Förderung für Heizungstausch und Sanierung ab 2024 : EWP: Die Branchenmeinungen gehen auseinander

Das Umweltministerium (BMK) hat die Details zum Erneuerbare-Wärme-Paket (EWP), das die Förderungen rund um den Heizungstausch und die thermische Sanierung ab 2024 regelt, fixiert. Bis zu 75 Prozent der Kosten für eine neue Heizung sollen so durch Bundes- und Landesförderungen übernommen werden, gefördert wird erstmals technologiespezifisch: Denn eine Erdwärmepumpe ist beispielsweise teurer als ein Fernwärmeanschluss. Neben einer Anhebung der Vorlauftemperatur bei Wärmepumpen auf 55 °C und großzügigen Förderungen im mehrgeschossigen Wohnbau, werden auch die Zusatzförderung "Sauber heizen für alle" sowie die Förderung für thermische Sanierung deutlich aufgestockt.

⇨ Wie steht nun die Branche, die die Energiewende im Gebäudebestand immerhin umsetzen soll, zum Förderpaket?

TGA hat bei Branchen-Expert*innen nachgefragt:

  • Elisabeth Berger, Geschäftsführerin der Vereinigung Österreichischer Kessel- und Heizungsindustrie (VÖK)
  • Manfred Denk, Bundesinnungsmeister der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker*innen
  • Richard Freimüller, Verbandspräsident von Wärmepumpe Austria
  • Roger Hackstock, Geschäftsführer Austria Solar
  • Martin Hagleitner, Vorstand beim Zukunftsforum SHL und CEO von Austria Email
  • Christoph Pfemeter, Geschäftsführer des Österreichischen Biomasse-Verbandes

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Wir erwarten stark gestiegene Installationszahlen in allen Bereichen.
Christoph Pfemeter, Österreichischer Biomasse-Verband

Förderpaket: Das richtige Signal, aber...

Die erste Einschätzung zum EWP ist vorsichtig positiv. „Grundsätzlich begrüßen wir den Ausstieg aus der Gasheizung im Neubau und das Förderpaket", fasst Christoph Pfemeter die Sicht der Biomasse-Branche zusammen. Man erwarte stark steigende Installationszahlen in allen Bereichen. Diese Einschätzung teilt auch Manfred Denk, Bundesinnungsmeister der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker*innen. Elisabeth Berger begrüßt die neuen Förderungen ebenfalls, der VÖK erwarte ebenfalls eine deutlich steigende Nachfrage. Als Verein sei man davon überzeugt, dass gute Anreizsysteme wirken und das für die Energiewende notwendige positive Klima in der Bevölkerung erzeugen würden. Von Seiten der Wärmepumpe kommt ein erstes "Aber" von Richard Freimüller: „Die Höhe ist enorm, das Geld wird leider nicht lange reichen." 1,25 Mrd. Euro sind laut BMK für 2024 im EWP-Fördertopf vorgesehen.

„Mit dem EWP wird nur der §5 des geplanten Erneuerbaren-Wärme-Gesetzes umgesetzt, das Verbot von Gasheizungen in Neubauten. Der Rest des EWG, das den Umstieg von 1,4 Millionen Öl- und Gasheizungen auf Erneuerbare bis 2040 gesetzlich hätte regeln sollen, bleibt unangetastet", kritisiert hingegen Roger Hackstock, Geschäftsführer von Austria Solar. Zwar gebe es nun stark erhöhte Förderungen, der Tausch bleibe jedoch freiwillig, viele würden ihn bei niedrigen Gas- und Ölpreisen also nicht durchführen, schlussfolgert er. Ob die Förderungen auch bei günstigen fossilen Energiekosten in den nächsten Jahren greifen werden, stehe also „in den Sternen".

Eine irreführenden Benennung des EWP verortet wiederum Martin Hagleitner. Seiner Ansicht nach handele es sich nicht um ein Paket, „sondern eine Sammlung massiver Förderungen". „Das ist nach dem 'Filmriss', den die Regierung in dieser Sache heuer hatte, auch begrüßenswert", sagt Hagleitner pointiert. Nur: Für ein echtes Paket zur Gebäudeenergiewende brauche es mehr Instrumente.

Roger Hackstock, Geschäftsführer von Austria Solar
Roger Hackstock, Geschäftsführer von Austria Solar - © Wilke
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EWP schafft „massiven Anreiz"

Das neue Förderpaket wird für spürbare Impulse sorgen, darin sind sich die sechs Expert*innen einig. Pfemeter rechnet insbesondere in der Anfangsphase mit einer starken Wirkung des „massiven" Anreizes, während Freimüller die Stärke des Pakets in seiner Höhe verortet. „Mehr an finanzieller Unterstützung gab es noch nie", bekräftigt auch Berger. Sie betont, dass Anreize und positive Verstärker besser wirken würden als Verbote und Gebote. Dieser „längst überfällige" Sanierungsimpuls werde vor allem in Richtung Konsument*innen wirksam werden, schätzt Hagleitner.

