Natürliches Kältemittel Propan : Wärmepumpe: Die Zukunft ist brennbar

Wer schon immer mal eine Wärmepumpe von einem Lastwagen schmeißen wollte, für den sind gerade gute Zeiten. Denn das gehört zur Belastungsprüfung von Wärmepumpen, die brennbare oder toxische Kältemittel enthalten: Die müssen beim Transport auch einmal aus einer Höhe von einem Meter auf den Betonboden fallen dürfen und müssen trotzdem dicht bleiben. 

Genau genommen muss der Wärmepumpenhersteller durch diesen und andere Tests beweisen, dass sein Gerät „technisch dauerhaft dicht ausgeführt“ ist, also dass das darin enthaltene Kältemittel auch bei mechanischer Belastung nicht durch eine Leckage entweichen kann. Mit der neuen F-Gase-Verordnung rückt diese Bestimmung ins Zentrum der Aufmerksamkeit: Denn in den kommenden Jahren werden die bisher dominierenden synthetischen Kältemittel durch natürliche Kältemittel Schritt für Schritt ersetzt werden. Und diese natürlichen Kältemittel sind nun eben brennbar und sollten im Kältekreislauf bleiben. Ist das ein Problem?

Natürliche Kältemittel wie Propan, Ammoniak oder CO₂ sind bereits seit Jahrzehnten im Einsatz.
Christian Holzinger, TB Holzinger

Natürliche Kältemittel: Gar nicht so neu

Nein, sagt Christian Holzinger: „Erdgas brennt ja auch ganz gut“, und das war jetzt jahrzehntelang die Nummer eins auf dem Heizungsmarkt. Holzinger ist nicht nur Geschäftsführer des Technischen Büros Holzinger und einer der profiliertesten Kältetechniker Österreichs. Er ist auch Delegierter von Österreichs Fachgruppe Ingenieurbüros in so ziemlich allen relevanten nationalen und europäischen Normungskomissionen. 

Die derzeit relevanteste ist die EN 378, die sich Kälteanlagen und Wärmepumpen widmet. Sie hat in den letzten sechs Jahren die technischen und normativen Grundlagen für den Einsatz für brennbare Kältemittel gelegt. Holzinger ist es wichtig zu betonen, dass hier ja keine Technik beschrieben wird, die erst gestern erfunden wurde: „Natürliche Kältemittel wie Propan, Ammoniak oder CO₂ sind bereits seit Jahrzehnten im Einsatz“.

Neu daran ist, dass Heizungswärmepumpen in den kommenden Jahren sukzessive auf diese natürlichen Kältemittel umgestellt werden müssen. Grund dafür ist die EU-Verordnung über fluorierte Treibhausgase (kurz: F-Gase-Verordnung), die am 11. März 2024 in Kraft getreten ist. Sie ist Teil des „Green Deal“ und will die klimaschädlichen Kältemittel schrittweise vom Markt verbannen. 

Christian Holzinger, TB Holzinger: „Natürliche Kältemittel wie Propan, Ammoniak oder CO2 sind bereits seit Jahrzehnten im Einsatz.“
Christian Holzinger, TB Holzinger: „Natürliche Kältemittel wie Propan, Ammoniak oder CO2 sind bereits seit Jahrzehnten im Einsatz.“ - © TB Holzinger

Wie der GWP berechnet wird

Schlüssel für die Berechnung der Klimaschädlichkeit ist der sogenannte GWP-Wert, der das Global-Warming-Potenzial der Kältemittel ausweist. Dieser GWP-Wert setzt das relative Treibhauspotenzial in Bezug zu dem von CO₂, wenn es in die Atmosphäre freigesetzt wird, wobei der Treibhauskiller CO₂ mit einem Wert von „1“ festgelegt wird. 

