Ende der KIM-Verordnung 2025 : Neue Chancen für Wohnbau und Heizungstausch
Die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-Verordnung) läuft Mitte 2025 aus, das ist seit der letzten Sitzung des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FMSG) gewiss. Die verschärften Vergaberichtlinien für Wohnkredite standen in der Vergangenheit bereits in scharfer Kritik, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Baukonjunktur.
Das Gremium stellt der Verordnung dennoch ein positives Zeugnis aus, aufgrund der nachhaltigen Kreditvergabestandards hätte sich der Anteil der ausgefallenen Wohnimmobilienkredite günstiger entwickelt, als es ohne sie der Fall gewesen wäre. „Zusammen mit der gestiegenen Kapitalisierung des Bankensystems hat dies dazu beigetragen, dass aktuell kein Systemrisiko mit schwerwiegenden negativen Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität aus Wohnimmobilienfinanzierung festgestellt werden kann", schließt die das FMSG. Dennoch wünsche sich das Gremium von den Instituten auch weiterhin die Einhaltung der von der KIM-Verordnung etablierten Standards.
>> Immer up to date mit Meinungen und News aus der Branche sein? Abonnieren Sie unsere Newsletter: Ob wöchentliche Übersicht, Planer*innen-Newsletter oder Sanitär-Trendletter – mit uns bleiben Sie informiert! Hier geht’s zur Anmeldung!
Was die KIM-Verordnung aussagt
Die KIM-Verordnung regelt die Standards für Wohnkredite in Österreich noch bis 30. Juni 2025 und zielt darauf ab, Überschuldung zu vermeiden und die Finanzstabilität zu sichern. Seit 2022 gelten mit ihr folgende Vorschriften:
- Beleihungsquote: Kredite dürfen maximal 90 Prozent des Beleihungswerts der Immobilie abdecken, das entspricht schlussendlich einem Eigenmittel-Anteil von etwa 20 Prozent – abhängig von der Hypothek.
- Rückzahlung: Die monatlichen Kreditkosten dürfen maximal 40 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens ausmachen.
- Laufzeit: Die maximale Kreditlaufzeit beträgt 35 Jahre.
- Ausnahmen: Banken können bis zu 20 Prozent ihrer Kredite als Ausnahmen von den Vorschriften vergeben.
„Alle waren damit unzufrieden": Branchenreaktionen im Überblick
Erwartungsgemäß positiv fallen die Rückmeldungen der Branche zum Auslaufen der Verordnung aus. WKO-Spartenobfrau für Gewerbe und Handwerk Renate Scheichelbauer-Schuster sieht damit jahrelange Forderung erfüllt sowie ein positives Signal für den Aufbau und Erwerb von Eigentum. „Das ist eine gute Nachricht für die Baubranche und alle nachgelagerten Bereiche, die sich jetzt schon sehr lange in einer höchst schwierigen Konjunkturlage befinden“, so Scheichelbauer-Schuster. Damit werde ab 2025 ein Impuls gesetzt, um die Talsohle speziell im Wohnbau zu überwinden.
Dem schließt sich auch der WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf inhaltlich an. „Die KIM-Verordnung stellte in den vergangenen Jahren eine dermaßen hohe Hürde für den Erwerb von Wohneigentum dar, dass der Wohnungsneubau am Zusammenbrechen war“, so Kopf. Unter dem Stillstand am Wohnungsneubau hätten neben den bau- und kaufwilligen Bürger*innen, dem Baugewerbe und der Immobilienwirtschaft auch weitere Wirtschaftszweige gelitten, für die es in der angespannten wirtschaftlichen Situation nun zu einem Aufatmen kommen könne.
Für Robert Jägersberger, Obmann des Österreichischen Baumeisterverbands (ÖBV), kommt das Auslaufen der Verordnung 2025 sogar „viel zu spät", die Maßnahme sei aus Sicht des österreichischen Baugewerbes überfällig. Immerhin sei die KIM-Verordnung dazu gedacht gewesen, eine befürchtete Überhitzung des Immobilienmarktes zu verhindern, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens sei die Nachfrage nach Immobilienkrediten jedoch bereits massiv rückläufig gewesen. „Dieser Trend hätte sich auch ohne die KIM-Verordnung fortgesetzt. Diese Maßnahme erwies sich somit rückblickend betrachtet als Brandbeschleuniger. Vor allem der fremdfinanzierte bzw. private Wohnbau ist faktisch zum Erliegen gekommen", kritisiert Jägersberger.
Der Wohnungsneubau und die Sanierungen auf Neubauniveau drohen in den kommenden Jahren nicht ein-, sondern in Wahrheit zusammenzubrechen.Gerald Gollenz, WKO-Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder
Mit Zahlen untermauert Gerald Gollenz, Obmann des WKO-Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder*innen, die Bedeutung dieser Entscheidung. „Der Wohnungsneubau und die Sanierungen auf Neubauniveau drohen in den kommenden Jahren nicht ein-, sondern in Wahrheit zusammenzubrechen. Ohne Gegenmaßnahmen würde demnach die Zahl der frei finanzierten Eigentumswohnungen bis 2026 von rund 17.380 Einheiten auf nicht einmal mehr 1.793 sinken und die Zahl der frei finanzierten neu errichteten Mietwohnungen von 7.350 auf nur noch 1.350 neue Einheiten“, rechnet der Branchensprecher der Immobilienwirtschaft vor.
