Right-to-plug in Österreich : E-Ladeinfrastuktur im Wohnbau

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Mit der Wohnungseigentumsgesetz-Novelle 2022 (BGBl I 222/2021) wurde ein Right-to-Plug im österreichischen Wohnungseigentumsrecht eingeführt.

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Im Auftrag des Klima- und Energiefonds (Ausschreibung „Zero Emission Mobility“) lieferte das Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) im Team mit e7 energy innovation & engineering und Herry Consult einen Überblick über den aktuellen Stand der Umsetzung von E-Ladeinfrastruktur im Wohnbau, verfügbaren technischen Lösungen, Kosten und Barrieren. Eine Besonderheit der Studie ist die Verschränkung rechtlicher, technischer und institutioneller Analysen. 

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Right to Plug: Betroffene Wohnungsbestände

Etwa 40 Prozent des großvolumigen Wohnungsbestands – knapp 1 Million Wohnungen – fallen unter das WEG-Regime. Zwei Drittel davon verfügen über einen Stellplatz. Gleichzeitig ist an vielen Stellplätzen in Eigentumsbauten kein Wohnungseigentum begründet. Es verbleiben österreichweit 300.000–350.000 Stellplätze, die unter das Right-to-Plug-Regime fallen. Gemäß Unternehmensbefragung waren Mitte 2023 nur 1,1 Prozent mit E-Ladeinfrastruktur ausgestattet. Die Dynamik der Neuinstallation war hoch und wird steigen, sobald rechtssichere, preiswerte und faire Umsetzungsmodelle zur Verfügung stehen.

Wie heiß ist das Thema in der Branche?

Im Rahmen der Studie wurde eine empirische Erhebung mit bemerkenswert hoher Repräsentativität durchgeführt, indem der Rücklauf 25 Prozent des Bestands an Geschosswohnungen in Österreich abbildet. Einige Ergebnisse: Die Unternehmen haben ihre Stellplätze mit 0 bis 20 Prozent mit E-Lade­infrastruktur ausgestattet. Die Dynamik beim Ausbau ist groß. 

Typischerweise wird Ladeinfrastruktur bis maximal 11 kW Ladeleistung angeboten. Immerhin 20 Prozent der befragten Immobilienunternehmen sehen sich als „Pioniere“, also als Unternehmen mit der Bereitschaft, Neuland zu betreten. Demgegenüber bezeichnet sich rund die Hälfte der Unternehmen als „Second Mover“, dass sie also abwarten, bis bewährte Modelle verfügbar sind. 

Das Interesse der Bewohner*innen an E-Ladeinfrastruktur wächst zwar, von starker Nachfrage kann aber noch nicht gesprochen werden. Erst ein Drittel der Immobilienunternehmen hat Angebote für interessierte Haushalte für E-Ladeinfrastruktur parat, ein weiteres Drittel bereitet solche vor. Als die größte Barriere beim Ausrollen wurden Unsicherheiten bei technischen Lösungen bzw. Überschreiten der Kapazitätsgrenzen der E-Infrastruktur genannt.

Gemeinschaftsanlagen statt einzelne E-Ladepunkte

In wohnrechtlicher und technischer Hinsicht macht es einen großen Unterschied, ob Eigentümer*innen einzeln E-Ladepunkte installieren oder eine Gemeinschaftsanlage umgesetzt wird. Bei Gemeinschaftsanlagen können die vorhandenen Leistungspotenziale optimal ausgenutzt werden. Bisherige Forschungsergebnisse zeigen, dass damit eine weitgehende Elektrifizierung des Fahrzeugbestands ohne Ausbau der Leitungsinfrastruktur möglich ist. Bei Einzelladestationen sind die Leistungskapazitäten eines typischen Wohngebäudes demgegenüber rasch erreicht. Der weitere Ausbau wird kostspielig.

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Dienstleister für den Betrieb von E-Ladeinfrastruktur

Der Markt bietet umfangreiche Dienstleistungen für den Betrieb von E-Ladeinfrastruktur, in Wohnbauten bislang allerdings erst in begrenztem Umfang. Es ist zu erwarten, dass die vorgeschlagenen verbesserten Rahmenbedingungen zur Dynamik beitragen werden. Komplettanbieter übernehmen Planung, Errichtung, Betrieb und Verrechnung von Ladeinfrastruktur. Je nach Geschäftsmodell ist die Anlage im Besitz des Immobilieneigentümers oder des Anlagenbetreibers.

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© WEKA

Ladeinfrastruktur umsetzen: Die Praxis

E-Ladeinfrastruktur ist von konzessionierten Elektro-Fachbetrieben umzusetzen. Elektro-Installateur*innen sind daher oft die ersten Ansprechpartner für Nutzer*innen. Die Rolle der Hausverwaltungen in diesem Prozess sollte ausgeweitet werden. Ladestationen bis 3,7 kW Leistung sind meldepflichtig, Anlagen ab 3,7 kW bewilligungspflichtig. Netzbetreiber haben eine Anschlusspflicht. Die Prüfung der verfügbaren Anschlusskapazitäten ist häufig zeitaufwendig. Verbesserungen werden mit dem Roll-out von Smart Metern und dem neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) erwartet.

