Digitalisierung im Facility Management – Teil 2 : BIM und Steuerungen steigern die Energieeffizienz
Inhalt
- Problem 1: Einfluss des Nutzerverhaltens nicht ausreichend erfasst
- Problem 2: Fehlende Workflows in BIM
- BIM und Steuerungen: Konfiguration und Programmierung
- Transparenz als Wegbereiter gewerkeübergreifender Planung
- Digitale Zwillinge und ihre Rolle für Post-Occupancy Evaluation
- Nachträgliche Systemverbesserungen: Berücksichtigung Belegungsverhalten
- Die Rolle von Machine-Learning
- Schlussfolgerung: Erweiterte Inbetriebnahme über gesamte Lebensdauer

Der Energiebedarf und die Performanz gebäudetechnischer Systeme werden maßgeblich durch reale Belegungsraten beeinflusst. Reale Anwesenheiten unterscheiden sich häufig von den Planungsannahmen, die sich auf standardisierte Belegungsmodelle stützen. Dies kann in einem ineffizienten Anlagenbetrieb resultieren. Um im Nachgang reale Belegungsraten zu berücksichtigen, bedarf es umfangreicher Datenerhebungen für Erfolgskontrollen und die Option zur Steuerungsadaptionen.
Diese Werkzeuge zur Optimierung des Gebäudebetriebs fehlen jedoch oft dem Facility Management (FM). Die vorgestellte Lösung integriert daher Steuerungsinformationen in Building Information Modeling (BIM) und ermöglicht dem FM einen bidirektionalen Datenaustausch zwischen dem realen und virtuellen Gebäude über eine Middleware-Architektur. Die Integration von Betriebsdaten ins virtuelle Gebäudemodell ermöglicht den Aufbau eines digitalen Zwillings, welcher Grundlage vollumfänglicher Betriebsevaluierungen und kontinuierlicher Verbesserungen sein kann. Dies eröffnet Vorteile an Energieeffizienz, Nutzerkomfort und verbesserter Planungsqualität.
>>> Aufbauend auf den Ergebnissen der Marktbefragung - Digitalisierung im Facility Management: Eine Marktbefragung zu BIM, CAFM und Steuerungen - und den daraus identifizierten Problemstellungen werden nachfolgend Lösungsansätze für Planung und Gebäudebetrieb vorgestellt.
Problem 1: Einfluss des Nutzerverhaltens nicht ausreichend erfasst
Das Belegungsverhalten stellt eine zentrale Einflussgröße auf den Energiebedarf sowie die Wirksamkeit gebäudetechnischer Systeme dar[1], [2]. In der Konzeptionierung eingesetzte standardisierte Belegungsmodelle, bspw. nach SIA[3], bilden individuelle Nutzungsdynamiken häufig nur unzureichend ab, was zu Abweichungen von angestrebten Key Performance Indikatoren (KPIs) wie Energieeffizienz oder gesundheitlich wirksamer Lichtdosen führen kann. Abweichungen treten insbesondere dann auf, wenn es sich um ein besonders dynamisches Belegungsverhalten handelt, bspw. in Folge von Gleitzeit- und Home-Office-Regelungen sowie hohen Besprechungsanteilen[4]. Zur Reduktion solcher Energy Performance Gaps (EPG) sind adaptive Steuerstrategien erforderlich, die Nutzerindividualitäten berücksichtigen. Post-Occupancy Evaluations (POE) dienen dabei der Identifikation relevanter Verhaltensmuster[5].
Trotz der hohen Relevanz von Erfolgskontrollen und nachträglichen Steuerungsadaptionen an reale Nutzungsmuster erfolgen diese nur selten. Resultierend aus einer umfangreichen Marktumfrage zu BIM und Steuerungen zeigt sich, dass häufig geeignete Daten zur Analyse fehlen[6]. Informationen beschränken sich überwiegend auf aggregierte Energieverbrauchswerte auf Gebäudeebene. Nutzerbezogene Parameter wie das energetische Belegungsverhalten werden selten berücksichtigt. Die geringe Datenauflösung und fehlende Echtzeitdaten erschweren Post-Occupancy Evaluations (POE).
