50 Jahre Panasonic in Österreich : „Die F-Gase-Verordnung ist ja nicht plötzlich vom Himmel gefallen"

Die Verantwortlichen der drei Österreich Sparten Roland Kerschbaum, Georg Kink und Pascal Rey (v.l.n.r.) haben gemeinsam mit dem Firmengründer aus 1974 Herrn Rudolf Polster (dritter v.l.), die Geburtstagstorte angeschnitten.

Die Verantwortlichen der drei Österreich Sparten Roland Kerschbaum (Heating & Cooling), Georg Kink (Consumer Electronics) und Pascal Rey (Industries) beim Anschneiden der Geburtstagstorte (v.l.n.r.), mit dem Firmengründer von 1974, Rudolf Polster (3.v.l.).

- © Panasonic

Roland Kerschbaum ist gelernter Installateur und Heizungsbauer. Nach der handwerklichen Ausbildung hat er Weiterbildungen in Vertrieb, Betriebswirtschaft, Organisationsentwicklung und Wirtschaftspsychologie absolviert. Seit 2013 ist er Verkaufsleiter von „Panasonic Heating & Coolings Solutions Europe“ für Österreich und die Schweiz. In dieser Funktion hat er die Einführung der Wärmepumpe für Panasonic in Mitteleuropa vorangetrieben. Im Gespräch mit der TGA blickt er auf das breite Produktportfolio zurück, das Panasonic seit einem halben Jahrhundert in Österreich auf den Markt bringt, und ist um pointierte Formulierungen zu aktuellen Diskussionen nicht verlegen.

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1974: Die Anfänge von Panasonic in Österreich

TGA: Panasonic hat vor genau 50 Jahren, also 1974, laut Wikipedia einen Rasierapparat mit „rotierendem, netzförmigem Edelstahl-Schermesser“ auf den Markt gebracht. Wussten Sie das?

Roland Kerschbaum: Damals habe ich mich noch nicht so intensiv rasiert, also zugegebenermaßen: Nein. Tatsächlich sind aber in den 106 Jahren Panasonic-Geschichte so viele verschiedene Produkte auf den Markt gebracht worden, das wäre ein eigenes Studium, die alle aufzuspüren und aufzulisten.

Mit welchem Produktsortiment ist Panasonic 1974 in Österreich gestartet?

Kerschbaum: Wir haben mit der Lieferung von Komponenten für verschiedene Industrien begonnen, der Kern waren also „industrial devices“. Als nächstes ist „consumer electronics“ dazugekommen, und vor 36 Jahren begann es mit ersten Kunden im Klimatechnik-Bereich. Die Marktbearbeitung für „heating and cooling“ hat aber erst 2011 so richtig begonnen.

Panasonic ist mit seinem elektrischen Produktportfolio für circa ein Prozent der globalen CO2-Emissionen aus der Stromnutzung verantwortlich.

2010: Die Fusion von Panasonic mit Sanyo als Meilenstein

Jetzt gehörte Panasonic aber schon davor zu den Weltmarktführern in der Klimatechnik, warum kam Österreich erst so spät in den Fokus?

Kerschbaum: Das hat mit der Unternehmensentwicklung zu tun, dazu muss ich etwas ausholen. Nach dem 2. Weltkrieg hat sich der Schwager des damaligen Panasonic-Chefs mit dem Unternehmen Sanyo selbstständig gemacht. Die beiden Unternehmen haben sich in ähnliche Richtungen entwickelt, aber mit komplementären Produkten. So war Panasonic bei der Klimatisierung stark bei Privatkunden und im Kleingewerbe, Sanyo bei Großanlagen. 2010 wurde dann Sanyo quasi zurück in die Familie geholt, die beiden Unternehmen fusionierten – und das hat die Breite des Produktportfolios und die Möglichkeiten von Panasonic plötzlich stark verändert, vor allem auch in Europa.

Welche Rolle spielt „heating and cooling“ im Mischkonzern Panasonic heute, global gesehen?

