Hybridheizung : Die hybride Hoffnung für den Heizungsmarkt
Inhalt
- Biomasse als Marktverlierer
- Die Städte bleiben bei Gas
- Wärmepumpe behauptet die Spitzenposition
- TGA Round Table – Hybridheizung nur mit Erneuerbaren: Kann das funktionieren?
- 2024: Aufschwung für Hybrid-Helden?
- Die drei entscheidenden Faktoren bei Hybrid-Heizungen
- Betrieb: Bivalent-alternativ oder bivalent-parallel?
- Kund*innennutzen setzt sich durch
Noch wird zusammengerechnet, doch eines lässt sich über das Heizungsjahr 2023 jetzt schon mit Sicherheit sagen: Die Rückgänge betreffen ausnahmslos alle Brennstoffarten und Technologien. Insgesamt schrumpfte der Heizungsmarkt um rund 25 Prozent, doch die Unterschiede zwischen den drei momentan wichtigsten Heizungstechnologien sind sehr groß. 2024 soll das Jahr der Hybridheizung werden, so hoffen namhafte Branchenvertreter.
Biomasse als Marktverlierer
Besonders hart getroffen wurden die Holzkessel, die laut VÖK einen Rückgang von 53 Prozent gegenüber dem Jahr 2022 zu verzeichnen hatten. Ernst Hutterer, Geschäftsführer von Fröling, gibt jedoch zu bedenken: „Mit einem Absatz von rund 14.700 Stück liegt dieses Marktsegment aber noch immer deutlich über dem Vorkrisenabsatz!“ Denn die Jahre 2021 und 2022 waren absolute Ausnahmejahre.
Die Sonderkonjunktur wegen des Ukraine-Kriegs, befeuert durch die globalen Lieferschwierigkeiten in allen Industriesegmenten, hatten für einen nie dagewesenen Run auf die Heizungssanierung gesorgt. Darum ist Vorsicht geboten beim direkten Vergleich von 2023 mit den Jahren davor. Bei den Pellets kamen, so Hutterer, aber auch hausgemachte Probleme dazu: „Die Nachfrage nach Pelletskesseln ist aufgrund der kurzfristig hohen Pelletspreise deutlich zurückgegangen, während die Nachfrage nach Stückholzkesseln sogar gestiegen ist.“
Die Städte bleiben bei Gas
Interessant ist die Entwicklung bei Gas: Während nach dem russischen Überfall die Hauptmotivation für den Heizungsboom noch „raus aus (russischem) Gas“ war und die Sorge darüber, dass die Gaslieferungen aus dem Osten versiegen könnten, zu einem Boom bei allen anderen Heizungsarten zum Erliegen kam, ist der Rückgang bei Gas 2023 deutlich gebremst. Mit einem Minus von 13 Prozent gegenüber 2022 konnte der Verfall in Grenzen gehalten werden.
Das führt Hutterer vor allem auf den städtischen Bereich zurück: „Primär handelt es sich bei den rund 27.500 eingebauten Gasgeräten um Thermen für den mehrgeschossigen Wohnbau, wo es technisch noch nicht wirklich Alternativen gibt.“
Hier sprechen manche Marktteilnehmer in den urbanen Gebieten sogar vom besten Gasjahr seit langem, während bodenstehende Lösungen für Einfamilienhäuser am Markt kaum mehr eine Rolle spielen. Mittelfristig hofft die VÖK aber auf grünes Gas: „Alle diese Geräte können selbstverständlich auch mit Biomethan und bis zu 20 Prozent Wasserstoff betrieben werden“, so der stellvertretende Vorsitzende der Österreichischen Kessel- und Heizungsindustrie.
Um die Klimaziele noch zu erreichen, müssen durchschnittlich mindestens 60.000 neue Heizungswärmepumpen pro Jahr installiert werden!Richard Freimüller, Wärmepumpe Austria
Wärmepumpe behauptet die Spitzenposition
Verlierer und Gewinner gleichzeitig ist der frisch gebackene Marktführer am Heizungsmarkt, die Wärmepumpe. Zwar verzeichneten diese ein Minus von 13 Prozent gegenüber 2022, als die Wärmepumpe einen Rekordzuwachs verzeichnete und erstmals die meistgekaufte Heizungslösung war. Aber der Gesamtabsatz von etwas über 43.000 Geräten liegt noch immer deutlich über dem Vorkrisenniveau.
