Vaillant-Chef Markus Scheffer : „Der elektrische Ansatz wird sich durchsetzen"

Markus Scheffer

„Die Wärmepumpe ist auch im Mehrfamilienhaus gesetzt", sagt Markus Scheffer, Geschäftsführer Vaillant Österreich.

- © Vaillant

TGA: Wir führen das Gespräch kurz nach Ostern, wo sich Vaillant mit der traditionellen Osterdose in Erinnerung ruft. Die ist ein echtes Sammlerstück geworden, oder?

Markus Scheffer:
Es gibt bei Vaillant sogar zwei Gesten, die von unseren Mitarbeitern, aber auch Kunden sehr geschätzt werden. Das ist zum einen die angesprochene Osterdose für unsere Geschäftspartner, zum anderen das Weihnachtspaket für unsere Mitarbeiter. Letzteres ist ein Lebensmittelpaket, das jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter der Vaillant Gruppe jährlich mit einem Brief der Geschäftsführung erhält.

Solche kleinen Dinge haben wir als Familienunternehmen bis ins Jubiläumsjahr 2024, 150 Jahre nach der Gründung, mitgenommen. Es ist Teil der Differenzierung zu anonymen börsennotierten Konzernen. Und ja, wir kennen viele, die unsere Osterdosen seit Jahrzehnten sammeln und sie der Reihe nach in ihrem Büro oder sogar in ihrer Küche ausgestellt haben.

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Die diesjährige Vaillant-Osterdose
Die diesjährige Vaillant-Osterdose - © Vaillant

Vaillant: Familienunternehmen und Konzern zugleich

Welche Bedeutung hat der Hase heute noch für Vaillant? Laut Firmenchronik hat Ihr Gründer ein Bild eines aus einem Ei schlüpfenden Hasen in einer Zeitschrift gesehen und das als Logo übernommen, weil es ihm gefallen hat …

Scheffer:
Ja, genauso ist es in unserem Unternehmensarchiv festgehalten. Den Hasen als Logo gibt es seit 125 Jahren, als er an einem Ostersonntag durch den Firmengründer in einer Illustrierten entdeckt wurde. Für mich macht der Hase das Unternehmen nahbar, mit dem Hasen assoziiert man Gutes. Er ist sympathisch und positiv, das macht es leichter, sich mit dem Unternehmen zu identifizieren. Meine Kinder sind mit dem Hasen groß geworden, er lag als Plüschtier bei ihnen im Bett und war stets auf den jährlichen Weihnachtskalendern abgebildet.

Für mich zeigt es außerdem, dass Familienunternehmen anders ticken. Vaillant geht auch in herausfordernden Zeiten seinen Weg als reines Familienunternehmen. Die Branche selbst hat sich stetig gewandelt. Vaillant wäre nicht so lange am Markt, wenn wir nur kurzfristige Entscheidungen treffen würden – jeden Tag werden so gesehen die Weichen für die nächsten 150 Jahre gestellt.

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150 Jahre Hase – wie sich das Vaillant-Logo durch die Jahre entwickelt hat
150 Jahre Hase – wie sich das Vaillant-Logo durch die Jahre entwickelt hat - © Vaillant
Die Familie ist im Unternehmen sehr präsent. Bis Mitte der 1990er gab es noch operativ tätige Geschäftsführer, die den Familiennamen Vaillant trugen.

Vaillant ist beides: Ein Familienunternehmen, wie von Ihnen betont, aber auch ein globaler Konzern mit rund 17.000 Mitarbeitenden und zuletzt 3,7 Mrd. Euro Umsatz. Wie wirkt sich das auf die Unternehmenskultur aus?

Scheffer:
Die Familie ist im Unternehmen sehr präsent. Bis Mitte der 1990er gab es noch operativ tätige Geschäftsführer, die den Familiennamen Vaillant trugen. Die Eigentümer der Vaillant Group übernehmen heute im Gesellschafterausschuss, im Aufsichtsrat und in der Gesellschafterversammlung Verantwortung. Im September letzten Jahres hatten wir den Gesellschafterausschuss bei uns in Wien zu Gast – das ist natürlich etwas Besonderes, mit den Inhabern persönlich über Vergangenheit und Zukunft des Unternehmens zu sprechen. So etwas gibt es in börsennotierten Unternehmen nicht. Das Unternehmen hat über die lange Unternehmensgeschichte immer auch mutige und zukunftsweisende unternehmerische Entscheidungen getroffen, etwa vor 23 Jahren mit der Übernahme der Hepworth-Gruppe, durch die auch Saunier Duval zu Vaillant gekommen ist. Ein weiteres Beispiel ist die strategische Fokussierung in Richtung erneuerbare Energien und Wärmepumpen, die mit erheblichen Investitionen verbunden ist: All das wird von der Familie mitgetragen.