Kerschbaum: Die Bedeutung geht meiner Meinung nach über den reinen Produktverkauf hinaus. Panasonic hat eine klare Ausrichtung in Richtung Nachhaltigkeit und „green impact“. Da haben unsere Produkte wie Klimageräte und Wärmepumpen klarerweise den größten Hebel, um Verbesserungen zu erzielen. Aber auch darüber hinaus: Panasonic ist mit seinem elektrischen Produktportfolio für circa ein Prozent der globalen CO2-Emissionen aus der Stromnutzung verantwortlich. Jede Verbesserung der Effizienz der Produkte hat also eine wirklich spürbare Auswirkung. Eine der Folgen für uns in Europa war beispielsweise, dass man bald nach 2011 erkannt hat, dass eine Produktion der Geräte in Asien und die Lieferung nach Europa wirtschaftlich und ökologisch keinen Sinn macht. Daher wurden mittlerweile fünf Produktionsstätten eröffnet, die in Europa für Europa produzieren.

Roland Kerschbaum, Vertriebsleiter Panasonic in Österreich

>>> Nachhaltige Wärmeversorgung für sanierte Mehrfamilienhäuser

Derzeit sind die Wärmepumpen in aller Munde: Aber woraus besteht das Angebot an „heating and cooling” bei Panasonic in Österreich eigentlich genau?

Kerschbaum:
Wir haben zum Glück nicht nur auf ein Pferd gesetzt, sondern sind breit aufgestellt. In der Klimatisierung reicht die Palette von Einzelraumgeräten über professionelle Systeme für Hotels oder Bürogebäude bis zur Gewerbekälte, wo wir mit natürlichen Kältemitteln seit vielen Jahren ganz vorne mit dabei sind. Auch bei der Wärmepumpe haben wir unsere Hausaufgaben gemacht und stehen auf mehreren Beinen, was das große Leistungsspektrum und die Kältemittel anbelangt. Das hat sich in den turbulenten letzten Jahren als sehr gesund erwiesen.

Regulierungen, Energiepreise, Förderungen … das kann sich fast von einem Tag auf den anderen ändern, wie wir in letzter Zeit gesehen haben.

Sanierung: Herausforderung und Nische zugleich

Was sind gemeinsame Herausforderungen dieser Bereiche?

Kerschbaum: Die Sanierung. Es gibt bekanntlich überall deutlich weniger Neubauprojekte, die Kunden investieren aber aufgrund der EPBD und der Taxonomie-Regeln wesentlich mehr in die Energieeffizienz ihrer Gebäude als noch vor wenigen Jahren. Es ist überall dieselbe Zielrichtung: Raus aus Öl und Gas, Energiekostenmanagement … für Panasonic in Österreich ist das gut, denn das war von Anfang an die Nische, auf die wir gesetzt haben und in der wir gewachsen sind.

Welche strategische Überlegung stand vor über 10 Jahren hinter diesem Fokus auf Sanierung?

Kerschbaum: Ganz einfach, das war, weil der Neubau schon von vielen etablierten Anbietern besetzt war. Sanierung ist auch volatiler und mehr von externen Treibern beeinflusst: Regulierungen, Energiepreise, Förderungen … das kann sich fast von einem Tag auf den anderen ändern, wie wir in letzter Zeit gesehen haben.

Ein Panasonic-Klimagerät aus den 1970ern, unverkennbar mit den Tapetenmustern der damaligen Zeit. In Österreich wurden erste Klimageräte in den 1980ern auf den Markt gebracht.

- © Panasonic

Das Alleinstellungsmerkmal nanoe X und die Lehren aus Corona

Ein Alleinstellungsmerkmal von Panasonic ist nanoe X, was aber noch immer recht wenig bekannt ist: Was ist das?

Kerschbaum: nanoe X war für uns bis 2019 ein nettes Accessoire in den Geräten, das Allergiker mochten. 2020 haben wir in der Pandemie plötzlich gelernt, dass wir damit ein riesiges Alleinstellungsmerkmal haben. nanoe X ist 20 Jahre alt, unseren Entwicklern ist es gelungen, freie Radikale mit einem Wassermantel zu umhüllen und so deutlich länger im Raum haltbar zu machen, als es in der Natur üblich ist. Dort zerfallen freie Radikale nach einer Sekunde, unsere nanoe X Partikel überleben rund 10 Minuten und tun in dieser Zeit ihre Wirkung: Sie suchen sich Wasserstoff, zerfallen zu H2O und haben so eine rückfeuchtende Wirkung. Das ist alles völlig natürlich, Panasonic verwendet die Technologie auch in den Haarföhns, damit die Haare beim Föhnen nicht so austrocknen.