Richard Freimüller, Präsident vorn Wärmepumpe Austria, blickt mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf die Entwicklung. „Unser Vorhaben, den Rekordumsatz von 2022 mit 50.000 neu installierten Wärmepumpen zu wiederholen, wurde deutlich verfehlt“, gibt er zu.
Das liegt vor allem an einem plötzlichen Marktrückgang im dritten Quartal, für den er das Scheitern des Erneuerbaren-Wärme-Gesetzes und die Einbrüche im Neubau – dem Sektor, in dem die Wärmepumpe mittlerweile fast Alleinstellung erreicht hat – verantwortlich. Die Ankündigung von höheren Bundes- und Landesförderungen statt des EWG brachte den gesamten Heizungsmarkt in den letzten Monaten des Jahres praktisch zum Erliegen.
Doch Freimüller erwartet nicht zuletzt wegen der EWP-Förderungen ein „Heizungstauschjahr 2024“, für das er die Wärmepumpenbranche gut gerüstet sieht. Die Lieferprobleme von 2022 sind ausgeräumt, die Dekarbonisierung mache einen Tausch von fossil betriebenen Heizungssystemen nötig. Freimüller: „Um die Klimaziele noch zu erreichen, müssen durchschnittlich mindestens 60.000 neue Heizungswärmepumpen pro Jahr installiert werden!“ Derzeit sei dieses Ziel zwar in weite Ferne gerückt, aber die Anfragen von Seiten der Heizungskund*innen seien wieder deutlich gestiegen. Sein Fazit: „Es wird ein gutes Jahr für die Wärmepumpenbranche – und das Klima!“
TGA Round Table – Hybridheizung nur mit Erneuerbaren: Kann das funktionieren?
Am 29. Februar, 14 Uhr haben ausgewählte Expert*innen über die Zukunft der Hybridheizung diskutiert: Wie die Kombination verschiedener Wärmeerzeuger mit erneuerbaren Energieträgern von einer umweltfreundlichen, sicheren Lösung für die Betreiber zu einem rentablen Geschäftsmodell für die Ausführenden werden kann, diese Frage stand dabei im Mittelpunkt.
- Bivalent und multivalent heizen: Worauf es bei Installation und Betrieb ankommt
- Sicherheit durch die Kombination erneuerbarer Energieträger: Raus aus den Fossilen, rein in die Unabhängigkeit
- Heizkosten durch intelligente Steuerung und preissensible Brennstoffauswahl minimieren
- Die Erfolgsfaktoren Systemabstimmung und Lastmanagement
- Ausfallsicherheit erhöhen, Investitionskosten reduzieren
2024: Aufschwung für Hybrid-Helden?
Was schon im Vorjahr zu bemerken war, setzt sich heuer weiter fort: Die Hybridheizung ist wieder stärker in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt. Der Wunsch der Kund*innen nach einer zukunftssicheren Heizungslösung lässt sich angesichts der schwer zu prognostizierenden Weltlage am besten durch ein mehrfach abgesichertes System erfüllen:
Wer sich nicht von einer Technologie und einer Energieform abhängig macht, sondern im Bedarfsfall – wie etwa bei Preisschwankungen am Energiemarkt – seine Heizung einfach umstellen kann, der ist langfristig am besten abgesichert. Zudem lässt sich so ein System auch verlässlich am umweltfreundlichsten und sparsamsten betreiben, so das Versprechen von bivalenten und multivalenten Systemen. Diese sind zwar teurer und brauchen bessere Planung und höheren Wartungsaufwand, doch sie treffen einen Bedarf.
Wie sehr die Industrie auf diesen Zug aufspringt, lässt sich an einer originellen Kampagne des Heizungslieferanten Remeha in Deutschland beobachten: Dort werden Handwerker*innen zu „Hybrid-Helden“ ausgebildet. „Wir rechnen mit einer starken Nachfrage an hybriden Lösungen“, erklärt dazu Remeha Vertriebsleiter Franz Killinger.