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Die Umfrage zeigt zudem auf, dass das Facility Management (FM) kaum Einflussmöglichkeiten auf nachträgliche Steuerungsanpassungen hat, obwohl das Bedürfnis dazu seitens des FM besteht. Herausforderungen können insbesondere an unzureichenden Schnittstellen und Limitierungen durch eine Vielzahl proprietärer Systeme und Entwicklungsumgebungen festgemacht werden, die vom FM nur schwer vollumfänglich abgedeckt werden können. Fehlende Interoperabilität und mangelnde Transparenz in Gewährleistungsaspekten gelten auch als Einschränkung für gewerkeübergreifende Planungen und Systeme.
Darüber hinaus zeigt sich, dass Fachplaner*innen zwar zentrale Entscheidungen zu Sensorik und Steuerung treffen, jedoch nach der Inbetriebnahme kaum noch in Prozessen einbezogen sind[6]. Demnach bestehen auch für die Planung kaum Kontrollmechanismen, umgesetzte Projekte zu evaluieren und deren Effektivität in künftigen Planungen zu berücksichtigen. Als potenzielle Lösungsansätze lassen sich kollaborative und transparente Verfahren zur Steuerungsadaption sowie zur nachträglichen energetischen Systemverbesserung identifizieren.
In Kombination mit BIM kann ein digitaler Zwilling entstehen, der durch bidirektionalen Datenfluss, effizientes Monitoring, POE und kontinuierliche Systemanpassungen an reale Belegungsmuster ermöglicht.
Problem 2: Fehlende Workflows in BIM
Methoden des Computer-Aided Facility Managements (CAFM) unterstützen das FM bei der Sicherstellung eines Anlagenbetriebs unter gesetzten KPIs sowie in den Bereichen Wartung und Instandhaltung. Für den Einsatz von CAFM bestehen vorwiegend administrative Daten und weniger Belegungsdaten und Gebäudeinformationen, die für vollumfängliche energetische Evaluierungen des Gebäudebetriebs notwendig wären[6]. CAFM-Anwendungen sind zudem oft durch manuelle Dateneingaben limitiert, wodurch wichtige Steuerungs- und Betriebsdaten unvollständig bleiben[7], [8].
Building Information Modeling (BIM) dient als zentrale Informationsplattform für geometrische, technische und funktionale Daten. Bisher liegt der primäre Einsatz von BIM in der Planungsphase. Jedoch wird zunehmend auch das Potential für den Gebäudebetrieb erkannt[7]. BIM kann eine Grundlage für das FM bieten und so Zugriff auf relevante Gebäudeinformationen für Instandhaltung und POEs ermöglichen. Darüber hinaus kann es eine transparente Zuordnung von Funktionen und Verantwortlichkeiten bereitstellen, wodurch Kommunikationsfehler reduziert und Entscheidungsprozesse nachvollziehbar werden. Eine Integration von Steuerungsinformationen in BIM kann daher die Chance bieten, diese über Lebenszyklusphasen hinweg nachverfolgbar zu machen.
>>> Projekt „buildingTwin“: Vom Gebäudemodell zum digitalen Zwilling
Die Steuerung fungiert im Gebäudebetrieb zudem als zentrale Informationsplattform zum aktuellen Betriebszustand. Sensorinformationen und Zustandsinformationen der Aktorik laufen in der Steuerung zusammen. Gekoppelt mit Gebäudeinformationen, können so vollumfängliche Evaluierungen des Betriebs hinsichtlich der KPIs erfolgen. In Kombination mit BIM kann so ein digitaler Zwilling entstehen, der durch bidirektionalen Datenfluss, effizientes Monitoring, POE und kontinuierliche Systemanpassungen an reale Belegungsmuster ermöglicht[9]. Voraussetzung dafür ist die Rückführung betriebsrelevanter Daten ins Modell sowie die Integration heterogener Datenquellen bei gleichzeitig hoher Datenkonsistenz und Interoperabilität.
Abbildung 1: Darstellung eines Büroraumes der Universität Innsbruck, welcher in Revit nachmodelliert wurde (a). Die blauen Linien symbolisieren die Verbindungen von Sensoren und Aktoren zur Steu-erung. Über das Revit-Add-in kann ein automatischer Export der Steuerungstopologie erfolgen – mit relevanten Informationen für die Installation (b).
- © Universität InnsbruckBIM und Steuerungen: Konfiguration und Programmierung
Um die Transparenz bei der Planung von Steuerungssystemen zu erhöhen, wurde eine BIM-basierte Werkzeugumgebung zur Vorkonfiguration von Steuerungssystemen für die Gewerke Tages- und Kunstlicht entwickelt. Eine generische Systemarchitektur erlaubt eine Erweiterung um andere Gewerke. Mittels graphisch-textueller Domain-Specific Modelling Language (DSML) können plattformunabhängig Steuerungskomponenten wie Sensoren, Aktoren und Regler im Modell abgebildet, platziert und vernetzt werden (exemplarisch umgesetzt in Revit).