Und warum hilft das gegen Viren wie Covid-19 oder wirkt positiv für Allergiker?

Kerschbaum: 2020 haben wir eben gelernt, dass nanoe X auch Viren wie den Coronavirus denaturiert: Diesen wird Wasserstoff entzogen, sie bekommen sozusagen die Antennen verbogen, dass diese nicht mehr an menschliche Schleimhäute andocken können. Dasselbe gilt für Bakterien oder auch Pollen: Mit unserer Lösung schaffen Allergiker sozusagen einen „Reinraum“ zu Hause, der sie freier atmen lässt.

nanoe X-Technologie
Die nanoe X-Technologie von Panasonic baut mithilfe von Radikalen Luftverschmutzungen ab. - © Panasonic

Profitiert Panasonic heute, also nach dem Ende der Pandemie, noch davon?

Kerschbaum:
Mein Eindruck ist, dass es mittlerweile verpönt ist, über Viren oder Bakterien in der Luft zu reden. Wir wollen das einfach hinter uns lassen. Aber gerade auf professioneller Ebene ist das Bewusstsein geblieben, wie wichtig Lufthygiene ist. Das betrifft ja nicht nur Corona: Wenn ich in einem Großraumbüro die Infektionswahrscheinlichkeit durch sauberere Luft auch nur um ein paar Prozent reduziere, kann ich mir ausrechnen, wie viele Krankenstandstage pro Jahr das weniger sind. Das betrifft viele Bereiche, von Seniorenheimen über Fitnesscenter, wo wir mit nanoe X neben den Schadstoffen auch die Gerüche aus der Luft nehmen, bis zu Supermärkten: Wenn Kunden auch nur eine Minute länger im Geschäft bleiben, weil sie sich wohlfühlen, lässt sich ausrechnen, um wie viel mehr Geld sie ausgeben. nanoe X neutralisiert aber auch Pilzsporen, das heißt Obst und Gemüse bleibt länger frisch, die Abfallquote reduziert sich messbar … wie gesagt: Mit solchen Lufthygiene-Themen setzt man sich seit 2020 ganz anders auseinander als davor. Panasonic bringt daher nur mehr Innengeräte auf den Markt mit nanoe X.

Bisherige Jubiläumsinterviews

Die TGA feiert 2024 ihren 35. Geburtstag – aber nicht nur wir! Diese Unternehmen haben wir dieses Jahr bereits zum Jubiläums-Interview gebeten:

  • 125 Jahre Bosch – Bosch-Vorstand Weinwurm: „Der größte Wachstumshebel ist die Wärmepumpe" (zum Interview)
  • 150 Jahre Vaillant – Vaillant-Chef Markus Scheffer: „Der elektrische Ansatz wird sich durchsetzen" (zum Interview)
  • 150 Jahre Geberit – Guido Salentinig: „Wir sind als Marktführer die Angegriffenen“ (zum Interview)
  • 100 Jahre Labor Strauss – Stefan Friedl: „Die Anforderung der Vernetzbarkeit hat massiv zugenommen“ (zum Interview)
  • 50 Jahre Wolf in Österreich – Samantha Stangl: „Die nächsten Jahre werden spannend werden“ (zum Interview)
Damals ging es darum, wie man am billigsten heizen kann. Heute spielt der möglichst geringe CO2-Ausstoß tatsächlich eine Rolle.

"Seid ihr die mit den Fernsehern?"

Sie sind selbst seit rund 11 Jahren bei Panasonic. In dieser Zeit hat die Wärmepumpe eine rasante Entwicklung hingelegt bis zur Nr. 1 bei den Heiztechnologien. War das für Sie 2013 schon absehbar?

Kerschbaum: Ich neige dazu, mich von vielen Menschen beraten zu lassen. Als ich damals das Angebot von Panasonic bekommen habe, die Wärmepumpe in Österreich einzuführen, haben mir eigentlich alle abgeraten. Der Markt sei schon übersättigt und vertrage keinen weiteren Anbieter, hieß es. Dass die Technologie in Zukunft eine größere Rolle spielen würde, war zwar absehbar, aber die Entwicklung der letzten Jahre ehrlicherweise nicht. Es hat sich aber weniger die Technologie als der Bedarf geändert: Damals ging es darum, wie man am billigsten heizen kann. Heute spielt der möglichst geringe CO2-Ausstoß tatsächlich eine Rolle.

