Bernhard Karlsberger im Interview : „Es gibt einen eklatanten Trend zur Heizung"
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„Back to the roots“ hieß es für Bernhard Karlsberger im Jahr 2022, der nach einem Zwischenschritt als Ressortleiter strategischer Einkauf mit Anfang des Jahres in die Geschäftsführung von Holter berufen wurde. Nach 40 Jahren in den verschiedensten Außendienst- und Managementpositionen ist er damit an der Spitze des Unternehmens, in dem er seine berufliche Karriere als Lehrling gestartet hat.
40 Jahre Branchenkenntnis
TGA: Herr Karlsberger, vom Lehrling in die Geschäftsführung – wie ist Ihre berufliche Karriere verlaufen?
Bernhard Karlsberger: Ich habe von 1983 bis 1986 bei Holter eine Lehre zum Großhandelskaufmann absolviert und bin noch drei Jahre im Unternehmen geblieben. Um Erfahrungen zu sammeln war ich dann 4 Jahre bei Ratiopharm in der pharmazeutischen Industrie im Vertrieb tätig, danach war ich bei KALDEWEI, wo ich sowohl vertriebs- als auch serviceverantwortlich war. 1995 wurde ich von Keuco kontaktiert. Ich habe als General Manager die österreichische Tochtergesellschaft aufgebaut.
Nach sechs Jahren bin ich zu Hansa gewechselt und habe die Gesamtverantwortung für Österreich übernommen und für die Jahre 2006 bis 2012 auch die Märkte Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn verantwortet. Insgesamt war ich über 20 Jahre für Hansa tätig. Im April 2022 habe ich bei Holter als Ressortleiter Strategischer Einkauf gestartet – genau während der Corona-Pandemie, wo Lieferkettenunterbrechungen das Tagesgeschäft massiv behinderten und hier speziell der Einkauf sehr gefordert war. Und im Jänner dieses Jahres wurde ich zusammen mit Markus Steinbrecher in die Geschäftsführung berufen.
Jasmin Holter-Hofer und Michael Holter stehen uns noch bis Jahresende als Sparring Partner zur Verfügung. Operativ sind Markus Steinbrecher und ich bereits im Vordergrund und der Plan ist, dass sich Jasmin Holter-Hofer und Michael Holter als aktive Aufsichtsräte engagieren werden. Ganz wichtig ist es in diesem Zusammenhang festzuhalten: Holter ist und bleibt ein Familienunternehmen.
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Operativ sind Markus Steinbrecher und ich bereits im Vordergrund und der Plan ist, dass sich Jasmin Holter-Hofer und Michael Holter als aktive Aufsichtsräte engagieren werden.
Grüner Großhandel
Wo sehen Sie die größten Entwicklungschancen für den Großhandel?
Karlsberger: Die Digitalisierung in Kombination mit der Datenqualität ist ein Riesenthema. Wir müssen noch effizienter werden und an der Digitalisierung weiter arbeiten, um unsere Partner bestmöglich zu unterstützen. Unsere Installateurpartner*innen können über die Plattform Holter Online in Echtzeit alle Informationen elektronisch abfragen bzw. auch Bestellungen durchführen. Wir sind sehr stolz, dass wir diese Plattform schon in der "Vor-Internetzeit", nämlich seit 1997, unseren Installateur*innen anbieten können und seither auch ständig Adaptierungen umsetzen. Damit tragen wir auch zum Thema Nachhaltigkeit bei.
Das Thema Nachhaltigkeit hat sich Holter ja groß auf die Fahnen geschrieben, wie findet es seinen Niederschlag in der konkreten Praxis?
Karlsberger: Der Großhandel ist der Warenverteiler schlechthin, wir sind aber auch Berater und Vordenker. Die EU drückt zum Thema Nachhaltigkeit aufs Tempo. Wir als Holter wollen Vorreiter des grünen Großhandels sein. In unseren Ausstellungen gibt es Nachhaltigkeitswochen, wir forcieren Produkte, die besonders nachhaltig sind, zum Beispiel Echtholz-Möbel aus Österreich mit geölten Oberflächen. Die Menschen suchen solche Messages. Unser neuer Messestand besteht aus Holz und Holzwerkstoffen. Und erst dieser Tage hat der Aufsichtsrat die Freigabe für die Montage von weiteren PV-Modulen auf mehreren unserer Standorte freigegeben. Alleine mit diesem Projekt investieren wir mehr als 2 Mio. Euro in die Nachhaltigkeit.
Wir können seit zwei Wochen wieder Wärmepumpen, und zwar solche, die zu 100 Prozent gefördert werden, ab Lager liefern.
Sie haben die Liefersituation bereits kurz angesprochen. Hat sich die Lage wieder entspannt?
Karlsberger: Man merkt zumindest, dass sich die Situation langsam beruhigt und in vielen Bereichen schon fast wieder Normalität eingekehrt ist. Natürlich wurden auch unsere Systeme dadurch ausgehebelt, da es teilweise zu Hamsterkäufen kam, was zu einer künstlichen Warenverknappung führte. In vielen Industrien hat sich die Welt, die lange von Routinen geprägt war, verändert. Es heißt nicht mehr Preis per Bestellung, sondern Preis per Lieferung. Die Situation bessert sich aber gerade wieder. Bei Installation und Sanitär wird es wieder berechenbarer, und auch in der Heizung wird es besser. Wir können seit zwei Wochen wieder Wärmepumpen, und zwar solche, die zu 100 Prozent gefördert werden, ab Lager liefern.
Trend zur Heizung
Und mit welcher weiteren Marktentwicklung rechnen Sie?
Karlsberger: Wir haben das Glück, in einer Branche zu sein, die breit aufgestellt ist. Bis vor einem Jahr hat sich unser Umsatz in der Regel gedrittelt, jetzt gibt es einen eklatanten Trend zur Heizung. Im Sanitärbereich trübt sich das Geschäft ein bisschen ein. Seit vier Jahren gehen die Baubewilligungen zurück, der Wohnungsneubau gerät ins Stocken. Die Kreditvergaberichtlinien sind für die Fertighausbranche ein Desaster. Kräftige Impulse kommen von der Sanierung, insbesondere der Heizungssanierung. Die Lieferketten funktionieren wieder deutlich besser und auch die Energiepreise werden sich wieder auf einem vernünftigen Niveau einpendeln. Die Energiewende ist aber nicht aufzuhalten.
>> Lesen Sie auch: Warum die Wohnhaussanierungen in Österreich stagnieren
Die Heizung ist dem nach das Thema 2023, in welchen Bereichen sehen Sie außerdem Potenzial?
Karlsberger: Der Bereich Health-Care kann – auch auf Grund der demographischen Entwicklung – zu einem Impulsgeber werden. Es gibt viel zu wenig Pflegeeinrichtungen. Das eigene Zuhause muss daher entsprechend ausgerichtet sein. Health, das bezieht sich auf Krankenhäuser, Care auf den privaten Bereich, einem Umfeld, das nicht nach einem Spital ausschauen darf. Das ist eine Riesenchance für unsere Branche. Da geht es einerseits um Produkte, die mit Design überzeugen, aber auch um die passende Technik. Unsere Gesellschaft wird immer älter. Die Politik ist gefordert, den altersgerechten Umbau eines Badezimmers mit Förderungen zu unterstützen. Seitens der Industrie braucht es Lobbying, vielleicht einen Verband, der die nötige Initialzündung gibt.