Energiewende : So gelingt die Umsetzung von Erneuerbaren Energiegemeinschaften

Energiegemeinschaft
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Nachbarschaftlicher Austausch von selbst erzeugter Öko-Energie soll ein Schlüssel zur klimafreundlichen Energieversorgung der Zukunft sein. Das Gesetz für den Ausbau der Erneuerbaren Energien (EAG) ermöglicht deshalb die Gründung von Energiegemeinschaften. Seit 1. November sind auch die nötigen Verordnungen für die anzuwendenden Tarife in Kraft. Die Verteilernetzbetreiber stellen sich daher auf eine erhöhtes Aufkommen an Gründungen ein und haben entsprechende organisatorische und technische Vorbereitungen getroffen. Das erklärte der Geschäftsführer von Netz Niederösterreich, Werner Hengst beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 11. November 2021.

Vergünstigte Ortstarife

Erneuerbare Energiegemeinschaften müssen ans öffentliche Netz angeschlossen sein. Der Netzbetreiber der jeweiligen Region übernimmt die Verbrauchsmessung und die Abrechnung und ermöglicht es darüber hinaus, bei Bedarf zusätzlichen Strom von außen zu beziehen oder aber Überschüsse ans Netz zu liefern. Für diese Dienstleistungen wird den Erneuerbaren Energiegemeinschaften aber ein vergünstigter Ortstarif verrechnet. „Ein Durchschnittshaushalt kann sich durch die Teilnahme an einer Energiegemeinschaft allein bei den Netzgebühren samt zugehörigen Abgaben 50-70 Euro pro Jahr ersparen", führt Hengst näher aus. Die Höhe des vergünstigten Ortstarifs hängt davon ab, wie weit sich die Gemeinschaft räumlich erstreckt. Das Gesetz unterscheidet zwischen lokalen (alle Teilnehmer hängen an derselben Trafostation) und regionalen (mehrere Trafostationen, aber dasselbe Umspannwerk) Energiegemeinschaften.

Bürgerenergiegemeinschaften „tragen nicht zwingend zum Klimaschutz bei"

Innerhalb dieses Rahmens müssen Erneuerbare Energiegemeinschaften aber räumlich beschränkt sein, so Hengst, das unterscheidet sie von den sogenannten Bürgerenergiegemeinschaften, für die es keine solchen Einschränkungen gibt. Von den Bürgerenergiegemeinschaften erwarten sich die Netzbetreibe aber keine Impulse für die Transformation des Energiesystems, meinte Hengst: „Erstens sind das rein virtuelle Konstrukte – wenn der Onkel in Tirol dem Neffen im Burgenland Strom liefert, dann ist das lediglich ein abrechnungstechnischer Vorgang und hat nichts mit realen Energieflüssen zu tun. Zweitens aber dürfen Bürgerenergiegemeinschaften jede Art von Energie verwenden, nicht nur erneuerbare, deshalb tragen sie nicht zwingend zum Klimaschutz bei.“

Hilfreiche Tools

Die Gründung einer Erneuerbaren Energiegemeinschaft erfordert eine Reihe von technischen, organisatorischen und rechtlichen Schritten. Zunächst müssen die angehenden Mitglieder (mindestens zwei) einen Verein oder eine Gesellschaft gründen, dann den örtlich zuständigen Verteilernetzbetreiber informieren, sich weiters für den elektronischen Datenaustausch als Marktpartner anmelden und sich auf der Plattform EDA registrieren – über diese Plattform werden später die Verbrauchsdaten abgerechnet. Zuletzt werden Netzzugangsverträge für die Erzeugungsanlage sowie für alle Mitglieder der Gemeinschaft abgeschlossen. Bei diesen Schritten wollen die Netzbetreiber die künftigen Gründer unterstützen. Netz NÖ bietet auf seiner Website etwa einen Quick Check an, damit von vornherein klargestellt werden kann, in welche Kategorie eine geplante Energiegemeinschaft fällt. Ausführliche Informationen sowie Musterverträge finden sich auf der Informationsplattform der österreichischen Energiewirtschaft. Im September wurde zudem eine Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften ins Leben gerufen.

Die Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, Brigitte Ederer, sieht in den Erneuerbaren Energiegemeinschaften ein wirkungsvolles Instrument, um die klimafreundliche Transformation des Energiesystems voranzutreiben: „Diese Gemeinschaften entlasten die Netze, weil dabei im Idealfall möglichst viel Strom direkt am Ort der Erzeugung verbraucht wird und nicht über weite Strecken transportiert werden muss.“ Eine stark steigende Zahl von Erneuerbaren Energiegemeinschaften wäre für die Netzbetreiber im Hinblick auf die Netzkapazitäten kein Problem, betonte Hengst: „Diese Energiegemeinschaften liefern ja einen wirtschaftlichen Anreiz, den erzeugten Strom, etwa aus einer Photovoltaikanlage, möglichst selbst zu verbrauchen." Daher würden die Netze viel weniger beansprucht werden als bei einer ausschließlich für den Markt produzierenden Ökostrom-Anlage.