Interview : „Wassergeführte Heizsysteme werden aussterben“

TGA: Die aktuelle Situation am Strommarkt ändert sich laufend. Welche Argumente sprechen trotzdem für ein Heizsystem, das so wie die Infrarotheizung von Strom abhängig ist? Fällt der Strompreisdeckel dabei ins Gewicht?

Michael Ringbauer:
Die Frage ist eher, was sind die Alternativen. Natürlich ist der Strompreis im letzten halben Jahr gestiegen. Aber wenn man sich die anderen Alternativen ansieht, hat sich der Ölpreis seit 2020 mehr als verdreifacht, ähnlich sieht es mit dem Pelletspreis aus. Natürlich bringt uns der Strompreisdeckel etwas, aber auf lange Sicht muss man eigentlich sagen, dass das Merit-Order-System, durch das der Strompreis dem Gaspreis angeglichen wird bzw. mit dem Gaspreis steigt, keinen Sinn macht. In Österreich werden mittlerweile mehr als 80 Prozent des Stroms, den wir benötigen, aus erneuerbaren Energien erzeugt und kommen aus Österreich.

Was nach wie vor für Infrarotheizungen spricht, sind die geringen Anschaffungskosten im Gegensatz zu anderen Heizformen. Es gibt keine Service- und Wartungskosten, das wird oft unterschätzt. Wenn ich an Pelletsheizungen oder an Holzvergaser denke, ist man da schnell bei 300 bis 400 Euro im Jahr. Die Infrarotheizung ist ein langlebiges System, es gibt Studien der HTWG Konstanz, die beweisen, dass qualitativ hochwertige Heizpaneele bis zu 30 oder 40 Jahre problemlos funktionieren. Ein weiterer Vorteil ist, dass es ein schnelles Heizsystem ist, das ist vor allem in der Übergangszeit gut. Was noch dazu kommt ist, dass man keinen Technikraum oder Lagerraum braucht. Bei den aktuellen Wohn- und Baukosten ist das überlegenswert und doch einiges an Geld, das man sich spart.

Michael Ringbauer
Michael Ringbauer, Geschäftsführer Redwell Infrarotheizungen - © Redwell
Was nach wie vor für Infrarotheizungen spricht, sind die geringen Anschaffungskosten im Gegensatz zu anderen Heizformen. Es gibt keine Service- und Wartungskosten, das wird oft unterschätzt.
Michael Ringbauer, Geschäftsführer Redwell Infrarotheizungen

Geld, das man in eine Infrarotheizung investieren könnte?

Ringbauer: Genau, oder in eine Photovoltaikanlage. Mit einer PV-Anlage und entsprechendem Speicher beweisen sehr viele Studien mittlerweile, dass die Infrarotheizung ökologisch und auch wirtschaftlich das beste Heizsystem ist. Im Neubau, muss man dazu sagen.

Der Wunsch nach Autarkie bzw. einer Verringerung der Abhängigkeit vom öffentlichen Stromnetz wird in nächster Zeit wohl weiter wachsen. Eignet sich die Verschränkung von Infrarotheizung und Photovoltaik nur für Privathaushalte oder ist das System auch für Betriebe oder Industrie interessant?

Ringbauer: Gerade im Betrieb oder in der Industrie macht das sehr viel Sinn. In Bürogebäuden, die nur von 8 bis 17 Uhr benutzt werden, ist das gerade die Zeit, wo die PV-Anlage Strom erzeugt. Also macht es da sehr viel Sinn, mit Infrarot zu heizen. Wir haben schon sehr viele solche Gebäude ausgestattet und noch nichts Schlechtes gehört. Wenn man eine PV-Anlage am Dach hat, dann verbraucht man den Strom, den man erzeugt sofort und muss nichts zukaufen. Damit ist man dann zwar nicht unabhängig - man hängt ja im Stromnetz - aber so unabhängig wie möglich.

Sie haben gerade eben die Bürozeiten angesprochen. Solarstrom ist wie wir wissen naturgemäß an gewisse Uhr- und Jahreszeiten gebunden. Stichwort Energiespeicher, braucht es den folglich zwingend?

Ringbauer: Es ist zu empfehlen. Es ist aber nach wie vor in den Köpfen der Leute verankert, dass die PV-Anlage von Oktober bis März keinen Strom erzeugt, das ist nicht richtig. Sie erzeugt Strom, nur weniger. Gerade bei der Infrarotheizung ist es aber so, dass wir nicht die Luft erwärmen, sondern das Mauerwerk und das Mobiliar. Da macht es durchaus Sinn, mit dem Strom, den man auch im Winter am Tag erzeugt, die Räume zu erwärmen, also die Infrarotheizung laufen zu lassen und die Räume sogar ein wenig zu überwärmen. Denn die Wände und das Mobiliar speichern die Wärme und man muss dann am Abend und in der Nacht nicht oder weniger heizen. Also Speicher ja natürlich, aber wenn kein Speicher vorhanden ist, kann man den Strom, den die PV-Anlage auch im Winter erzeugt, sinnvoll zur Erwärmung der Räume nutzen.

