Heizungssanierung : Wärmepumpen & Co.: EWP führt zu einem Nachfrageboom bei der Heizung

Kerschbaum Ochnser Weinwurm

Roland Kerschbaum (Panasonic), Karl Ochsner und Helmut Weinwurm (Bosch) notieren verstärkte Nachfrage nach Heizungssanierung (v.l.n.r.).

- © Collage WIM

Heizungsmarkt 2023: Rückgänge im zweiten Halbjahr

Im Sommer 2023 ist die Konjunktur am Heizungsmarkt nicht nur abgerissen, sie hat sich sogar ins Gegenteil verkehrt. Das erste Halbjahr hatte noch ein deutliches Plus bei Wärmepumpen (+40 Prozent) gebracht, während Gasanlagen mit einem Minus von 30 Prozent im Rahmen des Erwartbaren lagen, und auch die Biomasse-Feuerungen legten nach 2022 das zweitbeste erste Halbjahr aller Zeiten hin. Für das zweite Halbjahr 2023 liegen noch kaum belastbare Daten vor, doch der allgemeine Tenor vom Markt ist eindeutig: Nachfrageflaute und Umsatzrückgänge über alle Technologien und Brennstoffe hinweg.

Dieser Trend bezog sich nicht nur auf Österreich, sondern war europaweit zu beobachten. So schätzt der Europäische Wärmepumpen-Verband EHPA, dass im zweiten Halbjahr in 8 von 10 beobachteten Ländern die Nachfrage rückläufig war. Zum Vergleich: Noch im ersten Quartal 2023 war es genau umgekehrt, da war in 8 von 10 Ländern die Nachfrage nach Wärmepumpen im Steigen begriffen. Für den österreichischen Markt schätzt die EHPA von Juli bis September einen Rückgang von 33 Prozent, mit einer ähnlichen Tendenz bis Jahresende.

Die Hoffnungen ins EWP

Die Gründe für die Absatzflaute sind vielfältig: Auf europäischer Ebene sind der Einbruch der Industriekonjunktur und die Inflation zu nennen. Auf österreichischer Ebene kommt - nach der Panik des Jahres 2022, als wegen der Abhängigkeit von Russland ein Ausfall bei der Verfügbarkeit von Gas befürchtet werden musste - eine Entspannung bei diesem wichtigen Energieträger dazu: Im Winter 2022/2023 musste niemand frieren, daher legte sich die "Sofort-raus-aus-Gas-um-jeden-Preis"-Stimmung wieder. Dazu kam die Gewissheit, dass es mit 2024 eine deutliche Änderung bei den Rahmenbedingungen geben würde, und eine entsprechende Kaufzurückhaltung: Es wurde abgewartet, welche Technologien ab 2024 wie gefördert würden. Diese Erwartungshaltung wurde belohnt: Das EWP (Erneuerbare-Wärme-Paket) übertraf mit Förderungen für den Heizungstausch von bis zu 75 Prozent der Kosten alle Hoffnungen.

Macht sich das ab 1. Jänner 2024 gültige EWP auch schon bemerkbar, zeichnet sich der erhoffte Boom ab? TGA hat nachgefragt und gibt hier erste Einschätzungen aus dem Markt wieder.

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Mit der neuen Bundesförderung erwarten wir positive Effekte.
Helmut Weinwurm

Vier Mal so viele Anfragen

Helmut Weinwurm, Österreich-Vorstand von Bosch und Präsident der Vereinigung der Heizungs- und Kesselindustrie VÖK, begrüßt die Entscheidung für das Erneuerbare-Wärme-Paket. Positive Effekte auf den Heizungsmarkt sieht er aber nicht nur durch die Förderung, sondern auch durch damit einhergehende Änderungen in den Rahmenbedingungen: "Mit der neuen Bundesförderung, die auch eine Anhebung der Vorlauftemperatur bei Wärmepumpen auf 55 °C umfasst, erwarten wir positive Effekte". Für Bosch selbst kann er die Frage, ob sich das EWP bereits bemerkbar macht, eindeutig bejahen: "Aktuell erhalten wir nicht nur mehr Anfragen von Endkunden, sondern auch vermehrt Angebotsanfragen von Installateuren."

Beim Wärmepumpenspezialisten Ochsner kann man die Auswirkungen des EWP sogar eindeutig beziffern: "Seit dem 1.1.2024 haben sich die Endkundenanfragen mindestens vervierfacht", lässt Kari Ochsner auf Anfrage der TGA verlauten.

Seit 1. Jänner 2024 haben sich die Endkundenanfragen mindestens vervierfacht
Karl Ochsner

Aktiver Verkauf profitiert

Roland Kerschbaum, der den heimischen Markt für Panasonic verantwortet, bestätigt den Nachfrage-Aufschwung und die Aufwärtsbewegung am Markt ebenfalls. Doch er sieht die Lage bereits differenzierter und ortet deutliche Unterschiede, die es zu berücksichtigen gilt: "Installateure, die selbst aktiven Verkauf betreiben, beschreiben ein überaus positives Bild. Hingegen melden Handwerksbetriebe, die weniger Zeit für die Kommunikation in den Markt aufbringen können und sich auf die Betreuung von laufenden Projekten konzentrieren, weiterhin schwache Nachfrage." Das ist für einen kalten Jänner wie derzeit zwar durchaus normal, bei Minusgraden stehen Trouble-Shooting, Service und Wartung traditionell an erster Stelle.

Kerschbaum nennt aber noch einen weiteren Aspekt: "Mir scheint es, dass Endkunden entweder noch zu wenig über die Förderung mitbekommen haben oder aber den meisten die Dringlichkeit einer Entscheidung noch nicht ganz klar ist." Denn ein mit 1,25 Mrd. Euro gefüllter Fördertopf scheint den Endkunden, die sich informiert haben, ja auch genug Zeit für die richtige Entscheidung zu geben. Drei Minuten vor dem Computer reichen aus, so Kerschbaum, um "die Fördersumme für das eigene Projekt auf 52 Wochen zu reservieren." Das könnte sich dämpfend auf die aktuelle Nachfrage auswirken und die Planbarkeit für die Industrie und Handwerk erschweren: "Die Frage ist eben, wie viele von den Menschen, die diese einfache Möglichkeit der unverbindlichen Registrierung in Anspruch nehmen, ihre Heizungssanierung heuer auch wirklich realisieren." Wird alles abgeholt, was an Fördermöglichkeiten da ist, würde sich seiner Schätzung nach auch eine Sanierungsquote von 3 Prozent ausgehen.

Mir scheint, dass Endkunden noch zu wenig über die Förderung mitbekommen haben.
Roland Kerschbaum

Auf ein starkes Sanierungsjahr vorbereiten

Roland Kerschbaum sieht aber noch eine Entwicklung äußerst positiv: "Erwähnenswert ist auf jeden Fall, das viele Installateure aus dem Jahr 2022 die richtigen Lehren gezogen haben und die Industrie aktuell sehr genau über den erwarteten Bedarf an Wärmepumpen informieren, um eine adäquate Verfügbarkeit für ihr Unternehmen sicher zu stellen." Das hilft den Lieferanten, die Lieferfähigkeit für die jeweils nächsten Monate richtig zu planen und somit Engpässe ebenso zu vermeiden wie übervolle Läger.

Die intensive Kommunikation mit seinen Fachpartnern lässt Kerschbaum eine erfreuliche Prognose abgeben: "Aus den Rückmeldungen vom Markt können wir ableiten, dass sich das Handwerk auf ein starkes Sanierungsjahr vorbereitet!"