Wahlkampf-Forderungen : Was sich Branche von den Parteien wünscht - und was die dazu sagen

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© Massimo Cavallo - stock.adobe.co

Österreich ist Europameister bei regenerativen Heizsystemen: Mit einem Marktanteil von rund 50 Prozent am gesamten Heizungsgeschäft wurden nirgendwo so viele Wärmepumpen-, Biomasse- und Solaranlagen verkauft wie in Österreich. Einen beträchtlichen Anteil daran hat die Fördersituation, die von den Förderhöhen kaum noch zu verbessern ist: 75 Prozent der Kosten für den Ausstieg aus Öl und Gas (mit Deckelung bei 18.000 Euro) oder sogar 5.000 Euro für den Tausch von älteren Biomasse- oder Wärmepumpen-Anlagen, wenn diese älter als 15 Jahre sind und gegen neue Geräte getauscht werden.

Auf der Negativ-Seite gibt es einige offene Punkte. Die VÖK (Vereinigung Österreichischer Kessel- und Heizungsindustrie) bedauert zum Beispiel, dass die Förderungen nur dann ausgeschüttet werden, wenn bei dem Gebäude kein Fernwärmeanschluss vorhanden oder geplant ist - außer dem fehlenden Wettbewerb in dem "natürlichen Monopol" Fernwärme und der geringen Preistransparenz zieht VÖK-Geschäftsführerin Elisabeth Berger auch die technische Sinnhaftigkeit in Zweifel: "Die Leitungsverluste bei der Fernwärme werden steigen, da die Gebäude zunehmend optimal gedämmt werden und der Wärmebedarf deutlich sinken wird."

Einen anderen Kritikpunkt sieht der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ): Zwar sagt der Nationale Energie- und Klimaplan (NEKP), der noch im August 2024 der Europäischen Union übermittelt wurde, dass Österreich bis 2030 186 TWh an erneuerbarer Energie pro Jahr produzieren und den fossilen Energieverbrauch gegenüber 2023 um mehr als 60 Prozent reduzieren will: Aber gleichzeitig fehlt es an konkreten Plänen, wie das Gelingen soll. Vor allem "heiße Eisen" wie etwa die Verpflichtung der Bundesländer, dazu einen Beitrag zu leisten, würden komplett ausgespart, kritisiert EEÖ-Geschäftsführerin Martina Prechtl-Grundnig.

Beide Organisationen haben daher die entsprechenden Pläne und Programme der wahlwerbenden Parteien unter die Lupe genommen und um Stellungnahmen gebeten. Die Ergebnisse könnten unterschiedlicher kaum ausfallen.

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Soll die hohe Heizungstausch-Förderung beibehalten werden?

Auf diese Frage antworten alle Parteien auf Anfrage der VÖK verhalten positiv bis ausweichend - wenig überraschend, denn die Ankündigung der Streichung von Förderungen, die allen zugute kommen, ist im Wahlkampf wohl nicht zu erwarten.

Für die ÖVP stellt Energiesprecherin Tanja Graf klar, dass die Förderungen in der derzeitigen Höhe bis 2027 garantiert sind und die Finanzierung sichergestellt ist. Darüber hinaus sei es schwierig, das Programm und die Schwerpunkte der künftigen Regierung vorauszuahnen.

Die Grünen, der derzeitiger kleine Koalitionspartner der ÖVP, reklamieren die Förderung bei der Heizungssanierung für sich: "Wir haben erkämpft, dass für thermische Sanierung und Kesseltausch ein Förderzusagerahmen von 2,3 Mrd. Euro zur Verfügung steht", sagt Lukas Hammer, Sprecher für Energie und Klimaschutz. Seine Partei will sich auch in der nächsten Legislaturperiode dafür einsetzen, dass die Förderungen in dieser Höhe weitergeführt werden.

Die FPÖ betont, dass eine Heizungssanierung immer nur auf Freiwilligkeit beruhen dürfe. Wirtschaftssprecher Axel Kassegger befürwortet aber grundsätzlich, den Austausch fossil betriebener Heizungen mit transparenten und nachvollziehbaren Richtlinien zu fördern.

SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll sieht in der Dekarbonisierung der Heizsysteme eine zentrale Rolle bei der Erreichung der Klimaziele. Fördersysteme seien für ihn dann sinnvoll, wenn sie sozial treffsicher und antizyklisch eingesetzt werden.

Karin Doppelbauer, Energiesprecherin der NEOS, sieht im aktuellen Förderregime zu wenig Kosteneffizienz. Sie strebt eine Änderung an, um Überförderungen zu vermeiden und den größtmöglichen Nutzen zu erzielen. Dass es ausreichender, transparenter Förderungen für thermische Sanierungen und Heizungstausch benötigt, steht auch für sie außer Diskussion.

