Badplanung für Schauräume und Privatbäder : Experte erklärt: Darauf kommt es bei der Badplanung an
TGA: Sie sind Experte in der Planung von Privatbädern, aber genauso in der Gestaltung von Schauräumen. Auf welchen Bereich legen Sie Ihr Hauptaugenmerk?
Alexander Leopold: Das hängt alles zusammen. Die Kund*innen holen sich die Inspirationen für ihre Bäder in den Schauräumen und Prospekten. Also gestalte ich Privatbäder in den jeweils aktuellsten Einrichtungstrends. Gleichzeitig ändern sich auch die Benutzungsgewohnheiten der Kund*innen in ihren Bädern – diese Informationen verwerte ich wieder in den Entwürfen für die Badausstellungen. So schließt sich der Kreis.
Denken wir zunächst an die Schauraumgestaltung, in Ihrer Referenzliste finden sich das Who is Who der Sanitärindustrie, aber auch zahlreiche Standorte mittelständischer Installateure, wie zum Beispiel die Unternehmen Marcik oder Günther. Worin liegen die besonderen Herausforderungen bei der Planung eines Schauraums?
Leopold: Zuerst muss geklärt werden wofür der Schauraum eingesetzt wird. Bei Fa. Marcik ist die Ausstellung hundertprozentig auf persönliche Beratung ausgerichtet. Das einzige komplette Ausstellungsbad ist dem Thema Licht im Bad gewidmet. Alles andere sind vergleichende Einzelprodukt-Darstellungen. Bei Fa. Günther hingegen ist die Ausstellung in Themen gegliedert und für die selbständige Information des Kund*innen konzipiert. Die Komplettbäder dort sind jeweils einem Sanitärhersteller zugedacht. Großhändler haben wiederum Ausstellungen mit besonders vielen Komplettbädern zur Inspiration der Kund*innen. Die große Aufgabe bei allen Arten von Schauräumen ist aber die Schaffung von Blickachsen und Viewpoints für die Kund*innen UND die Beratenden. Kund*innen sollen mittels ihrer eigenen Neugierde durch den Raum geführt werden und Beratende wollen stets den Überblick behalten.
Welche Arbeit war für Sie ein besonders anspruchsvolles/spektakuläres Projekt?
Leopold: Da ich bei allen Projekten stets an die Grenzen des Möglichen gehe ist immer das aktuellste Projekt das spannendste. Das ist von der Größe unabhängig. Und je mehr Vorgaben und Einschränkungen für die Planung existieren umso interessanter wird sie. Bei den GROHE live! Centern in Wien und Moskau gab es sehr strikte Vorgaben seitens des Corporate Design. Trotzdem fand ich noch kreative Schlupflöcher und habe in beiden Fällen überraschende Lösungen erarbeitet.
Da ich bei allen Projekten stets an die Grenzen des Möglichen gehe ist immer das aktuellste Projekt das spannendste.
So sieht der perfekte Schauraum aus
Was macht den für Sie perfekten Schauraum aus?
Leopold: Atmosphäre. Kund*innen sollen sich wohl fühlen – fast wie bei ihnen zu Hause. Und gleichzeitig erhalten sie mit Infotainment die neuesten Badtrends und Sanitärprodukte präsentiert. Diese Anforderungen können – je nach Zielgruppe – sowohl in Luxusumgebung als auch in preiswerter Umgebung realisiert werden. Wichtig sind dabei das Gefühl der Ordnung und Orientierung gepaart mit Ästhetik und dem harmonischen Zusammenspiel von Materialien, Farben und Beleuchtung.
Wie gehen Sie konkret an die Gestaltung eines Schauraums heran? Nutzen Sie bei der Planung digitale Werkzeuge?
Leopold: Zuerst wird der leere Raum als Grundriss in CAD erstellt. Dann wird das Konzept per Handskizzen in diesem Grundriss erarbeitet – denn da gibt es keine Einschränkungen für Schrägen und Kurven. Erst wenn das Grundkonzept geklärt ist, wird im Computer weitergearbeitet. Die räumlichen Darstellungen dazu werden parallel per Hand entwickelt – denn da bin ich schneller als der Computer und auch freier in der Darstellung. Sie merken schon: das Zauberwort heißt „Freiheit“. Der Kreativprozess darf durch nichts eingeschränkt sein, daher passiert er per Hand. Der Computer wird nur als Darstellungswerkzeug und für die maßgenaue Planung verwendet.