Wenn aber alle abgeraten haben, warum haben Sie trotzdem den Schritt zu Panasonic gemacht?

Kerschbaum: Ich berate mich zwar gerne mit anderen, aber ich höre nicht immer auf andere … es war eine wirklich interessante Herausforderung, das von null auf aufzubauen. Wir waren damals ein sehr kleines Team, und zwar auf europäischer Ebene! Wir haben da wirklich „basic“ gestartet. Ich bin selber beeindruckt und ein bisschen stolz, was da draus geworden ist.

>>> Wie laut sind Luftwärmepumpen wirklich?

Ich kann mich noch an die erste Veranstaltung erinnern, bei der Roland Kerschbaum mit einem Panasonic-Wärmepumpen-Roll-up aufgetaucht ist und die Reaktion so ungefähr war „ah, das machen die jetzt auch?“ …

Kerschbaum: … genau, das war die eine Reaktion, und die andere übliche Frage war „seid Ihr die mit den Fernsehern?“. Dabei macht Panasonic seit 1956 Klimageräte und seit den 1970ern Wärmepumpen, aber eben lange nicht in Europa.

Warum sind diese Anwendungen des Weltkonzerns so spät nach Europa gekommen?

Kerschbaum: Die Geräte hatten keine Puffer, das waren reine on/off-Systeme. In Europa haben wir aber auf relativ kleinem Raum Temperaturunterschiede von +45 °C bis -35 °C, daher müssen die Geräte einen breiten Leistungsbereich abdecken und Puffermöglichkeiten mitdenken. Wir produzieren diese Geräte mittlerweile in Europa für Europa, und das zu den Preisvorteilen von großen Serien – und es funktioniert doch ganz gut!

Mann und Frau arbeiten online am Handy und am Laptop

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Ich bin immer wieder überrascht, wie überrascht viele in der Branche darüber sind, dass etwas, was seit 10 Jahren am Tisch ist, jetzt wirklich kommt.

F-Gase-Verordnung: Die überraschende Überraschung

Die letzten Jahre waren für die Wärmepumpe zwar sehr erfolgreich, aber sie waren auch ein wilder Ritt: 2022 hätte man jedes verfügbare Gerät versteigern können, so hoch war die Nachfrage und groß die Lieferschwierigkeiten wegen der globalen Lieferketten-Probleme. Wie sind Sie damit umgegangen?

Kerschbaum: Wir haben hier Gott sei Dank die Ruhe bewahrt, sind damit korrekt umgegangen und haben keine willkürlichen Preiserhöhungen gemacht. Unser Weg war es, die Neuaufnahme von Kunden momentan auf null zu setzen und die verfügbaren Ressourcen für bestehende Kunden zu reservieren. Die Strategie war es sozusagen, alle gleich unglücklich zu machen: Wir hatten klare Transparenz, wann jemand ein Produkt bekommen kann. Wenn es erst in vier oder fünf Monaten war, dann haben wir das gesagt, auch wenn wir deshalb den einen oder anderen Auftrag mit kürzerer Laufzeit verloren haben. Aus heutiger Perspektive war das richtig, die Verlässlichkeit hat sich als essenziell herausgestellt: Wir haben den Lieferengpass nicht für Preiserhöhungen ausgenutzt, aber andererseits auch keine leeren Versprechungen gemacht.

Aktuell sorgt vor allem die F-Gase-Verordnung für Aufregung in der Wärmepumpen-Szene. Wie sehen Sie das Thema, vor allem natürlich die natürlichen Kältemittel und die Umstellungsgeschwindigkeit?

Kerschbaum: Ich bin immer wieder überrascht, wie überrascht viele in der Branche darüber sind, dass etwas, was seit 10 Jahren am Tisch ist, jetzt wirklich kommt. Die F-Gase-Verordnung ist ja nicht plötzlich vom Himmel gefallen, das war lange angekündigt und absehbar. Panasonic ist einer der größten Hersteller von Verdichtern, wir haben das seit vielen Jahren für die neuen Kältemittel vorangetrieben und bieten Verdichter seit sechs Jahren für CO2 und seit 18 Monaten für R290 an. Letzteres, also Propan, lässt sich heute in Kaskaden für Anlagen bis 640 kW realisieren.

