Erneuerbare Energiegemeinschaften : Wie groß ist der Beitrag von EEGs zur Energiewende?

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Energiegemeinschaften erlauben es Bürger*innen, direkt an der Energiewende teilzuhaben – noch ist der Effekt jedoch klein und finanziell von der Allgemeinheit mitgetragen.

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269 regionale und 127 lokale Erneuerbare Energiegemeinschaften gab es im Sommer 2023 nach Informationen der E-Control in Österreich. Wenn auch in absoluten Zahlen auf einem niedrigen Niveau, ist das Wachstum im Vergleich zu Ende 2022 beträchtlich: Die regionalen EEGs haben sich innerhalb eines halben Jahres mehr als versiebenfacht, die lokalen EEGs fast vervierfacht. „Netzbetreiber begrüßen die positive Entwicklung von Energiegemeinschaften, da insbesondere der lokale Verbrauch von Erneuerbarer Energie bei entsprechender Verfügbarkeit zu einem Umdenken der Verbraucher führen kann. Gleichzeitig führen Energiegemeinschaften derzeit noch nicht zu einer spürbaren Netzentlastung“, heißt es weiter in der Analyse der E-Control.

Zu einem ähnlichen Fazit kommt ein Positionspapier von e7, Forschungseinrichtung und Ingenieurbüro, das einen durchaus kritischen Blick auf das Konzept Energiegemeinschaft wirft. Drei zentrale Verbesserungsvorschläge sind es schlussendlich, die das Konsortium an die Zusammenschlüsse mehrerer Teilnehmer zur gemeinsamen Produktion und Verwertung von Strom, hat, damit diese neben ihrem Nutzen für einige wenige auch dem Gesamtsystem dienen.

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Ich sehe derzeit keinen volkswirtschaftlichen Beitrag von Energiegemeinschaften zur Energiewende.
Georg Benke, e7

1. Förderung von Netzflexibilität

„Wir sehen derzeit nicht, dass die Energiegemeinschaften in ihrer Struktur oder in ihrer Aufsetzung einen Beitrag zur Netzsicherheit und Netzstabilität leisten“, kritisiert Georg Benke, Leiter des Bereichs Energiewirtschaft bei e7. Der Gewinn bei den Verbraucher*innen und Produzent*innen in den EEGs entsteht einer einerseits durch reduzierte Netzentgelte sowie den Entfall des Erneuerbaren-Förderbeitrags und der Elektrizitätsabgabe, aber auch durch den höheren Verkauf bzw. den billigen Einkauf von Überschuss-PV Strom.

Es sei daher nicht nachvollziehbar, wie sie in der derzeitigen Struktur die Netze entlasten: Zu Zeiten, an denen kein PV-Strom erzeugt wird, bleibt die maximal bezogene Leistung gleich, für die das lokale Netz ausgelegt sein muss. „In dieser Hinsicht entlasten Energiegemeinschaften, so wie es derzeit aufgesetzt ist, in keinster Weise die Netze“, führt Benke aus. Um die Netzdienlichkeit von EEGs zu fördern, werden im Positionspapier etwa netztarifliche Anreize wie Spitzenlasttarife auf der Ebene der EEG vorgeschlagen.

Georg Benke, Leiter des Bereichs Energiewirtschaft bei e7
Georg Benke, Leiter des Bereichs Energiewirtschaft bei e7 - © e7
Das Netz ist wieder eine ganz eigene Baustelle, die eigentlich von den allermeisten Energiegemeinschaften überhaupt nicht adressiert wird.
Guntram Preßmair, e7

Der aktuelle EEG-Aufbau schafft wenig Anreiz, ihre Energieflexibilität zu steigern, was sich auch im Fehlen technischer Lösungen zur Steuerung der Leistungsnachfrage auf Energiegemeinschafts-Ebene niederschlägt: Für die Teilnahme an einer Energiegemeinschaft braucht es zuallererst einen Smart-Meter. Dessen Daten werden nachts von den jeweiligen Netzbetreibern ausgelesen und den berechtigten Verwaltern der Gemeinschaft zur Verfügung gestellt. Die Daten sind somit meist am Folgetag verfügbar und als 15-Minuten Durchschnittswerte formatiert – eine Optimierung der Energieströme ist damit quasi nur im Nachhinein möglich.

