Grohe / Lixil : Marc Dobro: "Die Restrukturierung ist abgeschlossen"
Der Sanitärmarkt ist in Mitteleuropa in der Krise, und auch in West-, Süd- und Osteuropa werden durchwachsene Absatzzahlen gemeldet. Wie schätzen Sie als einer der größten Player die Marktsituation in Europa ein?
Marc Dobro: Die Marktlage ist herausfordernd für die gesamte Branche. Die Faktoren, die starken Einfluss auf den Nachfragerückgang am Bausektor haben, sind bekannt: Die Engpässe in der Lieferkette der vergangenen Jahre, die Inflationsraten und die hohen Zinsen, was zu steigenden Baupreisen und sinkender Nachfrage geführt hat. Aus mitteleuropäischer Sicht kommt dazu, dass als Folge des Ukrainekriegs die Frage der Rohstoff- und Energiesicherheit zu einem Fokus auf die Heizung geführt hat. Es hat die Sanitärbranche zusätzlich stark getroffen, dass das verarbeitende Handwerk auf die Heizung gesetzt und der Handel Lagerkapazitäten von Sanitär auf Heizung umgelagert hat. Ich verstehe jeden Handwerker, der sich da auf die Heizung konzentriert und damit gute Geschäfte gemacht hat, das hätte ich an seiner Stelle in der Situation auch gemacht.
Restrukturierungsmaßnahmen: Europa statt EMENA
Wie haben Sie als Grohe darauf reagiert?
Dobro: Wir haben bekanntermaßen Restrukturierungsmaßnahmen umgesetzt. Es ging darum die Kosten zu variabilisieren, um handlungsfähiger zu werden. Wir hatten zu starke Overhead-Kosten, das hat dazu geführt, dass wir größere Probleme als andere bei der Profitabilität hatten, während wir umsatzmäßig alle im gleichen Boot waren. Das Ziel war mehr Effizienz, darum haben wir zum Beispiel auch die Regionen umstrukturiert und die EMENA-Region getrennt und in Europa sowie IMEA, also Indien, Mittlerer Osten und Afrika, neu aufgeteilt.
Was bringt diese Aufteilung der Region? EMENA ist in vielen Konzernen üblich.
Dobro: In Europa sind die Anforderungen am Sanitärmarkt ganz andere. Während in IMEA das Projekt- und Neugeschäft zentral ist, geht es in Europa vor allem um die Renovierung, dazu gibt es auch eine starke traditionelle Handelsstruktur. Wir können uns mit der Neuaufteilung besser auf die Themen fokussieren, die in den regionalen und nationalen Märkten wichtig sind, und hier die Vertriebswege optimieren. Der DACH-Region, für die ich verantwortlich bin, hilft das sehr, das ist eine der wichtigsten Regionen für Grohe weltweit.
Die Rückkehr auf die ISH 2025
Was ist in der DACH-Region für Sie speziell wichtig?
Dobro: Ein wichtiger Punkt ist es, Visibilität zu schaffen. Ich bin im Februar 2023 angetreten und habe von Anfang an gesagt, dass wir näher zum Handwerk müssen, dass wir stark auf Messen setzen und so zeigen, dass Grohe ein zuverlässiger Partner des Handwerks ist. Wir werden 2025 darum auch wieder auf der ISH sein, erstmals nach vielen Jahren!
Wohin entwickelt sich der Markt nach Ihrer Einschätzung?
Dobro: Wir sind heuer besser gestartet als wir aus dem alten Jahr herausgekommen sind. Wir erleben einen leichten Aufschwung. Ich höre zum Beispiel auch, dass aus den Badausstellungen wieder bessere Frequenzen gemeldet werden, und das führt in der Regel nach drei bis vier Monaten auch zu Faktura bei uns. Auch der Handwerker erlebt bei der Heizung eine sich lichtende Nachfrage, weshalb er wieder mehr Interesse an Sanitär entwickelt. Das kann ich derzeit noch nicht mit Zahlen unterlegen, aber wir sind eindeutig auf der optimistischen Seite. Ich glaube, dass wir das Konjunkturtal durchschritten haben.
Als Möglichkeit, die Nachfrage anzukurbeln, ist in Österreich zuletzt von Marktbegleitern die massive Absenkung der UVPs um bis zu 25 Prozent gesehen worden. War das für Grohe eine Option?
Dobro: Wir haben vor circa einem Jahr auf die hohen Bruttopreise durch eine maßgebliche Preisanpassung reagiert, die sich momentan im Handel in der Umsetzung befindet. Die Wirksamkeit der Maßnahme zeichnet sich inzwischen auch schon ab.
Vorrang für die Digitalisierung der Prozesse
Was heißt das für die Strategie, insbesondere für Ihre Säulen Technologie/Digitalisierung sowie Nachhaltigkeit?
