Wenn aus leeren Floskeln die Jahrhundertchance wird : 6 Handlungsmaximen für die Immobilienbranche

... diese zwei Wörter können mit vielen aktuellen Themen der Immobilienwirtschaft in Österreich, aber auch im DACH-Raum und anderen Länder verbunden werden. Anbei eine erste Auswahl:

• ... immer wieder neue politische Vorgaben;
• ... immer wieder Kostenexplosion;
• ... immer wieder EU-Taxonomie;
  
• ... immer wieder Dekarbonisierung;
  
• ... immer wieder Hinterherhinken bei Digitalisierung;
  
• ... immer wieder Daten von und mit BIM-Modellen.
  

Die Tendenz, die man von diesen Floskeln gefühlt ableitet, ist die eher negative Ausprägung, ohne deren genaue Definition. Genau hier setze ich an und behaupte, dass wir die angeführten Floskeln als Herausforderung bzw. Jahrhundertchance sehen müssen, damit wir in die Position kommen, das optimierungsfähige Gesamtimage der Immobilienbranche zukunftsfit und positiv aufgeladen zu gestalten, um für junge Menschen, Kund*innen und Mitarbeitende interessant zu werden. Dazu könnten folgende Handlungsmaximen einen Beitrag leisten.

Die politischen Vorgaben werden immer mehr Einzelaspekte der faktischen Bedürfnisse der in einem Objekt oder Quartier lebenden bzw. arbeitenden Menschen beinhalten. Das sind etwa:

• die dauerhafte Bezahlbarkeit des Wohnraumes
  
• die Bauqualität
  
• die Menge an Grünflächen, Sportstätten, Art der Kultureinrichtungen
  
• die Nah- und Gesundheitsversorgung usw.
  

Dafür müssen wir und können wir als Ingenieur*innen Lösungen anbieten, um damit eine belastbare Aussage über die soziale Dimension der Immobilie zu treffen, also quasi einen sozialen Energieausweis.

Bauen muss strukturell viel schneller und kostengünstiger werden. Ein Schlüssel dazu ist, mehr seriell zu bauen. Das bringt die Planungsund Bauzeiten runter und wirkt auch in Zeiten des Fachkräftemangels.

Dabei müssen aber auch die Behörden mitmachen. Ein standardisiertes Objekt in Eisenstadt, Bregenz, Klagenfurt und Linz unterliegt verschiedenen Landesbauverordnungen, die es faktisch unmöglich machen, das idente Haus an vier verschiedenen Orten zu errichten. Zudem müssen langwierige Genehmigungsverfahren beschleunigt und komplizierte Anforderungen an den Neubau abgeschafft werden. Die Digitalisierung hilft hier Beamt*innen und Ingenieur*innen, eine Lösung voranzutreiben.

Die grüne Transformation ist nichts Geringeres, als das größte Erneuerungsprogramm seit der industriellen Revolution. Gerade für die österreichische Wirtschaft mit der dynamischen Kleinstrukturiertheit ergeben sich daraus große Chancen, Chancen für wachstumsstarke grüne Märkte, für neue Geschäftsmodelle und sichere Arbeitsplätze.

Es ist die Verantwortung der Unternehmen, den für das Ergreifen dieser Chancen notwendigen Wandel einzuleiten. In einem Umfeld ständiger und radikaler Veränderung werden in Zukunft die Unternehmen erfolgreich sein, die selbst fortwährend in Bewegung bleiben. Dazu braucht es die Fähigkeit und die Bereitschaft zur ständigen Innovation und eine neue Art von Anschlussfähigkeit.

Es gilt, neue Wege zu gehen und auch ungewohnte Kooperationen zu wagen. Der Schlüssel zum Erfolg komplexer Transformationsaufgaben liegt in der intelligenten Kombination aus Spezialwissen und Systemkompetenz, also High-Tech in der Breite und in der Tiefe. Solche Partnerschaften werden nicht wie Fusionen funktionieren. Es werden sich für konkrete Ziele immer wieder neue, temporäre Allianzen bilden, die sich auch wieder auflösen.

Viele kleine und mittlere mittelständige Firmen stehen bald vor der großen Aufgabe, über die Nachhaltigkeit ihrer Geschäfte und Unternehmensführung zu informieren und diese Berichte prüfen zu lassen. Hintergrund ist der von der EU-Kommission ausgerufene „Green DEAL“.

Ein Baustein dieses Mammutprojektes ist die international als CSRD bezeichnete Nachhaltigkeitsrichtlinie der EU. Die Richtlinie ist im Januar 2023 in Kraft getreten und zielt darauf ab, der Berichterstattung über Nachhaltigkeit die gleiche Priorität zu verleihen wie den klassischen Jahresbilanzen. In der EU werden insgesamt 45.000 Unternehmen den neuen Berichtspflichten unterliegen.