Ein bisher übliches synthetisches, also flouriertes Kältemittel wie R410A hat demnach einen Wert von 2.088, ist also 2.088 mal so klimaschädlich wie die gleiche Menge CO₂. R134a, um ein anderes beliebtes synthetisches Kältemittel zu nennen, hat den Wert 1.430. 

Ein GWP von unter 150 wird sich nur mit natürlichen Kältemitteln oder neuen synthetischen Stoffen erreichen lassen.
Christian Holzinger, TB Holzinger

Neue Regeln für Kältemittel

Die F-Gase-Verordnung stellt die Kältemittelbranche also auf den Kopf. Welche neuen Regelungen ab 2025 und darüber hinaus zu beachten, lesen Sie in unserem ultimativen F-Gase-Fahrplan. Christian Holzinger fasst die Konsequenzen für die Wärmepumpen-Hersteller zusammen: „Ein GWP von unter 150 wird sich nur mit natürlichen Kältemitteln oder neuen synthetischen Stoffen erreichen lassen.“ Und diese natürlichen Kältemittel haben eines gemeinsam: Sie sind umweltfreundlicher, dabei aber extrem leistungsfähig – aber eben brennbar. Und das macht die Herausforderung für Wärmepumpen-Hersteller aus, die ihren Gerätepark anpassen müssen.

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Schwierige Rahmenbedingungen für Hersteller

Wie groß die Herausforderung für die Hersteller ist, macht auch Richard Freimüller deutlich. Diese Herausforderung findet außerdem unter ganz besonderen Rahmenbedingungen statt: Die Läger der Großhändler und auch vieler Hersteller sind voll mit Wärmepumpen, die ein synthetisches Kältemittel wie eben 410a nutzen. Diese Geräte erweisen sich derzeit als schwer verkäuflich: Was mit ihnen geschehen soll, steht noch in den Sternen. 

Allzu großen Rabatt wollen und können die Händler nicht geben, denn das würde den Markt mittelfristig ruinieren – und zu niedrigen Rabatten nimmt der Markt die Geräte, die ab 1. Jänner Auslaufmodelle sind, nicht an. Steht also eine Verschrottung von funktionierenden Wärmepumpen in großem Stil an? Der Präsident von Wärmepumpe Austria befürchtet es: Das wäre aus seiner Sicht nicht nur ein wirtschaftlicher Schaden für die Hersteller und Händler, sondern auch ein Rückschlag für die Energiewende. Die Hersteller selbst gehen sehr unterschiedlich mit der Herausforderung um.

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Richard Freimueller, Verbandspräsident Wärmepumpe Austria
Richard Freimueller, Verbandspräsident Wärmepumpe Austria - © Foto Fettinger

Der Propan-Pionier: Wolf Heiztechnik

Einer der ersten, wenn nicht überhaupt der erste beim Einsatz von natürlichen Kältemitteln, war Wolf Heiztechnik. Schon vor fünf Jahren hat Wolf bei der Entwicklung seiner eigenen Wärmepumpen-Serie ausschließlich auf Propan gesetzt. „Für uns war schon damals deutlich, dass die Zukunft den natürlichen Kältemitteln gehört“, erklärt Martin Bauer, Produktmanager Wärmepumpen bei Wolf. Zudem habe Propan habe gute thermodynamische Eigenschaften, sei langfristig verfügbar und kostengünstig

Bei der Entwicklung hat Wolf mit dem TÜV-Süd und dem Verdichter-Hersteller Hand-in-Hand gearbeitet, um ein entsprechendes Sicherheitskonzept zu entwickeln, das dann auch von unabhängigen Spezialist*innen verifiziert wurde. Zur ISH 2019 wurde mit der CHA-Monobloc eine ausgereifte Serie auf den Markt gebracht. Beim Thema Aufstellung, so Bauer, habe man allerdings das Rad nicht neu erfinden müssen: „Da lehnen wir uns an die gültigen Branchen-Standards an.“ 