Die EU ist von Leckage-Raten über die Lebenszeit von bis zu 60 Prozent ausgegangen. Bei Wärmepumpen liegt sie aber allerhöchstens bei 1,5 Prozent.

Ein Kritikpunkt ist, dass der F-Gase-Verordnung falsche, weil viel zu hoher Annahmen für Leckage-Raten zugrunde liegen: Denn im Normalfall bleibt ein Kältemittel ja ohnehin in der Anlage.

Kerschbaum:
Das stimmt, die EU ist von Leckage-Raten über die Lebenszeit von bis zu 60 Prozent ausgegangen. Bei Wärmepumpen liegt sie aber allerhöchstens bei 1,5 Prozent. Meiner Meinung nach liegt das daran, dass die Wärmepumpen-Verbände der EU da einfach keine richtigen Zahlen geliefert haben; darum hat man auf die Daten zugegriffen, die man gefunden hat, und da gibt es nun mal wirklich alte Gewerbeanlagen, wo 60 Prozent Schwund über die Lebenszeit einer Anlage dokumentiert waren. Mit Split- oder Monobloc-Systemen für die Gebäudetechnik hat das überhaupt nichts zu tun – nur haben wir jetzt eben trotzdem die F-Gase-Verordnung umzusetzen.

Brussels, Belgium - August 27, 2017: Refrigerant gas cylinders under pressure of the Luxfer brand ready to transport in Brussels, Belgium
© jordi2r - stock.adobe.com
Ich war schon immer gegen diese Trennung in die Biomasse- und die Wärmepumpen-Fraktion bei den Erneuerbaren.

Der Trend zu "all electric" am Heizungsmarkt

Wie wird sich das auf den Absatzmarkt auswirken?

Kerschbaum: Die Nachfrage nach natürlichen Kältemitteln ist sehr hoch, die Funktionalität der Geräte sehr gut. Gerade reversible Produkte für Heizen und Kühlen lassen sich mit R290 sehr gut darstellen. Für uns als Vollsortimenter sehe ich da kein Problem. Die Förderung ist auch unglaublich, so bekommt man zu den 75 Prozent Bundesförderung in Wien beispielsweise nochmal 35 Prozent der förderbaren Gesamtkosten ersetzt, wenn man bei der Wärmepumpe auf ein Kältemittel wie Propan laut F-Gase-Verordnung setzt und eine jahreszeitbedingte Raumheizungseffizienz, also einen ETA-Wert von mindestens 140 Prozent bei 55 °C Vorlauftemperatur bei einem Wärmeabgabesystem mit höchstens 40 °C Vorlauftemperatur nachweisen kann. Wien ist die einzige mir bekannte Region, die diese Werte verlangt. Aber wir schaffen das mit unseren Anlagen und haben da ein echtes Alleinstellungsmerkmal 75 Prozent plus 35 Prozent, rechnen Sie sich das mal zusammen …

Aktuell verzeichnet der Heizungsmarkt aber generell eine Delle, mit Ausnahme der Biomasse, der es heuer wieder besser geht als letztes Jahr. Wie wird es da weitergehen?

Kerschbaum: Ich war schon immer gegen diese Trennung in die Biomasse- und die Wärmepumpen-Fraktion bei den Erneuerbaren. Ich bin auch dagegen, dass man funktionierende oder gar neuwertige Anlagen rausreißt, nur um eine Wärmepumpe zu installieren, ich wünsche mir im Gegenteil eine engere Kooperation. Es gibt nun einmal Situationen, wo wir hohe Temperaturen brauchen, die mit Feuer leichter erzeugt werden können. Wir brauchen den Energiemix, wir können nicht sofort alles mit Strom bespielen.

Wird diese „all electric society“ kommen?

Kerschbaum: Wir fahren immer öfter mit Strom. wir heizen mit Strom, die KI sagt uns mit Strom wie spät es ist … ja, „all electric“ ist der Trend. Panasonic setzt da aber nicht nur auf die Wärmepumpe, sondern beispielsweise auch auf die Rückverstromung von Wasserstoff samt Wärmeerzeugung. Es wird darum gehen, die Systeme ergänzend aufzubauen, nicht konkurrierend.