Wir waren und sind überzeugt, dass Wärmepumpen eine Schlüsseltechnologie zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors ist.

Kurswechsel von Gas zur Wärmepumpe

Bei Vaillant ist der Schwenk weg vom Gas hin zur Wärmepumpe besonders markant, weil der Gas-Badeofen Anfang und Kern des Unternehmens war. Wie wird man vom Gas- zum Wärmepumpen-Spezialisten?

Scheffer:
Der Gas-Badeofen ist unsere Herkunft und war 1894 eine echte Revolution. Damit wurde den Menschen erstmals warmes, sauberes und vor allem hygienisches Wasser im Bad geboten. Auf dem aufbauend sind wir seit langem Marktführer im Gasgeschäft, auch in Österreich: Das erste Vaillant-Gasgerät wurde schon 1896 in Innsbruck installiert, also noch bevor der Hase aus dem Ei zum Logo wurde. Wir nutzen unsere führende Position im Gasgeschäft, um das Wachstum bei den Erneuerbaren zu finanzieren und voranzutreiben.

Ich finde es wirklich bemerkenswert, dass Vaillant nicht bei dieser vorherrschenden Technologie verharrt ist, sondern strategisch klug in die Zukunft geblickt hat. Wir waren und sind überzeugt, dass Wärmepumpen eine Schlüsseltechnologie zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors ist. Vaillant hat die erste Wärmepumpe vor über 30 Jahren in Österreich auf den Markt gebracht, Anfang der 2000er-Jahre viel dazu beigetragen, den Markt in Österreich zu entwickeln, und 2007 auch die erste mit dem Internet verbundene Wärmepumpe angeboten. Wir sind also definitiv keine Newcomer in diesem Segment, sondern ein etablierter Player mit großer Erfahrung.

Vom Badeofen zur Megafabrik für Wärmepumpen: Die strategische Ausrichtung wird von der Eigentümerfamilie mitgetragen.
© Vaillant

Bisherige Jubiläumsinterviews

Die TGA feiert 2024 ihren 35. Geburtstag – aber nicht nur wir! Diese
Unternehmen haben wir dieses Jahr bereits zum Jubiläums-Interview
gebeten:

  • 125 Jahre Bosch – Bosch-Vorstand Weinwurm: „Der größte Wachstumshebel ist die Wärmepumpe" (zum Interview)
  • 50 Jahre Panasonic in Österreich – Roland Kerschbaum: „Die F-Gase-Verordnung ist ja nicht plötzlich vom Himmel gefallen" (zum Interview)
  • 150 Jahre Geberit – Guido Salentinig: „Wir sind als Marktführer die Angegriffenen“ (zum Interview)
  • 100 Jahre Labor Strauss – Stefan Friedl: „Die Anforderung der Vernetzbarkeit hat massiv zugenommen“ (zum Interview)
  • 50 Jahre Wolf in Österreich – Samantha Stangl: „Die nächsten Jahre werden spannend werden“ (zum Interview)
Strategisch glauben wir dennoch, dass sich der elektrische Ansatz langfristig durchsetzen wird.

Umrüstkits für Gas-Brennwertgeräte ab 2026

Viele Gas-Anbieter sehen Wasserstoff und Grünes Gas als die richtige Alternative. Wie steht Vaillant dazu?

Scheffer: Natürlich macht es in Volkswirtschaften wie Deutschland oder Österreich mit gut ausgebauten Gasnetzen Sinn, über eine Weiternutzung der Infrastruktur nachzudenken. Vaillant hat entsprechend Entwicklungskapazitäten auf diese Alternative allokiert und ist somit auf diese Technologie vorbereitet. Aber strategisch glauben wir dennoch, dass sich der elektrische Ansatz langfristig durchsetzen wird.

Vaillant war lange Zeit Frontrunner bei der Brennstoffzelle, seit dem großen Feldtest-Projekt ene.field vor rund 10 Jahren ist es aber still geworden um die Technologie. Warum?