Für die von mir gestalteten Schauräume biete ich das Paket „Schauraumkosmetik“ an. Da ich alle Planunterlagen im Archiv habe, kenne ich auch Tricks um meinen Schauräumen ein Facelifting zu geben.
How-to: Up to date mit Badtrends bleiben
Ein eigener Schauraum ist mit hohen Investitionen verbunden, er muss daher für eine längere Zeitdauer attraktiv wirken, ohne dabei modische Trends zu vernachlässigen. Wie bewältigen Sie diesen Spagat?
Leopold: Angenehme Atmosphäre und eine gut durchdachte Raumstruktur sind zeitlos. Was aber sehr wohl dem Wandel unterliegt ist Material, Farbe und Dekoration. Eine durchdachte räumliche Organisation des Schauraums ist also über lange Zeit gültig. Die Detailgestaltung der Bereiche hingegen muss so konzipiert sein, dass sie mit geringem Aufwand an aktuelle Trends angepasst werden kann. Für die von mir gestalteten Schauräume biete ich deshalb das Paket „Schauraumkosmetik“ an. Da ich alle Planunterlagen im Archiv habe und meine Gedanken zur Konzeption noch auswendig weiß, kenne ich auch Tricks um meinen Schauräumen ein Facelifting zu geben. Das Paket wurde bereits mehrmals in Anspruch genommen. Hier in Österreich und auch in Deutschland.
Für das Handwerk wie auch für Endkund*innen sind Sanitär-Schauräume Quelle der Inspiration und Ideengeber, die Gestaltung ist daher mit viel Verantwortung und noch mehr Kreativität verbunden – sind Sie sich Ihrer Rolle als „Trendsetter“ bewusst? Woher kommen Ihre Ideen?
Leopold: Die Inspirationen kommen sowohl von der Industrie – in Form von neuen Produkten – als auch von den Kund*innen selbst – als deren „spezielle“ Wünsche für die Badeinrichtung. Meine Aufgabe ist es, diese Einflüsse so miteinander in Einklang zu bringen dass etwas Neues und Schönes entsteht. Hinzu kommen noch Eindrücke die ich Messen, Reisen, dem Erkunden guter Architektur und künstlerischen/kulturellen Einflüssen verdanke. Über gezielte Assoziation werden diese Eindrücke dann in meine Entwürfe integriert. Oft nur unbewusst wahrnehmbar aber gerade dadurch wichtig für das Ambiente. Meine Räume „sprechen“ mit dem Betrachtenden, dadurch setze ich Trends.
Bei der Planungsarbeit für Endkund*innen ist besonders viel Einfühlung und Informationssammlung nötig.
Badplanung für Endkund*innen: Das ist anders
Wie finden Endkund*innen Sie? Und auch hier die Frage: Wie sieht die konkrete Planungsarbeit aus?
Leopold: Endkund*innen kommen meist über Empfehlungen. Einige finden meine Arbeiten im Internet oder werden vom Handwerk oder den Industrien an mich weitergeleitet – meist dann wenn spezielle Lösungen gefragt sind oder Kund*innen besonders hohe Ansprüche stellen. Bei der Planungsarbeit für Endkund*innen ist besonders viel Einfühlung und Informationssammlung nötig. Richard Neutra hat einmal gesagt: „Ich kann nur für Freund*innen bauen“. Das stimmt auch. Alle haben Eigenheiten und besondere Nutzungsgewohnheiten. Die gilt es zu erkunden und zu berücksichtigen. Das Schwierige dabei ist die Scheu der Kund*innen. Wer gibt schon freiwillig zu dass er das Bidet zum Füße waschen verwendet? Oder eine halbe Stunde pro Stuhlgang braucht?
Das hat aber alles Auswirkungen auf die Planung und Gestaltung. AR setze ich nicht ein, weil ich die Kund*innen bewusst in der echten Realität halten will. In AR kann man sich nicht in die Wanne setzen. Gleiches gilt für 3D-Modelle. Hingegen verwende ich sehr gerne Ausstellungen und Schauräume um die Kund*innen beim Ausprobieren und Auswählen zu beobachten.
Die Planung und damit Ihre Arbeit ist natürlich essentiell – wie geht es aber in Hinblick auf die Umsetzung weiter? Arbeiten Sie mit Handwerksbetrieben zusammen, haben Sie ein Partnernetzwerk?