Dobro: Unser Fokus liegt auf nachhaltigem Wachstum in einem dynamischen Marktumfeld. Grohe ist im Bereich Water Technology eine zentrale Säule für Lixil. Wir haben zwar digitale Produkte wie Grohe Blue oder Sense Guard, aber das sind aus unserer Sicht keine primären Themen bei der Digitalisierung. Wichtig ist die Digitalisierung von Prozessen: Einfachere Abläufe für den Kunden, die digitale Unterstützung für das Handwerk – da ist Mehrwert drinnen, darauf setzen wir. In unserem neuen Loyalitätsprogramm Grohe+ ist das auch explizit enthalten.
Vor fünf Jahren haben Sie die Strategie „Intelligent Living“ auf der ISH vorgestellt, gemeinsam mit Viessmann und Miele. Wie geht es damit weiter, auch angesichts der Änderungen bei den beiden Partnern?
Dobro: Interessanterweise war ich 2019 selbst auf der ISH als Verantwortlicher für Lixils globale M&A-Aktivitäten: Der Intelligence-Living-Summit war lediglich eine Veranstaltung von uns zum damaligen ISH-Thema "Digitalisierung des Wassers" und keine eigene Geschäftsstrategie. Wir als Grohe werden nicht digitalisieren, bloß um zu digitalisieren. Digitalisierung muss einen Mehrwert bringen. Wir haben in der Vergangenheit vielleicht zu viel über Strategie gesprochen, jetzt setzen wir wieder stärker auf Innovationen am Produkt. Grohe ist eine führende Marke der Branche, es wird von uns erwartet, dass wir Innovationen bringen!
Innovationen für die Kernmärkte DACH
Ist die Restrukturierung abgeschlossen, auch was das Führungspersonal anbelangt? Da gab es zuletzt ja viele Wechsel, beispielweise die Abhänge von Jonas Brennwald zu Uponor oder der von Robert Friedl.
Dobro: Das ist abgeschlossen. Restrukturierung führt immer auch zu personellen Veränderungen. Unsere Mannschaft weiß auch, dass das hinter uns liegt. Der Riesenunterschied ist der, dass jetzt mehr Verantwortung in den Märkten selbst liegt. Wir können die Business-Strategie stärker nach den jeweiligen Notwendigkeiten vorantreiben, also quasi bottom-up statt top-down. Wie die anderen europäischen Märkte auch, stehen wir als DACH-Region unter der Leitung von Bijoy Mohan, hier hat sich ein sehr offener Austausch etabliert. Die Strategie kann von uns mitgestaltet werden, diese positive Veränderung hat einen Motivationsschub in der Region gebracht.
Was ist für die Region Deutschland, Österreich und Schweiz entscheidend?
Dobro: Das ist der Kernmarkt von Grohe. In der Vergangenheit hat man sehr stark nach Wachstumsmärkten außerhalb gesucht, in der Annahme, dass die Kernmärkte ohnehin von allein funktionieren. Wir haben aber gesehen, dass wir uns stärker darauf fokussieren müssen, und dass wir für die Kernmärkte Innovationen bringen müssen.
Nennen Sie mir eine davon, die für die DACH-Region wichtig ist.
Dobro: Der Rapido Duschrahmen, den wir in Österreich im Jänner auf der Frauenthal Expo gezeigt haben. Das ist unser erster Rahmen mit vormontierten Elementen, so können die Handwerker eine Unterputz-Dusche in weniger als der Hälfte der Zeit und zudem viel einfacher realisieren. Es ist auch eine Antwort auf das Thema Fachkräftemangel: Es bringt nicht nur Zeitersparnis für den Handwerker, es ermöglicht auch dass sich weniger erfahrene oder gut geschulte Monteure daran herantrauen können. In dieser Richtung werden Sie noch viel von uns hören!
Chancen in Hotellerie und Healthcare
Können Sie mir etwas über die Trennung von Robert Friedl sagen, die in Österreich hohe Wellen geschlagen hat?
Dobro: Einzelne Personalien werde ich nicht kommentieren, zumal Robert Friedl ja auch nie in einer Berichtslinie mit mir war. Was ich Ihnen sagen kann ist, dass wir in Österreich mit Peter Schmid seit 2022 einen Geschäftsführer mit viel Erfahrung in der Sanitärbranche haben. Österreich ist, wie schon erwähnt, als Teil der für Grohe zentralen DACH-Region besonders wichtig für uns.
Welche Notwendigkeiten und Chancen sehen Sie speziell für Österreich, auch im Unterschied zu Ihrem „Heimmarkt“ Deutschland?
Dobro: Wir streben eine stärkere Integration der DACH-Region an. In der Vergangenheit haben Österreich und auch die Schweiz viele Sachen selbst „gebaut“, für die wir in Deutschland ohnehin ein starkes, erfolgreiches Team haben. Wir wollen etwa im Service diese Insellösungen beenden und besseren Service für die Kunden anbieten. Dazu bauen wir eine stärkere Truppe auf, auch was das Projektgeschäft anbelangt. Wachstumschancen sehen wir vor allem im Projektgeschäft, konkret in der privaten Hotellerie und im Healthcare-Bereich, und hierbei vor allem im Westen Österreichs.