache ist Stagnation in Folge von unzureichender Entnahme, die wiederum zu einem ungünstigen Temperaturniveau in den nicht durchströmten Bereichen der Trinkwasser-Installation führt. Die Ursache liegt meist darin, dass das tatsächliche Nutzungsverhalten nicht mit jenem der Planung übereinstimmt. Tragen die Schuld nun Planer*innen, weil sie die Anlage nicht so geplant haben, wie sie später betrieben wird, oder Betreibende, deren Betriebsweise von den Annahmen der Planer*innen abweicht? Die Klärung dieser Frage ist höchst diffizil.

Wichtige Regelwerke

Grundsätzlich sind Planer*innen Interessenvertretende der Bauherr*innen und haben damit umfassende Aufklärungs- und Hinweispflicht. Sie schulden den Auftraggebenden eine fachkundige Beratung und eine Trinkwasser-Installation nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Die für Trinkwasser-Installationen heranzuziehenden Regelwerke sind zumindest die ÖNORM EN 806 und die nationale Ergänzungsnorm ÖNORM B 2531. Die Bemessung der Trinkwasser-Installation ist in der ÖNORM EN 806 Teil 3 geregelt. Hauptziel ist die Sicherstellung der geforderten Mindestdurchflüsse an jeder Entnahmestelle. Ebenfalls zulässig nach ÖNORM EN 806 Teil 3 ist das differenzierte Rechenverfahren nach DIN 1988-300 mit einer Durchfluss- und einer Druckberechnung. Das differenzierte Verfahren hat Potenziale für eine wirtschaftlich optimierte und effiziente Installation, wenn nicht die Richtwerte der DIN 1988-300, sondern die Herstellerangaben zur Berechnung herangezogen werden.

In der Praxis werden diese möglichen Potenziale meist nicht genutzt. Dies liegt einerseits daran, dass in der Planungsphase die endgültige Entscheidung für die Herstellenden noch nicht gefallen ist. Andererseits hat die Berücksichtigung der Richtwerte den Vorteil, dass ein späterer Austausch im Sanierungsfall ohne weitere Prüfung der Rohrnetzberechnung vorgenommen werden kann. Der Nachteil: Die so berechneten Systeme sind häufig überdimensioniert. Nach ÖNORM B 2531 werden überdimensionierte Anlagenteile ohne ausreichenden Durchfluss jedoch als Totleitungen angesehen. Werden im Zuge von Betriebskontrollen hygienische Mängel festgestellt, sind Totleitungen zur Sanierung entweder vom System abzutrennen oder Spülmaßnahmen vorzusehen. In diesem Fall könnten Bauherr*innen versuchen, sich an den planenden und ausführenden Unternehmen betreffend Mehraufwand für Rückbau oder Spülungen schadlos zu halten.

Wissenstransfer auch in der Praxis

Die Nutzungshäufigkeit selbst, ob eine Entnahmestelle mehrmals täglich, einmal wöchentlich oder gar seltener verwendet werden wird, bleibt bei der Dimensionierung unberücksichtigt. Gerade bei selten genutzten Entnahmestellen kann durch Planer*innen mit einer durchdachten Leitungsführung die Gefahr von Stagnation signifikant verringert werden. So ist beispielsweise beim Gartenanschluss eine durchgeschliffene Anbindung einer frostsicheren Außenarmatur überlegenswert. Dies erspart später im Betrieb nicht nur das saisonale Entleeren, sondern kann auch einen erheblichen Beitrag zum Erhalt der Trinkwassergüte leisten. Grundsätzlich sollten Planer*innen die Auftraggebenden über die korrekte Betriebsweise der gesamten Trinkwasser-Installation instruieren und Auftraggebenden diese Informationen an die jeweiligen Betreibenden weitergeben. In der Praxis findet der Wissenstransfer Planer*innen bis zu den tatsächlichen Betreibenden häufig nicht statt. Dies wäre aber insbesondere bei der Übergabe des Gebäudes wichtig, wenn noch nicht alle Wohnungen oder Geschäfte verkauft, vermietet oder genutzt sind und besondere Maßnahmen zum Wasseraustausch erforderlich wären.