Das Problem liegt woanders: Die zentrale Warmwasserbereitung war schon mit Gas nicht sinnvoll, es wird mit der Wärmepumpe nicht besser.

Zukünftige Änderungen: Dezentrale Warmwasserbereitung und andere Förderungen für die Sanierung

Dass die Wärmepumpe DIE Schlüsseltechnologie für die Wärmewende ist, darüber gibt es weitestgehend Konsens. Aber der Knackpunkt sind urbane Mehrfamilienhäuser, wo – sofern sie nicht im Fernwärmenetz sind – die Umstellung von Gas auf die Wärmepumpe eine echte Herausforderung darstellen. Wie könnte hier ein standardisierbarer Lösungsweg aussehen?

Kerschbaum: Technisch ist das schon jetzt möglich. Wir brauchen Geräte, die nicht bei 16 KW aufhören, die aber auch hohe Vorlauftemperaturen bei niedrigen Außentemperaturen schaffen. Gerade mit R290 geht das gut, da schaffen wir problemlos 65, 70 °C im Vorlauf. Von daher wäre es jederzeit möglich, Gas durch Wärmepumpe zu ersetzen. Das Problem liegt woanders: Die zentrale Warmwasserbereitung war schon mit Gas nicht sinnvoll, es wird mit der Wärmepumpe nicht besser. Es funktioniert natürlich, ist aber mit Blick auf die Effizienz nicht der optimale Weg. Wir erzeugen zuerst hohe Temperaturen, die wir nicht brauchen, und schicken die dann in die Zirkulation samt den großen Verlusten. Also müssten wir zuallererst die Warmwasser-Bereitstellung anders planen, nämlich dezentral.

Das ist eine große wirtschaftliche Herausforderung, neben dem Wärmeerzeuger auch die gesamte Verteilung zu sanieren. Wie könnte das auf wirtschaftlich sinnvollem Weg realisiert werden?

Kerschbaum: Die Verantwortung liegt da sicher beim Fördergeber. Es müsste nämlich möglich gemacht werden, dass eine Sanierung über zehn Jahre läuft und nicht auf einmal abgewickelt werden muss wie derzeit. Schauen wir uns die Praxis an: Wir haben ein Mehrfamilienhaus mit 30 Wohnungen, in denen die Gasthermen sehr unterschiedlich alt und die Bedürfnisse der Bewohner ebenso unterschiedlich sind. Wenn ich jetzt beginne mit einer Dachzentrale und die ersten Wohnungen anschließe, ist das der Start. Bei Mieterwechseln, wenn Thermen defekt werden oder weil das Wärmeabgabesystem saniert werden muss, kann ich das Gebäude dann im Laufe der Zeit Schritt für Schritt sanieren und den Heizbedarf reduzieren. Derzeit ist das nicht möglich, weil der Förderwerber ein abgeschlossenes Projekt einreichen muss. Das ist aber meist nicht stemmbar, wir müssen daher modular und skalierbar denken – und das auch in der Förderung abgebildet bekommen.

In Biedermannsdorf bei Wien ist die Zentrale von Panasonic in Österreich: Mit allen drei Sparten des Konzerns an einem Standort.

- © Panasonic

Die Panasonic 3er-WG in Österreich

50 Jahre Panasonic in Österreich: Wie gut kennt man sich eigentlich untereinander, also die Rasierapparate, die Industriezulieferer und die Wärmpumpen-Leute?

Kerschbaum: Bei der 50-Jahr-Feier haben wir uns als „3er-WG“ vorgestellt. Das begann eben vor 11 Jahren, als ich für „heating and cooling“ ein Dach über dem Kopf suchte. Carmen Wild, die Panasonic Industries in Österreich leitet, hatte ein Zimmer frei, also sind wir bei den Industrie-Kollegen in Biedermannsdorf eingezogen. Mittlerweile haben wir dort neben den Büros auch ein Trainingscenter und ein Lager. Vor einigen Jahren sind dann die Kollegen von „consumer electronics“ dazu gekommen. In der Biedermannsdorfer WG tauschen wir uns natürlich regelmäßig aus, was auch Sinn macht: Es kommt schon mal vor, dass sich ein Kunde wegen eines kaputten Fernsehers zufällig bei uns meldet … was mir wichtig ist: Wir sind eine gemeinsame Marke, wir wollen uns auch gemeinsam zeigen!