Auf diese Weise lassen sich schnell komplexe hierarchische Steuerungsstrukturen erstellen. Die resultierenden Steuerungstopologien können automatisch als Schema exportiert werden, was für ausführende Unternehmen Grundlage für die Elektroinstallation sein kann (siehe Abbildung 1). Zusätzlich können Steuerungslogiken über eine einfach zu bedienende Benutzeroberfläche und losgelöst von herstellerspezifischen proprietären Entwicklungsumgebungen programmiert werden. Das geschaffene Revit-Add-in unterstützt den Datenimport und -export und minimiert so Planungsfehler. Über das IFC-Format wird ein standardisierter Datenaustausch sichergestellt[10], [11].
>>> Digitalisierung im Facility Management: Ohne Geschäftsmodell ist es Digi-Washing
Über Modell-2-Modell-Transformationen wird aus dem BIM-Modell ein Konfigurationsmodell generiert, welches die Grundlage für eine Middleware bildet. Dabei werden die im BIM-Modell enthaltenen Metadaten zu Sensoren und Aktoren automatisch extrahiert, um die Middleware entsprechend zu konfigurieren. Die Middleware agiert als bidirektionale Kommunikationsschnittstelle zwischen dem Digitalen Zwilling und dem realen Gebäude (siehe Abbildung 2)[10], [11].

Transparenz als Wegbereiter gewerkeübergreifender Planung
Die Zusammenführung verschiedener Gewerke im integralen Kontext wird durch proprietäre Systemvielfalt und fehlende Kompatibilität sowie unzureichende Transparenz von Verantwortlichkeiten erschwert, wodurch Potenziale für Energieeffizienz und Nutzerkomfort meist ungenutzt bleiben[12]. Auch wenn unabhängig voneinander agierende Einzelsysteme durch gute Planung und robusten Betrieb vergleichbar gut hinsichtlich gesetzter KPIs performen können, erleichtert die Zusammenführung im integralen Kontext die Berücksichtigung von Effizienzpotenzialen aufgrund von Wechselwirkungen zwischen den Gewerken. Zudem kann dies den Einsatz von Sensoren durch Informationsaustausch zwischen den Einzelsystemen reduzieren. Abbildung 3 zeigt exemplarisch die Entwicklung zum Gewerke-übergreifenden System.
Offene Standards und offene Hardwarekonzepte können den Einschränkungen integraler Systemlösungen entgegenwirken. Die entwickelte Systemarchitektur (vgl. BIM und Steuerungen: Konfiguration und Programmierung) ermöglicht durch standardisierte Protokolle wie MQTT und REST/HTTP eine herstellerunabhängige Integration unterschiedlichster Steuerungskomponenten[10], [11]. Die Überführung des Gewerkes Steuerung in BIM schafft Transparenz für integrale Konzepte und deren praktische Umsetzung.
Damit werden bisherige Barrieren für die Planung und den Betrieb integraler Steuerungen abgebaut. Die geschaffene Systemarchitektur ermöglicht sowohl gewerkspezifische Bedienung als auch übergreifende Koordination durch zentrale Steuerungslogiken. Dies erfolgt unter Beibehaltung herstellerspezifischer Sicherheitsprogramme. Damit wird dem wachsenden Interesse des Marktes an ganzheitlicher Planung und Steuerung Rechnung getragen(vgl. [6]). Werden FM-Spezialist*innen bereits in der frühen Planungsphase einbezogen, so können betriebsrelevante Spezifika von vorneherein berücksichtigt werden.
Die Überführung des Gewerkes Steuerung in BIM schafft Transparenz für integrale Konzepte und deren praktische Umsetzung.
