WEBUILD Energiesparmesse Wels 2023 : Klimaerwärmung: Wer braucht da eine Heizung?
Macht die Klimaerwärmung die Heizung zu einer obsoleten Notwendigkeit? Diese provokante Frage bietet den Einstieg zur traditionellen Eröffnungskonferenz der WEBUILD Energiesparmesse Wels 2023. Elisabeth Berger, Geschäftsführerin Vereinigung Österreichischer Kessel- und Heizungsindustrie (VÖK), Robert Schneider, Geschäftsführer Messe Wels, Helmut Weinwurm, Vorsitzender VÖK und Vorstandsvorsitzender der Robert Bosch AG, Michael Holter, Geschäftsführer Holter und Manfred Denk, Bundesinnungsmeister der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker*innen vertreten in diesem Rahmen die Industrie, das Fachhandwerk und den Großhandel. Auch die aktuellen Marktzahlen wurden verkündet. „Wenn wir bis 2040 mit fossilen Energien auskommen wollen – und das müssen wir, das sind die klar erklärten Ziele – dann brauchen wir die 3 Es“, stimmt Berger gleich zu Beginn auf die Energiewende ein. Gemeint sind damit Effizienz, Erneuerbare Energien „in ausreichender Menge und in allen Aggregatszuständen“, wie Berger betont, sowie Ehrlichkeit.
Marktzahlen 2022
Der Markt hat 2022 „kräftig zugelegt", informiert VÖK-Vorsitzender Weinwurm. 2022 konnte ein Plus von 17 Prozent gegenüber 2021 realisiert werden. Klarer Favorit ist die Wärmepumpe mit einem Plus von 62 Prozent und über 50.100 verkauften Geräten, davon fast 90 Prozent Luft-Wasser-Wärmepumpen. Mit einem Plus von 50 Prozent oder 11.000 Stück erfreut sich auch die Brauchwasserwärmepumpe als Ergänzung zu bestehenden Heizanlagen großer Beliebtheit. Insgesamt wurden 31.500 Holzheizungen verkauft – ein Plus von 82 Prozent. Mit plus 116 Prozent ist die Pelletheizung hier der klare Favorit, aber auch die Stückholzheizung konnte ein Plus von 44 Prozent auf 2.900 Anlagen verzeichnen. Gasgeräte waren mit 33 Prozent oder 31.500 Stück 2022 rückläufig.
Um diesem technologischen Trend zu folgen hat sich die VÖK nun nach 40 Jahren umbenannt. Aus der Vereinigung Österreichischer Kessellieferanten ist nun die Vereinigung Österreichischer Kessel- und Heizungsindustrie geworden. Der Verband schreibt sich auch weiterhin die Themen Technologieoffenheit und grünes Gas auf die Fahnen.
Schlussendlich mussten wir die Preiserhöhungen an die Installateurbetriebe weitergeben, sonst hätten sie langfristig zu einem existenziellen Problem werden können.Michael Holter, Geschäftsführung Holter
Großhandel: Teilweise Lieferentspannung
Michael Holter benennt als Vertreter des Großhandels die Lieferkettenthematik und die damit verbundenen Schwierigkeiten als die großen Herausforderung des Jahres 2022. Der Großhandel habe zwar versucht Lieferengpässe durch Lageraufstockungen auszugleichen, bei Warengruppen, wo dies nicht möglich war, kam es aber zu unüblichen Lieferzeiten.
Viele Handwerker*innen hätten auch begonnen, wieder selbst wieder Lager anzulegen, um Artikel verfügbar zu haben, weiß Holter. Aber: „Wir spüren es noch nicht in den Umsätzen.“ Mehraufwand verursachten auch die preisgetriebenen Lieferfähigkeiten, die zur neuerlichen Bearbeitung der Aufträge führten. „Schlussendlich mussten wir die Preiserhöhungen an die Installateurbetriebe weitergeben, sonst hätten sie langfristig zu einem existenziellen Problem werden können", erklärt Holter.
