Trinkwasserinstallationen in Bestandsbauten : Unliebsame Überraschungen unter Putz

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Trinkwasserinstallationen in Bestandsbauten sollten genau analyisiert werden.

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Der Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit führt auch in der Baubranche zu grundlegenden Veränderungen. Neue gesetzlichen Regelungen auf Basis der EU-Taxonomieverordnung werden den Anteil der Neubauten stark zurückdrängen und das Sanieren von Bestandsgebäuden in den Vordergrund rücken. Um es gleich vorwegzunehmen: Trinkwasserinstallationen in Bestandsbauten sind nicht per se gefährlich, aber insbesondere unter Putz verlegte Installationen bergen mitunter Überraschungen.

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Speziell, wenn keine aktuellen Bestandspläne vorliegen, lässt sich häufig nicht mit letzter Sicherheit feststellen, wie es um die Trinkwasserinstallationen wirklich bestellt ist. Denn bei Bestandsgebäuden ist es durchaus üblich, dass aufgrund von Zu- und Umbauten Totleitungen entstanden sind oder bei Reparaturarbeiten unterschiedlichste Werkstoffe eingesetzt wurden. Damit bleibt mitunter ein erheblicher Teil der vorhandenen Installation im ersten Schritt verborgen. Als Folge dessen findet sich dann in den Sachverständigengutachten der Hinweis:


„Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die frei zugänglichen Teile der Trinkwasserinstallation des Objektes. Die Begutachtung wurde auf Sicht ohne Bauteilöffnung durchgeführt. Entsprechend kann über Installationen unter Putz kein Bericht vorgelegt werden.“

Fachautor Martin Taschl leitet das Forum Wasserhygiene als Generalsekretär. Seit 2005 begleitet er die Normenarbeit in den Gremien von Austrian Standards, CEN & ISO. Martin Taschl ist hauptberuflich Schulungsleiter bei WimTec Sanitärprodukte.
Fachautor Martin Taschl leitet das Forum Wasserhygiene als Generalsekretär. Seit 2005 begleitet er die Normenarbeit in den Gremien von Austrian Standards, CEN & ISO. Martin Taschl ist hauptberuflich Schulungsleiter bei WimTec Sanitärprodukte. - © Martin Taschl

Bewertung der Trinkwasserinstallation: Dokumentation

Sind keine aktuellen Bestandspläne verfügbar, muss die bestehende Dokumentation aktualisiert oder schlimmstenfalls gänzlich neu erstellt werden. Da dies in einem größeren Objekt sehr zeitaufwendig und mit erheblichen Kosten verbunden ist, lohnt es sich, im Vorfeld zu prüfen und möglichst frühzeitig herauszufinden, ob eine exakte Bestandsaufnahme überhaupt sinnvoll ist, oder ob es angesichts des Zustands der Trinkwasserinstallation nicht ohnedies kostengünstiger ist, eine Erneuerung vorzunehmen.

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Soll eine Beschreibung der Trinkwasserinstallation erstellt oder auch nur überprüft werden, ist es empfehlenswert, den Weg des Wassers vom Hauseingang bis zu allen vorhandenen Entnahmestellen zu verfolgen. Diese Systematik unterstützt dabei, dass keine relevanten Aspekte übersehen werden, und hat den Vorteil, dass bei der Betrachtung jeder Komponente die „Vorgeschichte“ des Wassers auf seinem Weg durch die Trinkwasserinstallation bekannt ist. Im Zuge der Erstellung oder Validierung der Dokumentation ist auch eine Bewertung der Nutzungsfrequenz und damit eine Erfassung potenzieller Totleitungen empfehlenswert.

Wassersicherheitsplan erstellen

Da die meisten Immobilienbesitzer nicht über das nötige Fachwissen verfügen, werden sie damit in der Regel geeignete Firmen oder Sachverständige beauftragen müssen. Die Vorgehensweise bei der Erstellung oder Validierung der Dokumentation der Trinkwasserinstallation entspricht der Erstellung oder Validierung einer Systembeschreibung, wie sie beispielsweise auch bei einem Wassersicherheitsplan nach CEN/TR 17801 benötigt wird. Die Systembeschreibung umfasst Informationen über das Gebäude, über alle Anlagenteile, über alle Betriebseinstellungen, über die Betriebsweise, über die Nutzungshäufigkeiten, über die Personen, die das Gebäude frequentieren, und über etwaige besondere Anforderungen.

Mit der Systembeschreibung ist gleichzeitig auch die erste Hürde geschafft und der Grundstein für einen Wassersicherheitsplan gelegt. Generell schafft ein Wassersicherheitsplan klare Organisationsstrukturen. Zu dem direkten Vorteil der Entlastung der Organisationsverantwortlichen reduziert der Wassersicherheitsplan auch die Gefahr von Haftungsansprüchen resultierend aus der Verkehrssicherungspflicht. So müssen die Betreiber eines Gebäudes darauf achten, dass dieses so beschaffen ist und instandgehalten wird, dass niemand zu Schaden kommen kann. Aus rechtlicher Sicht erforderlich sind die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, Gefahren von Dritten abzuwenden.

Die Elemente eines Wassersicherheitsplans: Dokumentation, Bildung WSP-Team, Systembeschreibung, Systembewertung, Risikobeherrschung, Verifizierung und Revision.
Die Elemente eines Wassersicherheitsplans: Dokumentation, Bildung WSP-Team, Systembeschreibung, Systembewertung, Risikobeherrschung, Verifizierung und Revision. - © Martin Taschl

Sanierungs- und Hygieneplan

Ausgehend von der Istzustands-Analyse, den Nutzungshäufigkeiten, den Nutzergruppen und den besonderen Anforderungen kann auf Basis einer Risikobewertung ein Sanierungs- und Hygieneplan erstellt werden. Besonders zu beachten sind dabei Zweit-, Ferien- und Vorsorgewohnungen, denn diese werden nur unstetig oder überhaupt nicht genützt und sind dennoch außerhalb des Zutrittsbereiches der Immobilienbesitzer.

Um spätere Haftungs- und Schadensersatzfragen bereits im Vorfeld auszuschließen, sollte das mit der Durchführung beauftragte Unternehmen, wie beispielsweise der Sachverständige oder der Installateur, den Immobilienbesitzer aktiv auf diese Tatsache aufmerksam machen. Dort, wo es erforderlich ist, sind Maßnahmen zur Risikobeherrschung vorzusehen. Das können installationstechnische Maßnahmen sein, wie beispielsweise Umbauten, Instandsetzungen oder Erneuerungen, oder auch Maßnahmen in der Betriebsführung, wie beispielsweise Anpassungen der Warmwassertemperaturen oder Spülmaßnahmen selten genutzter Entnahmestellen.

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Risikomanagement in der Trinkwasserinstallation

Gerade bei Bestandsbauten ist das Instrument des Wassersicherheitsplans ein besonders hilfreiches Instrument zur Sicherstellung der Trinkwasserhygiene. Im Zuge eines maßgeschneiderten Risikomanagements werden Gefahrenstellen identifiziert, bewertet und die erforderlichen Maßnahmen gesetzt. Alles Wissenswerte zu diesem Thema findet sich im Fachbuch „Der Wassersicherheitsplan in Gebäuden – Grundlagen und praktische Umsetzung eine Risikomanagements“. Zum Buch