Förderungen für E-Mobilität

Es stehen in allen Ländern Förderungen für die Errichtung von E-Ladeinfrastruktur zur Verfügung, typischerweise im Rahmen der Sanierungsförderung. Die Unterschiede sind erheblich. Ergänzend stehen Bundesförderungen zur Verfügung. Gemeinschaftsanlagen mit Lastmanagement werden höher gefördert. 

>>> Bedrohung durch Unsicherheit in der Klimaförderung

Wohnrechtlicher Rahmen

Wenn es im Wohnungseigentum um die Inanspruchnahme allgemeiner Teile geht – und das ist bei E-Ladeinfrastruktur in Garagen und bei Stellplätzen der Fall – werden gesetzlich gemeinschaftliche gegenüber Einzelinteressen grundsätzlich bevorzugt. Für die Umsetzung gemeinschaftlicher Anlagen reichen einfache Mehrheiten. Die Anforderungen wurden mit der WEG-Novelle 2022 noch weiter erleichtert. Mit der sogenannten „Zustimmungsfiktion“ (§ 16 Abs 5 WEG) kann der/die einzelne Eigentümer*in einen Anschluss für „Langsamladen“ durchsetzen. Eine Bevorzugung gemeinschaftlicher Anlagen ist vorgesehen. 

Legistische Weiterentwicklung: Wohnrechtsmaterien gefragt

Das wohnungseigentumsrechtliche Recht auf Langsamladen war ein erster Schritt. Er reicht allerdings nicht aus, um den Ausbau von E-Ladeinfrastruktur in Wohnbauten ausreichend zu dynamisieren. Die Rahmenbedingungen für Gemeinschaftsanlagen sollten verbessert werden. Es wird ein praktikables Umsetzungsmodell mit einer Zweiteilung in „Basis-“ bzw. „Ausbau-Infrastruktur“ vorgeschlagen:

  • Die „Basis-Infrastruktur“ umfasst all jene Maßnahmen einer Gemeinschaftsanlage, die untrennbar mit dem Gebäude verbunden sind, insbesondere Kabeltrassen, notwendige Durchbrüche bei Brandabschnitten sowie die räumliche Vorsorge für Anlagen-Hardware und sollte alle Garagen- bzw. Stellplätze umfassen. Angesichts der moderaten Kosten, des Nutzens für die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft und der damit verbundenen Wertsteigerung der Immobilie sollte sie von allen Eigentümer*innen bezahlt werden, vorzugsweise aus der Rücklage
  • Die „Ausbau-Infrastruktur“ sollte demgegenüber als Gemeinschaftsanlage mit Lastmanagement von den konkreten Nutzer*innen bezahlt werden. Sie umfasst die gesamte sonstige Hardware, Verkabelung, Wallboxen und die allfällig nötige Ausweitung der Leistungskapazitäten des Hausanschlusses und damit den größeren Teil der Investition. Für die Forcierung dieser Zweiteilung sollten zielgerichtet Förderungen eingesetzt werden. 

Zur Skalierung von E-Ladeinfrastruktur in Wohnbauten sollten entsprechende Regelungen auch in anderen Wohnrechtsmaterien implementiert werden: Mit einer vergleichsweise einfachen Ergänzung könnte das „Right-to-Plug“ auch im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG, Mietwohnungen in Bauten vor 1953/1945, Kommunalwohnungen) sowie bei GBV-Mietwohnungen implementiert werden. 

In § 9 Abs. 1 MRG und den darauf verweisenden § 20 Abs. 1 Z 1 lit b WGG besteht für diese Bestandssegmente bereits eine „Zustimmungsfiktion“. Es müsste lediglich ein zusätzlicher Punkt in den taxativen Katalog privilegierter Maßnahmen – „Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs“ – aufgenommen werden. Schwieriger ist es bei parifizierten Mietwohnbauten (Altbaueigentum) und im MRG-Teilanwendungsbereich (Mietwohnungen in nach 1945/1953 errichteten Gebäuden). 

Beispielprozess for Hausverwaltungen von WEG-Gebäuden

Hausverwaltungen stellen wichtige Partner für die Umsetzung von Gemeinschaftslösungen dar. Es wurde zusätzlich zum Abschlussbericht eine Info-PDF „Manual für Hausverwaltungen“ mit Antworten zu den brennendsten Fragen zu Ladestationen erstellt.

⇨ Das vollständige Manual sowie den Projektbericht finden Sie kostenlos hier:
www.e-sieben.at/... 

Right to plug AT
Beispielprozess für Hausverwaltungen von WEG-Gebäuden - © IIBW/e7/Herry Consult