2023 blickt der Holter-Geschäftsführer aber optimistisch entgegen. Er rechnet in den kommenden Monaten mit einer sich zunehmend stabilisierenden Preissituation, sowie einer leichten Erholung der allgemeinen Wirtschaftslage. „Bei Sanitär, Wellness und Installation sind Lieferketten bereits wieder berechenbar", so Holter. Trotzdem erwartet er am Heizungsmarkt und bei erneuerbaren Energien keine Lieferentspannung. Der Trend im Großhandel gehe laut seinen Aussagen zukünftig zu noch mehr Serviceleistungen: „Das können Komplettlösungen vor- und hinter der Wand, ein Montageservice oder die Zurverfügungstellung von einwandfreien Daten sein", fasst Holter zusammen. Abschließend appelliert er noch: „Vergessen wir nicht ganz auf das Bad.“
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Sicht der Installateur*innen
Der Bundesinnungsmeister der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker*innen Manfred Denk hebt in seinem Statement die Bedeutung der Solarthermie hervor: Der Beitrag den thermische Solaranlagen in Wohngebäuden für die Klimawende leisten können werde derzeit „stark unterschätzt". Die Anzahl der Anlagen müsste sich laut Denk verdreifachen – so könnten bis 2040 zwei Mio.Tonnen CO2 und damit über 20 Prozent der CO2-Emissionen im Gebäudesektor eingespart werden. Zusätzlich würden so etwa 10.000 heimische Arbeitsplätze entstehen, da Solarkomponenten überwiegend in Österreich gefertigt werden. Denk gibt auch einen praktischen Ansatz mit: „Man nehme die verfügbare Dachfläche, belege sie mit zwei Dritteln PV-Fläche, erzeuge damit elektrischen Strom und verwende ungefähr ein Drittel für thermische Solarenergie."
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Wir haben attraktive Green Jobs anzubieten, wo einem ein Leben lang nicht fad wird.Manfred Denk, Bundesinnungsmeister der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker*innen
Auch zum Thema Fachkräftemangel äußerte sich der Bundesinnungsmeister. Nach einem Rückgang bei den Beschäftigten und Lehrlingen von 2010 bis 2016 geht es seither bergauf. Die Branche umfasst derzeit etwa 33.000 Beschäftigte, davon 4.600 Lehrlinge. „Wir haben steigende Lehrlingszahlen, auf die wir sehr stolz sind, die wir aber auch sehr dringend brauchen“, hebt Denk hervor. Er schätzt zudem, dass in der Branche bis 2030 um 5.000 und bis 2040 um 10.000 Mitarbeitende mehr gebraucht werden, um die geplanten Vorhaben für die Klimawende realisieren zu können. Als Testimonial für die Green Jobs der Branche stellt Denk mit dem Sanitär- und Heizungstechniker Florian Bliem den österreichischen Weltmeister der „World Skills 2022“ vor.
Grünes Gas und Technologieoffenheit
Als Mitglied der Allianz für grünes Gas setzt sich die Bundesinnung der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker*innen auch für mehr Tempo beim Ausbau von Biogas und grünem Wasserstoff ein. Die Vorgabe im Entwurf des EWG, dezentrale Anlagen durch eine zentrale Heizungsanlage im Gebäude zu ersetzen, sei unsinnig, kritisiert die Innung. Auch die VÖK fordert eine „ehrliche und durchgängige Betrachtung" von grünem Gas und der Frage, ob es direkt vor Ort oder in Kraftwerken zur Stromproduktion für Haushalte genutzt werden soll. Ziel sei es, „für jeden Anwendungsfall den effizientesten erneuerbaren technologischen Mix zu finden". Innung wie auch VÖK machen sich außerdem für eine Förderung von Hybridsystemen stark und bemängeln fehlende gesetzliche Rahmenbedingungen.
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