Regierungsprogramm Österreich 2025 : Schwarz-Rot-Pink bekennt sich zu Heizungstausch und thermischer Sanierung

Österreich bekommt nach langen Monaten der Verhandlung eine neue Regierung – mit neuen Plänen für den Bau- und Gebäudesektor.
- © EdNurg - stock.adobe.comDie nächste österreichische Regierung wird eine Koalition aus ÖVP, SPÖ und Neos sein, das steht nach langen Verhandlungen nun fest. Am Donnerstag haben die Parteien auf 211 Seiten ein gemeinsames Regierungsprogramm für 2025 bis 2029 vorgelegt, das die Eckpunkte der Koalition grob umreißt. Für die Branche besonders spannend sind dabei die Unterkapitel "Energie und Netze" sowie "Leistbares Wohnen". TGA hat beide Abschnitte näher unter die Lupe genommen und die wichtigsten Punkte zusammengefasst.
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Energie und Netze
- Adieu zum Gasnetz
Auch die kommende Regierung will raus aus Gas, dazu sollen Stilllegungsgebiete und Stilllegungspläne für Teile des Gasnetzes erarbeitet werden – in Abstimmung mit der lokalen Wärmeplanung und ohne physische Rückbauverpflichtung. Außerdem soll die geeignete Infrastruktur für Wasserstoff genutzt werden. Man räumt aber auch ein: Voraussetzung für eine Stilllegung sei das Vorhandensein einer technischen und wirtschaftlich darstellbaren erneuerbaren Alternative. Es brauche also Rahmenbedingungen für eine kosteneffiziente Gestaltung von Aus- sowie Umstieg aus fossilem Gas in der Raumwärme, ist zu lesen. - Transformation des Wärmesektors
Um die Transformation des Wärmesektors sowohl bei Gebäuden als auch bei Produktionsprozessen weiter voranzutreiben, will die zukünftige Regierung den Umstieg auf Erneuerbare weiter forcieren. Dass für eine Energieversorgung auf der Basis erneuerbarer Energien im Gebäudebereich ein gesenkter Endenergieverbrauch notwendig ist, wird ebenfalls angemerkt: „Dafür bedarf es einer deutlichen Erhöhung der energetischen Sanierung im Gebäudesektor durch Gebäuderenovierung und Heizungsumstellung." - EABG, ElWG und EGG in Bälde
Für eine rasche Energiewende wollen Schwarz-Rot-Pink sowohl das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) als auch das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) und Erneuerbares-Gas-Gesetz (EGG) bis zum Sommer 2025 prioritär umsetzen. Zuletzt fristeten die Gesetzesmaterien ein Dasein auf der Wartebank. - Förderungen optimieren
Zukünftig will die neue Regierung allgemein darauf achten, Parallelstrukturen bei der Erneuerbaren-Förderung zu vermeiden. Eine EAG-Novelle soll etwa die Fördereffizienz steigern. Außerdem will man den Förderrahmen für thermische Sanierungen und Heizungstausch evaluieren und weiterentwickeln werden. Neben einer besseren Kosteneffizienz und Optimierung für mehrgeschossige Gebäude steht dabei auch die soziale Treffsicherheit im Mittelpunkt.
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- Fachkräftemangel
Mit einer Fachkräfteoffensive will die neue Regierung durch Ausbildung um Umschulung verstärkt Perspektiven in Energiewende-Sektoren schaffen. - EPBD umsetzen
Maßnahmen zur Umsetzung der Gebäudeeffizienzrichtlinie der EU ins nationale Recht sollen zeitgerecht realisiert werden, darunter eine Reduktion des Primärenergieverbrauchs bei Wohngebäuden gemäß den Zielen der EPBD. - EEGs breiter aufstellen
Dafür will die neue Regierung Modelle zur Gründung von Energiegemeinschaften für energiearme Haushalte erarbeiten, gleichzeitig sollen EEGs auch größeren Unternehmen ermöglicht werden. Allgemein ist ein Bürokratieabbau zur Vereinfachung inklusive Evaluierung der bestehenden Begünstigungen geplant. - Geothermie-Strategie
Zudem soll eine Bundesstrategie für Geothermie erarbeitet werden, die konkrete Ausbauziele und die dafür notwendigen Umsetzungsschritte definiert und anstößt.