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Gemeinsam mit einer breiten Info-Palette von Schulungsangeboten bis zum Kundenservice hat sich das perfekt eingespielt. Bauer sieht sich damit auf einem guten Weg, denn langfristig betrachtet würde an den mit natürlichen Kältemitteln betriebenen Wärmepumpen kein Weg vorbeiführen: „Das ist das heute einzige Heizungssystem, das – eine entsprechende Stromquelle vorausgesetzt – zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie, aber gleichzeitig emissionsfrei, ohne GWP und mit höchster Effizienz betrieben werden kann.“ Daher werde sich der Siegeszug von Wärmepumpen wie den Serien von Wolf weiter fortsetzen.

Martin Bauer, Produktmanager Wärmepumpen bei Wolf Klima- und Heiztechnik: „Für uns war schon 2019 deutlich, dass die Zukunft den natürlichen Kältemitteln gehört.“
Martin Bauer, Produktmanager Wärmepumpen bei Wolf Klima- und Heiztechnik: „Für uns war schon 2019 deutlich, dass die Zukunft den natürlichen Kältemitteln gehört.“ - © WOLF GmbH
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Die Propan-Skeptiker: Ochsner

Deutlich kritischere Töne hört man von anderen Herstellern. Vor allem der oberösterreichische Wärmepumpen-Spezialist Ochsner hat in der Vergangenheit seinem Unmut über die Entwicklung lautstark Luft gemacht, da war etwa bei der Partnerkonferenz vor 500 Gästen von der Gefahr die Rede, hier „Zeitbomben“ in die Häuser einzubauen. 

Aber Ochsner bringt mit Jahresende seine ersten Propan-Geräte auf den Markt, die Air-Falcon mit den Leistungsbereichen 8 und 12 kW. „Als Technologieführer mit einem Heizleistungs-Portfolio von 2 kW bis 2.500 kW möchten wir unseren Kunden weiterhin die jeweils beste Lösung anbieten“ erklärt Lukas Tupy, Vertriebsleiter Österreich bei Ochsner. Das Unternehmen setzt auf eine Doppelstrategie: Zum einen Monobloc-Propan-Geräte, zum anderen soll aber auch die High-End-Split-Technologie weitergeführt werden. 

„Sowohl was die Sicherheitsrichtlinien als auch Schallschutz-Auflagen betrifft, erweist sich die Split-Technologie in Planung und Einbau als wesentlich unkomplizierter.“ Den Trend zu Propan sieht Tupy nicht als Ergebnis einer hohen Marktnachfrage, sondern aufgrund der regulatorischen Rahmenbedingungen wie eben der F-Gase-Verordnung. „Als Komplettanbieter mit fast 50 Jahren Erfahrung bei Wärmepumpen haben wir für alle Anforderungen unserer Kunden die effizienteste Lösung und freuen uns, Ende 2025 eine Propan-Baureihe auch im High-End Segment anbieten zu können.“

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Lukas Tupy, Vertriebsleiter Österreich bei Ochsner Wärmepumpen
Lukas Tupy, Vertriebsleiter Ochsner: „Als Technologieführer sind wir gefordert, dem Markt alles anzubieten.“ - © Ochsner/Tobias Printz
Es wird nicht ein Kältemittel für alle Anwendungen geben.
Alexander Springler, Daikin

An der Quelle der Kältemittel: Daikin

Eine ganz besondere Ausgangslage hat Wärmepumpen- und Klimageräte-Riese Daikin. Denn zum Konzern gehört auch die Sparte Daikin Chemical, einer der weltweit führenden Hersteller von Kältemitteln aller Art. Schon alleine deshalb sieht Alexander Springler, General Manager Residential bei Daikin, das Thema recht entspannt: „Bei Kältemitteln gibt es keine Absolutheit, es gibt für jede Anwendung bessere und schlechtere Lösungen: Wir kennen und nutzen alle verfügbaren Kältemittel, um immer die beste Variante zur Verfügung stellen zu können.“ 