Dabei hebt er auch die Zusatzförderung "Sauber heizen für alle" positiv hervor: „Das begrüße ich ausdrücklich, weil hier ein hoher Anteil an alten ineffizienten Anlagen in Betrieb ist und somit große Treffsicherheit gegeben ist. Wenn die Abwicklung dann kund*innennahe implementiert wird, sehe ich viele Gewinner*innen."

Christoph Pfemeter
Christoph Pfemeter, Geschäftsführer Österreichischer Biomasse-Verband - © ÖBMV

Auch Hackstock bestätigt: „Die 75 Prozent Förderung beim Heizungstausch wird sicher einen Boom auslösen." Aber: Die Frage sei, wie lange dieser ohne gesetzliche Verpflichtung zum Tausch anhalte. Ganz anders sieht das Bundesinnungsmeister Denk, der die Stärke des EWP darin sieht, dass es sich eben um Anreizsystem und nicht um Verbote handelt: „Daher fallen nun die Panik und der Druck vor allem für ältere Heizungsbesitzer*innen weg, dringenden Handlungsbedarf zu haben. Die guten Förderungen und die Dynamik bei den Energiepreisen motivieren Heizungsbesitzer*innen einen Heizungsumstieg durchzuführen, um Energie und Kosten und damit auch CO2 zu sparen."

>> Was TGA-Chefredakteur Klaus Paukovits vom EWP hält, lesen Sie in diesem Kommentar!

Ich orte 'Fördermanie' bei gleichzeitiger 'Reformmüdigkeit'. Für ein echtes Paket fehlen Reformen im Wohn-, Miet- und Steuerrecht.
Martin Hagleitner, Zukunftsforum SHL

Wo Nachbesserungsbedarf besteht

Wo Lob, da auch Kritik: „Der Tausch von alten Scheitholzfeuerungen gegen neue Holzheizungen sollte ebenfalls gefördert werden. Zudem fehlt es an einem Förderangebot für Kachelöfen und -herde, die fossile Energieträger ersetzen", bemängelt etwa Pfemeter.

Noch pointierter fasst Hagleitner die Mängel aus seiner Sicht zusammen: „Ich orte 'Fördermanie' bei gleichzeitiger 'Reformmüdigkeit'. Für ein echtes Paket fehlen Reformen im Wohn-, Miet- und Steuerrecht." Dazu brauche es nicht nur neue Förderungen, sondern auch Vereinfachungen von bestehenden Förderungen, eine Reform der Energieberatung und das Beseitigen von bürokratischen Hindernissen bei der Anlagengenehmigungen, fordert der Austria Email-CEO.

>> Lesen Sie auch: So heizen Österreichs Haushalte

Portrait Martin Hagleitner Austria Email AG
Martin Hagleitner, Vorstand beim Zukunftsforum SHL und CEO von Austria Email - © Austria Email AG / APA-Fotoservice
Die Politik sollte endlich lernen, diese Vorhaben mit uns frühzeitig abzustimmen.
Manfred Denk, Bundesinnungsmeister Installateur*innen

Das Instrument sei darüber hinaus sehr teuer: „Bis zu 75 Prozent Förderung für den Heizungstausch sind sehr hoch angesetzt. Diese teure Maßnahme müssen ja letztlich wir als Steuerzahler*innen tragen, speziell die Unternehmen finanzieren es über die hohe Abgabenlast mit", so Hagleitner.

Noch nicht gebührend gefördert werde die Solarwärme, so Hackstock: „Solarwärmeanlagen erhalten unverständlicherweise nur den halben Fördersatz, die Erhöhung auf 2.500 Euro pro Anlage entspricht einer 35-prozentigen Förderung. Damit wurde die Chance auf eine Solaroffensive beim Heizen verpasst." Für den Fit for 55“-Plan der EU, 45 Prozent der Wärme aus Erneuerbaren bereitzustellen, brauche es alle Technologien – „lässt man eine weg, wird das Ziel unrealistisch". Denn bei aktuell 35,5 Prozent erneuerbarer Wärme am Gesamtwärmebedarf in Österreich, muss zur Zielerreichung eine durchschnittliche Steigerung von 560 GWh an erneuerbarer Wärme und Kälte pro Jahr realisiert werden.

