Photovoltaik und Solarthermie in einem : PVT: Was steckt hinter der doppelten Energiegewinnung?

Bis 2021 verzeichnete die Neuinstallation von PVT-Kollektoren stetiges Wachstum. Seitdem hat sich dieses deutlich eingebremst.

Bis 2021 verzeichnete die Neuinstallation von PVT-Kollektoren stetiges Wachstum. Seitdem hat sich dieses deutlich eingebremst.

- © AEE Intec

PVT-Kollektoren, die in einem Paneel sowohl Elektrizität als auch Wärme erzeugen, haben sich einen Platz an der Sonne erkämpft. Laut dem Branchenreport „Solar Heat Worldwide“ der Internationalen Energieagentur (IEA) waren 2023 in Summe 1,6 Millionen Quadratmeter installiert. Das entspricht einer thermischen Leistung von 822 und einer elektrischen Leistung von 292 Megawatt.

Mit knapp über einer Million Quadratmetern waren die Europäer bislang etwa siebenmal so fleißig wie die Chinesen, die Europa beim Photovoltaik-Zubau längst den Rang ablaufen. „Nach Fläche betrachtet ist Frankreich europäischer Marktführer mit mehr als 600.000 Quadratmetern installierter Kollektorfläche“, erklärt Monika Spörk-Dür vom Institut für Nachhaltige Technologie AEE Intec. Es folgen Deutschland (rund 160.000 Quadratmeter) und die Niederlande (127.000). In etwa jeweils zwischen 25.000 und 35.000 Quadratmetern liegen Spanien, Italien und die Schweiz.

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PVT in Österreich: Die Zahlen

Und Österreich? Das Alpenland ist vorerst noch ein weißer Fleck auf der PVT-Landkarte. Viel mehr als 4.600 Quadratmeter sind’s nicht, die hierzulande bislang installiert wurden. Sieht man sich die globale Marktentwicklung an, so lässt sich für den Zeitraum zwischen 2017 und 2020 ein robustes Wachstum von durchschnittlich neun Prozent im Jahr feststellen. 2021 wurde mit plus 13 Prozent ein Spitzenwert erzielt.

Seitdem geht es abwärts: minus 37 Prozent im Jahr 2022 sowie minus 30 Prozent in 2023. Im Vorjahr wurden damit nur mehr Paneele mit 29,5 Megawatt thermischer und 14,5 Megawatt peak elektrischer Gesamtleistung zugebaut. Ein Hauptgrund für dieses Auf und Ab liegt wie so oft in einer inkonsequenten Förderpolitik. Daraus resultierend kam der französische PVT-Markt praktisch zum Erliegen. Was wiederum Auswirkungen auf Deutschland und die Niederlande hatte, deren Märkte 2023 um 22 Prozent bzw. 59 Prozent einbrachen.

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Gleichwohl gibt es auch ermutigende Beispiele: Spanien wuchs im Vorjahr um 34 Prozent bzw. knapp 8.000 Quadratmeter, was – im Vergleich – deutlich über der installierten Gesamtleistung Österreichs liegt. Und Belgien legte um 20 Prozent oder gut 1.000 Quadratmeter zu.

Der spanische Hersteller Arbora Solar lieferte mehr als 1.000 PVT-Paneele für das Schwimmsportzentrum in Barcelona.
Der spanische Hersteller Arbora Solar lieferte mehr als 1.000 PVT-Paneele für das Schwimmsportzentrum in Barcelona. - © Arbora Solar

Warum PVT?

PVT-Module produzieren sowohl Strom als auch Wärme. Dadurch steigern solche photovoltaisch-thermischen Kollektoren ihre Effizienz im Vergleich zu den beiden Einzeltechnologien erheblich. Während PV-Module allein etwa 20 Prozent der eingestrahlten Sonnenenergie in Form von Strom nutzbar machen können, liegt die Effizienz von PVT-Kollektoren bei ca. 70 Prozent.

