Sanierung mit Erdwärmepumpe : Mehrfamilienhaus halbiert Heizwärmebedarf durch Sanierung
Über 450.000 Gasthermen, etwa 100.000 Gaszentralheizungen und circa 34.000 Ölheizungen müssen in Wien bis 2040 auf erneuerbare Heizsysteme umgestellt werden. Um für Vorzeigeprojekte zu sorgen, wurde die Initiative "100 Projekte Raus aus Gas" ins Leben gerufen, die nun ein neues Best-Practice-Beispiel für erneuerbare Wärmeversorgung vorstellt: Ein historisches Mehrfamilienhaus in der Hietzinger Volkgasse wurde von dezentrale Gasetagenheizungen auf eine Kombination aus Geothermie und Photovoltaik umgestellt.
„Vorzeigeprojekte wie jenes in der Volkgasse sind deshalb so wichtig, weil sie deutlich machen, dass der Gasausstieg keine Illusion ist, sondern vielerorts schon passiert. Wir holen Projekte vor den Vorhang, um Zweifel an der Machbarkeit des Gasausstiegs aus dem Weg zu schaffen“, fasst Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky zusammen.
Heizwärmebedarf durch Sanierung halbiert
In dem 124 Jahre alten Gebäude ist fossile Energie seit kurzem passé, stattdessen setzt es nun vollständig auf Erdwärme und Photovoltaik. Im Garten wurden in bis zu 130 Metern Tiefe 14 Erdsonden verlegt, welche die im Keller gelegene Hochtemperatur-Wärmepumpe versorgen. Die am Dach und an der Fassade angebrachten Sonnenstrom-Module beliefern die Wärmepumpe wiederum mit der benötigen Energie.
Der Vorteil für die Bewohner*innen lässt sich messen, denn der Heizwärmebedarf konnte durch den Heizungstausch sowie durch die vorangegangene thermische Sanierung – aktuell ebenfalls vom Erneuerbare-Wärme-Paket gefördert – um 55 Prozent reduziert werden. Ein Vorzeigebeispiel ist das Objekt auch wegen des guten Einvernehmens zwischen Eigentümer und Mieter*innen, das den Umstiegsprozess geprägt hat.
„Mehrfach wurde ich bereits gefragt, ob ich die Umstellung auf eine umweltverträgliche Heizungs- und Warmwasserversorgung rückblickend ein weiteres Mal in Angriff nehmen würde. Darauf kann ich mit einem klaren ‚Ja!‘ antworten", so der Eigentümer Felix Kontrus über das Projekt. Bei der Abwicklung sehe er jedoch Verbesserungspotenzial in der Abstimmung zwischen den Behörden oder mit einer Reduzierung des bürokratischen Aufwands.
Dezentrale Wärmeversorgung zentralisiert
Im Zuge eines Dachgeschoßausbaus und der Anbringung von Balkonen an der Gartenrückseite wurde das Mehrfamilienhaus nicht nur architektonisch aufgewertet, sondern auch energetisch modernisiert. Mit dem Austausch der Fenster und der Dämmung der ungegliederten Fassadenteile wurde eine wichtige Grundlage für die Umstellung von dezentralen Gasetagenheizungen auf eine zentrale Erdwärmepumpenlösung in Kombination mit Photovoltaik gelegt.
Die innovative Heizungs- und Warmwasserversorgung wird durch die Erdsonden im Garten ermöglicht. Eine leistungsstarke Hochtemperatur-Wärmepumpe mit 70 Kilowatt im Keller nutzt diese Erdsonden, um das gesamte Haus emissionsfrei mit Heizwärme und Warmwasser zu versorgen. Die bestehenden Radiatoren wurden beibehalten und die Gasthermen durch Wärmeübergabestationen ersetzt.
In ausgewählten Wohnungen und dem Geschäftslokal bietet eine Fußbodenheizung zusätzlichen Komfort und Möglichkeit zur passiven Kühlung. Darüber hinaus wurde das Haus mit Photovoltaikmodulen ausgestattet, die auf verschiedenen Dachflächen und an der südseitigen Fassade angebracht sind. Die Gesamtleistung der Anlage beträgt etwa 25 Kilowattpeak und trägt nicht nur zur Energieversorgung der Wärmepumpe bei, sondern soll zukünftig auch für das Laden von Elektro-Fahrzeugen im Vorgarten genutzt werden.
Die Stadt Wien förderte das Projekt durch den wohnfonds_Wien im Rahmen einer Thewosan-Sanierung mit rund 150.000 Euro. Durch die aktuelle Sanierungs- und Dekarbonisierungsverordnung, die mit 1. März in Kraft tritt, werden die Budgetmittel für Sanierungen und Dekarbonisierungen um 112 Mio. auf 260 Mio. Euro ausgeweitet. Neben einem Ausbau von Förderungen im thermisch-energetischen Bereich kommt es so auch zu Vereinfachungen bei der Förderabwicklung und einer Erweiterung des Bezieher*innenkreises.
Initiative "100 Projekte Raus aus Gas"
Bis 2025 holt die Stadt Wien 100 Beispielprojekte vor den Vorhang, die verdeutlichen, dass der Gasausstieg im Gebäudebestand bereits jetzt funktioniert und dass es für jedes Haus auch abseits der Fernwärme eine Lösung gibt.
Die Stadt Wien lädt Eigentümer*innen daher ein, ihre Umstellungsprojekte einzureichen: Egal, ob diese noch am Anfang stehen, sich bereits in der Planung befinden, in der Umsetzung vor Hürden stehen oder das Gebäude schon fertiggestellt ist.
>> Weiterführende Informationen und weitere „Raus aus Gas“-Vorzeigeprojekte sind hier abrufbar.