Elisabeth Berger
Elisabeth Berger, VÖK, wollte es genau wissen: Wie stehen die Parteien zur Zukunft der Heizungsförderung? - © VÖK

Wie stehen Sie zu degressiven Fördermodellen?

Bei degressiven Fördermodellen, also einer stufenweisen Reduktion über einen längeren Zeitraum, um Planbarkeit zu ermöglichen, gehen die Meinungen schon weiter auseinander. Die SPÖ sieht dafür keine aktuelle Notwendigkeit, während die FPÖ eine seriöse Einschätzung, ob Förderungen überhaupt weitergeführt werden sollen, generell von der tatsächlichen budgetären Situation abhängig macht.

Die ÖVP will die Idee eines degressiven und etwas sparsameren Förderprogrammes als Option in die nächste Regierungsbildung mitnehmen. Die NEOS befürworten ein degressives Fördermodell für Heizungssanierungen explizit, und auch die Grünen begrüßen ein langfristiges Fördermodell mit abnehmenden Förderhöhen, da es den Anreiz für zeitnahe Investitionen vergrößert.

Die Luft-Wärmepumpe ist aktuell das meistverkaufte Heizungssystem Österreich, doch wegen der Schalbelastung steht sie bei vielen noch in der Kritik. Wie hoch ist die Lärmbelästigung wirklich, und wie kann das bei modernen Anlagen minimiert werden? Die aktuelle Folge von reNEWSable ist dem nachgegangen.

Sollen auch in Österreich Hybridanlagen gefördert werden?

Der größte Unterschied im Heizungstausch-Förderregime zwischen Österreich und Deutschland liegt in den Hybridheizungen. Österreich fördert eine neue Holzheizung oder Wärmepumpe nur, wenn der vorhandene Öl- oder Gaskessel entfernt wird. In Deutschland werden auch Hybridanlagen gefördert, bei der die vorhandene funktionierende fossile Anlage um eine Wärmepumpe, Holzheizung, PV oder Solaranlage ergänzt wird, die 65 Prozent des Bedarfes liefern muss. Diese Forderung der VÖK stößt auf ebenfalls sehr unterschiedliche Resonanz:

Für die ÖVP hat Tanja Graf diese Option auch in die Koalitionsgespräche eingebracht, ist damit aber am Koalitionspartner gescheitert. Sie findet die Option der Hybridlösungen zur cleveren Risikostreuung nach wie vor sehr gut und will das auch in die nächsten Koalitionsverhandlungen einbringen.

Die Grünen stehen dem weiterhin ablehnend gegenüber: Deren Programm heißt "Raus aus Öl und Gas". Der Einbau einer Hybridheizung stehe jedem frei, das sei nicht verboten; Lukas Hammer spricht sich aber gegen eine Förderung für Lösungen aus, bei denen weiterhin fossile Energieträger genutzt werden.

Ähnlich sieht das die SPÖ, die in einer Doppelgleisigkeit keine praktikable Lösung erkennen kann. Alois Schroll steht für Technologieklarheit, um die Investitionssicherheit zu fördern. Auch die NEOS möchten, dass Förderungen den Weg in die Klimaneutralität einschlagen und das Zeitalter fossiler Brennstoffe klar beenden. Karin Doppelbauer will Förderungen nur für einen vollständigen Ausstieg aus Öl und Gas in der Wärmeversorgung.

Für die Förderung von Hybridlösungen ist die FPÖ. Axel Kassegger kann nur schwer nachvollziehen, dass Holzheizungen und Wärmepumpen nur dann gefördert werden, wenn ein bestehender Öl- oder Gaskessel entfernt wird.

Ernüchternder "Erneuerbaren-Check" in den Wahlprogrammen

Eine Art "Erneuerbaren-Check" hat der Dachverband EEÖ mit den Wahlprogrammen aller Parteien gemacht. Für Geschäftsführerin Martina Prechtl-Grundnig ist dabei wenig Konkretes herausgekommen: "Einige schöne Überschriften und Absichtserklärungen, wenige konkrete Maßnahmen, so manches Desinteresse und das eine oder andere wirklich Hinderliche für die Energiewende und den Klimaschutz“, so ihre Bilanz. Vor allem würden heiße Eisen, wie etwa mehr Verpflichtungen für Bundesländer, ein wirksames Klimaschutzgesetz und ein klarer Pfad für den Ausstieg aus fossilen Heizungen weitestgehende ausgepart: Nur den Grünen und den NEOS gesteht sie zu, sich diesen Themen gewidmet zu haben. Die FPÖ hingegen würde sich in ihrem Wahlprogramm weder zum Ausbau der Erneuerbaren bekennen noch Ideen für eine Transformation des Energiesystems oder zum Klimaschutz vorlegen.