Hinter den herkömmlichen PV-Modulen im Hybridkollektor befindet sich ein Wärmetauscher. Er wird von einem Wärmeträger durchströmt und leitet so die Abwärme der PV-Anlage sowie die Umgebungswärme vom Dach ab – und erschließt eine mögliche Energiequelle für eine Wärmepumpe. Die Abkühlung der PV-Module steigert zudem den Wirkungsgrad bei der Stromerzeugung.

PVT und Wärmepumpe

„Photovoltaisch-thermische Kollektoren erzeugen gleichzeitig Strom und Wärme aus Sonnenenergie“, erklärt Korbinian Kramer, Gruppenleiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE). „Kombiniert mit einer Wärmepumpe können sie zur effizienten und klimafreundlichen Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser genutzt werden.“

Im laufenden Projekt integraTE beschäftigt sich das Forschungsinstitut bereits seit Ende 2019 mit dem Energiemonitoring von PVT-Demonstrationsanlagen. Die Informationen über Systemverhalten und Energieflüsse sind dabei online für Herstellerpartner verfügbar, um Erfahrungswerte zu Anlageneffizienz und -erträgen zu gewinnen. Ziel des Verbundprojekts, an dem auch der deutsche Bundesverband Wärmepumpe und einschlägige Hersteller wie Bosch Thermotechnik und NIBE Systemtechnik beteiligt sind, ist es, eine stärkere Marktdurchdringung von Wärmepumpen mit PVT-Kollektoren im Gebäudesektor zu erreichen.

Kramer: „Bislang kamen nahezu ausschließlich entweder Erdwärme oder Außenluft als Wärmequelle für Wärmepumpen im Gebäudesektor infrage. Gerade im Sanierungsbereich können diese beiden Wärmequellen aber oft nicht erschlossen werden.“ Hier biete der Einsatz von PVT-Kollektoren eine Chance. Durch die mit solarer Wärme angehobenen Quelltemperaturen können Wärmepumpen effizienter arbeiten. Im Gegensatz zu Wärmepumpen mit Außenlufteinheit entstehen zudem keine Geräuschemissionen. Und natürlich erhöht sich der Eigennutzungsgrad der selbst erzeugten elektrischen Energie.

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„Kombiniert mit einer Wärmepumpe können PVT-Kollektoren zur effizienten und klimafreundlichen Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser genutzt werden", erklärt Korbinian Kramer vom Fraunhofer ISE.
„Kombiniert mit einer Wärmepumpe können PVT-Kollektoren zur effizienten und klimafreundlichen Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser genutzt werden", erklärt Korbinian Kramer vom Fraunhofer ISE. - © Fraunhofer ISE

Das Zusammenspiel von PVT und Wärmepumpe

- © Fraunhofer ISE

PVT in der Nahwärme

Am Markt haben sich spezialisierte Anbieter von PVT-Modulen etabliert. Mit Sunmaxx kommt einer der weltweit führenden Anbieter in diesem Bereich aus einer sächsischen Kleinstadt. Erst heuer hat das Unternehmen nahe Dresden eine neue Produktionsstätte eröffnet. Mit einer jährlichen Kapazität von 120.000 PVT-Modulen zählt sie zu den weltweit größten ihrer Art.

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„Als einziger Hersteller kombinieren wir Thermomanagement-Technologie aus dem Automobilbereich mit modernster Solartechnologie“, erklärt CEO Wilhelm Stein. Der zertifizierte Gesamtwirkungsgrad liegt bei 80 Prozent. „Unser Technologie- und Entwicklungsvorsprung gegenüber der internationalen Konkurrenz beträgt mehrere Jahre.“

Ein noch junges Vorzeigeprojekt der Sachsen ist das Veranstaltungszentrum Zehntscheuer in der Altstadt von Echterdingen. Über den Sommer wurden hier 156 Sunmaxx-Module an einer Aufdach-Anlage montiert. Auftraggeber waren die regionalen Stadtwerke. „Mit dem Projekt Zehntscheuer nimmt Echterdingen eine Vorreiterrolle bei der Planung künftiger Nahwärmenetze ein“, so Sunmaxx-CSO Franz Ziering. „Durch den Einsatz photovoltaisch-thermischer Hybridmodule wird die Dekarbonisierung im Gebäudesektor deutlich beschleunigt.“