Leopold: Da meine Projekte quer über Österreich und Deutschland verteilt sind, arbeite ich fast immer mit lokalen Firmen zusammen. Daraus ergibt sich ein loses Partnernetzwerk, aus dem für jedes neue Projekt andere Teams zusammengestellt werden.
Das Bad ist quasi erwachsen geworden, es ist nun ein gleichwertiger Raum im Wohnverbund.
Bäder damals und heute: Was sich verändert hat
Wie hat sich das private Bad aus Ihrer Sicht in den letzten Jahrzehnten verändert?
Leopold: Die Entwicklung vom „Waschraum“ zum „Wohnbad“ war die wichtigste Veränderung. Das Bad ist quasi erwachsen geworden, es ist nun ein gleichwertiger Raum im Wohnverbund. Mit ästhetischer Einrichtung, bewusster Farbgestaltung und anpassbarer Beleuchtung. Das war nur möglich weil sich die Bedürfnisse der Kund*innen über die blanke Funktion hinaus entwickelt haben. Wer sich heute ein langes Wannenbad gönnt, will währenddessen auch eine angenehme Raumatmosphäre genießen. Früher ging es nur ums Reinigen, heute geht’s ums „Fühlen“, um Emotion.
Welche Trends sind zur Zeit besonders schlagend? In Hinblick auf Technik, Keramiken, Farben, Wand- und Bodenbeläge, Licht, etc.
Leopold: In der Technik geht es aktuell fast nur um Nachhaltigkeit. Wasser und Energie sparen, gleichzeitig digitale Steuerungstechnik einsetzen, recycelbare Materialien einsetzen. Man hofft dadurch das Klima-Ruder herumreißen zu können. Das ist zwar eine gewagte Annahme, aber zumindest schadet diese Entwicklung nicht. Die Keramik wird von neuen Materialmischungen dominiert, die dünnwandige außergewöhnliche Formen ermöglichen. Das wird noch viele spannende Designs bringen. Bei den Farben geht der Trend zu stärkeren Akzenten und die Armaturenbranche forciert gewaltig die neuen Metallfarben und die Abkehr von Chrom.
Das alles ist logisch, denn Weiß und Chrom waren zu lange vorherrschend. Bei der Raumgestaltung hat sich Feinsteinzeug mit Naturoptiken durchgesetzt und für Experimentierfreudige bieten die wasserfesten Tapetensysteme völlig neue Gestaltungsvarianten. Bei der Badbeleuchtung sind wir gerade am Anfang. Da wird sich noch viel entwickeln. Meine „heLLesBad“ Produktplattform ist die bisher einzige, die von vielen namhaften Herstellern die Bad-geeigneten Leuchten zusammensammelt. Nun geht es darum den Endkund*innen, die Handwerker*innen, aber auch bereits die Architekt*innen und Bauherren von der Notwendigkeit gut gestalteter Badbeleuchtung zu überzeugen.
Was muss das perfekte Bad heute können?
Leopold: Dasselbe das es immer schon können musste: eine maßgeschneiderte Umgebung für das körperliche Wohlbefinden seiner (fast oder ganz nackten) Benutzer*innen sein. Und falls – wie in großen Wohnbauanlagen – die Benutzer*innen nicht feststehen oder wechseln, muss das Bad ein Statement der aktuellen technischen und gestalterischen Entwicklungen sein. Gutes Design soll durchaus zeigen aus welcher Ära es stammt.
Wenn man Benutzer*innen vorgibt wie viel Wasser sie zum Zähneputzen verwenden dürfen oder wie lange sie sich in der Dusche einseifen dürfen, hört sich der Spaß auf. Das kann man mit Robotern oder Klonen machen aber nicht mit Menschen.
Wie digital ist das moderne Bad?
Inwiefern spielt die Digitalisierung eine Rolle? Wie digital ist ein modernes Bad?
Leopold: Die Steuerung von Durchflüssen aller Art ist digital immer besser. Somit hilft die Digitalisierung Wasser zu sparen und gleichzeitig den Komfort zu erhöhen. Das gilt auch für die Beleuchtung und andere Strom verbrauchende Einbauten. Jedoch ist strikt abzulehnen wenn versucht wird, alle Benutzer*innen über einen digitalen Kamm zu scheren. Wenn man ihnen vorgibt wie viel Wasser sie zum Zähneputzen verwenden dürfen oder wie lange sie sich in der Dusche einseifen dürfen, hört sich der Spaß auf. Das kann man mit Robotern oder Klonen machen aber nicht mit Menschen.