Die Forderungsliste der Erneuerbaren an die nächste Regierung

Der Dachverband EEÖ und die Erneuerbaren-Verbände haben eine lange Liste an Maßnahmen aufgestellt, die im Sinne der notwendigen Transformation des Energiesystems von der nächsten Bundesregierung beschlossen werden sollten. Dabei gilt insbesondere für die ersten beiden: Geht es nach dem EEÖ, sollten das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) und das Erneuerbares-Gas-Gesetz (EGG) sogar noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden.

  • Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) soll das veraltete ElWOG (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz) ablösen, um den modernen und gestiegenen Anforderungen an Netzanschlüsse, Rechte von Kund*innen, Flexibilisierung bei Angebot und Verbrauch gerecht zu werden sowie neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Das Gesetz ist in den Regierungsparteien fertig verhandelt und längst überfällig. Prechtl-Grundnig: "Wird es nicht rasch beschlossen, droht Stillstand!"
  • Ein Erneuerbares-Gas-Gesetz (EGG) für Österreich soll sicherstellen, dass in Österreich bis 2030 6,5 TWh erneuerbare Gase zur Verfügung stehen, mit dem entsprechenden Pfad für den weiteren Ausbau. Die ersten 2 TWh aus bestehenden Biogasanlagen, die derzeit noch zur Stromerzeugung eingesetzt werden, müssten damit jedenfalls abgesichert werden. Langfristig seinen gasförmige Energieträger eine gute Lösung für die Transformation: Denn sie sind speicherbar und eignen sich für die Anwendung in Bereichen, wo hohe Temperaturen erforderlich sind – etwa in der Industrie oder in Kraftwerksanlagen.
  • Anpassungen im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG). Die zuletzt im NEKP und ÖNIP festgehaltenen Ausbaubedarfe für die einzelnen Technologien gelten für EEÖ dabei als Mindestwerte. Für mehr Planungssicherheit soll im adaptierten EAG festgeschrieben sein, dass Marktprämien und Investitionszuschüsse stets zwei Jahre im Voraus bekannt gemacht und automatisch valorisiert werden sollen. Darüber hinaus soll es stärkere Anreize für Doppelnutzungskonzepte (PV-Überdachungen, Agri-PV etc.) und Bonussysteme für innovative Konzepte (Flexibilisierung des Energieverbrauchs) geben sowie Fördermechanismen für die Produktion von Winterstrom.
  • Einen klaren Rechtsrahmen für die Wärmewende soll mehr Planungssicherheit bieten. Dafür braucht es aus Sicht des EEÖ einen klaren, stufenweisen Ausstiegsplan aus fossilen Energieträgern, langfristig abgesicherten Fördermitteln für den Heizungstausch auf Erneuerbare und die Einführung regionaler Wärmepläne.
  • Das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) soll die Vorgaben der EU-Richtlinie RED III umsetzen: Das EABG soll eine rechtliche Verankerung des überragenden öffentlichen Interesses für Energiewendeprojekte bringen, Genehmigungsverfahren vereinheitlichen und strukturieren, bestimmte Anlagen von Genehmigungen freistellen, Beschleunigungsgebiete für alle Technologien der Energiewende etablieren und verbindliche Erhebungsstandards für artenschutzrechtliche Prüfungen festlegen.

Weitere Forderungen des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich betreffen unter anderem die Überwindung der föderalen Hürden, eine Stärkung der Geothermie und eine Speicherstrategie für erneuerbaren Strom.

Martina Grundnig-Prechtl: "Erneuerbare Energien sind nicht nur der einzige Ausweg, um die dramatischen Folgen der Klimaerwärmung abzuschwächen, sie sichern – trotz wahlkampfbedingter Unkenrufe – den Wirtschaftsstandort Österreich und ermöglichen den Menschen im Land stabile und leistbare Energiepreise. Ohne erneuerbare Energieerzeugung im Land werden weiterhin Milliarden für Öl und Erdgas ins Ausland gepumpt."


Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin Erneuerbare Energie Österreich  (EEÖ)
Martina Grundnig-Prechtl sieht in Erneuerbaren Energien auch eine große Chance für den Wirtschaftsstandort - und hat dazu eine Reihe an Forderungen formuliert. - © Kleinwasserkraft Österreich