Nahe Dresden wurde eine der weltweit größten Produktionsstätten für PVT-Module eröffnet.
Nahe Dresden wurde eine der weltweit größten Produktionsstätten für PVT-Module eröffnet. - © Sunmaxx
Unser Technologie- und Entwicklungsvorsprung gegenüber der internationalen Konkurrenz beträgt mehrere Jahre.
Wilhelm Stein, Sunmaxx

Photovoltaik-Thermie vs. Photovoltaik

Mit Soblue ist ein bedeutender Hersteller in der Schweiz zu Hause. CTO Alex Bircher sieht seine PVT-Technologie vor allem in Konkurrenz zu herkömmlichen PV-Modulen: „Ein soblue-Panel mit einer Fläche von 2,1 Quadratmetern erzielt einen maximalen Output von 440 Watt peak elektrisch und 1.350 Watt peak thermisch. Im Vergleich zu PV-Kollektoren erreichen wir damit auf gleicher Fläche ein Mehrfaches an Energieertrag.“

Der Gesamtwirkungsgrad bezogen auf die eingefangene Sonnenenergie beträgt 81 Prozent im Labor. Im Alltagseinsatz liegt er immerhin noch bei 55 bis 65 Prozent. „Die Effizienz der Energiegewinnung beruht auf dem direkten und vollflächigen Wärmeaustausch. Auch bei schwacher Sonneneinstrahlung, in der Nacht oder bei Regen lassen sich noch große Energieerträge erzielen.“

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Beim Neubau der großen Schweizer Autowerkstätte Carrosserie Pfister wurden im August 240 PVT-Panels installiert. Diese kommen auf 105 Kilowatt peak elektrische sowie 324 Kilowatt thermische Leistung. Im Zusammenspiel mit Erdsonden und Wärmepumpen versorgt das Energiesystem das Industriegebäude und die Prozessanlagen mit Strom, Wärme und Kühlung.

Photovoltaik-Thermie mit Erdsonden und Wärmepumpen verbindet das Energiesystem der Autowerkstatt Pfister in der Schweiz.
Photovoltaik-Thermie mit Erdsonden und Wärmepumpen verbindet das Energiesystem der Autowerkstatt Pfister in der Schweiz. - © soblue
Ein soblue-Panel mit einer Fläche von 2,1 Quadratmetern erzielt einen maximalen Output von 440 Watt peak elektrisch und 1.350 Watt peak thermisch.
Alex Bircher, Soblue

Solarwärme bei jeder Witterung

PVT-Lösungen eignen sich jedoch nicht nur für gewerbliche Objekte. Mit einem Projekt in Wallisellen bei Zürich demonstriert soblue, wie nachhaltiges Wohnen mit Photovoltaik-Thermie funktioniert. Die Aufgabenstellung bestand darin, ein Mehrfamilienhaus mit 1.200 Quadratmetern Energiebezugsfläche so CO2-neutral wie möglich mit Strom und Wärme zu versorgen.

Aufgrund des Quartierplans kam Geothermie nicht infrage. Durch die großzügige Aussichtsterrasse waren auch die Dachflächen entsprechend begrenzt. Die Lösung: ein nur 79 Quadratmeter großes PVT-Kollektorenfeld, das die Bewohner mit 65 Prozent des jährlichen Wärmebedarfs versorgt und gleichzeitig elektrische Energie für das Gebäude produziert.

Bircher: „Messungen im November ergaben eine Stromausbeute von elf Kilowattstunden pro Kollektor. Der Wärmeertrag hingegen betrug – trotz kühler Temperaturen und bedecktem Himmel – rekordverdächtige 100 Kilowattstunden.“

Ein Kollektorenfeld mit 79 Quadratmeter Fläche reicht, um dieses Mehrfamilienhaus mit Strom und Wärme zu versorgen.
Ein Kollektorenfeld mit 79 Quadratmeter Fläche reicht, um dieses Mehrfamilienhaus mit Strom und Wärme zu versorgen. - © soblue