Ähnlich neutral sieht er auch die F-Gase-Verordnung: Das seien nun eben mal die Rahmenbedingungen, ob alles immer im Detail sinnvoll sei, können man freilich diskutieren: „Aber wir können es nicht verändern, daher müssen wir so oder so damit umgehen.“ Propan habe seine Stärken in der einfachen Verfügbarkeit, dem niedrigen Preis und den guten thermodynamischen Eigenschaften, außerdem seien anders als bei synthetischen Kältemitteln Ewigkeitschemikalien bei natürlichen Kältemitteln kein Thema. Springler: „Der niedrige GWP, die geringen Umweltauswirkungen sind daher nur eins von vielen Themen.“ 

Alexander Springler, General Manager Residential bei Daikin: „Der Erfolg der Dekarbonisierung liegt in der Vielfalt der Technologien.“
Alexander Springler, General Manager Residential bei Daikin: „Der Erfolg der Dekarbonisierung liegt in der Vielfalt der Technologien.“ - © Martin Steiger

>>> Wie sich Daikin auf die F-Gase-Verordnung einstellt

Die Brennbarkeit sei mit entsprechenden Aufstellungskriterien zu lösen, und außerdem habe ohnehin jeder Einfamilienhausbesitzer eine ganze Flasche Propan für den Gasgriller in seiner Garage stehen: Auch wenn das nicht direkt vergleichbar sei, das Gefahrenpotenzial ist trotzdem da. Die größeren Herausforderungen sieht Springler darin, einfach umsetzbare Lösungen für den großvolumigen Wohnbau zu bringen: „Das ist derzeit für den Ausführenden noch zu kompliziert, das wird branchenweit in nächster Zeit im Fokus stehen“. 

Vom langfristigen Erfolg der Wärmepumpe, egal mit welchem Kältemittel und unter welchen Rahmenbedingungen, ist er überzeugt: „Es wird nicht ein Kältemittel für alle Anwendungen geben. Wir müssen für alle Bedürfnisse erschwingliche Lösungen bieten, die sich der Durchschnittsbürger auch leisten kann. Der Erfolg der Dekarbonisierung liegt in der Vielfalt der Technologien.“ 

Die Energiewende sichtbar machen

Für Christian Holzinger liegt die Zukunft im Heizungsbereich klar bei Propan: „Ich sehe derzeit keine andere Möglichkeit, die EU-Vorgaben zu erfüllen.“ Aber auch technisch und wirtschaftlich sieht er klare Vorteile in dem nun eingeschlagenen Weg mit Luft-Wasser-Wärmepumpen in Monobloc-Ausführung: „Das ist die Technologie der Zukunft“. Bis 2030, ist Holzinger überzeugt, werden alle Hersteller ihren Gerätepark auf natürliche Kältemittel umgestellt haben. 

Sein Blick geht schon weit über einzelne Wohnraumlösungen hinaus, über die heutige Diskussion rund um „Raus aus Öl und Gas“ und über Propan als Kältemittel hinaus. Dafür braucht er nur aus dem Fenster seines Büros im Dachgeschoss eines Gründerzeithauses schauen: Von hier aus hat er einen großartigen Überblick über einige in Richtung des Wienflusses tiefer gelegenen Viertel Wiens. Auf vielen der Gebäude sind Kältezentralen am Dach zu sehen, die Gasheizungen und Fernwärmeanschlüsse in den Häusern selbst lassen sich dazu denken. Das sei mit am Dach aufgestellten Wärmepumpen-Lösungen viel besser zu lösen, ein System für Heizen und Kühlen, das noch dazu wesentlich energieeffizienter arbeitet. Holzinger: „Hier wird die Energiewende in den nächsten Jahren sichtbar werden!“

Die Dächer Wiens: „Hier wird die Energiewende in den nächsten Jahren sichtbar werden", ist Holzinger überzeugt.

- © TB Holzinger