Fernwärme aus Klärwasser in Wien : Großwärmepumpe in Simmering geht in Betrieb
Wiens Großwärmepumpen-Anlage neben der ebswien Kläranlage in Simmering ist ihrem Vollausbau einen Schritt näher: Im Februar dieses Jahres kamen die drei Großwärmepumpen – von der Wien Energie "Kolosse der Wärmewende" getauft – in Wien an, nun ist der Anlagenbau der ersten Ausbaustufe fertiggestellt. Vor eineinhalb Jahren begann die Errichtung der Anlage, jetzt startet Wien Energie mit der Inbetriebnahme des Großprojekts.
„Wien wird bis 2040 klimaneutral! Die Wärmepumpen-Anlage bei der Kläranlage ist ein großer Meilenstein auf diesem Weg. Mit unseren Wärmepumpen sind wir europaweit Vorreiter“, freut sich Wiens Bürgermeister Michael Ludwig anlässlich der Fertigstellung der Anlage.
Für die Wärmeerzeugung nutzt die Anlage das gereinigte Abwasser aus der benachbarten ebswien Kläranlage. Die Wärme im Abwasser, die bislang ungenutzt in den Donaukanal geflossen ist, sorgt so für Mehrwert. „Wir nutzen Wärme, die vorhanden ist und heizen damit klimafreundlich die Wohnungen der Wiener*innen“, umreißt Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke.
Direktleitung zwischen Donaukraftwerk und Wärmepumpen
Normalerweise fließt das Abwasser der Kläranlage nach der Reinigung in den Donaukanal. Ab sofort macht das Wasser davor noch einen Umweg in die Großwärmepumpenanlage: Dort stehen die Wärmepumpen, die mit Wärmetauschern dem gereinigten Wasser rund sechs Grad Celsius entziehen. Diese geringe Temperatur kann genutzt werden, um Wärme mit mehr als 90 Grad Celsius zu erzeugen, die in Form von heißem Wasser über das Fernwärmenetz in Wiener Wohnungen fließt.
Den Ökostrom für den Betrieb der Anlage bezieht Wien Energie direkt vom nahegelegenen Verbund-Donaukraftwerk Freudenau. Für den Betrieb der Wärmepumpe wurde eine eigene Direktleitung zwischen Kraftwerk und Anlage errichtet und beim Kraftwerk eine eigene Abzweigstelle gebaut. Von dort fließt der Strom über die rund ein Kilometer lange Leitung bis zur Wärmepumpe.
Um diese großen Wärmemengen auch im Fernwärmenetz verteilen zu können, hat Wien Energie zudem eine neue Fernwärme-Pumpstation errichtet. Am Kraftwerksstandort Simmering gibt es nun eine zweite Pumpstation, die pro Stunde bis zu 7.500 Kubikmeter Warmwasser durch das Fernwärmenetz pumpt.
Vollausbau 2027
Mit Strom aus dem nahegelegenen Donaukraftwerk Freudenau und der Abwärme aus dem Abwasser der Kläranlage kann Wien Energie die Großwärmepumpe zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien betrieben. Bei der Kläranlage wird jedoch nicht nur die Abwärme aus dem Abwasser genutzt, um nachhaltig Energie zu erzeugen. „Hier werden das Abwasser, der Klärschlamm, die Wasserkraft und die Sonnenenergie genutzt, um sauberen Strom und klimafreundliche Wärme zu gewinnen“, erklärt Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky.
Wiens Vorsatz, bis 2040 klimaneutral zu werden, hängt wesentlich vom Wärmesektor ab, verantwortet dieser doch rund 40 Prozent der CO2-Emissionen in der Bundeshauptstadt. Wien Energie stellt die Fernwärme, die heute noch zu knapp mehr als der Hälfte aus fossilen Energien erzeugt wird, dafür sukzessive auf nachhaltige Quellen um. Die Großwärmepumpe bei der Kläranlage ist ein großer Schritt bei dessen Umsetzung.
„Mit der ersten Ausbaustufe der Großwärmepumpe erhöhen wir den Anteil erneuerbarer Fernwärme auf einen Schlag um rund sieben Prozent. Im Vollausbau verdoppeln wir die Leistung und können mit der Anlage über 100.000 Wiener Haushalte mit klimaneutraler und regionaler Wärme versorgen“, betont Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung. Rund 70 Mio. Euro investiert Wien Energie laut eigenen Angaben in die erste Ausbaustufe, die nun fertiggestellt wird und in Betrieb geht. Zu den aktuell drei errichteten Wärmepumpen gesellen sich in einem nächsten Schritt bis 2027 drei weitere Anlagen. Im Vollausbau erzeugt Wien Energie an diesem Standort künftig Fernwärme mit einer Leistung von 110 Megawatt.
Eckdaten der Großwärmepumpe
- Leistung 1. Ausbaustufe: 55 MW = Fernwärme für bis zu 56.000 Haushalte
- Vollausbau bis 2027 geplant
- Leistung Vollausbau: 110 MW = Fernwärme für bis zu 112.000 Haushalte
- Jährliche CO2-Einsparung im Vollausbau: bis zu 300.000 Tonnen
- Investitionen: 70 Mio. Euro (erste Ausbaustufe)