Thomas Stadlhofer zum Rückgang im Wohnbau : Frauenthal-CEO: Die Branche muss noch stärker auf Sanierung setzen

TGA: Herr Stadlhofer, die Branche steht derzeit irgendwo zwischen Konjunkturdelle und Rezession. Wie schätzen Sie die Situation ein?

Thomas Stadlhofer:
Wir hatten zwei sehr gute Jahre in der Branche. Es war klar, dass die Sonderkonjunktur irgendwann enden wird und herausforderndere Zeiten kommen werden. Vor allem das Sanitärgeschäft ist unter Druck. Hier spürt man den Rückgang im Wohnbau am deutlichsten.

Warum war für Sie klar, dass das Konjunkturhoch enden wird, und ab wann? Das interessiert mich, weil der Großhandel normalerweise ein sehr guter Seismograph für Entwicklungen am Markt ist …


Stadlhofer:
… das sehe ich in diesem Fall nicht so, denn der Großhandel spürt Nachfrageschwankungen am Markt erst später als Industrie, Planer*innen oder Ausführende. Wir liefern noch aus, wenn bei den Neuaufträgen längst Ebbe ist. Daher müssen wir im Großhandel damit rechnen, dass wir 2024 deutlich weniger Volumen haben werden als heuer, wo noch viele „alte“ Neubauprojekte fertig gestellt werden. Ich glaube, dass unsere Branche nächstes Jahr noch stärker auf die Sanierung setzen wird müssen.

Trotzdem nochmal zurück: Wann war Ihnen klar, dass der Höhenflug enden wird?


Stadlhofer:
Mit dem Ende der Nullzinspolitik im Sommer 2022. Es war klar, dass das die Neubau-Nachfrage treffen wird. Wir liefern nach wie vor voll aus, vor allem die Erweiterung unseres Produktportfolios mit Elektromaterial und Photovoltaik macht sich bezahlt. Wir haben rechtzeitig zusätzliche Geschäftsfelder aufgebaut.

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Thomas Stadlhofer, Vorstandsvorsitzender des aus zwei Personen bestehenden Vorstands der Frauenthal Handel
Thomas Stadlhofer, Vorstandsvorsitzender des aus zwei Personen bestehenden Vorstands der Frauenthal Handel - © Frauenthal Handel Gruppe
Wir liefern noch aus, wenn bei den Neuaufträgen längst Ebbe ist. Daher müssen wir im Großhandel damit rechnen, dass wir 2024 deutlich weniger Volumen haben werden als heuer.

Wärmepumpen-Hype flacht ab

Gab es auch Fehlentscheidungen in dieser unplanbaren Zeit?

Stadlhofer: Es war sicher ein Fehler, dass wir alle in der Branche geglaubt haben, der Wärmepumpen-Hype des letzten Jahres würde ungebremst weitergehen und dass sich das Rekordvolumen von 2022 weiter steigern wird. Das ist heuer definitiv nicht der Fall. Der Wärmepumpen-Hype wird aber wiederkommen, dafür sorgen schon allein die Klimaziele, zu denen wir uns verpflichtet haben. Die zigtausende Ölkessel, die in Österreich noch in Betrieb sind, müssen getauscht werden, hier führt kein Weg daran vorbei. Und die Wärmepumpe ist hier eine Option.

Machen Elektromaterial.at und der PV-Sektor tatsächlich schon einen so großen Umsatzbrocken aus, dass es für Ihr Gesamtergebnis relevant ist?

Stadlhofer:
Bei einem Umsatz über 800 Mio. Euro fällt ein Segment mit knapp 10 Prozent Umsatzanteil schon sehr ins Gewicht. Somit ja, zumal der großhandelsfähige Umsatz in der Elektrotechnik insgesamt deutlich unter dem des Installationstechnik-Marktes ist und wir da sehr, sehr erfolgreich sind. Wir haben aber auch in anderen Segmenten neue Angebote gemacht, so ist etwa die Befestigungstechnik mit MEFA und Fischer Dübel dazugekommen.

Sie haben die Schwäche des Sanitärmarktes angesprochen: Beschränkt sich das für Sie auf die Vorderwand-Industrie, oder sehen Sie auch schon das Hinterwand-Segment unter Druck?