Für Echtzeitdaten gibt es eine eigene Kundenschnittstelle bei den Smart Metern, die nicht auf die Powerline-Communication der Netzbetreiber setzt. Nach verschiedenen Einzellösungen von Herstellern für die Infrarot-Schnittstellen gewisser Netzbetreiber, hat Oesterreichs Energie als Verband der österreichischen Elektrizitätswirtschaft einen Adapter für alle Smart Meter in Österreich entwickelt, der über WLAN kommuniziert.

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„In diese standardisierte Schnittstelle ist noch nicht wirklich in Schwung gekommen. Laut letztem Stand von Oesterreichs Energie waren es vier Lizenznehmer. Das Gerät findet man jetzt noch nicht von der Stange“, weiß Guntram Preßmair, Consultant bei e7 und Studienverantwortlicher des Positionspapiers. Echtzeitkommunikation bleibt damit im Moment eine Sache einzelner, interessierter Konsument*innen, wäre jedoch eine Voraussetzung für netzdienliches Verhalten und Eigenverbrauchsoptimierung.
Guntram Preßmair, Consultant bei e7 und Studienverantwortlicher des Positionspapiers
Guntram Preßmair, Consultant bei e7 und Studienverantwortlicher des Positionspapiers - © e7

2. Mehr Akzeptanz für die Energiewende

Nun sind Energiegemeinschaften natürlich nicht (nur) dafür da, das Stromnetz zu entlasten, sondern die Bevölkerung in die Energiewende einzubinden und ein Bewusstsein für das Energiesystem bei Konsumenten zu schaffen. Finanzielle Anreize wie verringerte Netzentgelte eigenen sich dafür gut. Dadurch entstehe ein Mitnahmeeffekt, aber noch kein Steuerungs-Effekt, so Benke. „Die Energiegemeinschaft an sich wird jetzt wahrscheinlich nicht der Hebel sein, der die Energiewende völlig umkrempelt“, stimmt Preßmair zu. Dennoch: „Sie ist das erste Instrument, das die Nutzer und die Bürger einbindet und Möglichkeiten gibt, da selbst aktiv zu werden.“ Zwar sei der Effekt an Gigawattstunden gemessen ein kleiner, aber es werde ein Anreiz geschaffen, sich selbst mit dem Thema Energieflexibilität auseinanderzusetzen.

Die Vergünstigungen für Energiegemeinschaften werden aktuell vom Netzbenutzerkollektiv getragen, die dadurch entstehenden Erlösdifferenzen bewegten sich 2023 mit 110.000 Euro (die gesamten Netzentgelte lagen im selben Jahr bei 2,5 Mrd. Euro) noch im Promille-Bereich. Bei der E-Control geht man davon aus, dass in den kommenden Jahren mehr Energiegemeinschaften gebildet werden und der zu sozialisierende Betrag damit ansteigen wird.

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3. Anreiz für gemeinsame Investitionen

Um sowohl Mehrwert für die Stromnetze als auch für die Teilnehmer einer Energiegemeinschaft zu bieten, sollten Anreize für gemeinsame Investitionen innerhalb einer EEG geschaffen werden, ist man sich im Konsortium einig. Darunter fallen in erster Linie Ökostromanlagen oder Batteriespeichersysteme.

„Aktuell gibt es nicht wirklich einen Anreiz, gemeinschaftlich zu investieren. Wir haben eine sehr gute Förderlandschaft, aber bei größeren Anlagen wird eher niedriger gefördert. Gerade da wäre es aber spannend, wenn es ein plausibles Konzept gibt, wie man die in eine Energiegemeinschaft einbindet und einen Eigenverbrauch auf Gemeinschaftsebene schafft und das an die Förderung bindet“, führt Preßmair aus. Solange Netzgebühren für das Ein- und Ausspeichern anfallen, seien Batterien als effiziente Gemeinschaftsspeicher in Energiegemeinschaften außerdem unrentabel, das Konsortium setzt sich daher für ein Ende der doppelten Netzgebühr ein.

>>> Hier geht’s zum Positionspapier

>>> Im Rahmen des Reportageformats reNEWSable gibt TGA einen Überblick über Energiegemeinschaften: