KI bei Ochsner Wärmepumpen : Karl Ochsner: Künstliche Intelligenz sichert den Standort Österreich
Inhalt
- KI wird entscheidend für den Industriestandort Europa
- Der Einsatz von KI bei Ochsner Wärmepumpen
- Wo KI den Menschen nicht ersetzen kann
- Weniger Verwaltung, mehr Produktivität durch KI
- Viel Optimierungsbedarf im Gebäude
- Wie der AI Act die Wettbewerbsfähigkeit fördern soll
- NIS-2: Cybersecurity ist eine Notwendigkeit
- Auf dem Weg zu einer Revolution rund um das Produkt
Herr Ochsner, auf Ihrer Partnerkonferenz haben Sie Künstliche Intelligenz als Zukunftstechnologie bezeichnet und gesagt, ich zitiere das so in etwa aus dem Gedächtnis: „Ich akzeptiere in meinem Unternehmen keine Abteilung, die KI nicht nutzt“ …
Karl Ochsner: Das können Sie genau so zitieren!
Ich akzeptiere in meinem Unternehmen keine Abteilung, die KI nicht nutzt.Karl Ochsner, Ochsner Wärmepumpen
KI wird entscheidend für den Industriestandort Europa
… gut, das ist hiermit geschehen! Warum hat KI so eine hohe Bedeutung für Sie?
Ochsner: Wir müssen uns aus österreichischer und europäischer Sicht überlegen, wie wir den Industriestandort halten können. Dazu müssen wir uns anschauen, welche Wettbewerbsvorteile wir noch haben. Die Kosten für Arbeit und Energie sind praktisch überall auf der Welt günstiger als bei uns. Wir werden daher nur überleben können, wenn wir unseren größten Wettbewerbsvorteil optimieren, und das ist die Produktivität. Ich sehe kein besseres Tool als die Künstliche Intelligenz, um die Produktivität in allen Bereichen massiv zu erhöhen.
Daher gefällt es mir nicht, wie man bei uns über KI redet: In den USA sieht man darin nur die Chancen, bei uns nur die Risiken. Ja, man darf der KI nicht unbegrenzte Macht geben, und es gibt kritische Bereiche, die man nicht auf die leichte Schulter nehmen darf – aber ich sehe vor allem die Chancen zur Produktivitätssteigerung. Diese Chancen sind für Österreich und für Europa viel größer als für Niedriglohnländer.
Der Einsatz von KI bei Ochsner Wärmepumpen
Der Einsatz von KI wird gesellschaftlich und in den Unternehmen viel und kontrovers diskutiert, egal ob in Industriebetrieben oder in Medienhäusern wie bei uns: Wie lief die Diskussion bei Ochsner ab, was haben Ihre Mitarbeiter:innen kritisch gesehen?
Ochsner: Unsere Mitarbeiter:innen sehen KI weniger als Risiko für ihren Arbeitsplatz, als vielmehr die Chance, das steigende Arbeitsvolumen mit demselben Einsatz zu stemmen. Wir sind in einer Wachstumsbranche tätig, der Fachkräftemangel ist bekannt, daher werden bei uns überwiegend die Möglichkeiten durch KI gesehen.
Ein Beispiel aus einer Materie, die uns beide betrifft, ist das Marketing: Wir kommen viel rascher zu schlagkräftigen Unterlagen, sowohl zu Texten als auch zu Bildern. Ein KI-generiertes Bild verursacht viel weniger Aufwand, ich muss kein Fotoshooting organisieren, keine Personen schminken und frisieren und hoffen, dass keiner seinen Zug versäumt. Vom Computer, der das Bild errechnet, kann ich außerdem endlose Arbeitszeiten verlangen. Das ist ein Bereich, in dem KI schon sehr weit ist.
Wie ist das in anderen Bereichen, wie etwa in der Forschung und Entwicklung?
Ochsner: In der F&E ist die KI sicher noch nicht so weit wie die Kommunikation. Dass ich den Computer mit ein paar Begriffen zu einer Problemstellung füttere, das ergibt noch kein fertiges Ergebnis. Aber auch hier kann ich mit KI Daten schneller auswerten und Zeit sparen, die dann für die eigentliche Produktentwicklung zur Verfügung steht.
