Branchenuntersuchung im Markt für Fernwärme : Heißer Markt: BWB prüft Fernwärme in Österreich

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Die Bundeswettbewerbsbehörde startet eine Branchenuntersuchung im österreichischen Markt für Fernwärme.

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Rund ein Drittel der Haushalte in Österreich werden mit Nah- oder Fernwärme versorgt. Ein weiterer Ausbau der Netze ist für die Zukunft geplant, ein Anschluss an sie wird aktuell auch mit dem Erneuerbare-Wärme-Paket gefördert. Die Bedeutung des Fernwärmesektors nimmt also nicht zuletzt im Rahmen der Energiewende zu. Da solche Netze regional beziehungsweise lokal begrenzt sind, stehen angeschlossenen Kund*innen und Kunden Alternativen häufig entweder eingeschränkt oder gar nicht zur Verfügung. Den Fernwärmeversorgern kommt damit regional jeweils eine besondere Marktstellung zu.

Aufgrund dessen wurde im Juni 2024 ein Bundesgesetz zur Abmilderung von Krisenfolgen und zur Verbesserung der Marktbedingungen im Falle von marktbeherrschenden Energieversorgern zu erlassen, welches auch auf den Fernwärmesektor anwendbar ist und die Bundeswettbewerbsbehörde dazu ermächtigt, Verfahren am Kartellgericht einzuleiten. Das hat die BWB am 20. August nun auch getan. Solche Branchenuntersuchungen können eingeleitet werden, wenn Umstände darauf hinweisen, dass es zu Wettbewerbseinschränkungen oder -verfälschungen in einem betreffenden Wirtschaftszweig kommt.

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Aufgrund der besonderen Marktstruktur ist eine Überprüfung der Wettbewerbsbedingungen und des Missbrauchspotentials von hoher Priorität.
Natalie Harsdorf, BWB

Mehr als eine Million Fernwärme-Anschlüsse

„Wir erhalten regelmäßig Beschwerden insbesondere von Verbraucherinnen und Verbrauchern, welche den Fernwärmemarkt betreffen. Mehr als 1 Million österreichischer Haushalte werden mit Fernwärme versorgt. Die Fernwärmeerzeugung unterliegt einem Wachstumstrend. Aufgrund der besonderen Marktstruktur ist eine Überprüfung der Wettbewerbsbedingungen und des Missbrauchspotentials von hoher Priorität,“ erklärt Natalie Harsdorf, Generaldirektorin der Bundeswettbewerbsbehörde.

Bei der Untersuchung der BWB sollen vorrangig jene Fernwärmemärkte bzw. Netzgebiete durchleuchtet werden, auf denen die großen Landesenergieversorger wie Wien Energie, Energie Steiermark, Kelag, Salzburg AG, Energie AG, EVN etc. aktiv sind. Die Untersuchung werde sich nicht nur auf strukturelle Faktoren (Anbieterkonzentration, Eintrittsbarrieren, Kostenstruktur etc.) beschränken, sondern auch eine detaillierte Analyse der Marktergebnisse wie Verkaufspreise, Erlöse und Beschaffungskosten umfassen, so die BWB. Auch sollen Geschäftsbedingungen und -praktiken in den Fokus genommen werden, die sich potenziell nachteilig auf Verbraucher*innen auswirken.

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Was die Branchuntersuchung der BWB umfasst

Die Fernwärme-Branchenuntersuchung wird sich auf abzufragende Unternehmensdaten, wissenschaftliche Literatur, einschlägige Publikationen sowie auf intensive Gespräche mit Stakeholdern wie Interessensvertretungen, Institutionen und Behörden (national sowie international) stützen. Im Rahmen von Branchenuntersuchungen kann die BWB die wettbewerblichen Rahmenbedingungen sowohl in juristischer als auch ökonomischer Hinsicht evaluieren, um so Erkenntnisse über die konkrete Branche und deren Marktgegebenheiten zu erlangen.