Rechtssicherheit in Arbeit

Generell sind für die meist unbedarften Betreibenden normative Vorgaben zur rechtlichen Absicherung besonders hilfreich. Als Beispiel erwähnt sei die Doppelrichtlinie VDI 3810 Blatt 2/ VDI 6023 Blatt 3 mit sehr detaillierten Vorgaben an Betrieb und Instandhaltung von Trinkwasser-Installationen. Im Rahmen einer umfangreichen Tabelle gibt sie konkrete Hinweise zum Umgang mit Nutzungsunterbrechungen, in europäischen oder österreichischen Normen ist diese Richtlinie allerdings nicht verankert. Handlungsempfehlungen zu Maßnahmen bei stark reduzierter Wasserentnahme sind der ÖNORM B 5019 und der ÖNORM B 5021 zu entnehmen, allerdings konzentrieren sich diese beiden Normen auf die Trinkwasser-Erwärmungsanlagen und sie gelten nicht für alle Anwendungsbereiche. Um für alle Anlagen konkrete Vorgaben und somit Rechtssicherheit für die Betreiber zu schaffen, befassen sich aktuell die zuständigen Normengremien damit. Eine Lösung ist bereits in Sicht.

Nachhaltige Immobilien

Aber auch zahlreiche andere Faktoren tragen dazu bei, dass die Temperatur des Kaltwassers den in der Trinkwasserverordnung vorgesehenen Indikatorwert von 25 °C immer häufiger überschreitet: Die Haustechnik wird umfangreicher, wir heizen die Räume im Winter auf wohlig warme Temperaturen und nicht zuletzt der Klimawandel führt zu einem steigenden Wärmeeintrag ganz besonders in der Sommerperiode. Diese geänderten Bedingungen führen auch zu geänderten Anforderungen an die Planung und Errichtung von Trinkwasser-Installationen. Getrennte Schächte für kalt- und warmgehende Medien sind schon lange Stand der Technik und seit 2019 auch in der ÖNORM B 2531 als Empfehlung genannt.

In der Praxis wird diese wichtige Trennung noch immer selten konsequent umgesetzt, da für die Investor*innen in den meisten Fällen das Erzielen der maximal möglichen Gebäudenutzfläche an erster Stelle steht. Ausreichend Platz für die immer aufwendiger werdende Infrastruktur wird der Haustechnik nicht zugebilligt. Auf der anderen Seite sind es aber häufig auch die Investor*innen, die an einer Nachhaltigkeitszertifizierung ihrer Gebäude interessiert sind. Sie sind sich oft dessen nicht bewusst, wie aufwendig ein nachhaltiger Betrieb eines nicht auf Nachhaltigkeit ausgelegten Gebäudes sein kann und wie sehr der tägliche Betrieb erleichtert werden kann, wenn der Aspekt der Nachhaltigkeit bereits in der Planungsphase berücksichtigt wurde. In diesem Zusammenhang sind Planer*innen gut beraten, ihre Aufgabe als Interessenvertretende wahrzunehmen und den Auftraggebenden bereits früh umfassend darüber aufzuklären, wie nachhaltig betreibbare Immobilien ausgeführt werden können.

Gebot der Stunde: Normen

Planer*innen und Fachhandwerker*innen schulden den Auftraggebenden eine Trinkwasser-Installation, die das Wasser nicht derart nachteilig verändert, dass es nicht mehr den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entspricht. Neben der verpflichtenden Einhaltung von Gesetzen sind daher als Mindestmaß auch die allgemein anerkannten Regeln der Technik umzusetzen. Diese umfassen zweifelsfrei die Vorgaben der ÖNORM EN 806 mit ihrer nationalen Ergänzungsnorm ÖNORM B 2531, die ÖNORM B 5019 und die ÖNORM B 5021.

Die Einhaltung dieser Normen ist zwar mitunter mit einem Mehraufwand verbunden, dennoch sind sie weit mehr als unverbindliche Regelwerke und helfen Planer*innen und Fachhandwerker*innen, sich rechtlich abzusichern. Auch wenn von Auftraggebenden abweichende Wünsche geäußert werden, dürfen diese nicht einfach umgesetzt werden, vielmehr müssen Auftraggebende nachweislich umfassend belehrt werden. Selbst bei Mängeln Dritter haben Planer*innen und Fachhandwerker*innen eine Hinweispflicht, wenn sie diese im Zuge der Ausführung ihrer Tätigkeit erkennen müssten. Werden diese wichtigen Punkte missachtet, können Planer*innen und Fachhandwerker*innen zur Leistung von Schadenersatzforderungen verpflichtet werden.

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