Keine KI kann Sympathie und Vertrauen herstellen.
Wo KI den Menschen nicht ersetzen kann
KI ist immer dann stark, wenn sie möglichst große Datenmengen zur Verfügung hat. Wie ist das im Vertrieb, der doch nach wie vor auf einer sehr persönlichen Ebene funktioniert: Ist das bei Ihnen schon ein Einsatzbereich?
Ochsner: Für die emotionale Intelligenz, die im Vertrieb nötig ist, sehe ich keine Ersetzbarkeit durch Künstliche Intelligenz. Keine KI kann Sympathie und Vertrauen herstellen. Aber ich komme aus dem amerikanischen System, dort heißt es „Sales ist Mathematik“. Customer Relationship Management ist auch bei uns längst üblich, und mit KI kann ich das verstärken. Wo sind potenzielle Kunden, welche Zielgruppe hat welche Kaufkraft, der Zusammenhang aus Unternehmensgröße und Kaufwahrscheinlichkeit, das Tracking und die Erfolgsbilanz meiner Vertriebsaktivitäten, etc. – bei welchen Kunden sich mein Vertriebsaufwand am meisten auszahlt, mit diesen Informationen erleichtert die KI auch die Arbeit des Verkaufs.
Der nächste Schritt ist der Kundendienst. Da hilft KI bei der effizienten Routenplanung ebenso wie bei Predictive Maintenance. Es wird kein Roboter zum Kunden fahren und die Maschine richten, das kann nur ein Mensch. Aber wie wirkt sich die Art des Betriebs auf die Lebensdauer aus, welche Ersatzteile muss ich wann vorrätig haben, oder auch: Welchen Fehler machen Techniker häufiger, wo habe ich Schulungsbedarf … so könnten wir jetzt alle Abteilungen im Unternehmen durchgehen. Wie anfangs gesagt, es gibt keinen Bereich, wo KI nicht eingesetzt werden kann.
Weniger Verwaltung, mehr Produktivität durch KI
Die Zeit der kostenlosen Testversionen von KI-Applikationen geht allmählich vorüber, und gerade angesichts Ihrer intensiven Nutzungspläne: Haben Sie sich schon bei konkreten Anbietern eingekauft?
Ochsner: Da sind wir noch in der Sondierungsphase. Den einen Universalanbieter für alles, was wir brauchen, habe ich noch nicht gesehen. Derzeit beschäftigt sich jede Abteilung mit den für sie richtigen Lösungen. Das ist keine ideale Situation, gerade in der IT willst Du als Unternehmer ja keinen Fleckerlteppich. Aber ich glaube nicht, dass sich das vollständig standardisieren wird lassen. Natürlich wäre es mir am liebsten, wenn es sich auf einige wenige Partner konzentriert, aber wir müssen erst sehen, wie sich der Markt entwickelt.
Für welche Abteilungen erwarten Sie die größten Entwicklungspotenziale?
Ochsner: Trotz dem, was ich vorhin gesagt habe: In der F&E. Die KI wird keine Wärmepumpen entwickeln, aber die Geschwindigkeit in der Entwicklung massiv erhöhen. Ein zweiter Bereich ist der Customer Service, weil wir hier effizienter werden und die richtigen Ersatzteile zum richtigen Zeitpunkt bereit haben können. Der dritte ist die Verwaltung: Diesen „Wasserkopf“ so gering wie möglich zu halten, damit möglichst viele Kräfte in operativ tätigen Bereichen wirken können, das muss immer das Ziel zur Produktivitätssteigerung sein. Dabei wird KI den Unternehmen sehr helfen.
Wir wollen der Gebäudesteuerung nicht Konkurrenz machen, wir bauen ja auch keine Wechselrichter oder Lüftungsanlagen selber.
Viel Optimierungsbedarf im Gebäude
Was heißt das alles für Ihre Kernkompetenz, die Heizung?