Leistbares Wohnen
- Baukonjunktur ankurbeln
Die neue Bundesregierung bekennt sich grundsätzlich zur Stärkung der Baukonjunktur (Neubau und Sanierung) mit Fokus auf leistbarem Wohnraum. Dazu zählt auch die wirtschaftliche Bedeutung eines funktionierenden Bau- und Immobiliensektors sowie der Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Von "Vielfalt im Gebäudesektor durch die Ermöglichung innovativer und neuer Baukonzepte" ist ebenfalls die Rede. Um die schwächelnde Konjunktur zu stützen, sollen (halb)öffentliche Investitionen nach Möglichkeit in der bestehenden
Budgetrahmenplanung (nicht strukturell budgetrelevant) vorgezogen bzw. beschleunigt werden – mit einem besonderen Fokus auf den Hochbau. - Sanierung vorantreiben
Schwarz-Rot-Pink will darüber hinaus Sanierungs- und Dekarbonisierungsmaßnahmen im Wohnbau vorantreiben und ermöglichen. Daher will man auch die thermisch-energetische Sanierung sowie den Heizungstausch weiter durch treffsichere steuerliche Anreize sowie Förderprogramme unterstützen. Hierzu sollen die bestehenden Maßnahmen und Fördertöpfe evaluiert und weiterentwickelt werden (siehe oben). Geprüft werden soll darüber hinaus eine Sanierungsoffensive für mehr qualitativ hochwertigen Wohnraum. Dazu soll eine einheitliche Definition der Sanierungsrate im bestehenden statistischen Berichtswesen kommen, die den unterschiedlichen Sektoren und Rahmenbedingungen Rechnung trägt.

- Handwerkerbonus
Das Regierungsprogramm enthält ein Bekenntnis zum Handwerkerbonus für 2025 sowie eine zeitnahe Evaluierung dessen. - Kommunale Wärmeplanung
In Abstimmung mit den Gebietskörperschaften soll die kommunale Wärmeplanung (z.B. der Ausbau der Fernwärme) vorausschauend und transparent gestaltet werden, damit informierte Investitionsentscheidungen getroffen werden können. - "Stand der Technik"
Eine gesetzlich verankerte, praxisnahe und wirtschaftliche Klarstellung der Begriffe “Regeln der Technik” und ”Stand der Technik” und ihrem Zusammenhang ist geplant. - Novelle für das HeizKG
Es wird eine tiefgreifende Reform des Heizkostenabrechnungsgesetzes (HeizKG) und eine ergänzende Einarbeitung in die Materiengesetze angestrebt.
Förderung in Zukunft: Branche äußert Wünsche
Kurz vor der Veröffentlichung des Regierungsprogramms haben sich die großen Verbände* der Branche mit einem offenen Brief an die Politik gewandt. Ähnlich wie einige der vorangegangenen Brancheninitiativen forderte auch dieses Schreiben eine Fortsetzung der Förderungen für die Heizungsmodernisierung und thermische Sanierung auf Bundesebene.
Darin gibt die Wärmebranche nun auch konkrete Vorschläge, die anhand der bevorstehenden Sparmaßnahmen auch mit einem geringeren Budget umsetzbar wären. Dazu zählt eine Förderpolitik mit niedrigeren, aber dafür stabilen Förderbeträgen. Außerdem schlagen die Verbände eine Unterscheidung nach Anlagenalter vor. Dabei sollten vorrangig alte, besonders emissionsintensive fossil betriebenen Heizanlagen ausgetauscht werden. Eine Abstufung der Fördersummen nach Anlagenalter wäre etwa mittels eines bundesweit erhöhten Fördersatzes für Anlagen ab einem Betriebsalter von mind. 15 Jahren möglich.
Idealerweise könnten diese Förderungen durch die bereits bestehende CO₂-Bepreisung im Rahmen des Nationalen Emissionszertifikatehandelsgesetzes mitfinanziert werden, so ein weiterer Vorschlag. Eine unbürokratische Lösung wäre zudem die Befreiung thermischer Sanierungs- und Effizienzsteigerungsmaßnahmen bei Heizungsanlagen von der Umsatzsteuer wie es momentan (noch) für die Photovoltaik praktiziert wird. Zuletzt raten die Verbände dazu, kleine Maßnahmen mit großer Wirkung - etwa der hydraulische Abgleich oder die Montage von digitalen Heizkörperthermostaten - gezielt zu bewerben und zu fördern.
*Unterzeichner des offenen Briefes: Zukunftsforum SHL, DECA - Dienstleister Energieeffizienz & Contracting Austria, Verband der Installations-Zulieferindustrie (VIZ), Dachverband Energie-Klima, proPellets Austria, die Österreichische Vereinigung des Sanitär- und Heizungsgroßhandels (ÖVSHG), die Bundesinnung der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker*innen der Wirtschaftskammer sowie Austria Solar