Stadlhofer:
Hinterwand ist derzeit noch flach, wird aber 2024 ebenfalls unter Druck kommen.

Während Corona und den darauffolgenden Lieferproblemen hat der Großhandel seine Läger massiv aufgebaut. Die Lieferketten funktionieren wieder. Bleiben die Läger vorsichtshalber so groß, um lieferfähig zu bleiben, oder bauen Sie wieder ab?

Stadlhofer: Die Läger werden vernünftig abgebaut, und zwar so, dass die Lieferfähigkeit erhalten bleibt. Insgesamt hat ein Umdenken eingesetzt, das hat mit der erwähnten Änderung in der Zinslandschaft zu tun: Bei den Nullzinsen waren große Läger in den letzten beiden Jahren das richtige Mittel, um Lieferschwierigkeiten zu begegnen. Jetzt kostet jeder Artikel auf Lager durch die hohen Zinsen zusätzlich an Liquidität.
  • Thomas Stadlhofer Frauenthal
    „Bei den Nullzinsen waren große Läger in den letzten beiden Jahren das richtige Mittel, um Lieferschwierigkeiten zu begegnen. Jetzt kostet jeder Artikel auf Lager durch die hohen Zinsen zusätzlich an Liquidität."


(Digitale) Unterstützung für Sanierungsprojekte

Sie haben zu Beginn die positiven Aussichten in der Sanierung erwähnt. Wie bereiten Sie sich darauf vor, wie unterstützen Sie Ihre Kund*innen bei der Realisierung des Sanierungs-Geschäfts?

Stadlhofer:
Was sich immer mehr bewährt, ist die Kombination aus Produkt- und Lösungsangebot, die vor allem in der Sanierung wirkt. Ein Beispiel: Wenn ein Installateur-Kunde eine Wärmpumpe verkauft, interessieren sich seine Kund*innen vielleicht auch für eine PV-Anlage, die dieser Installateur nicht beraten, auslegen und montieren kann. Dann machen wir das für ihn auf seine Rechnung und bieten die umfassende Dienstleistung aus Beratung, Auslegung, Lieferung und Montage dafür an. Wir wollen unseren Kund*innen helfen, ihr Geschäft mit unserem Lösungsportfolio einfacher zu machen. Die PV-Montage durch B&E Service ist hier nur ein Beispiel für eine Lösung. Eine weitere Stoßrichtung ist die Digitalisierung: mit unseren neu gelaunchten Apps geben wir unseren Kund*innen ein Werkzeug in die Hand, das ihnen große Effizienzgewinne beim Geschäft mit den Endkund*innen bringt. Effizient ist gerade in Zeiten von geringeren Volumen wichtig und bei komplexeren Sanierungsprojekten erst recht.

Geben Sie mir ein Beispiel, wie Ihre App bei einem Sanierungsprojekt helfen kann.


Stadlhofer:
Nehmen Sie Track & Trace. Unsere Kund*innen wissen immer genau, wo die bestellte Ware auf dem Weg zu ihnen gerade ist, können kurzfristig den Abstellort ändern und sogar mit den LKW-Fahrer*innen direkt Kontakt aufnehmen. Auch die Produktsuche funktioniert in den Apps unserer Marken SHT, ÖAG, Kontinentale und Elektromaterial.at perfekt. Hier finden unser Kund*innen alle wichtigen Produktinformationen inklusive ihrer individuellen Netto-Preise und der Verfügbarkeiten der Artikel, und zwar auch in den nahgelegenen Abholmärkten. Das funktioniert auch offline im Heizungskeller! Mein Maßstab sind hier unsere erfahrenen Kolleg*innen im Außendienst, die ihre Installateur*innen seit Jahrzehnten betreuen: Wenn die mir sagen, dass die Apps tolle Lösungen sind und ihren Kund*innen wirklich helfen, dann sind wir auf dem richtigen Weg.

Die Frauenthal-Expo findet 2024 von 24.–26. Jänner in der Messe Wien statt.

- © Frauenthal

Relaunch für Online-Shops auf der Frauenthal Expo

Bedeutet das, dass sie in Sachen Digitalisierung auf mobile Anwendungen setzen?