Richard Freimüller pocht indessen auf die Konkretisierung einiger Punkte, wie etwa der spezifischen Förderhöhen der Länder oder der Frage, ob die GWP-Vorgaben auch für Sole-Wärmepumpen gelten. Für Wärmepumpen mit einem Kältemittel mit einem GWP zwischen 1.500 und 2.000 wird die neue Förderung nämlich um 20 Prozent reduziert.

Die Wartezeit auf der Branche bis zur detaillierten Ausarbeitung des EWP bemängelt Manfred Denk: „Nach einem Auftragsstop durch die Ankündigung besserer Förderungen und zwei Monaten Ungewissheit, wie die Förderungen genau gestaltet werden, sind diese nun endlich zur Zufriedenheit der Branche und auch unserer Kund*innen da." Denn die Anfragen für einen Heizungstausch würden in den Betrieben wieder steigen. „Schade um die 2 verlorenen Monate, schade für die Klimawende. Die Politik sollte endlich lernen, diese Vorhaben mit uns frühzeitig abzustimmen", so Denk.

Manfred Denk
Manfred Denk, Bundesinnungsmeister der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker*innen - © Manfred Denk
Die 55 Grad sind ein Durchbruch. Das hat mich viel Schweiß gekostet.
Richard Freimüller, Wärmepumpe Austria

Und der Technologie-Gewinner des neuen Förderpakets ist...

... nicht eindeutig. „Die Förderungen umfassen neben der Wärmepumpe auch gleichermaßen Solarthermie, Photovoltaik, Biomasse, Fernwärme … auch Zulieferer thermischer Sanierung profitieren. Es werden zudem nicht nur Geräte gefördert, sondern Demontage und Entsorgung von Altanlagen und die Einbindung ins Heizungssystem", fasst Hagleitner zusammen. „Wir brauchen alle Technologien", betont auch Pfemeter.

Laut EWP werden Holzzentralheizungen oder Wärmepumpen aber nur gefördert, wenn ein Nah- oder Fernwärmeanschluss nicht möglich ist. „Es wird wichtig sein, dass die nicht-fossil befeuerte Fernwärme hier einen Vorsprung erhält gegenüber der doch großteils Gas-betriebenen, wie es im städtischen Raum häufig der Fall ist. Gleichzeitig darf die Fernwärme aber nicht einen wettbewerbsverzerrenden Vorteil gegenüber anderen Technologien erhalten", merkt Hagleitner an. Ähnlich sieht das Berger: Es sei für sie nicht verständlich, warum Fernwärme, sofern sie nicht 100 Prozent mit erneuerbaren Brennstoffen produziert wird, Vorrang vor Holzheizungen oder Wärmepumpen habe.

Einen klaren Gewinn ortet Freimüller in der neu erhöhten Vorlauftemperatur bei Wärmepumpen: „Die 55 Grad sind ein Durchbruch. Das hat mich viel Schweiß gekostet." Auch Denk hat sich für eine Erhöhung der Vorlauftemperatur eingesetzt, mit dem Ziel, die Branche besser zu schützen: „Wenn wir auf den bisherigen Förderformularen 40 Grad Vorlauftemperatur bestätigen mussten, so kann das vor allem in der Sanierung grenzwertig sein." Trotzdem sei es nach wie vor das Ziel, Wärmepumpenanlagen weiterhin mit möglichst hohen COP und niedrigen Vorlauftemperaturen zu installieren – „das ist durch die höheren Strompreise auch unbedingt erforderlich".

Wer laut dem Verbandspräsidenten Wärmepumpe Austria wohl ordentlich ins Schwitzen kommen wird: Die Ausführenden. Fragt man Freimüller nach den Auswirkungen des EWP auf den Heizungsmarkt ist die Antwort klar und knapp: „Es wird alle überfordern." Dieser Einschätzung schließt sich auch Hagleitner an: „Das erste Halbjahr wird noch fordernd werden: Die Zinssituation muss sich erst entspannen, bei der Reform der Kreditvergaberichtlinien scheint sich die FMA einzubetonieren, die konjunkturelle Eintrübung bleibt – da werden diese Förderungen sicherlich marktbelebend wirken."

Richard Freimüller
Richard Freimüller, Verbandspräsident Wärmepumpe Austria - © WPA
Es ist nicht verständlich, warum Fernwärme sofern sie nicht 100 % mit erneuerbaren Brennstoffen produziert wird, Vorrang vor Holzheizungen oder Wärmepumpen hat.
Elisabeth Berger, VÖK

Das EWP ist da: Braucht es überhaupt noch ein EWG?