Ochsner: Unsere Kernkompetenz würde ich anders formulieren: Für uns geht es um das Herstellen des richtigen Wohnklimas zu Hause, also neben dem Heizen zunehmend auch ums Kühlen mit der Wärmepumpe. Unser Kunde soll, egal was für ein Wetter draußen herrscht, bei sich drinnen immer die für ihn richtige Temperatur haben. Das Wetter wird aber immer unruhiger. Um dieses Ziel mit einem energieeffizienten, aber trägen System wie der Wärmepumpe zu erreichen, muss ich die Wärmepumpe proaktiv steuern, etwa im Zusammenspiel mit Wetterprognose und Beschattung. Das System muss außerdem lernen, die Energiekosten zu berücksichtigen und zu wissen, wann der günstigste Zeitpunkt zum Arbeiten ist. Wann wird die PV-Anlage liefern, wie ist der Status des Batteriespeichers, wann hat das EVU einen Stromüberschuss und braucht die Netzglättung durch die Wärmepumpe – hier gibt es noch viel zu optimieren.
Ihr Mitbewerber ÖkoFEN hat beispielsweise eine Steuerung auf den Markt gebracht, die direkt auf die Preise der Strompreisbörse zugreift: Ist das ein Ansatz für Sie?
Ochsner: Unser Zugang ist, dass wir uns auf die Kernkompetenz Wärmepumpe konzentrieren. Unsere Regelungen sind hochintelligent, darüber hinaus bieten wir Schnittstellen zu allen Gebäudeautomatisierungs- und Smart-Home-Systemen. Wir wollen der Gebäudesteuerung nicht Konkurrenz machen, wir bauen ja auch keine Wechselrichter oder Lüftungsanlagen selber. Da wird es viele verschiedene Zugänge geben, wenn jemand einen anderen wählt, ist das ok – aber es ist nicht unserer.
Ochsner Wärmepumpen
Der Familienbetrieb Ochsner wurde bereits 1872 in Bielitz im heutigen Polen gegründet. Der Gründer Karl Ochsner startete mit einer Metallwerkstatt, die vor allem die dort ansässige Textilindustrie belieferte. Vier Generationen später machte sein Urenkel, Karl Ochsner sen., daraus die Ochsner Wärmepumpen GmbH in Oberösterreich. Seit 1978 ist Ochsner damit als Pionier und Technologieführer in der Wärmepumpenbranche aktiv, seit 1992 konzentriert sich das Unternehmen ausschließlich auf Wärmepumpen. Mit einer Exportquote von 80 Prozent, 550 Mitarbeiter:innen und 3.000 Vertriebspartnern in aller Welt erzielt das Unternehmen einen Jahresumsatz von rund 135. Mio Euro.
Wer immer in der EU die Verantwortung trägt, hat die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts im Blick zu haltenKarl Ochsner
Konzentrieren wir uns beim Datenschutz darauf, den höchstpersönlichen Lebensbereich zu definieren und zu schützen. Alles andere ist naiv.
Wie der AI Act die Wettbewerbsfähigkeit fördern soll
Sie sind global tätiger Unternehmer und Präsident der Industriellenvereinigung in Niederösterreich: Wie sehen Sie den Ansatz der EU, mit dem AI Act doch eher einen vorsichtigen, regelbasierten Zugang zur Künstlichen Intelligenz zu wählen?
Ochsner: Wer immer in der EU die Verantwortung trägt, hat die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts im Blick zu halten. Ich sehe daher den Green Deal auch als Wachstumsdeal, nicht als Kosten-Deal. Ähnlich sehe ich es in der KI: Wir müssen die wesentliche Rolle, die KI bei der Erhöhung von Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit spielen kann, zulassen und fördern. Es ist richtig, rote Linien zu definieren: Aber innerhalb dieser Linien soll alles erlaubt sein.
Wo sind für Sie die roten Linien?
Ochsner: Lassen Sie mich ein Beispiel aus der Gentechnik bringen: Dass wir keine Menschen klonen wollen, ist klar und auch so festzulegen. Aber wenn ich mit Gentechnik Reis so mit Vitaminen anreichern kann, dass Kinder in Schwellenländern nicht mehr erblinden, bin ich dafür. Es ist nicht besonders komplex, da gemeinsame Nenner zu finden, wenn man sich auf das Wesentliche konzentriert.
Ein Risiko, das bei KI hoch gehandelt wird, ist der Datenschutz: Wie kann ich verhindern, dass Unternehmensgeheimnisse oder sensible persönliche Daten bei Mitbewerbern oder in China landen?
