Gewerke: Aus drei mach eins : Dreistufig – aber um welchen Preis?

TGA: Herr Rieder, Sie haben zusätzlich zu ihrem Bauunternehmen bereits ein Planungsbüro. Jetzt haben Sie angekündigt, auch noch einen Installateur zu kaufen. Warum wollen Sie die gesamte Gebäudetechnik selbst machen?

Anton Rieder: Ich halte es für vorteilhafter, alles zusammenzuführen. Die Komplexität des Bauens nimmt immer mehr zu, der Weg muss in Richtung Vorfertigung und Standardisierung gehen. Daher brauche ich das Ausführungs-Know-how heute viel früher im Projekt.

Welche Vorteile sehen sie konkret darin?

Rieder: Wir entwickeln uns immer mehr in Richtung digitales Gebäudemodell. Dafür brauche ich von Anfang an ein Modell, das durchgängig dem „as-build“ entspricht, damit nicht an jeder Schnittstelle die Planung neu beginnen muss. Da geht es zum Beispiel um die genaue Beschreibung und Definition der dann in der Ausführung verwendeten Materialien, und das wissen die Ausführenden in der Regel besser als die Planenden.

Die Zusammenführung zu einer „integralen Planung“ ist seit langem ein Ziel am Bau, das bedingt nicht unbedingt, alle Gewerke unter einem Dach zu haben.

Rieder: Es gibt viele Wege, die Gewerke enger zusammenzuführen, vom „early contractor“ über Allianz- oder Kooperationsmodelle bis zum Totalunternehmer. Unser Weg ist ein anderer, was freilich nicht heißt, dass er grundsätzlich besser ist oder andere schlechter sind.

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Anton Rieder
Anton Rieder leitet das Familienunternehmen Riederbau aus Kufstein mit 220 Mitarbeitenden. Er ist stellvertretender Bundesinnungsmeister der Bundesinnung Bau und Vizepräsident der WK Tirol. - © christophascher.at
Wenn ich mit einer Entwurfsplanung zu einem Installateur gehe, kauft dieser die Produkte bei seinem Großhändler, montiert die Bäder und schlägt 30 Prozent auf den Preis auf.

Dreistufigkeit kostet Zeit und Geld

Jetzt konzentrieren Sie sich jedoch in der Zusammenführung auf die Gebäudetechnik. Warum sehen Sie hier besonderen Bedarf?

Rieder: Die Struktur der Haustechnik, wie ich sie kennengelernt habe, bringt einige Herausforderungen mit sich. Es ist üblich, dass Planer nur bis zu einem bestimmten Detailgrad planen, während die ausführenden Fachkräfte die Planung vervollständigen. Dies kann zu Doppelarbeit und Missverständnissen führen. In der Gebäudetechnik kommt es zudem häufig vor, dass alternative Produkte eingebaut werden, die nicht den ursprünglichen Spezifikationen entsprechen. Um Missverständnisse zu vermeiden und die Produktivität zu steigern, sollten wir frühzeitig klare Entscheidungen über die zu verwendenden Produkte treffen und diese in die Vorfertigung einfließen lassen.

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Wie kann das zum Beispiel im Bad aussehen?

Rieder: Die Einbindung der Komponenten-Hersteller erst in der Ausführungsphase ist zu spät. Wenn ich bereits zu Beginn weiß, welche Produkte ich verwenden werde, kann ich dies in der Entwurfsplanung festlegen und die Industrie frühzeitig einbeziehen. Wenn ich jedoch mit einer solchen Entwurfsplanung zu einem Installateur gehe, kauft dieser die Produkte bei seinem Großhändler, montiert die Bäder und schlägt 30 Prozent auf den Preis auf. Das ist ineffizient und teuer. Daher ist es notwendig, die Bäder selbst zu disponieren und die Industrie von Anfang an einzubeziehen.

Der dreistufige Beschaffungsweg ist in der Gebäudetechnik nun mal üblich …

Rieder: … ja, das ist typisch für diese Branche. Wenn ich als Bauunternehmer Beton einkaufe, beziehe ich ihn direkt vom Hersteller in der benötigten Qualitätsklasse. In der Gebäudetechnik hingegen ist die Produktvielfalt wesentlich größer, die Vertriebswege sind länger und die Beschaffung aufgrund hoher Materialaufschläge teuer – aber warum? Wenn ich bereits zu Beginn weiß, welches WC ich in 18 Monaten einbauen werde, benötige ich keine Overnight-Lieferung oder 24-Stunden-Verfügbarkeit des Produkts.

Wenn ich bereits zu Beginn weiß, welches WC ich in 18 Monaten einbauen werde, benötige ich keine Overnight-Lieferung oder 24-Stunden-Verfügbarkeit des Produkts.

Riederbau fertigt Holzelemente in eigener Produktion vor.

- © christophascher.at

Vorfertigung: Schlüssel für Produktivität am Bau

Sie haben das Problem der sinkenden Produktivität am Bau angesprochen. Was ist für Sie da der größte Hebel zu einer Verbesserung?

Rieder: Vorfertigung! Dafür brauche ich eine genaue Planung und in der Folge über alle Phasen und Gewerke hinweg bessere Prozessabläufe, die digital abgebildet werden. Das haben wir mit myBauOffice auch realisiert.

Gilt das nur für den Neubau, der ja bekanntlich derzeit darnieder liegt, oder auch für das Zukunftsthema der Sanierung?

Rieder: Die kleine Sanierung wird handwerklich bleiben, für die brauche ich sogar besser qualifizierte Leute als im Neubau. In der großvolumigen Sanierung könnte man allerdings sehr wohl mit Vorfertigung arbeiten. Auch hier geht es um Prozesse, die zu optimieren sind, damit sich die Fachhandwerker mehr auf ihr Gewerk konzentrieren können.

Wie könnte das aussehen?

Rieder: Ich habe mir in Finnland ein Sanierungsprojekt eines Mehrfamilienhauses angesehen, da war der Arbeitsprozess komplett digitalisiert und die Logistik von der Facharbeit getrennt. Jede Wohnung hatte eine Wareneingangs- und Ausgangsfläche, wo über Nacht das Material für den nächsten Tag angeliefert und der Schutt abtransportiert wurde. Die treibende Kraft für solche effizienteren Prozesse ist der Facharbeitermangel: Bei uns verbringt der Facharbeiter beträchtliche Zeit damit, Material zu suchen oder fehlende Komponenten im Abholmarkt zu holen. Der Elektriker oder Installateur soll sich aber aufs Installieren konzentrieren, anstatt Zeug heranzuschaffen und Werkzeug zu suchen. Das wird bei uns massiv kommen!

Der Elektriker oder Installateur soll sich aber aufs Installieren konzentrieren, anstatt Zeug heranzuschaffen und Werkzeug zu suchen.

myBauOffice: Projektmanageement am Bau

Mit myBauOffice hat Riederbau eine Softwarelösung geschaffen, die speziell Klein- und Mittelbetrieben am Bau die digital gestützte Prozessoptimierung ermöglicht. myBauOffice setzt auf Microsoft365 auf und ermöglicht jedem Nutzer, seine eigenen Prozesse zu standardisieren, Abläufe zu beschleunigen und Fehler zu minimieren. 

myBauOffice
myBauOffice soll Prozesse am BAu standardisieren. - © Riederbau