Digitale Zwillinge und ihre Rolle für Post-Occupancy Evaluation
Digitale Zwillinge als virtuelle Abbilder physischer Systeme erlauben es, durch Werkzeuge der Echtzeitüberwachung deren Leistung zu simulieren, zu bewerten und diese dadurch dynamisch weiterzuentwickeln[13]. Ihre Qualität hängt stark von der Verfügbarkeit integrierter Betriebsdaten ab. Die Kombination von BIM und Steuerung bildet eine fundierte Basis für die Transformation zum digitalen Zwilling, da die Steuerung relevante Betriebsdaten zusammenführt. Die vorgestellte Systemarchitektur ermöglicht durch automatisierte Datenanreicherung die Integration dieser Informationen in das Modell und unterstützt so FM-Dienste wie Wartung und Überwachung[11]. Die Rückführung von Betriebsdaten ins Modell ermöglicht automatisierte Steuerungsanpassungen und kann dadurch beitragen, Phasen eines ineffizienten Anlagenbetriebs zu reduzieren.
Ein umfassendes Datenmonitoring erleichtert die Durchführung von POE. Im FM fehlen jedoch häufig relevante Gebäudeinformationen, um Steuerungen vor einem bauphysikalischen Bezug fundiert bewerten zu können. Die Zusammenführung der Betriebsdaten und gebäuderelevanten Parametern aus BIM im digitalen Zwilling, ermöglicht eine ganzheitliche Bewertung und eröffnet Potenziale zur Steigerung der Energieeffizienz und des Nutzerkomforts. Die entwickelte Middleware-Architektur erlaubt die automatisierte Ausgabe der abgeleiteten Steuerungsanpassungen (vgl. BIM und Steuerungen: Konfiguration und Programmierung), wodurch eine kontinuierliche Systemoptimierung realisierbar wird.
Nachträgliche Systemverbesserungen: Berücksichtigung Belegungsverhalten
Auch wenn BIM-basierte digitale Zwillinge die Möglichkeit eröffnen, vollumfängliche Evaluierungen des Gebäudebetriebs durchzuführen und Verbesserungsmaßnahmen abzuleiten, können bereits einfache Methoden basierend auf wenigen Daten erhebliche Energieeinsparungen ermöglichen. Passiv-Infrarot-Sensoren werden aufgrund ihrer einfachen Installation und geringen Kosten häufig zur Steuerung der Beleuchtung und auch Lüftung in Abhängigkeit der Anwesenheit herangezogen[14]. Um mit der Sensorik verbundene Fehlschaltungen in Folge ruhender Tätigkeiten zu vermeiden, sind Nachlaufzeiten erforderlich. Industriestandards empfehlen hierfür je nach Raumtyp 10 bis 20 Minuten[15]. Diese vernachlässigen jedoch individuelle Belegungsraten, was unter Umständen zu Betriebszeiten des Kunstlichts ohne Anwesenheit führen kann.
Eine Berücksichtigung der individuellen Belegungsraten bieten ein Ansatzpunkt für weitere Einsparpotentiale. Auf Grundlage realer Belegungsdaten am Arbeitsplatz können die kumulativen Wahrscheinlichkeiten der Mindestabwesenheitsdauern pro separat steuerbarer Beleuchtungszone berechnet werden. Über die resultierenden Verteilungen können die Inaktivitätsdauer ermittelt werden, bei der eine Rückkehr der Nutzer*innen in die jeweilige Beleuchtungszone unwahrscheinlicher ist, als eine bleibende Abwesenheit, d.h. einer kumulativen Wahrscheinlichkeit der Mindestabwesenheitsdauer kleiner 50 Prozent (Abbildung 4). Eine exemplarische Umsetzung in einem Großraumbüro der Bartenbach GmbH mit neun steuerbaren Beleuchtungszonen führte zu Einsparungen des Kunstlichtenergiebedarfs von rund 17 Prozent[16].
In Mehrpersonenbüros mit zonierten Beleuchtungskonzept werden einzelne Beleuchtungszonen ineffizient genutzt, wenn die Personen, die einer Zone zugewiesen sind, in energetisch relevanten Tageszeiten sehr unterschiedlich Belegungsprofile aufweisen. Demnach gilt es Personen mit möglichst ähnlichem Belegungsmustern durch geeignete Kombination in einer Beleuchtungszone zusammenzuführen, um ein energetisches Optimum zu finden.
>>> Lampenverbot: Mit Lichttechnik zur Energiewende?
