Tiefengeothermie Wien : Vorbereitung für Bohrbeginn in der Seestadt Aspern

Klimaschutz geht in die Tiefe: Finale Geothermie-Forschungsarbeiten in Wien.

Klimaschutz geht in die Tiefe: Finale Geothermie-Forschungsarbeiten in Wien.

- © Wien Energie / Johannes Zinner

Wien ist seiner ersten Tiefengeothermie-Anlage einen Schritt näher: Deeep, das Gemeinschaftsunternehmen der OMV und Wien Energie, hat die erforderlichen Genehmigungsverfahren abgeschlossen und startet mit der Bohrplatzeinrichtung. Wien habe ideale Voraussetzungen für die Nutzung von Tiefengeothermie, betont Peter Weinelt, Generaldirektor der Wiener Stadtwerke. Neben einem natürlichen Heißwasserreservoir unter der Stadt stellt das bestehende Fernwärmenetz die notwendige Infrastruktur zur Energieverteilung bereit.

Aktuell bereitet Deeep in Aspern den Bohrplatz für Tiefenbohrungen vor, die im kommenden Winter anlaufen sollen. Die Anlage soll künftig klimaneutrale Fernwärme für umgerechnet bis zu 20.000 Wiener Haushalte erzeugen. „Wir wollen die Tiefengeothermie nutzen, um die Wärmewende in Wien voranzutreiben und die Fernwärme bis 2040 klimaneutral zu erzeugen“, erklärt Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung.

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Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung, Alfred Stern, OMV-Vorstandsvorsitzender und Generaldirektor, Peter Weinelt, Generaldirektor Wiener Stadtwerke und Berislav Gaso, OMV Executive Vice President Energy (v.l.n.r.)
Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung, Alfred Stern, OMV-Vorstandsvorsitzender und Generaldirektor, Peter Weinelt, Generaldirektor Wiener Stadtwerke und Berislav Gaso, OMV Executive Vice President Energy (v.l.n.r.) - © deeep/Max Kropitz

In Zukunft bis zu sieben Anlagen

Die Tiefenbohrungen sind das Herzstück der Anlage in Aspern. Sie gehen über 3.000 Meter in die Tiefe, um das heiße Formationswasser dort für die Wärmeerzeugung zu nutzen. Für den Untertage-Bereich des Deeep-Projekts ist OMV verantwortlich. Diese erste Tiefengeothermie-Anlage dient zudem als Grundlage für den weiteren Ausbau der Geothermie in Wien. Insgesamt wollen OMV und Wien Energie Tiefengeothermie-Anlagen mit einer Leistung von bis zu 200 Megawatt entwickeln. Damit kann klimaneutrale Fernwärme für umgerechnet bis zu 200.000 Wiener Haushalte erzeugt werden. In Summe sollen 2040 etwa ein Viertel der Fernwärme-Gesamterzeugung mit der Tiefengeothermie abgedeckt werden.

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Die Partner planen bis zu sieben Tiefengeothermie-Anlagen in Wien im Rahmen von Bohrprogrammen umzusetzen. Bei einem solchen Bohrprogramm werden mehrere Bohrungen und Anlagenstandorte parallel geplant und errichtet. Der weitere Zeitplan für die Umsetzung sowie die Leistung dieser weiteren Anlagen ist noch von den Erkenntnissen aus der Pilotanlage in Aspern abhängig.

Gebohrt wird künftig am Rande der Seestadt Aspern. Die Bohrplatzerrichtung dauert dort knapp drei Monate. In dieser Zeit baut das Deeep-Projektteam auf dem künftigen Anlagengelände die Zufahrtswege, bereitet die notwendige Infrastruktur vor und richtet Baucontainer ein. Schlussendlich wird der Bohrturm für die Tiefenbohrungen aufgestellt. Auch ein Infocenter für Anrainer*innen und Interessent*innen entsteht vor Ort.

Inbetriebnahme 2028

Im Sommer 2025 werden nach den Tiefenbohrungen sogenannte Fördertests durchgeführt. Dabei untersucht das Projektteam das erschlossene Formationswasser hinsichtlich Temperatur, chemischer Zusammensetzung und Fördermenge. Das im östlichen Raum Wiens gespeicherte Thermalwasser weist aufgrund seiner Millionen Jahre langen Isolierung im Gestein jedenfalls eine hohe Mineralisation (z.B. Salzgehalt) auf und ist daher nicht trinkbar. Auf Basis der Erkenntnisse aus diesen Untersuchungen wird ab 2026 die sogenannte Obertage-Anlage - also der Teil der Tiefengeothermie-Anlage an der Erdoberfläche - errichtet. Für diesen Anlagenteil ist Wien Energie im Gemeinschaftsunternehmen Deeep hauptverantwortlich. Die Inbetriebnahme der Tiefengeothermie-Anlage Aspern ist für 2028 geplant.

>>> Wärmewende auf der Wartebank

Tiefengeothermie ist ein entscheidender Baustein für die Wärmewende. Die Technologie verringert die Abhängigkeit von Energieimporten und ist eine regionale Energiequelle. Sie ist außerdem 100 Prozent klimaneutral. Egal, wie kalt es draußen ist: Je tiefer es unter die Erdoberfläche geht, desto wärmer wird es. So ist das Wasser, das sich tiefer als 3.000 Meter unter der Erdoberfläche befindet, mehr als 100 °C heiß.

Dieses Heißwasservorkommen kann zur Fernwärme-Erzeugung eingesetzt werden. Die Förderung des Formationswassers aus dem Untergrund erfolgt mittels einer Förderpumpe. An der Oberfläche wird dem Wasser die Wärme mittels Wärmetauscher entzogen. Die gewonnene Wärme wird ins Fernwärmenetz eingespeist und verteilt. Das abgekühlte Wasser wird nach der Wärmeentnahme wieder in das ursprüngliche Reservoir rückgeführt. Es entsteht dadurch ein geschlossener, erneuerbarer Kreislauf.

Veranschaulichung der Bohrtiefe bei Tiefengeothermie
Veranschaulichung der Bohrtiefe bei Tiefengeothermie - © Wien Energie

Eckdaten Tiefengeothermie-Anlage Aspern

  • Anlagenstandort: Seestadt Aspern, 1220 Wien
  • Geplante Leistung: rund 20 Megawatt thermisch (inkl. Wärmepumpen von Wien Energie) = Fernwärme für umgerechnet bis zu 20.000 Wiener Haushalte
  • Geplanter Bohrbeginn: Winter 2024/2025
  • Geplante Inbetriebnahme: 2028
  • Geplantes Investitionsvolumen: rund 90 Millionen Euro, das Projekt wird vom Klimaschutzministerium gefördert