Große kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Banken und Versicherungen mit mehr als 500 Mitarbeitenden besitzen schon länger Erfahrung mit nachhaltigkeitsorientierter Berichterstattung, denn sie müssen seit 2016 eine Erklärung über Umwelt, Arbeitnehmer, Soziales, Menschenrechte und Korruptionsbekämpfung abgeben.

Die EU-Richtlinie CSRD weitet die Berichts- und Prüfungspflicht stufenweise bis 2028 aus. Die Kompetenz für diese Prüfung liegt weitgehend bei den Wirtschaftsprüfer*innen, die dafür mit Techniker*innen zusammenarbeiten muss. Die Erfüllung dieser Herausforderung wird für die nächste Generation ein Zeichen der Transparenz sein, der sie sich stellt.

Das weltweite Rennen um die besten Talente hat längst begonnen. Talente und Technologie sind entscheidend im 21. Jahrhundert. Die aktuelle Diskussion über KI wie ChatGPT sorgt für Schlagzeilen, weil die Politik mit den rechtlichen Rahmenbedingungen hinter der technischen Entwicklung deutlich zurückliegt. Hier brauchen wir in der Immobilienbranche einen Airbus-Moment, um nicht nur amerikanische KI zu nutzen, sondern auch europäische KI zu entwickeln, die unseren Wertvorstellungen folgt.

Da reicht es nicht, wissenschaftlich gut zu sein und ein paar kluge Köpfe zu versammeln, sondern da muss auch eine nationale Gesamtanstrengung formuliert werden. Wir haben in vielen Technologiefeldern kluge Techniker*innen, im Vergleich zu den US-Akteuren fehlt uns aber nach wie vor der richtige Kapitaleinsatz, obwohl diese Technologien einerseits für die Immobilienbranche lebensnotwendig und andererseits sicherheitspolitisch von höchstem Interesse sind.

Deshalb werden wir nicht umhin kommen, über Dual Use zu sprechen. Die nächste Generation kann es sich nicht mehr leisten, nur für militärische Zwecke eine KI zu entwickeln, sondern sie muss auch im zivilen, wirtschaftlichen Bereich einsetzbar sein. Das hat uns die Entwicklung des Internets gezeigt.

Digitalisierung in der Immobilienbranche ist keine Gefahr, höchstens eine Erleichterung. Wo es ständig an Handwerker*innen mangelt, wo Fachkräfte fehlen und wo körperlich hart gearbeitet wird, ist jede Hilfe recht. Mit digitaler Planung, der Methodik BIM folgend, werden Absprachen vereinfacht, Qualitäten definiert, Zeitpläne mit belastbaren Daten hinterlegt usw. Die Vorteile von BIM braucht man heute nicht mehr diskutieren, denn die Mehrheit der Immobilienprofis hat diese Methode verinnerlicht. Es ist deshalb auch klar, dass BIM nur eine Querschnittsmenge ist, ohne die es z. B. kein serielles Bauen und/oder Sanieren gibt.

Für den Baustahl, der früher € 500.– pro Tonne gekostet hat, sind jetzt € 1.700.– zu bezahlen. Die digitale Gebäudemodellierung wird von den unterschiedlichen Gewerken nicht nur zur 3D-Darstellung genutzt, sondern auch zur Ablaufplanung und vor allem um (Material-)Kosten zu sparen. Ingenieur*innen, Architekt*innen, Statiker*innen, Zulieferer, Bauleiter*innen usw. arbeiten digital zusammen und optimieren ihre Abläufe.

Das ist vor allem bei anziehenden Preisen ein wichtiger Faktor. In einem digitalen Bauwerk sind viele Daten hinterlegt, zum verbauten Material und dessen Lebensdauer, über Fluchtwege und den Brandschutz, zur Energieeffizienz oder der Schalldurchlässigkeit. Und natürlich sind auch die Daten für den gesamten Bereich der Nachhaltigkeit hinterlegt.

Dieser Trend ist unumkehrbar, obwohl es hierzulande noch nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. In GB und skandinavischen Ländern ist der Einsatz der Methodik BIM schon seit Jahren gesetzlich verpflichtend, in Deutschland und der Schweiz teilweise. In allen Ländern fordern die jeweiligen Rechnungshöfe, vor allem bei Großprojekten, den Einsatz digitaler Zwillinge, um den Mittelund Zeiteinsatz in allen Phasen des Lebenszyklus (Planen, Bauen, Betreiben, Entsorgen) transparent und belastbar darzustellen. Das ist man nicht nur dem Budget, sondern auch der nächsten Generation schuldig.