Grundlage sind dabei nutzerbezogene Kunstlichtenergieprofile, abgeleitet aus den individuellen Belegungsraten und der notwendigen Kunstlichtergänzungen zur Sicherstellung normativer Anforderungen. Da sich bei mehreren Personen eine kombinatorische Problemstellung ergibt, die nicht mehr in realistischer Rechenzeit lösbar ist, eignen sich Optimierungsalgorithmen aus der Graphentheorie (exemplarisch umgesetzt in Kombination Hungarian- und Blossom-Algorithmus). Basierend auf Realdaten und der Optimierungsalgorithmik zur Ableitung einer energetisch optimierten Nutzerverteilung im Raum konnten für ein Großraumbüro der Bartenbach GmbH rund 30 Prozent Energieeinsparungen gegenüber der Initialverteilung erzielt werden[17]. Um die Umsetzung dieser Maßnahmen zu erleichtern, könnten diese im digitalen Zwilling integriert werden und dem FM automatisiert Empfehlungen, samt erzielbarer Verbesserungen ausspielen.
Die Rolle von Machine-Learning
Da das energetisch relevante Nutzerverhalten von arbeitsspezifischen Abläufen und Arbeitszeitregelungen bestimmt wird und diese einer saisonalen Variabilität unterliegen können, beeinflusst dies auch die Gültigkeitsdauer von umgesetzten Optimierungsmaßnahmen. Diese Dynamik wurde anhand einer Langzeitstudie in einem Großraumbüro der Bartenbach GmbH untersucht. Abbildung 5 verdeutlicht in diesem Zusammenhang die Variabilität optimierter Nachlaufzeiten. Die notwendige Segmentierung der Arbeitsplatzbelegungszeiten in geeignete zusammenhängende Zeitreihen mit ähnlichen Mustern wurde über die Hamming-Distanz abgeleitet(Details in [18]). Regelmäßige Anpassungen an veränderte Belegungsmuster können erforderlich sein.
Manuelle Anpassungen erfolgen in der Regel retrospektiv und sind mit hohem Aufwand verbunden. Da sich die Methodik zur Berücksichtigung des individuellen Belegungsverhaltens nicht ändert, kann der repetitive Prozess automatisiert werden. Daher wurde untersucht, inwieweit sich maschinelles Lernen (ML) zur prädiktiven Bestimmung von optimierten Abschaltzeiten eignet. Dazu wurden verschiedene ML-Modelle auf Basis historischer Daten verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass diese Ansätze eine ausreichende Prognosegüte aufweisen. Besonders gut schnitt die K-Nearest-Neighbor-Regression hinsichtlich der erzielbaren Energieeinsparungen bei gleichzeitiger Vermeidung hoher False-Positive-Raten und geringem Rechenaufwand ab. Die besten Modelle erreichten im Mittel ein Bestimmtheitsmaß (R²) von 0,77±0,03, was auf eine gute Erklärungsgüte der Zielgröße durch die verwendeten Prädiktoren hinweist[18].
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Aber nicht nur für die Anwendung im Betrieb ergeben sich Vorteile für das FM, auch für die Planung ist der digitale Zwilling auf Basis von Betriebsdaten ein wichtiges Instrument, um Erfolgskontrollen durchzuführen und die gewonnenen Erkenntnisse in zukünftige Planungen einfließen zu lassen. Bestandsdaten zur Belegung und zum Energieverbrauch können in Kombination mit ML genutzt werden, um präzise Prognosen von Nutzeranwesenheiten zu erhalten und damit das Risiko von Energy-Performance Gaps und damit Phasen ineffizienten Anlagenbetriebs zu reduzieren.
In diesem Zusammenhang wurde ein optimiertes Belegungsmodell mittels Support Vector Regression (SVR) mit einem Radial Basis Function Kernel bestimmt. Grundlage war ein kombinierter Datensatz aus PIR-Sensoren, Stempelzeiten und Out-look-Kalenderdaten aus einem Großraumbüro der Bartenbach GmbH (Juli-November 2021). Das Modell wurde mit Grid Search optimiert und auf Anwesenheitswahrscheinlichkeiten trainiert. Es erreichte ein R² von 67,38 Prozent und einen mittleren Fehler von 5,01 Prozent. Damit übertrifft es bestehende Modelle deutlich und bildet eine fundierte Grundlage für die nutzerbezogene Planung des Kunstlicht-Energiebedarfs(Details in [19]).
Die Zusammenführung von relevanten Gebäudeinformationen über BIM und realen Betriebsdaten erlaubt vollumfängliche Evaluierungen, gewerkeübergreifende Steuerungen und Eingriffsmöglichkeiten durch das FM-Personal.
