Österreichischer Großhandel im Wandel : Thomas Stadlhofer: „Nach 15 Jahren wollte ich etwas Neues machen“

Thomas Stadlhofer, Vorsitzender der Geschäftsführung/CEO Rexel Austria spricht im Interview über seinen Wechsel von der Frauenthal zum Elektrogroßhändler.
- © Briana PfaffelWird Elektro-Riese Rexel die Erfahrung von Thomas Stadlhofer dafür nutzen, auch im Sanitär-Großhandel einzusteigen? Werden „Querschnittsmaterien“ wie Wärmepumpen oder Photovoltaik in der Elektrotechnik stärker forciert werden? Die Spekulationen schossen nach dem überraschendsten und spektakulärsten Jobwechsel des Jahres ins Kraut. TGA hat bei Thomas Stadlhofer nachgefragt. Der neue Österreich-Geschäftsführer von Rexel hat ein konjunkturbedingt intensives erstes Jahr an der Spitze des Elektrogroßhändlers hinter sich: Ein Gespräch über Zwei-Marken-Strategien, Französisch-Kenntnisse, Akquisitionen und Online-Shops.
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Frauenthal zu Rexel: Die Gründe für den Wechsel
TGA: Herr Stadlhofer, Ihr doch sehr plötzlicher Wechsel von der Frauenthal zu Rexel hat in der Installationsbranche für viele Spekulationen gesorgt. Klären Sie uns auf: Was war damals Ihre Hauptmotivation für diesen Schritt?
Thomas Stadlhofer: Nach 15 Jahren wollte ich etwas Neues machen und das Angebot von Rexel kam für mich zum richtigen Zeitpunkt, die Nachfolge von Robert Pfarrwaller als Geschäftsführer Rexel Österreich anzutreten.
In Ihrer Position läuten Headhunter regelmäßig durch. Warum haben Sie sich da gerade für Rexel entschieden und nicht für ein anderes Angebot?
Stadlhofer: Die interessanten Angebote im Großhandel, wo ich meine Erfahrung einbringen kann, sind nicht so breit gesät. Mit der Entscheidung von Robert Pfarrwaller, in Pension zu gehen, hat sich ein kurzes Zeitfenster geöffnet, das für mich perfekt gepasst hat.
Rexel ist ein französischer Konzern, wie steht’s mittlerweile um Ihr Französisch?
Stadlhofer: Wir kommen im Konzern mit Englisch sehr gut durch, schließlich passiert die Hälfte des Konzernumsatzes in Nordamerika.
Es bleibt weiterhin schwierig. Ich sehe im kommenden Jahr kein Wachstum, bestenfalls eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau.
Marktsituation im Baunebengewerbe
Die Marktsituation ist derzeit in allen Baunebengewerken schwierig. Hat das eine Rolle für Sie beim Wechsel gespielt?
Stadlhofer: Nachdem es überall schwierig ist, hat das keine Rolle gespielt. Die Entscheidung für Rexel ist zum letzten Jahreswechsel gefallen. Da war zwar klar, dass es ein schwieriges Jahr werden würde, aber dass es in der Bauwirtschaft so weit runtergeht, das war nicht absehbar.
Wie schätzen Sie aus heutiger Sicht 2025 ein?
Stadlhofer: Es bleibt weiterhin schwierig. Ich sehe im kommenden Jahr kein Wachstum, bestenfalls eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau. Die Entwicklung wird sicher auch von der neuen Regierung abhängig sein und welche Maßnahmen diese zur Belebung der Wirtschaft priorisiert. Denn das wird es brauchen. Man muss kein Hellseher sein, um zu wissen, dass da noch einiges auf uns zukommt. Die Insolvenz von KTM war nur der Start, es wird noch bei einigen Zahlungsunfähigkeiten und Mitarbeiter-Reduzierungsmaßnahmen geben. Das wird auch auf den Großhandel Auswirkungen haben.
Was sind für den Elektrotechnik-Großhandel die schwierigsten Punkte?
Stadlhofer: Dass der Neubau nicht anspringt. Die KIM-Verordnung läuft zum Glück im Sommer aus, wir werden sehen, ob der Einfamilienhausbau dann wieder interessanter wird. Ein großes Thema speziell für die Elektrotechnik ist die PV-Deflation. Hier haben wir einen massiven Preisrückgang, der durch Preiskämpfe der chinesischen Modulhersteller untereinander verursacht wurde. Aktuell verkaufen wir bei Rexel gleich viele Megawatt PV, aber eben mit deutlich weniger Umsatz.

Nachdem gerade Weihnachten ist und sich jeder etwas wünschen darf: Was wäre Ihre Wunschliste an die Regierung?
Stadlhofer: Wir brauchen Investitionsförderungen. Nach jeder Krise haben wir gesehen, dass das einen Unterschied ausmacht. Wohnbau muss erleichtert und die Sanierung muss angekurbelt werden, und darüber hinaus muss Europa als Industriestandort wieder attraktiver gemacht werden.
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Ein großes Thema speziell für die Elektrotechnik ist die PV-Deflation.
Parallelen und Unterschiede zwischen den Gewerken
Wo sehen Sie Parallelen zwischen der Elektro- und der Installationsbranche?
Stadlhofer: Diese Branchen sind sehr ähnlich. Im Kern werden Produkte an den Handwerker verkauft und geliefert. Es sind Beziehungsbranchen, und hier haben wir bei Rexel wirklich tolle Teams mit hervorragenden Kundenbeziehungen. Mit Schäcke in Richtung Gewerbe und mit Regro für die Industrie und Facility Management-Betriebe haben wir zudem eine sehr klare Struktur.
Und was ist für Sie der größte Unterschied?
Stadlhofer: Im Sanitärgeschäft ist die Drei- und Zweistufigkeit gesetzt. In der Elektrobranche ist das noch nicht so eindeutig, die Kundinnen und Kunden kaufen teils beim Großhandel, teils bei der Industrie direkt. Das heißt umgekehrt, dass viele Industrieunternehmen sowohl über den Großhandel als auch direkt auf die Baustelle liefern. Hier sehe ich noch viel Potenzial, die Vorteile, die wir als Großhändler bieten können, den Lieferanten auch zu kommunizieren.
Nachdem das Geschäft ja in der Elektrotechnik offenbar auch „doppelgleisig“ immer ganz gut funktioniert hat, welche relevanten Vorteile können Sie da bieten?
Stadlhofer: Die Lieferanten haben durch die Doppelgleisigkeit nicht nur den zusätzlichen Kostenfaktor Verteillogistik, sondern auch den Verkauf mit den nötigen Strukturen vom Bestellwesen bis zur Rechnungslegung und Retourabwicklung. Wenn sich die Lieferanten auf den Vorverkauf konzentrieren, können sie enorme Kosten reduzieren – und wir als Großhandel haben die nötige Struktur inklusive einer punktgenauen Zustellung an den Kunden. Das ist eine Win-Win-Win-Situation für den Lieferanten, den Kunden und uns.
Die Gewerke sind separat so gut ausgelastet, es gibt keine Notwendigkeit dafür, beides in eine Hand zu legen.
Wärmepumpen, Photovoltaik und andere Überschneidungen
Sehen Sie Potenzial, neben dem elektrotechnischen Kerngeschäft auch Sanitär- und Heizungsmaterial an die Rexel-Kunden zu liefern?
Stadlhofer: Nein, das sehe ich nicht. Es gibt bei den Handwerkern in Österreich noch zu wenige Doppelkonzessionäre, die beide Gewerke aktiv ausüben. Dieser Markt ist für uns als Elektrogroßhändler aktuell kein Geschäftsmodell.
Neben der angesprochenen Photovoltaik ist die Wärmepumpe der zweite große Überschneidungspunkt zwischen den Gewerken, noch dazu ist das langfristig eindeutig ein Wachstumsmarkt. Auch das ist kein Thema für Sie?
Stadlhofer: Wir bieten zwar Wärmepumpen an, aber ich sehe nicht, dass dieses Produkt stärker in Richtung Elektrotechniker wandern kann. Die Wärmepumpe ist ein Mittel zum Zweck, sie ist ein Heizgerät: Die Anbindung an die Heizung ist klar Sache des Installateurs. In anderen Ländern ist das freilich anders, beispielsweise in den Benelux-Ländern, wo es auch viel mehr Doppelkonzessionäre gibt.
>>> Anregung für eine Nicht-Verschrottungs-Prämie für Wärmepumpen
Nachdem Sie den Fokus ganz auf der Elektrotechnik belassen: Dass die beiden Gewerke Elektro- und Sanitär-Installation näher zusammenwachsen werden, wie seit vielen Jahren immer wieder angenommen wird, sehen Sie nicht?
Stadlhofer: Die Gewerke sind separat so gut ausgelastet, es gibt keine Notwendigkeit dafür, beides in eine Hand zu legen. Der Druck, da näher zusammenzuwachsen, ist aus meiner Sicht in den letzten Jahren abhandengekommen. Dazu haben sicher auch die vielen Initiativen zur Energiewende und zum Heizungstausch beigetragen.
Ein auffälliger Unterschied zwischen Großhändlern beider Gewerke ist, dass in der Elektrotechnik die Eigenmarke eine deutlich kleinere Rolle spielt. Wäre das nicht auch ein potenzieller Wachstumsmarkt?
Stadlhofer: Das ist in der Sanitärbranche deshalb einfacher, weil hier die Kunden und der Großhandel im selben Boot sitzen: Beide wollen nicht, dass ihre Vorderwand-Produkte ständig im Online-Preisvergleich mit Badshop-Anbietern sind und die Serviceleistung völlig untergeht. In der Elektrotechnik ist die Anzahl jener Produkte mit Online-Präsenz deutlich geringer.
Regro und Schäcke sind gut etablierte Marken, so wie SHT und ÖAG, aber mittlerweile mit einer klaren Trennung.
Übernahmen und Akquisitionen bei Rexel
Rexel ist dem Thema Akquisition international recht zugeneigt. Nachdem derzeit generisches Wachstum nur schwer möglich scheint, wären Übernahmen doch der logische Weg, oder?
Stadlhofer: Es gibt derzeit keine Verkäufer, dazu ist die wirtschaftliche Situation zu schwierig. Wer heute verkaufen will, der bekommt für sein Unternehmen sicher nicht das, was er sich vorstellt. Die Umsatz- und Ergebniszahlen sprechen aktuell einfach dagegen.
Die Alternative dazu wäre die Übernahme von Spezialisten oder Nischenanbietern, um das Portfolio zu erweitern. Wie stehen Sie dem gegenüber?
Stadlhofer: Spezialisten sind selbstverständlich ein Thema, wenn sie einen Mehrwert bringen. Rexel hat zum Beispiel Comtech gekauft, das ist ein tolles Digitalisierungsunternehmen, dessen Produkte unser Angebot bereichern. Generell sehe ich die Akquisitionsfrage opportunistisch, wir werden sehen, was sich ergibt.
Rexel fährt, so wie Frauenthal, eine Zwei-Marken-Strategie mit Regro und Schäcke. Wo sehen Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den Frauenthal-Marken SHT und ÖAG?
Stadlhofer: Das ist wirklich in vieler Hinsicht anders. Die beiden Rexel-Marken Regro und Schäcke sind gut etablierte Marken, so wie SHT und ÖAG, aber mittlerweile mit der klaren Trennung in Industrie bei Regro und den Gewerbekunden bei Schäcke. Da gibt es heute praktisch keine Überschneidungen mehr.

Wir versuchen uns in schwierigen Zeiten aufs Wesentliche zu konzentrieren.
Personalstand und Serviceorientierung
Wie bei allen Marktteilnehmern gibt es auch bei Ihnen Veränderungen im Personalstand. Wie viele Mitarbeitenden mussten Sie abbauen, und wie lösen Sie das?
Stadlhofer: Rexel ist das schon Ende 2023 strukturiert und in Abstimmung mit dem Betriebsrat angegangen. So wurde etwa schon mit Anfang 2024 ein „hire-freeze“ ausgesprochen. Es gibt derzeit keine Nachbesetzungen bei Pensionierungen oder bei der natürlichen Fluktuation. In manchen Bereichen konnten wir gemäß unserer Strategie Abläufe optimieren, Synergien nutzen, Effizienzen und Produktivität steigern z.B. durch Automatisierung - seit Anfang des Jahres haben wir einen Autostore. Dadurch und durch den verstärkten Fokus auf unsere Kernkompetenzen konnten gewisse Positionen ebenso eingespart werden. Wobei ich auch erwähnen möchte, dass wir in den letzten drei Jahren auch ca. 70 Mitarbeiter*innen zusätzlich eingestellt haben. Die Anzahl der heurigen Reduktion liegt in jedem Fall deutlich darunter und es war uns wichtig sicherzustellen, dass es zu keiner Serviceverschlechterung in Richtung Kunden kommt. Das ist uns auch gut gelungen.
Zum Abschluss würde ich gerne zum Anfang zurückkehren: Sie haben gesagt, die Hauptmotivation für den Wechsel war der Wunsch, etwas Neues zu machen. Jetzt haben wir uns aber doch wieder über dieselben Themen unterhalten wie in Ihrer ehemaligen Position. Haben Sie bei Rexel etwas Neues umsetzen können, was bei der Frauenthal nicht möglich gewesen wäre?
Stadlhofer: Nein. Ich bin ja dort nicht weg, weil mir irgendwas nicht möglich gewesen wäre. Für einen Neustart hätte sich jeder einen wirtschaftlich einfacheren Zeitpunkt vorgestellt. Es war ein intensives halbes Jahr bei Rexel mit vielen positiven Veränderungen, die wir schon umgesetzt haben. Was ich aber schon mitgenommen habe aus meiner alten Firma, das ist die Erfahrung, was im Großhandel gut funktioniert: Das will ich hier verstärken. Und was nicht so gut funktioniert: Das lasse ich einfach weg. Wir versuchen uns in schwierigen Zeiten aufs Wesentliche zu konzentrieren und nützliche Dinge für unsere Kundinnen und Kunden zu machen. Wir nennen das „x² “, wobei X für Rexel steht und das Quadrat bedeutet, dass wir die PS noch besser auf die Straße bringen und den Kunden noch mehr in den Fokus stellen wollen. Dabei haben wir jetzt schon wirklich tolle Erfolge.