Sanierung Landesberufsschule Knittelfeld : Sommer, Sonne, serielle Sanierung

Die Landesberufsschule Knittelfeld dient als Pilotgebäude für das Forschungsprojekt Renvelope.

Die Landesberufsschule Knittelfeld dient als Pilotgebäude für das Forschungsprojekt Renvelope.

- © Green Energy Lab

Unterrichtsstunden im Container, oder gar ganze Schulstufen an anderen Standorten – die Sanierung von Schulen geht allzu oft mit einer Unterbrechung der Lehraktivität vor Ort einher. Nicht aber in Knittelfeld, dort findet die Modernisierung der Landesberufsschule (LBS) aktuell im laufenden Schulalltag statt. Möglich macht das eine serielle Sanierung. 

Die Methode beruht auf der Nutzung vorgefertigter, modularer Bauelemente zur energetischen Modernisierung von Gebäudehüllen. Der hohe Vorfertigungs- und Standardisierungsgrad spart dabei viel Zeit auf der Baustelle vor Ort. Außerdem kann die Gebäudetechnik direkt in die Hülle integriert werden, so auch für die LBS Knittelfeld: Dort sind ein innovatives Klassenlüftungssystem und eine Photovoltaikanlage in den Fassadenelementen verbaut. 

Grundsätzlich können solche Fassadenelemente vielfältigste TGA-Komponenten enthalten. Begonnen mit Solarthermie, klassischer Bauteilaktivierung, über Verteilerschächte, kontrollierte Lüftung oder dezentrale Fensterlüftung, bis hin zu Sensorik für das Energiemanagement, dezentrale Kleinwärmepumpen, Sonnenschutz oder Fassadenbegrünung ist alles möglich. Die serielle Sanierung erlaubt minimalinvasive Bauabläufe. Nach der Vorfertigung der Module kann die Gebäudehülle so innerhalb weniger Wochen saniert werden – und das bei durchgehender Nutzung. 

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Gute Luft im Klassenzimmer

Zurück nach Knittelfeld: Im Gegensatz zum gut erhaltenen Inneren des unsanierten Schulgebäudes aus den Achtzigern bestand bei der Außenhülle starker Verbesserungsbedarf. Aufgrund undichter Fenster war das Schulgebäude in den Sommermonaten stark überhitzt, in die Dämmebene war zudem Wasser eingetreten. Unter der Projektleitung von AEE INTEC wird vor Ort ein innovatives Lüftungskonzept realisiert, das in der Fassade integrierte, dezentrale Zuluftgeräte mit einer zentralen Abluftanlage am Dach sowie Wärmepumpen kombiniert. 

Die in die Fassadenelemente integrierten, dezentralen Lüftungsgeräte saugen Frischluft für die Klassenzimmer an, um dort mittels hoher Luftqualität eine leistungsfördernde Lernumgebung zu schaffen. Die warme, verbrauchte Luft wiederum gelangt über Überströmer in die Aula, wo sie zentral abgesaugt wird. Ein Wasser-Luft-Register führt die Abwärme aus dem Abluftstrom zurück. Zusätzlich arbeiten drei Wasser-Wasser-Wärmepumpen kaskadiert, um die Vorlauftemperatur für die Vorkonditionierung der Zuluft zu erhöhen. Die Hauptverrohrung erfolgt über die Fassadenmodule. 

>>> Warum Luftqualität im Klassenzimmer beginnen muss

Um Platz für die Lüftungsgeräte an der Fassade zu schaffen, musste in den Klassenräumen pro Lüftungsgerät je ein Fensterflügel weichen. Die Geräte selbst lassen sich von innen über eine Klappe warten. Auch die Brandschutzanforderungen der Gebäudeklasse 5 waren in der Planung aufgrund der vertikal verlaufenden Lüftungsschächte ein Thema. Brandabschottungen schützen daher vor einem Brandübertritt. Neben dem Lüftungssystem wurden auch Photovoltaik-Module auf Dach und Fassade installiert. Mit einer Maximalleistung von insgesamt 92,6 kWp produzieren diese knapp 85.000 kWh Strom pro Jahr.

Bis zum Sommer soll die Sanierung der LBS Knittelfeld abgeschlossen sein, die prognostizierten Werte sind äußerst positiv. Das Projektteam rechnet mit einer Reduktion des Primärenergiebedarfs um knapp 80 Prozent und einer Reduktion des Heizwärmebedarfs um ca. 70 Prozent. Dementsprechend könnten knapp 200 Tonnen CO₂ jährlich eingespart werden. Ein einjähriges Monitoring ab dem Sommer soll die Werte verifizieren. Vor der Sanierung betrug der Endenergiebedarf des Gebäudes 340 kWh pro Quadratmeter und Jahr.

Schnellere Sanierung durch vorgefertigte, modulare Fassadenelemente – die Kernidee hinter der seriellen Sanierung.
Schnellere Sanierung durch vorgefertigte, modulare Fassadenelemente – die Kernidee hinter der seriellen Sanierung. - © Klimafonds/Krobath

Kleine Fläche, großer Hebel

Ähnlich wie die Landesberufsschule Knittelfeld wurde mehr als 60 Prozent des österreichischen Gebäudebestandes vor 1980 errichtet – bei einem Sanierungshorizont von etwa 60 Jahren, ist der Anteil jener Gebäude mit einem hohen thermischen Sanierungsbedarf hoch und die Hebelwirkung einer Aufwertung des Gebäudebestandes dementsprechend groß. 

Denn während Gebäude etwa zwei Prozent der österreichischen Fläche einnehmen, sind sie gemeinsam mit der Bau- und Bauproduktewirtschaft für 35 Prozent des heimischen Endenergiebedarfs verantwortlich. Für die Erreichung einer vollständigen Dekarbonisierung bis 2040 wäre jedoch eine annähernde Verdoppelung der jährlichen Sanierungsrate von 1,5 Prozent auf 2,8 Prozent erforderlich. 

Neue Fenster dürfen neben der modernen Gebäudetechnik natürlich auch nicht fehlen.
Neue Fenster dürfen neben der modernen Gebäudetechnik natürlich auch nicht fehlen. - © Klimafonds/Krobath

Minimalinvasiver Eingriff

Sanierungen schneller und mit weniger Aufwand durchzuführen, ist das Ziel des Großforschungsprojektes „Renvelope – Energy Adaptive Shell“. Im Projekt soll eine kosteneffiziente, kreislauffähige Komplettlösung für die Modernisierung des Gebäudebestands entwickelt werden, indem Gebäude von einer Außenhülle aus konditioniert und somit minimalinvasiv saniert werden können.

„Die serielle Sanierung ist ein wichtiges Instrument, um Dynamik in die historisch niedrigen Sanierungsraten in Österreich zu bringen“, betont Christian Fink, Geschäftsführer der AEE INTEC. Die LBS Knittelfeld ist das erste von drei Pilotgebäuden – darunter auch ein mehrgeschossiges Wohngebäude sowie ein Bürogebäude –, deren Hülle in diesem Rahmen sowohl bau- als auch haustechnisch modernisiert werden. Die nächsten Pilotgebäude, jeweils ein Geschosswohnbau in Graz und Wien, würden bereits unmittelbar vor der Umsetzung stehen, so Fink.

Das aus 17 Partnern bestehende Renvelope-Konsortium wird von der steirischen Forschungseinrichtung AEE INTEC – Institut für Nachhaltige Technologien geleitet. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen der Forschungsinitiative Green Energy Lab und wird vom Klima- und Energiefonds gefördert.