Schlussfolgerung: Erweiterte Inbetriebnahme über gesamte Lebensdauer
In frühen Planungsphasen fehlen oft nutzerbezogene Informationen, was zu ineffizientem Betrieb und Energy Performance Gaps führen kann. Erfolgskontrollen und daraus resultierende Phasen erweiterter Inbetriebnahmen samt Steuerungsadaptionen zur Berücksichtigung realer Belegungsmuster erweisen sich daher als entscheidend, um lichttechnische Leistungsindikatoren langfristig zu sichern. Um dies sicherzustellen, nutzt der vorgestellte Ansatz eine Abbildung von Steuerungen in BIM mit Add-in und DSML zur Systemvorkonfiguration und eine Middleware zur bidirektionalen Kommunikation zwischen physischem System und BIM-basiertem digitalen Zwilling. Auf diese Weise stellt die Middleware Daten für Monitoring- und Analysewerkzeuge bereit. Die Zusammenführung von relevanten Gebäudeinformationen über BIM und realen Betriebsdaten erlaubt vollumfängliche Evaluierungen, gewerkeübergreifende Steuerungen und Eingriffsmöglichkeiten durch das FM-Personal.
Auch unabhängig vom digitalen Zwilling können über geeignete Datenerhebungen und Post-Occupancy Evaluation Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet werden, die hohe Energieeinsparungen erzielen können. Repetitive Prozesse eignen sich dabei am besten, weitgehend automatisiert zu werden. So können z.B. Optimierungen der Nachlaufzeit im digitalen Zwilling integriert werden, was eine Berücksichtigung zeitlicher Änderungen der Belegungsmuster abfängt.
Ein automatisiertes Konfigurationsmanagement verbessert dabei Stabilität, Skalierbarkeit und Fehlerresistenz. Durch abstrakte Modellierung von Steuerungskomponenten ist das System flexibel erweiterbar und auf andere Gewerke übertragbar. Dynamisch adaptierbare Steuerungen, gekoppelt mit Belegungs- und Verbrauchsdaten, sind entscheidend, um ungenaue Planungsannahmen im Nachgang zu korrigieren bzw. zu aktualisieren. Steuerungsänderungen können über die Middleware automatisiert auf das physische Steuersystem übertragen werden, was bauseitige Aufwände reduziert und kontinuierliche Verbesserungen erleichtert. Die erweiterte Inbetriebnahme, welche üblicherweise auf ein bis zwei Jahre begrenzt bleibt, kann künftig so auf die gesamte Lebensdauer ausgedehnt werden. So werden völlig neue Möglichkeiten für das FM, die verbesserte Gebäudeenergieeffizienz und den Nutzerkomfort eröffnet.
Über die Forschungsarbeit
Die vorgestellten Studienergebnisse wurden von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) im Rahmen mehrerer Rahmenprogramme und Forschungsprojekte mitfinanziert.
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Literatur
Literaturverzeichnis mit einem Klick auf "Mehr Infos anzeigen" ausklappen:
[1] D. Calì, T. Osterhage, R. Streblow, und D. Müller, „Energy performance gap in refurbished German dwellings: Lesson learned from a field test“, Energy and Buildings, Bd. 127, S. 1146–1158, Sep. 2016, doi: 10.1016/j.enbuild.2016.05.020.
[2] H. Yoshino, T. Hong, und N. Nord, „IEA EBC annex 53: Total energy use in buildings—Analysis and evaluation methods“, Energy and Buildings, Bd. 152, S. 124–136, Okt. 2017, doi: 10.1016/j.enbuild.2017.07.038.
[3] Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein - sia, „Standard-Nutzungsbedingungen für die Energie- und Gebäudetechnik“. sia, 2006.
[4] S. Hammes, M. Hauer, D. Geisler-Moroder, J. Weninger, R. Pfluger, und W. Pohl, „The impact of occupancy patterns on artificial light energy demand - simulation and post-occupancy-evaluation“, gehalten auf der 2021 Building Simulation Conference, Sep. 2021. doi: 10.26868/25222708.2021.30508.
[5] C. M. Zimring und J. E. Reizenstein, „Post-Occupancy Evaluation: An Overview“, Environment and Behavior, Bd. 12, Nr. 4, S. 429–450, Dez. 1980, doi: 10.1177/0013916580124002.
[6] S. Hammes, D. Geisler-Moroder, J. Weninger, P. Zech, und R. Pfluger, „Market demands vs. scientific realities: A comparative analysis in the context of BIM-based and user-centred lighting control“, Developments in the Built Environment, Bd. 19, S. 100526, Okt. 2024, doi: 10.1016/j.dibe.2024.100526.