Mit der Branchenuntersuchung kann die BWB außerdem mögliche Wettbewerbsprobleme und Missbrauchspotenzial im Bereich der Fernwärme identifizieren und Praktiken in den Fokus nehmen, die sich potenziell negativ für Verbraucher*innen auswirken. Aus den Erkenntnissen sollen dann Empfehlungen abgeleitet werden, Erkenntnisse der Untersuchung können auch Anlass zur Einleitung von kartellgerichtlichen Verfahren sein. Die Ergebnisse der Branchenuntersuchung werden in einem Abschlussbericht vorgestellt.

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Unternehmen, die den Kodex bereits umgesetzt haben, sind also bei der angekündigten Branchenuntersuchung jedenfalls auf der sicheren Seite.
Peter Weinelt, FGW

Branche entwickelte Fernwärme-Kodex

Die Fernwärme-Branche sieht der Untersuchung laut eigenen Angaben hingegen gelassen entgegen. Man stützt sich auf einen selbst entwickelten Verhaltenskodex, den der Fachverband der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen (FGW) Ende 2023 veröffentlicht hat. Der Fernwärmekodex dient Fernwärmeunternehmen als Leitlinie für ihren Geschäftsalltag und ihre Kund*innenbeziehungen und ist per Anfang 2024 für die Unterzeichner des Verhaltenskodex bindend.

Mittlerweile hätten die ersten 20 Unternehmen der Fernwärme-Branche, die zwei Drittel aller Kund*innen abdecken, die Branchen-Vereinbarung unterschrieben, so der FGW. Das sind insgesamt 670.000 Haushalte, was rund zwei Dritteln des Fernwärmemarkts entspricht. Für die Versorger bedeutet die Unterzeichnung des Verhaltenskodex der Fernwärmebranche eine Selbstverpflichtung zur Transparenz. „Für die Kundinnen und Kunden ist sie außerdem eine wertvolle Orientierungshilfe im Zusammenhang mit ihren Rechten“, betont Peter Weinelt, Obmann des FGW und Generaldirektor der Wiener Stadtwerke.

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Unter den ersten Mitgliedern sind bekannte Namen wie Wien Energie mit rund 460.000, die Linz AG mit 90.000 oder die EVN mit 70.000 versorgten Haushalten. Daneben gibt es laut dem Verband 17 weitere regionale Wärmeversorger aus fast allen Bundesländern mit rund 50.000 versorgten Haushalten – darunter etwa die Biowärme Mittersill aus Salzburg, die Biowärme Vordernberg aus der Steiermark, die Fernwärme Echsenbach aus der gleichnamigen niederösterreichischen Gemeinde, der Maschinenring aus dem burgenländischen Oberwart, die Nahwärme aus dem Vorarlberger Götzis, die Clean Power Solutions aus Wien oder die Bioenergie Perg aus dem oberösterreichischen Mühlviertel. „Diese Pioniere gehen mit gutem Beispiel voran. Unternehmen, die den Kodex bereits umgesetzt haben, sind also bei der angekündigten Branchenuntersuchung jedenfalls auf der sicheren Seite“, betont Weinelt weiter.

Peter Weinelt, Obmann des Fachverbands Gas Wärme
Peter Weinelt, Obmann des FGW - © FGW

Wärmeplattform für aktuelle Tarife

Mit waermepreise.at hat der FGW zudem eine Plattform eingerichtet, um die Preistransparenz im Wärme- und Kältebereich zu erhöhen. Sie basiert auf den Vorgaben von § 89 des Erneuerbaren Ausbau Gesetzes (EAG) und wird von der Österreichischen Energieagentur im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betrieben.

Die Fernwärmeversorger haben sich an der Erarbeitung einer sinnvollen Darstellung der Preise und Tarife beteiligt und melden aktuell zum dritten Mal die aktuellen Tarife ein. Bisher wurden 793 Tarife von 236 Unternehmen gemeldet. „Wir setzen mit dem Kodex in den Geschäftsbeziehungen mit Kundinnen und Kunden auf saubere, klare Regeln. Das ist uns als FGW besonders ein besonderes Anliegen“, betont Weinelt abschließend.