Ochsner: Definieren wir doch mal, was sensible persönliche Daten sind! Die Amerikaner haben da viel weniger Bedenken als wir – dort sind es Gesundheitsdaten, höchstpersönliche Vorlieben und Lebensweisen, das Tracking von Aufenthaltsorten, aber darüber hinaus? Ob jemand lieber Tennis oder Golf spielt ist, ob er lieber am Meer oder im Gebirge urlaubt, das ist doch egal.
Wir dürfen uns auch nicht selbst anlügen und glauben, dass wir jetzt anonym unterwegs sind. Amazon oder die Kreditkarten-Anbieter wissen doch längst, ob wir lieber Rot- oder Weißwein trinken, welchen Sport wir treiben und in welchen Lokalen wir verkehren. Konzentrieren wir uns beim Datenschutz darauf, den höchstpersönlichen Lebensbereich zu definieren und zu schützen. Alles andere ist naiv.
NIS-2: Cybersecurity ist eine Notwendigkeit
Eine reale Gefahr sind Cyberangriffe. Durch intensive KI-Nutzung gibt es natürlich auch neue Notwendigkeiten für Cybersecurity, gerade für Sie als Unternehmen: Wie gehen Sie da vor?
Ochsner: Das ist ein sehr wesentliches Thema. Vor einem Austausch zum Thema Cybersecurity und NIS-2 mit Innenminister Karner habe ich in unserer IT-Abteilung gefragt, wie viele Angriffe wir im Schnitt haben: Es sind ein paar tausend pro Tag! Das hat mich überrascht, für die IT ist das aber ganz selbstverständlicher Alltag.
KI ist da Chance und Risiko zugleich: Je intelligenter eine IT ist, desto besser kann sie von Kriminellen eingesetzt werden – aber auch die Abwehr kann gestärkt werden. Ein befreundeter Unternehmer hat mir eine Whatsapp-Sprachnachricht vorgespielt, in der seine eigene computergenerierte Stimme den Finanzchef seines Unternehmens bittet, eine Überweisung zu tätigen. Das hat nicht funktioniert, weil diese Art der Beauftragung dort nicht erlaubt ist.
Wir müssen lernen, unsere Prozesse überall so abzusichern, dass wir die Risiken durch KI-gestützte Cyberangriffe im Griff haben. Das ist eine ursächliche Notwendigkeit, wenn wir in der vernetzten, digitalisierten Welt erfolgreich sein wollen. Den Rückschritt zu Tauschhandel und Bargeld-Geschäften kann sich eine exportorientierte Wirtschaft wie Österreich nicht leisten.
In der Heizungstechnik war die Wärmepumpe immer die intelligenteste Technologie.
Auf dem Weg zu einer Revolution rund um das Produkt
Letzte Frage: Wie viel KI ist heute in einer Ochsner-WP, wie viel soll es in 3 Jahren sein?
Ochsner: In einer Wärmepumpe ist jetzt schon viel Intelligenz drinnen. Denn in der Heizungstechnik war die Wärmepumpe immer die intelligenteste Technologie. Der Carnot-Prozess, die Beherrschung des Kältekreislaufs verlangen viel Elektronik und intelligente Steuerung, da geht es nicht nur darum, ob man mehr oder weniger Brennstoff verfeuert. Wir müssen daher jetzt schon viele Faktoren berücksichtigen. Die Intelligenz in der Maschine wird steigen, aber KI wird am Produkt selbst keine Revolution auslösen. Die wird rundherum stattfinden, beginnend bei Forschung und Entwicklung und dem Kundendienst.
Über den Gesprächspartner
Karl Ochsner, Jahrgang 1974, kehrte 2008 ins Famlienunternehmen zurück. Davor war der ausgebildete Marketing-Fachmann bei Xerox tätig, zuletzt als Mitglied der Geschäftsleitung, General Manager Production Printing und Sales Director für Deutschland.
Er ist geschäftsführender Gesellschafter bei Ochsner Wärmepumpen, Präsident der Industriellenvereinigung Niederösterreich, Vize-Präsident des Österreichischen Wärmepumpenverbands und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der ÖBAG. Ein persönliches Anliegen ist ihm der Umweltschutz, was er unter anderem durch die enge Partnerschaft des Unternehmens mit dem WWF unter Beweis stellt.