Rohrmarkt in Österreich : Die Schrumpfung hinter der Wand
Andreas Kreutzer versorgt die Baubranche samt ihren Gewerken seit Jahrzehnten mit Zahlen, Daten und Fakten. Die Marktanalysen, die unter dem Titel „Branchenradar“ jährlich veröffentlicht werden, stoßen dabei nicht immer auf Gegenliebe oder Zustimmung in der Branche: Aber sie bieten verlässlich eine Diskussionsgrundlage für die jeweils unter die Lupe genommenen Segmente.
Heuer erlebt Branchenradar allerdings eine Sondersituation: Eine schlechte Nachricht nach der anderen über die Marktlage in den verschiedenen Produktgruppen jagt das Marktforschungsunternehmen hinaus. So auch für „Rohrsysteme für Heizung & Sanitär in Österreich 2024“: Hier ortet Kreutzer einen Rückgang der Herstellererlöse um 9,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 210 Mio. Euro.
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Andreas Kreutzer, Branchenradar
„Wir haben die Entwicklung bereits in allen Untersuchungen des Vorjahres skizziert und gewarnt, dass bei weiteren Preissteigerungen wie schon 2022 auch der Sanierungsmarkt einbrechen wird."
Trotz robuster Preiserhöhungen bei Rohren
Doch nicht nur das: Dieser Rückgang im Gesamtumsatz sei trotz „robuster Preiserhöhungen“ zu verzeichnen gewesen. Im Schnitt haben die Rohrpreise über alle Materialsegmente um zehn Prozent angezogen. Kreutzer: „Der durchschnittliche Verkaufspreis stieg bei Kupfer, Kunststoff und Metall um sieben bis acht Prozent, Verbundrohre sogar um 15 Prozent. In Anbetracht der Tatsache, dass die Materialpreise im Jahr 2023 laut Statistik Austria alles in allem um 3,3 Prozent sanken, ist das in der Tat eine robuste Preissteigerung.“
Dass das insgesamt einen Nachfragerückgang von fast 25 Prozent bedeutet, und zwar über alle Materialgruppen und Anwendungsfelder, der nur durch die erhöhten Preise teilweise auf gefangen werden konnte, lässt sich leicht ausrechnen. Der Umsatz mit Trinkwasserrohren reduzierte sich im Jahresvergleich beispielsweise gleich um 12 Prozent, mit Abwasserrohren um neun Prozent und mit Rohren für Heizungs- und Gasinstallationen um sieben Prozent.
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Dominique Otto, Branchenradar
„Wir haben die Entwicklung bereits in allen Untersuchungen des Vorjahres skizziert und gewarnt, dass bei weiteren Preissteigerungen wie schon 2022 auch der Sanierungsmarkt einbrechen wird.“
Flächenheizungen haben einen Gewinner
Eine Sondersituation gibt es für Rohre hinter der Wand lediglich bei den Flächensystemen. Zwar erlitt auch dieser Markt 2023 einen herben Rückschlag. Der Markt für Flächenheizungen schrumpfte laut aktuellem „Branchenradar Fußbodenheizungen“ in Österreich im Vorjahr um 15 Prozent. Die Herstellererlöse fielen auf 76,4 Mio. Euro zurück.
Doch hier gibt es zumindest einen Gewinner: Während Nasssysteme und elektrische Syteme deutlich verloren, ging das Wachstum bei den Trockensystemen ungebremst weiter. Hier erhöhten sich die Herstellererlöse um 11 Prozent. Das kommt für Studienautor Dominique Otto nicht unerwartet: „Wenn man im Gebäudebestand von einem fossilen Heizsystem auf ein Niedrigtemperatursystem umstellt und dabei auch von Heizkörpern auf Flächenheizung wechselt, lässt sich letzteres mit Trockensystemen einfach rascher und unkomplizierter realisieren.“ Von den Zuwächsen, die also der Wärmewende zu verdanken sind, profitierte daher nicht nur Marktführer Variotherm, sondern auch traditionelle Anbieter von Nasssystemen wie PG Austria und Multitherm.
Rohrsysteme für Heizung & Sanitär in Österreich
Quelle: Branchenradar Rohrsysteme für Heizung & Sanitär in Österreich 2024
Marktentwicklung Rohrsysteme total | zu Herstellerpreisen | ||||
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Jahr | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 |
Umsatz | in Mio. Euro | 224,2 | 232,3 | 231,5 | 210,2 |
Abweichung gegenüber VJ in % | / | 3,6 | –0,3 | –9,2 |
Sanierung von Preissteigerungen getroffen
Ein Alarmzeichen ist, dass nicht nur der Neubau schwächelt, sondern erstmals auch – mit Ausnahme der Trockensysteme bei Flächenheizungen – die Sanierung. Kreutzer überrascht das nicht: „Wir haben die Entwicklung bereits in allen Untersuchungen des Vorjahres skizziert und gewarnt, dass bei weiteren Preissteigerungen wie schon 2022 auch der Sanierungsmarkt einbrechen wird.“ Das hätten nicht alle geglaubt, aber es sei nun eingetreten. Auch für 2024 geht der Marktforscher von sinkender Nachfrage aus, Konsolidierung erwartet er erst im zweiten Halbjahr 2025. Das betrifft insbesondere auch die Rohrsysteme, bei denen zwei Drittel der Nachfrage in den Neubau gehen.
Sanitär müsste selbst Markt machen
Allerdings sieht Andreas Kreutzer bei Trinkwasser und natürlich im Bereich Heizung unausgeschöpftes Potenzial in der Sanierung: „Bei der Heizung wird die Energiewende den Austausch treiben, wenn auch voraussichtlich in Richtung Flächenheizung. Für einen verstärkten Austausch von Trinkwasserleitungen müssten die Hersteller aber schon selber sorgen“, etwa indem man die Nachfrage durch entsprechende Kampagnen ankurbelt. Trinkwasserhygiene, das Risiko von Rohrbrüchen durch alte Leitungen ... die Ansatzpunkte für Werbe und Marketingaktivitäten wären vielfältig. Kreutzer hat da aber keine allzu hohen Erwartungen: „Meiner Erfahrung nach sind die meisten Hersteller wenig werbe affin, weshalb diesbezüglich wahrscheinlich wenig passieren wird.“