Scheffer:
Ich selbst war damals als Service-Direktor für 100 Feldtestgeräte in Deutschland verantwortlich: Es hat sich einfach nicht gerechnet. Sollten sich Märkte oder Konsumverhalten ändern, dann sind wir in der Lage unsere Unternehmensstrategie entsprechend abzuändern. Derzeit sehen wir das Potenzial dafür aber nicht. Zudem bieten wir ab 2026 Umrüstkits für Gas-Brennwertgeräte an, die damit zu 100 Prozent mit Wasserstoff betrieben werden können. Das ist für den Kunden wesentlich wirtschaftlicher als der Kauf einer Brennstoffzellenheizung – vorausgesetzt, dass Wasserstoff für ihn verfügbar ist.

Vom Badeofen zur Megafabrik für Wärmepumpen: Die strategische Ausrichtung wird von der Eigentümerfamilie mitgetragen.

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Denn ja, die Wärmepumpe ist für uns auch im Mehrfamilienhaus gesetzt und die Zukunft.

Wärmepumpe auch im Mehrfamilienhaus

Innerhalb des Konzerns war Österreich immer ein bisserl anders. Auch jetzt wieder: Ös- terreich hat mit Ende März den Vertrieb von Saunier Duval aufgelassen, während über- all sonst die Marke weiter aktiv bleibt. Können Sie das näher erklären?

Scheffer:
Wie Sie sagen, ist es eine österreichische Entscheidung, sich hierzulande von der Marke Saunier Duval zu verabschieden. Wir haben den Hochlauf im Absatz nicht erkennen können. Eine zweite Marke zu betreuen, bringt eine gewisse Komplexität mit sich, von Schulungen bis hin zur Lagerhaltung für Ersatzteile. Darum nehmen wir vom Verkauf Abstand, um den Fokus voll und ganz auf die Marke Vaillant zu legen. Unseren Service-Verpflichtungen kommen wir selbstverständlich langfristig nach. Denn auf uns kann man sich seit 150 Jahren verlassen.

Mit ihren Gasgeräten sind Sie vor allem im Mehrfamilienhaus aktiv. Hier auf andere Lösungen umzusteigen, wird eine Herausforderung. Ist die Wärmepumpe an dieser Stelle wirklich der einzige Weg?


Scheffer:
Grundsätzlich sehen wir derzeit beim Mehrfamilienhaus eine klare Verschiebung vom Neubau hin zur Sanierung. Bei der Sanierung gibt es aber kein Standardmuster, das jedes Mal verfolgt werden kann. Ich bin sehr froh, dass wir dafür technisch versierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, die jeden Anwendungsfall im Detail analysieren und die passende Wärmepumpen-Lösung aus unserem breiten Portfolio vorschlagen können. Denn ja, die Wärmepumpe ist für uns auch im Mehrfamilienhaus gesetzt und die Zukunft.

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One-Stop-Shop für Photovoltaik

Mit der Wärmepumpe verbunden sind auch die Trends zur Eigenstromerzeugung mit Photovoltaik und der steigende Kühlbedarf, der gedeckt werden muss. Wie richtet sich der Hase da aus?

Scheffer:
Voriges Jahr haben wir ein eigenes PV-Team gegründet. Dieses besteht derzeit aus fünf Elektrikern und fünf Personen im Backoffice. Dieses Team bildet einen One-Stop-Shop für alle Fragen von Planung bis Inbetriebnahme rund um Wärme- pumpe, Photovoltaik, Wallbox und Batteriespeicher. Und das alles schlüsselfertig und aus einer Hand. Das gibt es in dieser Form am Markt nicht. Den steigenden Kühlbedarf decken wir mit Wärmepumpen-Lösungen zum Teil ebenfalls ab, aber selbstverständlich bietet Vaillant auch weiterhin klassische Klimageräte.

Was hat Sie persönlich bewogen, vor zwei Jahren den Weg aus Deutschland nach Wien anzutreten und die Geschäftsführung in Österreich zu übernehmen?

Scheffer:
Ich war wirklich dankbar, die Verantwortung für ein so wichtiges und spannendes Land übernehmen zu dürfen. Aber natürlich bin ich auch Ehemann und Familienvater. Wenn nicht alle Familienmitglieder zu dem Wechsel nach Österreich bereit gewesen wären, dann hätte ich die Aufgabe nicht angetreten. Heute sind alle sehr glücklich hier zu sein und über die Vorzüge, die es hat, in Wien leben zu dürfen, brauche ich Ihnen nichts zu erzählen. Wir sind übrigens in eine Bestandsimmobilie gezogen, die mit einer Vaillant-Wärmepumpe ausgestattet ist: So kann ich jeden Tag auf unser Gerät schauen und selber erleben, wie gut eine Vaillant Wärmepumpe im Bestand funktioniert.

PV von Vaillant
© Vaillant