Stadlhofer:
Jein. Die mobilen Apps sind eine Ergänzung unseres Lösungsportfolios, unsere Online-Shops haben den wesentlich höheren Bestellanteil. Aber auch bei den Onlineshops der Marken bringen wir noch heuer einen tollen Relaunch für unsere Kund*innen. Wir planen das dann groß auf der kommenden Frauenthal-Expo von 24.–26. Jänner in der Messe Wien vorzustellen. Nur so viel vorab: Die Apps werden dann mit den Shops kommunizieren und alle Features, die es jetzt schon in den Apps gibt, funktionieren dann auch in den Shops, wie zum Beispiel: Track & Trace und noch viel mehr.

Wird sich der Digital-Anteil weiter erhöhen, oder sehen Sie da schon eine Grenze erreicht?


Stadlhofer:
Wir sind eine Branche, die von Beziehungen lebt. Wir haben Mitarbeitende, die seit 45 Jahren im Unternehmen sind und eine entsprechend enge Bindung zu ihren Kund*innen aufgebaut haben. Unsere 76 Abholmärkte sind auch wichtige Orte für die Kund*innenbeziehung. Unsere Aufgabe ist es, alle Kanäle zu bedienen und den Kund*innen die Wahlmöglichkeit zu bieten. Die Auswahl des für ihn passenden Vertriebskanals treffen die Kund*innen.

Corona und die Lieferketten-Probleme haben gezeigt, dass der 3-stufige Vertriebsweg vielleicht doch nicht so schlecht ist.

3-stufiger Vertriebsweg und Digitalisierung

20 Jahre lang hat der 3-stufige Vertriebsweg misstrauisch auf Online-Shops aller Art geblickt. Täuscht mein Eindruck, oder ist mittlerweile wirklich deutlich weniger Thema als noch vor wenigen Jahren?

Stadlhofer:
Ich denke, der Eindruck täuscht nicht. Corona und die Lieferketten-Probleme haben gezeigt, dass der 3-stufige Vertriebsweg vielleicht doch nicht so schlecht ist.

Aber warum? Die Pandemie hat der Digitalisierung und dem sozial distanzierten Handel doch insgesamt einen Riesenschub gegeben.


Stadlhofer:
Ja, aber B2C! Die Menschen haben online bestellt, weil die Geschäfte geschlossen waren und sich daran gewöhnt nicht mehr zum Schuhhändler zu gehen. Der B2B-Großhandel, die 3-Stufigkeit wurde meiner Meinung nach gestärkt, weil wir gerade in schwierigen Zeiten unseren Kund*innen nicht im Stich lassen und über Telefon oder E-Mail geholfen haben, wenn es eng wurde. Unsere Mitarbeitenden waren für die Kund*innen da und haben, wenn ein wichtiges Teil mal nicht lieferbar war, alternative Lösungen gesucht oder bei der Industrie Druck gemacht.

  • Thomas Stadlhofer Frauenthal
    „Es wird Lösungen geben müssen, um den Menschen wieder zu ermöglichen, sich Häuser zu bauen und Wohnraum zu schaffen. Ich glaube, dass wir schon Ende 2024 eine Trendwende spüren werden und der Wohnbau wieder anspringt."



Baukonjunktur: Ausblick auf 2025

Dass 2024 eine Talsohle zu erwarten ist, darüber sind sich alle einig. Was muss passieren, damit sich das ändert? Wie ist Ihr Ausblick für 2025?

Stadlhofer:
Für die Delle bei neuen Bauprojekten sind die hohen Zinsen und die verschärften Kreditvergaberichtlinien verantwortlich. Hier wird es Lösungen geben müssen, um den Menschen wieder zu ermöglichen, sich Häuser zu bauen und Wohnraum zu schaffen. Das muss rasch passieren, daher glaube ich, dass wir schon Ende 2024 eine Trendwende spüren werden und der Wohnbau wieder anspringt. Ein zweiter Faktor ist, dass es bald Klarheit geben muss, wie die Klimaziele erreicht werden sollen und wie die Rahmenbedingungen und vor allem der Zeitplan für Heizungstausch und Sanierung sein werden. Dabei führt kein Weg an der Wärmepumpe vorbei.

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Für die Delle bei neuen Bauprojekten sind die hohen Zinsen und die verschärften Kreditvergaberichtlinien verantwortlich, sagt Frauenthal-CEO Stadlhofer. - © Michael Rosskothen - stock.adobe