[7] A. Golabchi, M. Akula, und V. Kamat, „Automated building information modeling for fault detection and diagnostics in commercial HVAC systems“, F, Bd. 34, Nr. 3/4, S. 233–246, März 2016, doi: 10.1108/F-06-2014-0050.
[8] V. Villa, B. Naticchia, G. Bruno, K. Aliev, P. Piantanida, und D. Antonelli, „IoT Open-Source Architecture for the Maintenance of Building Facilities“, Applied Sciences, Bd. 11, Nr. 12, S. 5374, Juni 2021, doi: 10.3390/app11125374.
[9] S. Yoon, J. Lee, J. Li, und P. Wang, „Virtual in-situ modeling between digital twin and BIM for advanced building operations and maintenance“, Automation in Construction, Bd. 168, S. 105823, Dez. 2024, doi: 10.1016/j.autcon.2024.105823.
[10] P. Zech, E. Goldin, S. Hammes, D.-G. Moroder, R. Pfluger, und R. Breu, „Model-Based Auto-Commissioning of Building Control Systems“:, in Proceedings of the 26th International Conference on Enterprise Information Systems, Angers, France: SCITEPRESS - Science and Technology Publications, 2024, S. 121–128. doi: 10.5220/0012554000003690.
[11] P. Zech, S. Hammes, E. Goldin, D. Geisler-Moroder, R. Breu, und R. Pfluger, „From BIM to Digital Twin: A transformation process through advanced control modeling and automated commissioning using daylight and artificial lighting as examples“, Energy and Buildings, Bd. 329, S. 115184, Dez. 2024, doi: 10.1016/j.enbuild.2024.115184.
[12] E. Shen, J. Hu, und M. Patel, „Energy and visual comfort analysis of lighting and daylight control strategies“, Building and Environment, Bd. 78, S. 155–170, Aug. 2014, doi: 10.1016/j.buildenv.2014.04.028.
[13] H. H. Hosamo, P. R. Svennevig, K. Svidt, D. Han, und H. K. Nielsen, „A Digital Twin predictive maintenance framework of air handling units based on automatic fault detection and diagnostics“, Energy and Buildings, Bd. 261, S. 111988, Apr. 2022, doi: 10.1016/j.enbuild.2022.111988.
[14] X. Guo, D. Tiller, G. Henze, und C. Waters, „The performance of occupancy-based lighting control systems: A review“, Lighting Research & Technology, Bd. 42, Nr. 4, S. 415–431, Dez. 2010, doi: 10.1177/1477153510376225.
[15] V. Garg und N. K. Bansal, „Smart occupancy sensors to reduce energy consumption“, Energy and Buildings, Bd. 32, Nr. 1, S. 81–87, Juni 2000, doi: 10.1016/S0378-7788(99)00040-7.
[16] S. Hammes, J. Weninger, D. Geisler‐Moroder, R. Pfluger, und W. Pohl, „Reduzierung des Kunstlichteinsatzes durch Anpassung der Nachlaufzeit an individuelle Anwesenheitsmuster“, Bauphysik, Bd. 43, Nr. 1, S. 50–64, Feb. 2021, doi: 10.1002/bapi.202000039.
[17] S. Hammes, J. Weninger, R. Pfluger, und W. Pohl, „Take the Right Seat: The Influence of Occupancy Schemes on Performance Indicators of Lighting in Open Plan Offices“, Energies, Bd. 15, Nr. 9, S. 3378, Mai 2022, doi: 10.3390/en15093378.
[18] S. Hammes, J. Weninger, und P. Zech, „Closer to Realtime: A Comparison of Machine Learning Methods to Reduce Artificial Switch-Off Times“, in 2024 IEEE Sustainable Smart Lighting World Conference & Expo (LS24), Eindhoven, Netherlands, 2024, S. 1–4. doi: 10.1109/LS2463127.2024.10881955.
[19] J. Weninger und S. Hammes, „Post-occupancy derived user profiles for improved energetic and light dose related building simulation“, in CIE x050:2023 Proceedings of the 30th Session of the CIE, Ljubljana, Slovenia, September 15 – 23, 2023, Volume 1, Ljubljana, Slovenia (hosted by NC Slovenia): International Commission on Illumination, CIE, Dez. 2023, S. 184–195. doi: 10.25039/x50.2023.OP037.