Ein kurzer Blick in die nähere Vergangenheit: Vor der Verabschiedung des Erneuerbare-Wärme-Pakets stand das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG). Nach politischen Rangeleien um Regelungen wie einem Zentralisierungsgebot oder einer Verpflichtung zum Heizungstausch, ist das EWG für diese Legislaturperiode totgesagt. Mit dem neuen EWP stellt sich die Frage: Braucht es ein EWG überhaupt noch? Pfemeter, Hackstock und Freimüller bejahen dies deutlich.

„Das EWG muss jedenfalls kommen, da sonst der weitgehende Ausstieg aus fossilem Heizen nicht funktionieren wird. Aktuell war offensichtlich nur das EWP konsensfähig", so Pfemeter. Wichtig sei, dass die Förderungen nun konstant bestehen bleiben, „ansonsten fährt die Politik die Branche mit dem Auf und Ab an die Wand". Hackstock bezeichnet das EWP als "Rumpf-EWG", das niemals dieselbe Marktwirkung erzielen könne.

Es wird das EWG so oder so kommen müssen, im Notfall wird es die nächste Regierung zähneknirschend erlassen, um ein EU-Vertragsverletzungsverfahren zu verhindern.
Roger Hackstock, Solar Austria

Am EWG alleine läge es aber nicht, argumentiert Hagleitner: „Auch mit dem Entwurf von 2022 wäre die Gebäudeenergiewende nicht zu bewerkstelligen. Bei allem Respekt und Dankbarkeit dafür, dass die Regierung nach längerem Koma in der Sache nun handelt: Es hätte budgetschonendere Alternativen gegeben."

Als „Verbotsgesetz" beschreibt Berger den alten EWG-Entwurf. „Wir leben in einer liberalen Demokratie und sind stolz auf unser Grundrechte. Ein Verbotsgesetz muss zwangsläufig in solche eingreifen - es ist eine heikle Frage, ob das wirklich zielführend ist oder eher den gegenteiligen Effekt auslöst", so die VÖK-Geschäftsführerin. Sie ortet zudem auch technische Einschränkungen: „Wir wollen erneuerbare Energie nutzen - welchen Sinn macht es dann, wenn dann z.B. Wohnungsbesitzer*innen vom Gesetzgeber gezwungen werden, ihr Brennwertgerät mit einem Wirkungsgrad von 92 Prozent gegen den Anschluss an Fernwärme zu tauschen, wo über 30 Prozent an Transport und Umwandlungsverlusten anfallen?"

Dieser Ansicht schließt sich Denk an: „Das EWP ist die bessere Lösung, weil damit die leidvolle Verbotsdiskussion weg ist, und damit auch die Ideologiedebatte. Wichtig ist dass jede Heizung, unabhängig vom Energieträger möglichst effizient betrieben wird, diese Chance gilt es sofort zu nutzen." Trotzdem wünsche er sich für die bessere Planbarkeit über fünf Jahre gleichbleibende bundeseinheitliche Förderungen.

Für Freimüller ist das EWG hingegen noch „eindeutig" nötig. „Das EWG hätte eine regelmäßige Förderung bis 2040 bedeutet – etwas, das die Innung und das Zukunftsforum SHL jetzt wieder fordern, unter dem Motto 'zuerst vernichten wir das EWG'", kritisiert er abschließend.

Elisabeth Berger
Elisabeth Berger, Geschäftsführerin der Vereinigung Österreichischer Kessel- und Heizungsindustrie (VÖK) - © VÖK

Auf einen Blick: Das sagen die Expert*innen zum EWP

Lob gab es für:

  • Ankurbelung des Heizungsmarktes (Berger, Denk, Freimüller, Hackstock, Hagleitner & Pfemeter)
  • Anreiz-, statt Verbotssystem (Berger & Denk)
  • Treffsicherheit durch "Sauber heizen für alle" (Hagleitner)
  • Nicht nur Geräte, sondern auch Demontage und Entsorgung von Altanlagen und die Einbindung ins Heizungssystem werden gefördert (Hagleitner)
  • 55° C Vorlauftemperatur für Wärmepumpen (Denk & Freimüller)


Kritik gab es für:

  • Keine Verpflichtung zum Heizungstausch (Hackstock)
  • Fehlendes Förderangebot für Kachelöfen und -herde (Pfemeter)
  • Fehlende Reformen im Wohn-, Miet- und Steuerrecht (Hagleitner)
  • Kostenintensität des Pakets (Hagleitner)
  • Zu wenig Förderung für Solarwärme (Hackstock)
  • Wartezeit bis zur Konkretisierung des EWP (Denk)
  • Vorrang der Fernwärme vor Wärmepumpen und Biomasse (Berger & Hagleitner)
  • Fehlendes EWG (Freimüller, Hackstock & Pfemeter)