Meinung : Elektrifizierung der Gebäudetechnik: Die unsichtbare Hand des Stroms
Der Wechsel von Thomas Stadlhofer von der Frauenthal-Spitze zu Rexel hat in der Branche eingeschlagen wie eine Bombe. Zu den vielen Aspekten, unter denen diese Personalie betrachtet werden kann, ließe sich noch eine weitere hinzufügen: Nämlich die der Elektrifizierung der Gebäudetechnik. Stadlhofer wechselt vom Heizungs-Großhandel zu einem Elektro-Großhändler: Das hat auch etwas Symbolisches.
Am Anfang standen Rohrleitungen
Die klassische Gebäudetechnik ist rohr-gebunden. Die ersten gebäudetechnischen Maßnahmen wurden notwendig, als das Stadtgas in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von den Gasometern weg über die Stadt verteilt werden musste. Zuerst wurde die vergaste Kohle für die Straßenbeleuchtung, später auch zum Kochen und dann zum Heizen verwendet. Wenig später folgten die Wasserleitungen, die erstmals Wasser direkt in den Wohnhäusern verfügbar machten:
Ein riesiger Hygienesprung, ein riesiger Komfortsprung, und beides wurde nur möglich, weil erstmals Menschen Rohrleitungen planen und bauen konnten. Verbunden wurde das alsbald mit den Zentralheizungen, bei denen heißes Wasser zum Heizen in jedes einzelne Zimmer gebracht wurde; darauf folgten Wasserklosetts, Duschen, Lüftungsanlagen … die Elektrizität setzte sich erst ab den 1920ern so richtig durch: Das erste, was fix von Gas auf Strom umgestellt wurde, waren die Straßenbeleuchtungen.
Überspringen wir mal 100 Jahre: 2022 haben die Wärmepumpen in Österreich erstmals Gasheizungen überholt und diese Spitzenposition auch 2023 gehalten. Es sieht nicht so aus, als würde sich diese Entwicklung noch mal umdrehen, denn im Neubau ist die Wärmepumpe gesetzt, und in der Sanierung wird sie stärker und stärker. Dazu kommen Photovoltaik und Elektromobilität, die die Elektrifizierung der Gesellschaft weiter vorantreiben und Speicherung, Steuerung und Automatisierung als Ergänzung zur Wärmepumpe zu einem aufstrebenden Geschäftsmodell machen. Die Elektrifizierung geht bei anderen wie my-PV sogar so weit, dass sie rein nur mehr auf Strom ohne weitere Zwischentechnologien setzen.
Die Zukunft bringt Stromleitungen
Strom macht derzeit weniger als 25 Prozent des gesamten Energieverbrauchs aus. Da ist viel Luft nach oben, der Weg zur „all electric society“ ist noch weit. Er wird auch nie ganz bis zum Ende gegangen werden.
Die rohrgebundene Gebäudetechnik ist unverzichtbar, schon alleine, weil sich Wasser selbst im Passivhaus so schlecht in Kupferkabeln transportieren lässt. Ob Strom der Energieträger Nr. 1 auch in der Gebäudetechnik wird, ist offen. Ich bin da auch nicht sooo sicher. Aber fix ist: Wer heute die Elektrifizierung nicht am Zettel hat, wird sich mit der Zukunftsplanung schwertun.