Und wie muss ein Bad gestaltet sein, um auch noch in 20 Jahren (so lange ist bekanntlich die Zeitspanne, bis ein Bad im privaten Umfeld generalsaniert wird) in Hinblick auf Design und Funktionalität zu entsprechen?
Leopold: Das Schlagwort „Generationenbad“ geistert seit langem durch die Branche. In Wirklichkeit geht es immer NUR ums älter werden. Die Jungen und Gesunden brauchen keine spezielle Einrichtung – im Gegenteil: die wollen was Neues, Kreatives. 20 Jahre später und nach etlichen Spitalsaufenthalten sehen die Bedürfnisse aber anders aus. Was trotzdem immer gilt ist der gut gestaltete erste Eindruck des Raums, die logische und leitungstechnisch richtige Anordnung der Elemente, ausreichende Bewegungsfläche dort wo sie gebraucht wird und bewusste Raumgestaltung samt deren Beleuchtung. Armaturen, Keramiken und Badmöbel können leicht getauscht und angepasst werden. Für die Raumgestaltung wurde z.B. die Möglichkeit der austauschbaren vorgehängten Wandtafeln noch gar nicht in Betracht gezogen. Es ist jetzt schon vieles an Anpassung der Bäder möglich, das kaum angeboten wird – aus Scheu vor ungewöhnlichen Lösungen.
Und zum Schluss ein Blick in die Zukunft. Beamen wir uns in das Jahr 2050: wie wird das Badezimmer dann nach Ihrer Vorstellung gestaltet sein?
Leopold: Ich gehe grundsätzlich davon aus, dass sich bis 2050 die Art Häuser zu bauen ändert. Dass wir nach wie vor Leitungen in Böden einbetonieren oder in Wände einstemmen ist ein Skandal der Architekturentwicklung. Selbst in parametrisch geformten Bauten ist es noch immer so. Das verhindert die freie Positionierung der wasserführenden Elemente und das macht erst ein „Badezimmer“ erforderlich.
Eigentlich hätte der Mensch aber die Tendenz zu viel offeneren Raumstrukturen. „Wohnlandschaften“ mit integrierten Rückzugsbereichen und strategisch angeordneten Stellen an denen Wasser stattfindet. Ob als Dusch- oder Badegelegenheit oder für kurzzeitige Funktionen hängt dann von der Konfiguration der jeweiligen Wohnlandschaft ab. Und durch die neue, leichter zugängliche Leitungsführung wird man die Positionen der Wasserstellen auch jederzeit ändern und anpassen können - und mit ihnen natürlich auch die Umgebungsgestaltung. Das alles wäre mit etwas Mut und gutem Willen auch jetzt schon möglich. Wer hätte das je gedacht…
Dass wir nach wie vor Leitungen in Böden einbetonieren oder in Wände einstemmen ist ein Skandal der Architekturentwicklung.
Über Alexander Leopold
Ing. Alexander Leopold, *1964, absolvierte die HTL Mödling / Innenausbau, arbeitete dann als Junior Designer in verschiedenen Büros und studierte schließlich Architektur an der TU Wien. Während des Studiums begann er Produktdesign für Wannen, Duschtassen, Waschtische, Duschabtrennungen und Badmöbel zu entwickeln. Über 50 Produkte gelangten in Produktion, viele davon sind noch am Markt erhältlich.
Durch die Kontakte zur Industrie entstand auch die Nachfrage nach Badplanungs-Seminaren, die er seit 2003 in Mittel- und Osteuropa durchführt. Er hat über 200 Schauräume in Österreich und Deutschland gestaltet, einige auch in Russland. Abgesehen von tausenden Privatbadplanungen entwickelt er für die industrie Ausstellungskojen und Muster-Badsituationen für Produktneuheiten.
Mit der Gründung der Plattform „heLLesBad“ ist er Pionier zum Thema Badbeleuchtung. Er ist besonders als Innenarchitekt für den Ausbau von hochwertigen Immobilien gefragt. Ing. Alexander Leopold ist verheiratet, hat eine Tochter und lebt und arbeitet in Wien.