Den unternehmensinternen Wissens- und Erfahrungsvorsprung wolle man auf diesem Weg an Handwerkspartner*innen weitergeben. In Hybridlösungen sieht Remeha die Zukunft: „Mit Hybridsystemen lassen sich die Vorteile der einzelnen Technologien nutzen. So können Bedarfsspitzen, beispielsweise bei der Trinkwassererwärmung, durch einen Spitzenlastkessel schneller und häufig auch besser abgedeckt werden als durch eine Wärmepumpe. In der Grundlast wiederum ist die Wärmepumpe effizienter.“
Bei Einhaltung wichtiger Parameter ist die Hybridheizung eine einfach umsetzbare Möglichkeit, viele Vorteile in einem System zu vereinen.Ralf Andres, bösch
Die drei entscheidenden Faktoren bei Hybrid-Heizungen
Ähnlich argumentiert Ralf Andres: „Bei Einhaltung wichtiger Parameter ist die Hybridheizung eine einfach umsetzbare Möglichkeit, viele Vorteile in einem System zu vereinen“, so der Senior Product Manager für Biomasse, Gas und Öl bei bösch. Für ihn sind drei Faktoren entscheidend.
- Das erste ist die Systemabstimmung: Die Wärmeerzeugungssysteme müssen optimal aufeinander abgestimmt werden. Eine sinnvolle Steuerung ist entscheidend, um die unterschiedlichen Vorteile der Systeme bestmöglich zu nutzen.
- Das zweite ist das Lastmanagement: Um die optimale Betriebsweise der Hybridheizung sicherzustellen, sei intelligentes Lastmanagement wichtig. Die Steuerung sollte, basierend auf den aktuellen Bedingungen wie Außentemperatur und Wärmebedarf, automatisch zwischen den Wärmeerzeugungssystemen wechseln.
- Der dritte Erfolgsfaktor heißt Wartung und Service: Hier ist sicherzustellen, so Andres, dass die Wartungsintervalle für alle Systeme im Blick behalten werden, um eine zuverlässige Funktionsweise zu gewährleisten.
Betrieb: Bivalent-alternativ oder bivalent-parallel?
Welche Lösung am Ende bevorzugt wird, kommt neben finanziellen Ressourcen und individuellen Präferenzen vor allem auf Anlagengröße und eingesetzte Technologien an. Im Wesentliche unterscheidet Ralf Andres – bei einer Hybridlösung, die auf zwei Grundtechnologien setzt – zwischen bivalent-alternativem und bivalent-parallelem Betrieb.
- Bivalent-alternativ bedeutet, dass eine der beiden Wärmequellen bevorzugt genutzt wird und die andere nur bei Bedarf einspringt. Das macht die Steuerung einfacher und sichert bei richtiger Planung auch geringere Kosten, kann aber bei Bedarf zu Verzögerungen in der Wärmeversorgung und Komforteinbußen führen, wenn die alternative Quelle nach längerem Standby-Modus nicht sofort ausreichend verfügbar ist.
- Bivalent-parallel bedeutet den gleichzeitigen Betrieb beider Wärmequellen, was hohen Komfort und Ausfallsicherheit nach sich zieht und die Vorteile des jeweiligen Systems im täglichen Betrieb nutzt. Planung und Steuerung sind hier jedoch deutlich komplexer und damit fehleranfälliger.
Kund*innennutzen setzt sich durch
Für Christian Hofer, Geschäftsführer von Hoval Österreich ist ebenfalls die Regelung der Schlüssel für die Hybridheizung. „Mit der TopTronic Regelungstechnik bieten wir alle Möglichkeiten, das ist bei Hybridheizungen der Vorteil eines Gesamtanbieters.“ Die Regelung der Gas- oder Biomasse-Kessel wird dabei über eine Bus-Leitung mit der Regelung der Wärmepumpe verbunden. Auch die Solaranlage kann so integriert werden. Das macht beispielsweise auch dynamische Lösungen möglich, die die Wahl des präferierten Systemes vom jeweiligen Energiepreis abhängig macht.
Ob sich die Hybridheizung durchsetzen wird, ist für Hofer vom angebotenen Kund*innennutzen abhängig: „Wir dürfen nicht in Ideologien denken, sondern in Kund*innennutzen. Denn langfristig werden sich nur Lösungen durchsetzen, die Kund*innennutzen bieten.“ Und auch wenn der Klimaschutz für die Heizungsanbieter und die öffentliche Hand einen hohen Wert und gesellschaftlichen Nutzen darstellen: Entscheidend ist, worin die Kund*innen den Nutzen sehen. Ob das 2024 die Hybridheizung oder doch bestimmte Technologien sein werden, diese Frage ist noch offen.