„Beharrlichkeit zahlt sich im wahrsten Sinne des Wortes aus. Das sind wirklich gute Nachrichten für die Bauwirtschaft und die Immobilienkäufer“, heißt es zudem von Andreas Köttl, Präsident der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler. „Alle waren damit unzufrieden“, so Köttl weiter. „Die Konsumenten, die Banken, die Wirtschaftskammer, Landespolitiker bis hin zum Finanzminister und natürlich auch wir, die österreichischen Projektentwickler." Gemeinsames Ziel solle es nach Köttl zukünftig sein, dass Wohnen leistbar bleibt und die Beschäftigung im Immobiliensektor gesichert wird.
Schlussendlich kommen auch positive Signale von Seiten der Kreditwirtschaft. „Die damit ab 2025 erleichterten Möglichkeiten der Wohnbaufinanzierung sind ein wichtiger Impuls für den Erwerb von Wohneigentum und auch für die Belebung des Wohnbaus in Österreich", hält Michael Höllerer, Obmann der WKO-Bundessparte Bank und Versicherung, fest. Denn die Österreicher*innen würden auch in der aktuell schwierigen Wirtschaftslage ihren Verpflichtungen aus den Wohnraumfinanzierungen nahezu lückenlos nachkommen, so Höllerer.
Blitzumfrage: Immobilienmarkt nach Auslaufen der KIM-Verordnung
Die Marktforschungs-Plattform expertenbefragung.com hat bereits aktuelle Ergebnisse einer Befragung veröffentlicht, die die Auswirkungen des bevorstehenden Auslaufens der KIM-Verordnung für die Immobilienbranche beleuchtet. 500 Fachleute aus der Immobilienbranche nahmen teil.
- Gemischte Zukunftserwartungen
Die Mehrheit der Befragten (68 Prozent) erwartet eine langsame, aber kontinuierliche Wiederbelebung des Eigentumswohnbaus nach dem Wegfall der KIM-Verordnung. 11 Prozent der Teilnehmenden rechnen mit einer sofortigen Ankurbelung, während 22 Prozent davon ausgehen, dass andere Marktkräfte weiterhin dominieren werden.
- KIM-Verordnung negativ bewertet
Von den Experte*innen, die sich zur bisherigen Wirkung der Verordnung äußerten, gaben 51 Prozent an, dass sie mehr Schaden als Nutzen gebracht hat. Besonders die steigenden Mieten durch den Einbruch im Wohnbau stehen im Fokus (37 Prozent). Positive Effekte, wie eine Stabilisierung der Immobilienpreise, sehen lediglich 10 Prozent der Befragten, während 2 Prozent die Verordnung als insgesamt vorteilhaft bewerten.
- Wohnungsknappheit bleibt vorerst bestehen
Die Wohnungsknappheit wird laut 51 Prozent der Befragten noch drei bis fünf Jahre anhalten und sich weiter verschärfen. Weitere 38 Prozent schätzen die Dauer auf ein bis drei Jahre, rechnen jedoch ebenfalls mit einer Verschlechterung. 7 Prozent sehen keinen Mangel und gehen von einer Marktsättigung aus.
Bedeutung für Heizungstausch
Das Auslaufen der KIM-Verordnung ist auch für die Zwischenfinanzierung beim Heizungstausch entscheidend. Die derzeitigen Vorgaben hindern viele Haushalte daran, kurzfristige Kredite für solche Maßnahmen zu erhalten, um die Zeit zwischen der Bezahlung einer neuen Heizung und der Auszahlung staatlicher Förderungen zu überbrücken. Insbesondere die Förderschiene "Sauber heizen für Alle", die einkommensschwache Haushalte beim Heizungstausch unterstützten soll, spießte sich an dieser Problematik.
Zwar können die Fördermittel mit einer Registrierung bei der Abwicklungsstelle Kommunal Kredit Public Consulting (KPC) für ein Jahr reserviert werden, ausgezahlt wird jedoch erst nach erledigtem Heizungstausch. Für die Antragstellung ist eine Einreichung der bereits bezahlten Rechnung notwendig. Durchschnittlichen Projektkosten von 35.000 Euro lassen sich von einkommensschwachen Haushalten jedoch kaum bis gar nicht aus Eigenmitteln vorfinanzieren. Hier käme eine Zwischenfinanzierung ins Spiel, die Registrierung des Projekts bei der KPC wurde von den Banken aufgrund der KIM-Verordnung bisher aber nicht als Sicherheit akzeptiert. Das könnte sich nun ändern, dafür muss die neue Regierung jedoch auch die üppigen Förderungen beibehalten.
>>> Heizungstausch-Zwischenfinanzierung: Wärmewende auf der Wartebank