Infrarot-Durchbruch am Horizont

Fällt Ihnen ein konkretes Best-Practice-Projekt ein, bei dem PV und Infrarot perfekt miteinander verschränkt sind?

Ringbauer:
Da gibt es sehr viele Projekte. In Norddeutschland in Ostfriesland haben wir einen Partner, der Häuser mit Infrarotheizung, dezentraler Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung und Infrarotheizung ausstattet. Wenn die PV-Anlage entsprechend groß dimensioniert ist, verwendet man den Strom der PV-Anlage direkt zum Heizen. Die Gebäude haben Stromkosten von null Euro pro Jahr, weil die Kund*innen über den Sommer in Strom-Clouds einspeisen und sich im Winter den Strom zurückholen, den sie verbrauchen. Das sind aber auch hocheffiziente Niedrigstenergiegebäude. In so einem 150m2 Haus kostet die Heizung für das komplette Haus keine 5.000 Euro, wenn man Standardpaneele nutzt. Deswegen sind wir auch der Meinung - und nicht nur wir, sondern auch viele andere - dass die wassergeführten Heizsysteme in den nächsten zehn bis 15 Jahren aussterben werden, weil sie einfach zu komplex und zu teuer sind.

Das heißt sie prognostizieren der Infrarotheizung in den kommenden Jahren ihren Durchbruch?


Ringbauer:
Ja, definitiv. Es gibt ja mit „Raus aus Öl und Gas“ die große Förderinitiative des Bundes, da hat auch jedes Bundesland seine eigene Förderung. Seit Juli haben wir es geschafft, dass es im Burgenland beim Heizungstausch auch eine Landesförderung für Infrarotheizungen gibt. Das ist das erste Bundesland, das sich dazu durchgerungen hat, das in Verbindung mit Photovoltaik zu machen und wir hoffen, dass auch die anderen Bundesländer folgen.

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Nicht jede Infrarotheizung ist eine Infrarotheizung

Blicken wir abschließend noch in Richtung Altbau, wo die Wärmedämmung für die Effizienz der Heizsysteme ein Riesenthema ist. Sind Infrarotheizung dort eher als ergänzendes System zu sehen oder durchaus auch als Hauptheizung?

Ringbauer:
Ja und nein (lacht). Wir sagen nicht zu jedem Auftrag ja. Es gibt Anfragen für Gebäude aus den 50er Jahren, die komplett ungedämmt sind, wo es bei der Eingangstür oder den Fenstern reinzieht und die aktuell Öl- oder Gasheizungen haben. Da sagen auch wir, das macht dort keinen Sinn. Bei solchen Gebäuden macht dann aber gar keine andere Heizung Sinn. In solchen Fällen empfehlen wir den Kund*innen immer, dass sie zumindest einfache Sanierungsmaßnahmen durchführen, wie die oberste Geschossdecke zu dämmen oder die Fenster abzudichten. Wenn das Ganze erledigt ist, dann kann man schauen, ob eine Infrarotheizung Sinn macht. Man kann sie zum Beispiel als eine Art Zusatzheizsystem nutzen. Das ist vor allem im urbanen Bereich für Wohnungen, die mit Gas beheizt werden, ein Thema. Die schalten für die Bereitstellung der Grundwärme die Gasheizung ein und alles, was darüber hinausgeht, wird dann mit der Infrarotheizung gemacht.

Welche Faktoren spielen darüber hinaus eine Rolle für den energieeffizienten Betrieb von Infrarotheizungen?


Ringbauer:
Das Wichtigste ist, dass man wirklich nur qualitativ hochwertige Infrarotheizungsgeräte verbaut. Nicht jede Infrarotheizung ist eine Infrarotheizung. Seit 2021 gibt es mit der IEC 60675-3:20 eine Norm, die den Strahlungswirkungsgrad bestimmt. Wenn man eine Infrarotheizung kauft, sollte man darauf achten, dass diese Heizung auch die Norm erfüllt. Qualitativ hochwertige Paneele und die richtige Dimensionierung sowie Positionierung sind bei einer Infrarotheizung wirklich wichtig, damit sie auch effizient arbeitet und richtig funktioniert.

>> Tipp der Redaktion: Zur Aussage „wassergeführte Heizsysteme werden aussterben“, hat Richard Freimüller, Verbandspräsident Wärmepumpe Austria, in einem eigenen Interview Stellung bezogen.

Gut zu wissen: Über Redwell Infrarotheizungen

Die Redwell Manufaktur GmbH ist ein österreichisches Unternehmen mit Spezialisierung auf die Entwicklung und Produktion von Infrarotheizungen. Das Unternehmen mit Stammsitz im steirischen Hartberg stellt sämtliche Produkte zur Gänze in Handarbeit "Made in Österreich" her. Ein selbständiges Vertriebspartnernetz in Europa und Nordamerika bietet vielerorts die Kompetenz von Fachhändlern.